Was kostet ein Prozess vor dem Finanzgericht?
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Die Kosten eines Finanzgerichtsverfahrens hängen stark vom Streitwert ab. Der Streitwertkatalog bietet eine Orientierungshilfe, ist aber nicht verbindlich. Wir haben Informationen und Beispiele zusammengefasst.
Inhalt
Was ist der Streitwert?
Ein Verfahren vor dem Finanzgericht kann für Steuerpflichtige mit erheblichen Kosten verbunden sein. Die Höhe dieser Kosten richtet sich maßgeblich nach dem sogenannten Streitwert. Das ist ein rechnerischer Wert, der die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits widerspiegelt und als Grundlage für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltsgebühren dient.
Wie wird der Streitwert berechnet?
Der Streitwert bemisst sich in der Regel nach der Differenz zwischen der festgesetzten und der angestrebten Steuer (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz, GKG). In bestimmten Fällen, zum Beispiel bei unbezifferten Anträgen oder wenn keine konkreten Beträge genannt werden, wird ein sogenannter Auffangstreitwert von 5.000 Euro angenommen (§ 52 Abs. 2 GKG). Der Mindeststreitwert beträgt 1.500 Euro, sofern keine Ausnahme (z.B. Kindergeldverfahren) greift.
→ Offizieller Streitwertkatalog für die Finanzgerichte (PDF des FG Düsseldorf)
Der Streitwertkatalog enthält eine Zusammenstellung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur Streitwertfestsetzung. Er versteht sich als Beitrag zur Vereinheitlichung und Vorhersehbarkeit der Streitwertfestsetzung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Die angegebenen Werte sind nicht verbindlich. Es handelt sich lediglich um Empfehlungen. Die verbindliche Festsetzung des Streitwerts obliegt allein dem zuständigen Gericht.
Wie wirkt sich der Streitwert auf die Kosten aus?
Die Gerichtsgebühren richten sich nach dem Streitwert gemäß dem Gerichtskostengesetz (GKG). Hinzu kommen ggf. Anwaltskosten, die sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) richten. Bei Verfahren mit mehreren Streitpunkten oder Beteiligten kann sich der Streitwert erhöhen.
Einige typische Streitwertansätze laut Katalog:
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Einkommensteuer: Differenz zwischen festgesetzter und begehrter Steuer.
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Kindergeld: Summe der Kindergeldbeträge vom ersten streitigen Monat bis zur Einspruchsentscheidung.
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Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung: 10% des ausgesetzten Betrags.
Gerichtskosten: Beispielrechnungen
Beispiel 1: Einkommensteuerbescheid
Ein Steuerpflichtiger klagt gegen einen Einkommensteuerbescheid und möchte eine Reduzierung von 8.000 Euro erreichen.
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Streitwert: 8.000 Euro
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Gerichtsgebühren (3-facher Satz): ca. 438 Euro
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Anwaltskosten (einfacher Satz, ohne Auslagen): ca. 725 Euro
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Gesamtkosten: rund 1.160 Euro
Beispiel 2: Kindergeldrückforderung
Die Familienkasse fordert 3.600 Euro Kindergeld zurück. Der Kläger wehrt sich dagegen.
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Streitwert: 3.600 Euro
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Gerichtsgebühren: ca. 273 Euro
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Anwaltskosten: ca. 580 Euro
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Gesamtkosten: rund 850 Euro
Beispiel 3: Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
Ein Unternehmer beantragt die Aussetzung der Vollziehung eines Umsatzsteuerbescheids über 20.000 Euro.
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Streitwert: 10% von 20.000 Euro = 2.000 Euro
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Gerichtsgebühren: ca. 224 Euro
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Anwaltskosten: ca. 500 Euro
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Gesamtkosten: rund 725 Euro
Braucht man vor dem Finanzgericht einen Anwalt?
Vor dem Finanzgericht besteht in der ersten Instanz kein Anwaltszwang. Ein Fachanwalt für Steuerrecht oder ein Steuerberater kann aber natürlich extrem hilfreich sein, insbesondere bei komplexen Sachverhalten.
Wie lange dauert ein Verfahren vor dem Finanzgericht?
Das ist sehr unterschiedlich. Einfache Verfahren können in wenigen Monaten abgeschlossen sein, komplexe Fälle dauern oft ein bis zwei Jahre oder länger. Und wenn es dann vor dem Bundesfinanzhof weitergeht, kommen nochmal ein bis zwei Jahre dazu.
Gibt es beim Finanzgericht Prozesskostenhilfe?
Ja, wenn die wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt sind und die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hat, kann auch für ein Steuerverfahren Prozesskostenhilfe gewährt werden.
Was passiert, wenn man vor Gericht verliert?
Wenn man einen Finanzgerichtsprozess verliert, muss man in der Regel die Gerichtskosten und ggf. die Kosten des gegnerischen Rechtsbeistands tragen.
(MB)