Wann sind Kosten für ein Hausnotrufsystem steuerlich absetzbar?
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Die Kosten eines Hausnotrufsystems werden von den Finanzämtern steuerlich oft nicht anerkannt, sind aber in manchen Fällen doch absetzbar. Auf was es ankommt, zeigen verschiedene Urteile.
Für Senioren, die in betreuten Wohnanlagen leben, werden die Kosten für ein Hausnotrufsystem anerkannt – das ist inzwischen unstrittig. In anderen Fällen gibt es noch Streit mit den Finanzgerichten über die steuerliche Anerkennung.
BFH/FG Sachsen: Keine Anerkennung eines externen Hausnotrufsystems ohne Sofort-Hilfe
Das Sächsische FG erkannte bei einer allein lebendenden Seniorin die Kosten eines externen Hausnotrufsystems an. Hier ist die Revision inzwischen entschieden – leider nicht im Sinne der Betroffenen.
Das FG Sachsen hatte in der ersten Instanz noch entschieden, dass haushaltsnahe Dienstleistungen solche Tätigkeiten seien, die gewöhnlich durch Mitglieder des Haushalts oder dort Beschäftigte erbracht werden. Im Regelfall stellten in einer Haushaltsgemeinschaft lebende Familienangehörige im räumlichen Bereich des Haushalts sicher, dass kranke und alte Haushaltsangehörige im Bedarfsfall Hilfe erhalten. Diese Bereitschaft ersetze das hier das Notrufsystem. Dass sich die Notrufzentrale nicht im räumlichen Bereich des Haushalts befindet, war nach Ansicht der FG-Richter nicht relevant.
Geklagt hatte eine 1933 geborene Seniorin, die allein im eigenen Haushalt lebte und ein sogenanntes Hausnotrufsystem in Anspruch nahm. Sie erhielt dabei vom Anbieter ein Gerät, mit dem sie sich im Notfall per Knopfdruck an eine 24-Stunden-Service-Zentrale wenden konnte.
Das Finanzamt wollte die Kosten nicht anerkennen, weil die Dienstleistung nicht im Haushalt der Rentnerin erfolge. Anders das Finanzgericht, das 20% der Kosten des Hausnotrufsystems als haushaltsnahe Dienstleistung steuermindernd anerkannte (Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 14.10.2020, Az. 2 K 323/20).
Inzwischen hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Entscheidung gefällt: »Für ein Hausnotrufsystem, das im Notfall lediglich den Kontakt zu einer 24-Stunden-Servicezentrale herstellt, die soweit erforderlich Dritte verständigt, kann die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 EStG nicht in Anspruch genommen werden.« Entscheidend war, dass es sich um ein Hausnotrufsystem ohne Sofort-Hilfe handelt.
Die BFH-Richter argumentierten, die Steuerermäßigung nach § 35a EStG könne nur für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht würden. Daran fehle es vorliegend. Denn die Klägerin zahle im Wesentlichen für die vom Anbieter des Hausnotrufsystems eingerichtete Rufbereitschaft sowie für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs. Die Rufbereitschaft und die Entgegennahme von eingehenden Notrufen in der Servicezentrale sowie gegebenenfalls die Verständigung Dritter, damit diese vor Ort Hilfe leisten, erfolge jedoch außerhalb der Wohnung der Klägerin und damit nicht in deren Haushalt (BFH-Urteil vom 15.2.2023, Az. VI R 7/21).
FG Baden-Württemberg: Auch wer zuhause lebt, kann die Kosten in der Steuererklärung angeben
Ein weiteres Urteil in Sachen »Hausnotrufsystem« kommt vom Finanzgericht Baden-Württemberg. Auch dort entschied das Gericht, dass Senioren, die ein Hausnotrufsystem nutzen, um im Ernstfall schnell Hilfe zu erhalten, die Kosten dafür in ihrer Steuererklärung geltend machen können.
Geklagt hatte in diesem Fall eine 1939 geborene, allein lebende Rentnerin. Sie hatte die Ausgaben für ihr Hausnotrufsystem in ihrer Einkommensteuererklärung im Rahmen der haushaltsnahen Dienstleistungen eingetragen.
Das Finanzamt wollte die Ausgaben steuerlich nicht anerkennen und erklärte zur Begründung, die Kosten seien nur absetzbar, wenn der betroffene Steuerzahler im Heim wohne.
Dem widersprach das FG Baden-Württemberg: Da üblicherweise Haushaltsangehörige im Bedarfsfall Hilfe holen, ersetze das Notrufsystem bei Alleinlebenden die Überwachung im Haushalt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.6.2021, Az. 5 K 2380/19).
Das FG Baden-Württemberg hat die Revision zugelassen. Der Bundesfinanzhof (BFH) muss unter dem Aktenzeichen VI R 14/21 über den endgültigen Ausgang entscheiden. Das Verfahren ist noch immer anhängig.
Hausnotrufsystem vom Finanzamt nicht anerkannt? Das können Sie tun
Wenn Sie sich in einer vergleichbaren Situation befinden und ihr Finanzamt die Kosten für das Hausnotrufsystem nicht anerkennt, sollten Sie Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen. Berufen Sie sich dabei auf die oben beschriebene Entscheidung des FG Baden-Württemberg. Ihr Steuerfall bleibt dann offen, bis eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs vorliegt.
Das bedeutet: Entscheidet der BFH im Sinne der Steuerzahler, werden Ihre Ausgaben (nachträglich) anerkannt. Falls der BFH die Kosten nicht anerkennt, ändert sich nichts für Sie – Sie haben aber auch nichts verloren.
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(MB)