Gesetzesvorhaben: Wachstumschancengesetz auf den Weg gebracht
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Das Bundesfinanzministerium hat den Entwurf eines »Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness« vorgelegt. Darin enthalten sind einige interessante Änderungen für Unternehmer, Arbeitnehmer und sogar für Vermieter.
Den Entwurf des Wachstumschancengesetzes einschließlich Begründung können Sie auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums lesen (PDF).
Mit dem Gesetz soll die Liquiditätssituation von Unternehmen verbessert werden. Außerdem will man damit » Impulse setzen, damit Unternehmen dauerhaft mehr investieren und mit unternehmerischem Mut Innovationen wagen können.«, schreibt das Bundesfinanzministerium (BMF) im Entwurf. Das soll die Wettbewerbsfähigkeit, die Wachstumschancen und den Standort Deutschland stärken.
Daneben werden zahlreiche kleiner Maßnahmen geplant, um das Steuersystem zu vereinfachen und durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen vor allem kleine Betriebe von Bürokratie zu entlasten.
Was steht im Wachstumschancengesetz?
Wir haben die für unsere Leserinnen und Leser wichtigsten Änderungsvorschläge herausgesucht – das komplette Paket finden Sie im Entwurf des Gesetzes auf der Internetseite des BMF (PDF). Die Gesetzesbegründung beginnt auf Seite 83 des Dokuments.
Änderungen für Unternehmer
Investitionen in den Klimaschutz
Mit einem neuen »Gesetz zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz« soll in Ergänzung zu den bestehenden Projektförderungen für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen eine steuerliche Investitionsförderung eingeführt werden. Auf die Förderung sollen alle beschränkt und unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmen unabhängig von ihrer Größe, ihrer Rechtsform und unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Betätigung Anspruch haben, wenn und soweit sie die im Gesetz aufgeführten Voraussetzungen erfüllen.
Konkret geht es um die steuerliche Förderung von Investitionen, die zu einer Minderung des Energieverbrauchs im Unternehmen beitragen und somit den Umwelt- und Klimaschutz verbessern. Die förderfähigen Investitionen müssen in einem Energie- oder Umweltmanagementsystem oder in einem Energieaudit enthalten sein und sind somit durch einen Energieberater als besonders energieeffizient zertifiziert.
Änderung bei Abschreibungen (AfA)
GWG-Grenze: Für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) gilt zurzeit eine Obergrenze von 800 Euro pro Wirtschaftsgut. Diese Grenze soll auf 1.000 Euro angehoben werden.
Sammelposten: Bei der Poolabschreibung kann bisher ein Sammelposten gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das einzelne Wirtschaftsgut 250 Euro, aber nicht 1.000 Euro übersteigen. Der Sammelposten wird über fünf Jahre abgeschrieben (konkret im Wirtschaftsjahr der Bildung und in den folgenden vier Wirtschaftsjahren).
Im Wachstumschancengesetz ist geplant, die Betragsgrenze von 1.000 Euro auf 5.000 Euro anzuheben und die Abschreibungsdauer von fünf Jahren auf drei Jahre zu verringern. Die Wirtschaftsgüter, die in einem Sammelposten zusammengefasst werden, sollen nicht in einem gesonderten Verzeichnis, sondern lediglich buchmäßig erfasst werden müssen.
Sonderabschreibung: Die Sonderabschreibung nach § 7g Absatz 5 EStG beträgt derzeit bis zu 20 Prozent der Investitionskosten und gilt für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 Euro im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschreiten. Sie kann beliebig auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden vier Jahren verteilt werden.
Aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Belastungen und Verwerfungen soll als konjunkturstützende begleitende Maßnahme die Sonderabschreibung auf bis zu 50 Prozent angehoben werden.
Geltungszeitraum: Die geänderten Abschreibungsregeln sollen für Wirtschaftsgüter gelten, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden.
Mehr Geld für Geschenke
Nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG dürften Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen.
Der Betrag von 35 Euro soll zum Ausgleich der gestiegenen Kosten auf 50 Euro angehoben werden (genau genommen ergibt sich bei der Anpassung an die Inflation ein Betrag von 46 Euro, der zur Vereinfachung auf 50 Euro aufgerundet wird).
Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuererklärung
Nach § 18 Absatz 2 Satz 3 UStG können Unternehmer schon jetzt durch das Finanzamt von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldung und Entrichtung der Vorauszahlung befreit werden, wenn die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 Euro betragen hat. Dieser Schwellenwert soll auf 2.000 Euro angehoben werden, sodass mehr Unternehmer lediglich jährlich eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgeben müssen.
Kleinunternehmer sollen künftig weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch eine Umsatzsteuererklärung abgeben müssen. Ausnahme: Fälle des § 18 Absatz 4a UStG.
Wichtig: Die grundsätzliche Befreiung von den umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten gilt nur so lange, wie die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Absatz 1 UStG zur Anwendung kommt. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung hat der Unternehmer dabei selbst zu überwachen.
Ob der Unternehmer die Betragsgrenzen nach § 19 Absatz 1 UStG überschritten hat und damit nicht mehr zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung berechtigt ist, wird anhand der Angaben in anderen Steuererklärungen – insbesondere der Einnahme-Überschuss- Rechnung – kontrolliert.
Umsatzsteuer: Ist-Besteuerung
Bei der Ist-Besteuerung müssen Unternehmer die Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt abführen, wenn Kunden ihre Rechnung beglichen haben. Das bedeutet für den Unternehmer einen enormen Liquiditätsgewinn, denn er muss für die Umsatzsteuer nicht in Vorleistung gehen: Die Steuer wird erst dann gezahlt, wenn er sie auch vereinnahmt hat.
Freiberufler, die eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung machen, dürfen die Ist-Besteuerung immer in Anspruch nehmen. Für Unternehmer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb ist die Ist-Besteuerung erlaubt, wenn der Gesamtumsatz des Vorjahres nicht höher als 600.000 Euro ist. Diese Grenze soll auf 800.000 Euro angehoben werden.
Buchführungspflicht: Höhere Umsatz- und Gewinngrenzen
Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch nicht aus eigenem Betreiben Bücher führen und Abschlüsse machen, können – statt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln – eine »vereinfachte« Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung wählen (§ 4 Absatz 3 EStG). Diese ist weniger aufwändig als eine Buchführung und Rechnungslegung nach handelsrechtlichen Grundsätzen mit entsprechender steuerlicher Gewinnermittlung (Bilanz).
Bisher gilt das nur, wenn nicht mehr als 600.000 Euro Umsatz und nicht mehr als 60.000 Euro Gewinn gemacht werden.
Durch das Wachstumschancengesetz sollen die Schwellenwerte angehoben werden von 600.000 Euro auf 800.000 Euro (Umsatzerlöse bzw. Gesamtumsatz) und von 60.000 Euro auf 80.000 Euro (Jahresüberschuss bzw. Gewinn).
Steuerpflichtige Einzelkaufleute, die innerhalb des Umsatzerlöse-Korridors von 600.000 Euro und 800.000 Euro sowie innerhalb des Jahresüberschuss (bzw. Gewinn)-Korridors von 60.000 Euro und 80.000 Euro liegen, könnten demnach künftig von einer handelsrechtlichen Buchführung mit Jahresabschlusserstellung (und entsprechender steuerlicher Gewinnermittlung) auf eine Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung mit vereinfachter Buchführung wechseln.
Änderungen für Arbeitnehmer
Verpflegungsmehraufwand: Anhebung der Pauschalen
Die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen sollen angehoben werden:
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für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 28 Euro auf 30 Euro,
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für den An- oder Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet, von jeweils 14 Euro auf 15 Euro,
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für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 14 Euro auf 15 Euro.
Änderungen für Vermieter
Steuerfreigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
Mit einer Steuerfreigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung soll eine bürokratieentlastende Regelung geschaffen werden: Demnach bleiben Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung zukünftig steuerfrei, sofern die Summe der Einnahmen im Veranlagungszeitraum insgesamt weniger als 1.000 Euro beträgt.
Wenn die Ausgaben die mit ihnen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Einnahmen übersteigen, können die Einnahmen auf Antrag als steuerpflichtig behandelt werden. Dieser »Antrag« wird gestellt, indem man in der Steuererklärung die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt, also die Anlage V abgibt.
Änderungen für alle
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften bleiben bisher gemäß § 23 Absatz 3 Satz 5 EStG steuerfrei, wenn der im Kalenderjahr erzielte Gesamtgewinn weniger als 600 Euro beträgt (Freigrenze). Werden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und hat jeder von ihnen Veräußerungsgewinne erzielt, steht jedem Ehegatten die Freigrenze einzeln zu.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2024 soll die Freigrenze von 600 Euro auf 1.000 Euro erhöht werden.
Rückwirkende Änderung zum 1.1.2023: Keine Besteuerung der Dezemberhilfe 2022
Auf die Besteuerung der Dezemberhilfe soll angesichts der Vollzugsaufwände der Finanzverwaltung und der zu erwartenden Steuermehreinnahmen verzichtet werden. Die erst mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2022 neu eingeführten Regelungen im Abschnitt »XVI. Besteuerung der Gas-/Wärmepreisbremse« im Einkommensteuergesetz (EStG) sollen ersatzlos gestrichen werden.
(Bild im Titel: Detlev-Rohwedder-Haus, Hauptsitz des Bundesministeriums der Finanzen; Quelle: BMF/Hendel)
(MB)