Verzögerungsgeld: Festsetzung muss ermessensgerecht sein
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Wie weit darf das Finanzamt bei einer Ermessensentscheidung gehen? Generalpräventive Aspekte dürfen jeden falls keine Rolle spielen, entschied das FG Münster.
Was war passiert?
Das Finanzamt hatte bei einem Rechtsanwalt und Notar, der auch steuerliche Mandate betreut, eine Außenprüfung angeordnet. Nachdem dieser sich erfolglos gegen die Prüfungsanordnung und andere damit verbundene Einzelmaßnahmen gewehrt hatte, versuchte der Prüfer mehrfach vergeblich, mit ihm Termine abzustimmen, um die Prüfung fortzusetzen.
Mehrere Anforderungen des Prüfers, Buchführungsunterlagen in digitaler Form vorzulegen, hob er nach Anfechtung durch den Rechtsanwalt wieder auf. Gegen eine weitere Aufforderung zur Vorlage von Daten legte der Rechtsanwalt ebenfalls Einspruch ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
Die Entscheidung des Finanzamts
Ohne über den Antrag entschieden zu haben, setzte das Finanzamt zwei Wochen nach Fristablauf wegen der Nichteinräumung des Datenzugriffs ein Verzögerungsgeld in Höhe von 4.000 Euro gegen den Rechtsanwalt fest.
Hierbei stützte es sich im Wesentlichen darauf, dass bei dem Rechtsanwalt eine potenzielle Wiederholungsgefahr in Bezug auf die von ihm betreuten steuerlichen Mandate vorliege, der Rechtsanwalt sich hartnäckig geweigert habe, die digitalen Daten vorzulegen und er die Gründe für die Verzögerung nicht ausreichend entschuldigt habe.
Die Entscheidung des Finanzgerichts
Der Rechtsanwalt wehrte sich schließlich vor Gericht gegen das Verzögerungsgeld – mit Erfolg: Das Finanzamt habe sein Entschließungsermessen fehlerhaft ausgeübt, entschied das FG Münster, und zwar aus den folgenden Gründen:
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Die angenommene potentielle Wiederholungsgefahr wegen der Betreuung steuerlicher Mandate als Rechtsanwalt und Notar stellt eine sachfremde Erwägung dar, die mit dem Zweck des Verzögerungsgeldes nicht vereinbar sei. Vielmehr kommt es ausschließlich auf Verzögerungen beim betroffenen Steuerpflichtigen, nicht aber auf generalpräventive Aspekte an.
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Das Finanzamt hat auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass es noch gar nicht über den Aussetzungsantrag zur Datenüberlassung entschieden hatte. Da solche Anträge unverzüglich zu bearbeiten sind, hätte es Ermessenserwägungen dazu anstellen müssen, warum auf die Datenanforderung vor der Entscheidung weitere belastende Maßnahmen wie das Verzögerungsgeld gestützt werden.
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In Bezug auf die vom Finanzamt als gewichtig und hartnäckig gewerteten Pflichtverletzungen des Klägers hat das Finanzamt nicht in seine Ermessenerwägungen einbezogen, dass der Prüfer jede seiner früheren Datenanforderungen aufgehoben hatte. Der seit der einzigen noch bestehenden Anforderung vergangene Zeitraum von lediglich zwei Wochen, der letztlich für die Festsetzung des Verzögerungsgelds entscheidend war, kann nach der Auffassung der Richter gerade nicht als hartnäckig bezeichnet werden.
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Und schließlich hat das Finanzamt auch nicht beachtet, dass das Fehlen von Entschuldigungsgründen nicht zu einer Vorprägung des Entschließungsermessens führt.
(FG Münster, Urteil vom 8.2.2019, Az. 4 K 590/17)