Jahressteuergesetze 2024: Das steht drin
In den Jahressteuergesetzen sind zahlreiche Gesetzesänderungen geplant - und zum Teil inzwischen auch beschlossen.

Jahressteuergesetze 2024: Das steht drin

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Am 22.11.2024 hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz zugestimmt. Damit wurde eine große Zahl von Neuerungen beschlossen. Vom Jahressteuergesetz II (das inzwischen »Steuerfortentwicklungsgesetz« heißt) gibt es noch nichts Neues zu berichten.

 

Inhalt

 

Was steht im Jahressteuergesetz I (JStG 2024)?

Im Jahressteuergesetz 2024 stehen zum Beispiel Maßnahmen, um den Abbau von Bürokratie voranzutreiben oder die Digitalisierung zu beschleunigen.

Außerdem müssen Gesetze geändert werden, um sie an EU-Recht und die Rechtsprechung von EuGH, Bundesverfassungsgericht und Bundesfinanzhof anzupassen.

Daneben müssen auch noch Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen, Folgeänderungen und Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen geregelt und Fehler korrigiert werden. Das Jahressteuergesetz enthält dazu eine Vielzahl thematisch nicht oder nur partiell miteinander verbundener Einzelmaßnahmen, die überwiegend technischen Charakter haben.

Den kompletten Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 einschließlich der (lesenswerten) Begründungen für die einzelnen Änderungen gibt es auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums.

Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – der der Bundestag gefolgt ist – ist hier zu finden (PDF). Ab Seite 13 ist eine Übersicht der Abweichungen zum Entwurf dargestellt.

 

Inhalt

 

Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen (§ 3 Nummer 72 EStG)

Mit der Änderung wird die für die Anwendung der Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 15 kW (peak) auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht. Durch die Änderung wird weiter klargestellt, dass

  • auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten aber ohne Wohneinheiten Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit begünstigt sind,

  • es sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt.

Der geänderte § 3 Nummer 72 EStG ist erstmals für Photovoltaikanlagen anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 EStG – neu –)

Mit der Einfügung der neuen Nummer 9 kann der anteilige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b Absatz 4 EStG) bei dauerndem Getrenntleben ab dem Monat der Trennung als Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren gebildet werden (Voraussetzung bleibt, dass die übrigen Kriterien des § 24b EStG erfüllt sind).

Damit werden die Vorgaben des BFH-Urteils vom 28.10.2021, Az. III R 17/20, auch für das Lohnsteuerabzugsverfahren gesetzlich geregelt. In Folgejahren kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ausschließlich über die Steuerklasse II berücksichtigt werden.

Abzug von Kinderbetreuungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG)

Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, sind steuerlich abziehbar.

Zurzeit können zwei Drittel der Aufwendungen geltend gemacht werden, höchstens aber 4.000 Euro je Kind. Beide Werte werden angehoben: 80% sollen abzugsfähig sein, höchstens 4.800 Euro.

Bonusleistungen/Beitragserstattungen der Krankenkasse (§ 10 Abs. 2b EStG)

Bonusleistungen der Krankenkasse gelten bis zu einer Höhe von 150 Euro pro versicherter Person und Beitragsjahr nicht als Beitragserstattung und müssen daher nicht in der Steuererklärung angegeben werden. Nur was diese Summe übersteigt, gilt als Beitragserstattung. Der Steuerpflichtige soll aber nachweisen können, dass Bonusleistungen in Höhe des übersteigenden Betrags nicht als Beitragserstattung zu qualifizieren sind.

Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung / Frist (§ 39a Absatz 2 Satz 2 EStG)

Der bisher geltende Starttermin 1. Oktober für das Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren des Folgejahres wurde speziell für das Verfahren der Papierlohnsteuerkarte festgelegt, die regelmäßig Ende September versandt wurden.

Durch die Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ist dieser Starttermin überholt, da nur wenige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Freibetrag für das Folgejahr bereits im Oktober beantragen.

Zudem ist für den Einsatz des elektronischen Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahrens der 1. Oktober zeitlich sehr kritisch. Denn die Freigabe der jährlich anzupassenden amtlichen Vordrucke, auf die das elektronische Verfahren aufbaut und entsprechend programmiert werden muss, erfolgt erst Anfang September.

Durch die Verschiebung des Starttermins auf den 1. November soll ein rechtzeitiger und qualitätsgesicherter Programmeinsatz für die Anwenderinnen und Anwender gewährleistet werden.

Lohnsteuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets (§ 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 8 EStG – neu –)

Diese Idee wurde leider gestrichen, ein lohnsteuerlich begünstigtes Mobilitätsbudget für Arbeitnehmer wird es nicht geben.

Worum ging es dabei? Arbeitgeber sollten die Möglichkeit erhalten, die Lohnsteuer auf ein Mobilitätsbudget für die außerdienstliche Nutzung von Mobilitätsleistungen in Form eines Sachbezugs oder Zuschusses bis zu einem Betrag von 2.400 Euro jährlich pauschal mit 25 % zu erheben, soweit das Mobilitätsbudget zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Das hätte dann zum Beispiel auch für E-Scooter, die gelegentliche Inanspruchnahme von Car-Sharing-, Bike-Sharing- sowie sonstige Sharing-Angeboten und Fahrtdienstleistungen genutzt werden können. Aber wie bereits geschrieben: Daraus wird nichts.

Elektronischer Kindergeld-Antrag (§ 67 Satz 1 EStG)

Mit der Änderung des § 67 Satz 1 EStG sollen der Bürokratieabbau im Kindergeldbereich und die Digitalisierung der Familienleistungen vorangetrieben werden.

Mit dem Gesetz zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I Seite 2668) wurde § 67 Satz 1 EStG um die Möglichkeit der elektronischen Antragstellung ergänzt, sofern die Familienkasse hierfür den Zugang eröffnet hat. Zuvor konnte ein Kindergeldantrag nur schriftlich bei der zuständigen Familienkasse gestellt werden.

Nach Veröffentlichung der Beschreibung der bundeseinheitlichen Daten- und Schnittstellenstandards für elektronische Kindergeldanträge durch das Bundeszentralamt für Steuern am 27. April 2021 hat die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit ein Onlineportal zur Verfügung gestellt, mit welchem Kindergeldanträge sowie andere Mitteilungen in Kindergeldangelegenheiten medienbruchfrei an die zuständige Familienkasse übermittelt werden können. Damit wurde der Zugang für eine elektronische Antragstellung bereits eröffnet.

Die Neufassung des § 67 Satz 1 EStG trägt dem Umstand Rechnung, dass vermehrt elektronische Antragstellungen erfolgen und gefördert werden sollen. Mit der Neufassung wird die Rechtslage an die bisherige Weisungslage sowie an die zunehmenden Digitalisierungsmöglichkeiten der Verwaltung und der Antragsteller angepasst. Somit wird die elektronische Antragstellung zum Regelfall.

Eine Antragstellung durch Übersendung eines Antrags in Papierform soll auch weiterhin zulässig sein.

Lohnsteuer-Einbehalt (§ 41c Absatz 4 Satz 1 EStG)

Haben Arbeitgeber zu wenig Lohnsteuer einbehalten, müssen sie die Fälle, in denen sie die Lohnsteuer nicht nachträglich einbehalten (können), dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich anzeigen. Diese Anzeige ist schriftlich (bisher auf Papier) zu übersenden und muss anschließend vom Betriebsstättenfinanzamt den jeweiligen Arbeitnehmern zugeordnet werden.

Hier soll eine elektronische Übermittlung Standard werden und die Übermittlung auf Papier nur noch bei unbilliger Härte ausnahmsweise erlaubt sein. Es ist beabsichtigt, ein elektronisches Formular einzuführen, das die Übermittlung der Anzeige auf elektronischem Wege ermöglicht.

eDaten, Änderung von Steuerbescheiden (§ 175b AO)

§ 175b Absatz 1 AO ermöglicht die Korrektur eines materiell fehlerhaften Steuerbescheides für den Fall einer unzutreffenden Auswertung der von einem Dritten nach § 93c AO elektronisch übermittelten Daten (sog. eDaten) im steuerlichen Massenverfahren zugunsten der Rechtsrichtigkeit unabhängig von der Fehlerquelle.

§ 175b Absatz 2 AO ermöglicht darüber hinaus die Korrektur eines materiell fehlerhaften Steuerbescheides für den Fall, dass eDaten mangels abweichender Angabe in der Steuererklärung nach § 150 Absatz 7 Satz 2 AO als Angaben des Steuerpflichtigen gelten, soweit diese Daten zuungunsten des Steuerpflichtigen unrichtig sind. Auch hier ist die Fehlerquelle unerheblich.

Die Änderung der materiell fehlerhaften Steuerfestsetzung ist in beiden Fällen verpflichtend und steht nicht im Ermessen der Finanzbehörde.

Die Aufhebung oder Änderung eines materiell fehlerhaften Steuerbescheids nach § 175b Absatz 1 oder 2 AO ist nach § 175b Absatz 4 AO allerdings nicht zulässig, wenn nach Erlass des Steuerbescheids (»nachträglich«) erstmals und korrigiert eDaten übermittelt werden, die nicht rechtserheblich sind.(» Rechtserheblich« sind nachträglich übermittelte eDaten nur dann, wenn das Finanzamt bei rechtzeitiger Kenntnis schon in der ursprünglichen Steuerfestsetzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine höhere oder niedrigere Steuer festgesetzt hätte.)

Wohngemeinnützigkeit (§ 52 Absatz 2 Satz 1 Nummer 27 AO – neu –)

Die bereits heute bestehende Möglichkeit einer gemeinnützigen Überlassung von vergünstigtem Wohnraum wird gesetzlich festgeschrieben, verbessert und bürokratieärmer ausgestaltet. Insbesondere wird die Grenze für die Bedürftigkeit angehoben, um der starken Mietentwicklung in Ballungsräumen begegnen zu können.

Die Regelung stellt in Satz 1 klar, dass die vergünstigte Vermietung an hilfebedürftige Personen nach § 53 AO wohngemeinnützige Zwecke erfüllt. Insofern ist diese Vermietung als ideelle Zweckverwirklichung anzusehen. Potentiell entstehende Verluste können damit mitanderen Einnahmen aus dem ideellen Bereich ausgeglichen werden.

Die Wohngemeinnützigkeit ermöglicht es sozial orientierten Unternehmen, Vereinen und Stiftungen, vergünstigten Wohnraum bereitzustellen und dabei von Steuererleichterungen zu profitieren. Private Vermieter sind von der Wohngemeinnützigkeit ausgeschlossen. Die gemeinnützige Vermietung ist an bestimmte Bedingungen geknüpft.

Dem bereits bestehenden § 53 AO (»Mildtätige Zwecke«) werden dazu die folgenden Sätze angefügt:

»Die Unterstützung kann auch durch die vergünstigte Überlassung von Wohnraum an hilfebedürftige Personen nach Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 erfolgen. Die Voraussetzungen der Hilfebedürftigkeit müssen zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen.«

Eine starre Grenze, um wie viel sich die Miete von der marktüblichen Miete unterscheiden muss, wird nicht gesetzlich festgelegt. Jedenfalls muss die Miete aber dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden, da anderenfalls keine Unterstützungsleistung der jeweiligen Körperschaft vorläge. Ob die Miete unter der marktüblichen Miete liegt, muss nur zu Beginn des Mietverhältnisses und bei Mieterhöhungen geprüft werden.

Es reicht aber auch aus, wenn die jeweilige Wohnung zu einem Mietzins vermietet wird, der nur die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären Absetzung für Abnutzung deckt und keinen Gewinnaufschlag enthält.

Mögliche Fehlbelegungen im Laufe eines Mietverhältnisses durch eine Verbesserung der Einkommenssituation der Mieter sind zulässig. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese faktisch durch eine regelmäßige Fluktuation reduziert werden.

Keine Mehrheit fand hingegen ein Antrag der Gruppe Die Linke mit dem Titel »Eine starke neue Wohngemeinnützigkeit als nicht-profitorientierten Sektor auf dem Wohnungsmarkt einführen« (20/12109),

Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen (§ 4 Nummer 21 UStG)

Durch die Neufassung des § 4 Nummer 21 UStG wird das deutsche Umsatzsteuerrecht an EU-Recht und die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) angepasst.

§ 4 Nummer 21 Satz 1 Buchstabe a UStG befreit Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, wenn sie durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen erbracht werden. Die Erziehung von Kindern und Jugendlichen wird von § 4 Nummer 23 Buchstabe a UStG erfasst.

Nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff »Einrichtungen« auch natürliche Personen, Personenzusammenschlüsse und Gesellschaften mit Gewinnerzielungsabsicht. Auch selbständige Lehrer, die ihrerseits als freie Mitarbeiter Unterrichtsleistungen an Schulen, Hochschulen oder anderen Bildungseinrichtungen erbringen, sind als andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen anzusehen.

§ 4 Nummer 21 Satz 1 Buchstabe b UStG wird von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht von der Umsatzsteuer befeit.

Der Begriff des Privatlehrers umfasst nur natürliche Personen. Der Privatlehrer muss in eigener Person, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung Unterrichtsleistungen: Ein Privatlehrer gestaltet und organisiert selbst die Unterrichtseinheiten, die z. B. auch in dessen Wohnung erteilt werden können. Der Unterricht muss auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Schülers oder Studenten ausgerichtet sein. Am Unterricht dürfen auch mehrere Personen gleichzeitig teilnehmen.

Das Erfordernis, dass der Unterricht privat erteilt wird, setzt keine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen den Unterrichteten und dem Privatlehrer voraus. Eine Vertragsbeziehung kann auch mit anderen Personen, etwa mit den Eltern der Schüler oder Studenten, bestehen.

Nicht befreit sind Leistungen, die der bloßen Freizeitgestaltung dienen, da diese nicht zu den Bildungsleistungen zählen. Ob die erbrachten Unterrichtsleistungen den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, kann nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden. Maßgeblich hierbei sind u. a. die thematische Zielsetzung und Ausgestaltung des Unterrichtsangebots, an den sich das Angebot richtet.

Besteuerung von Kleinunternehmern (§ 19 UStG)

Die zwingend erforderliche Umsetzung der EU-Richtlinie 2020/285 wurde zum Anlass genommen, die Sonderregelung für Kleinunternehmer neu zu konzipieren.

Die Richtlinie hat zum Ziel, Wettbewerbsverzerrungen für Kleinunternehmer im Binnenmarkt zu vermeiden und das Wachstum und die Entwicklung des grenzüberschreitenden Handels zu begünstigen. Um Befolgungskosten zu reduzieren, enthält die sie Vereinfachungsmaßnahmen sowohl für grenzüberschreitend als auch für (nur) im Inland tätige Kleinunternehmer.

Bislang konnten nur im Inland ansässige Unternehmer die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG im Inland in Anspruch nehmen. Die Neuregelung ermöglicht es, auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern die Kleinunternehmerregelung in Deutschland anzuwenden.

Damit im Inland ansässige Unternehmer die Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen können, wird ein besonderes Meldeverfahren eingeführt. Zuständig für die Durchführung des Meldeverfahrens und die unionsrechtlich vorgeschriebene Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten ist das Bundeszentralamt für Steuern.

Voraussetzung für die Befreiung ist, dass der inländische Gesamtumsatz (§ 19 Absatz 2 UStG) im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 Euro nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr 100.000 Euro nicht überschreitet.

Grundsätzlich verlangt das Unionsrecht, dass bei Überschreiten des unteren inländischen Grenzwertes die Steuerbefreiung nicht mehr anwendbar ist. Allerdings wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, einen oberen inländischen Grenzbetrag einzuführen, bis zu dessen Überschreitung die Anwendung der Kleinunternehmerregelung im laufenden Kalenderjahr weiterhin zulässig ist.

Um die Kleinunternehmerregelung im Überschreitungsjahr unbürokratisch im Sinne der Altregelung fortzuführen, wird von der unionsrechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den oberen inländischen Grenzwert auf 100.000 Euro festzulegen. Soweit der Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr den oberen inländischen Grenzwert von 100.000 Euro überschreitet, kommt eine weitere Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht.

Die Systematik der Berechnung des Gesamtumsatzes der bisherigen Regelung des § 19 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 1 Satz 2 UStG (a. F.) wird in § 19 Absatz 2 UStG zusammengeführt.

§ 19 Absatz 3 UStG regelt den Verzicht auf die Anwendung der Steuerbefreiung für inländische Kleinunternehmer. Die Vorschrift entspricht in weiten Teilen der bisherigen Regelung.

In Sachen E-Rechnung gibt es gute Nachrichten für Kleinunternehmer: Sie müssen keine E-Rechnungen ausstellen, das regelt ein neuer §34a der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV). Sie müssen aber natürlich E-Rechnungen empfangen und weiterverarbeiten können.

Die Änderungen treten zum 1. Januar 2025 in Kraft.

Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (§ 10 Absatz 5 Nummer 3 Satz 2 ErbStG)

Der Pauschbetrag für Erbfallkosten steigt von 10.300 Euro auf 15.000 Euro.

Änderung des Biersteuergesetzes (§ 29 Absatz 2 BierStG)

Die bisher steuerbefreite Menge für die Herstellung von Bier durch Haus- und Hobbybrauer wird von 2 hl auf 5 hl erhöht, um den Bürokratieaufwand für die Beteiligten und den damit einhergehenden Verwaltungsaufwand zu reduzieren.

Mit der Maßnahme wird eine Empfehlung des Bundesrechnungshofs umgesetzt: Die aktuelle Regelung führt durch Steuerfestsetzungen mit nur sehr geringen Steuerforderungen zu unverhältnismäßig hohem Aufwand für die Zollverwaltung sowie für die Bürgerinnen und Bürger. Zukünftig ist mit einer erheblich reduzierten Anzahl von Steueranmeldungen zu rechnen

Die bisher bestehende Anzeigepflicht für die Brauvorgänge wird zukünftig entfallen, um den Bürokratieaufwand für die Beteiligten und den damit einhergehenden Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Auch mit dieser Maßnahme wird eine Empfehlung des Bundesrechnungshofs umgesetzt

 

Warum gibt es 2024 ein zweites Jahressteuergesetz?

Schon im Juni wurde bei der Besprechung des (ersten) Jahressteuergesetzes 2024 festgestellt, dass man mit den darin vorgesehenen Änderungen nicht alles regelt bzw. ändert, was man ändern möchte, sollte oder müsste.

Der damalige Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte dazu am 5.6.2024 bei einer Pressekonferenz sinngemäß, dass es sich beim 2. Jahressteuergesetz 2024 um »politische« Änderungen handle, während die »technischen« Änderungen mit dem (ersten) JStG 2024 (Stand derzeit: Regierungsentwurf) umgesetzt werden sollen.

Im JStG 2024 II geht es zum Beispiel um Entlastungen bei der Einkommensteuer, um die Förderung von Kindern und Familien sowie um die Fortentwicklungen des Gemeinnützigkeitsrechts. Dazu kommen weitere Einzelmaßnahmen, die thematisch nicht oder nur teilweise miteinander verbunden sind.

Den kompletten Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 II einschließlich der (lesenswerten) Begründungen für die einzelnen Änderungen gibt es auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums.

Ergänzung: Das Bundeskabinett hat den Entwurf am 24. Juli 2024 beschlossen und dem Gesetz den Namen »Steuerfortentwicklungsgesetz« gegeben.

Das Steuerfortenwicklungsgesetz ist noch nicht beschlossen. Ob es noch nur Abstimmung gestellt wird, bleibt abzuwarten.

Steuerfreier Grundfreibetrag, Steuertarif, Soli

Der Grundfreibetrag soll 2025 um 300 Euro erhöht werden und läge dann bei 12.084 Euro für Singles bzw. 24.168 Euro für Verheiratete liegen.

Für 2026 ist eine weitere Erhöhung um 252 Euro geplant. Der steuerfreie Grundfreibetrag läge dann bei 12.336 Euro bzw. 24.672 Euro.

Die Tarif-Eckwerte werden um 2,5% verschoben, was im Ergebnis bedeutet, dass der Spitzensteuersatz (42%) 2025 ab einem Jahreseinkommen von 68.430 Euro und 2026 ab einem jährlichen Einkommen von 69.799 Euro greift. Nicht geändert wird der Schwellenwert zur sogenannten »Reichensteuer« (45%). Er bleibt weiter bei 277.826 Euro.

Auch eine Anpassung der Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag ist geplant.

Einen Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zur »Einführung des Tarifs auf Rädern zur automatischen Anpassung des Steuerrechts an die kalte Progression« (20/13357) überwiesen die Abgeordneten am 18.10.2024 zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. Die Federführung übernimmt der Finanzausschuss.

Anhebung von Kinderfreibetrag und Kindergeld

Der steuerliche Kinderfreibetrag soll für den Veranlagungszeitraum 2025 um 60 Euro auf 6.672 Euro steigen und ab dem Veranlagungszeitraum 2026 um 156 Euro auf 6.828 Euro. Zusammen mit dem Erziehungsfreibetrag (2.928 Euro) lägen die Freibeträge für Kinder dann bei 9.600 Euro im Jahr 2025 und bei 9.756 Euro im Jahr 2026.

Das Kindergeld soll ab Januar 2025 von 250 Euro auf 255 Euro monatlich steigen. Ab 2026 soll das Kindergeld 259 Euro pro Kind betragen.

Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren

Ein Punkt der in den vergangenen Jahren immer mal wieder durch social media, aber auch durch die Presse geisterte. Damals leider meist mit mindestens verwirrenden, oft auch komplett falschen Aussagen (mehr dazu hier: Werden die Steuerklassen III und V abgeschafft?).

Fakt ist: Idee stand dieses Vorhaben »nur« im Koalitionsvertrag – einen Termin gab es nicht, Eckpunkte für die Umsetzung existierten maximal als Gerücht.

Jetzt wird das Thema im 2. Jahressteuergesetz 2024 aufgegriffen. Interessanterweise ist nicht mehr nur von der Überführung in Steuerklasse IV die Rede, sondern gleich vom Faktorverfahren.

Steuerklasse IV bekommt man als Ehepaar nach der Hochzeit heute schon automatisch vom Finanzamt zugewiesen, kann sich dann aber für die Kombination der Steuerklassen III und V entscheiden. Das Faktorverfahren, bei dem die Lohnsteuer der Ehepartner nach dem Anteil berechnet wird, den jeder Ehepartner zum gemeinsamen Einkommen beiträgt, wird bisher selten genutzt. Das liegt vermutlich auch daran, dass die Beantragung des Faktors einen gewissen bürokratischen Aufwand bedeutet, den man sich gerne spart (ausführliche Informationen dazu hier: Lohnsteuer: Faktorverfahren sorgt für eine faire Verteilung in der Ehe).

Mit dem JStG 2024 II soll ein automatisiertes Faktorverfahren eingeführt werden. Konkret soll dabei vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) automatisiert für alle Arbeitnehmer, bei denen die Steuerklasse IV mit Faktor einmal gebildet worden ist, nach Ablauf der Gültigkeit des Faktors zum 1. April eines jeden Kalenderjahres ein neuer Faktor gebildet werden. Grundlage für den Faktor sollen die Lohnsteuerbescheinigungen des vergangenen Kalenderjahres sein. Diese werden dem BZSt von den Landesfinanzbehörden übermittelt.

Auf allzu schnelle Veränderungen müssen wir uns dabei nicht einstellen: Das automatisierte Faktorverfahren für Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern soll ab dem 1. Januar 2030 gelten.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) soll das Verfahren bis zum 31. Dezember 2035 evaluieren und Erkenntnisse über positive oder negative Nebenfolgen, über die Akzeptanz bzw. Inanspruchnahme des Verfahrens sowie über die Praktikabilität der Regelung herausfinden.

Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen

Die Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen war eigentlich schon im Wachstumschancengesetz vorgesehen, wurde dann aber im Vermittlungsausschuss gestrichen (mehr zum Wachstumschancengesetz: Wachstumschancengesetz verabschiedet! Das steht drin und Kleinunternehmer: Diese Änderungen gelten ab 2024). Im Kern geht es darum, dass Unternehmen und Berater den Finanzämtern von sich aus erklären sollen, wo und wie sie »offensiv« Steuern sparen (wollen).

Das Bundesministerium der Finanzen soll den erstmaligen Anwendungszeitpunkt der neuen Mitteilungspflichten durch ein BMF-Schreiben bestimmen. Tut es dies nicht, werden die gesetzlichen Regelungen über die Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen spätestens nach Ablauf von vier Kalenderjahren nach Inkrafttreten der Neuregelung angewendet.

Das Bundesministerium der Finanzen schätzt die Anzahl der jährlichen Mitteilungen über innerstaatliche Steuergestaltungen auf rund 5.000. Grenzüberschreitenden Steuergestaltung müssen schon heute in der Steuererklärung angegeben werden (§ 138k AO).

Anpassungen bei den Regelungen zur Gemeinnützigkeit

Es soll klargestellt werden, dass steuerbegünstigte Körperschaften außerhalb ihrer Satzungszwecke gelegentlich zu tagespolitischen Themen Stellung beziehen dürfen, ohne dass sie damit ihre Gemeinnützigkeit gefährden.

Diese Änderung wäre eine gesetzliche Klarstellung, die bereits so im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO zu § 52 Nr. 16) enthalten ist. Dort heißt es, es sei »nicht zu beanstanden, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung nimmt (z. B. ein Aufruf eines Sportvereins für Klimaschutz oder gegen Rassismus).«

Durch die Änderung soll wichtiges demokratisches Engagement von gemeinnützigen Körperschaften unterstützt und gefördert werden.

In der Begründung zum JStG 2024 II wird jedoch klar festgestellt, dass »gelegentlich« nicht bedeutet, sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu politischen Themen zu äußern. Die Äußerungen müssen aufgrund eines besonderen Anlasses erfolgen und der steuerbegünstigten Zweckverfolgung untergeordnet sein. Das Betreiben oder Unterstützen von Parteipolitik ist immer gemeinnützigkeitsschädlich, auch wenn es nur gelegentlich erfolgt.

 

(Bild im Titel: Detlev-Rohwedder-Haus, Hauptsitz des Bundesministeriums der Finanzen; Quelle: BMF/Hendel)

(MB)

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