Organspende: Jeder kann Leben retten
Tausende von Todkranken warten auf eine Organspende.

Organspende: Jeder kann Leben retten

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Am 1.3.2022 tritt das neue Organspende-Gesetz in Kraft. Was ändert sich? Was soll es bewirken?

Das "Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende" (kurz: Organspende-Gesetz) wurde zwar bereits am 16.1.2020 vom Bundestag verabschiedet, doch es gilt erst zwei Jahre nach seiner Verkündung.

Das Gesetz beendete damals eine intensive gesellschaftliche Auseinandersetzung um die Frage, wie die Organspende in Deutschland künftig geregelt werden sollte. Ergebnis: Organspende (weiterhin) nur nach Zustimmung.

Ab dem 1.3.2022 wird in Deutschland eine erweiterte Zustimmungslösung zugrunde gelegt, die sogenannte Entscheidungslösung. Sie ist verbunden mit begleitenden Maßnahmen, wie z. B. Aufklärungs- und Informationskampagnen sowie Beratung. Zudem soll ein Online-Register geschaffen werden, das den Organspendeausweis ersetzen kann.

Was bedeutet die Entscheidungslösung?

Alle Bürger sollen regelmäßig mit neutralen und ergebnisoffenen Informationen versorgt werden, damit sie eine sichere Entscheidung für oder gegen eine Organ- und/oder Gewebespende treffen können. Das Ziel besteht darin, mehr Menschen zu ermuntern, nach ihrem Tod Organe zur Verfügung zu stellen, um Kranken das Weiterleben zu ermöglichen.

Wesentlicher Inhalt der Informationskampagnen: Die Entnahme von Organen und Geweben nach dem Tod ist nur dann zulässig, wenn sich die verstorbene Person zu Lebzeiten ausdrücklich dafür entschieden hat oder stellvertretend die Angehörigen zugestimmt haben.

Was ändert sich bei der Organspende?

Durch die gesetzliche Neuregelung sollen mehr Menschen motiviert werden, sich aktiv zu entscheiden, Organspender zu werden, denn noch immer gibt es zu wenig Spender und tausende Patienten stehen auf Wartelisten.

Das Gesetz sieht sechs konkrete Maßnahmen vor.

• Online-Register: Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll im Jahr 2022 ein bundesweites Online-Register eingerichtet werden. Darin kann die persönliche Entscheidung zur Organspende eingetragen werden. Die Entscheidung kann jederzeit geändert oder widerrufen werden. Ärzte sehen im gegebenen Fall im Register nach, ob ein verstorbener Patient Organspender ist. Bürger können sich bei allen Ausweisstellen in das Register eintragen lassen, z.B. Ordnungsamt.

• Aufklärung und Information: Die Ausweisstellen von Bund und Ländern müssen Bürgern zukünftig Aufklärungsmaterial und Organspendeausweise aushändigen bzw. bei elektronischer Antragsstellung elektronisch übermitteln. Dabei wird auf weitere Informations- und Beratungsmöglichkeiten hingewiesen, z. B. www.organspende-info.de. Diese Unterlagen werden künftig alle vier Jahre wissenschaftlich überprüft. Die Ausweisstellen informieren weiter darüber, dass man sich direkt beim Abholen des neuen Ausweises oder später ins Register eintragen lassen kann. Die Infomaterialien bekommt jeder, der einen Ausweis beantragt oder verlängert.

• Beratung durch Hausärzte: Hausärzte sollen ihre Patienten alle zwei Jahre über Organ- und Gewebespenden ergebnisoffen beraten und zur Online-Registrierung ermutigen. Ärzte haben dabei auch darauf hinzuweisen, dass keine Pflicht besteht. Die Beratung können die Ärzte über die Krankenkassen abrechnen.

• Ausbildung junger Ärzte: Das Gesetz sieht außerdem vor, die Organ- und Gewebespende verstärkt in der ärztlichen Ausbildung zu verankern.

• Führerschein: Grundwissen zur Organspende soll zudem in den Erste-Hilfe-Kursen vermittelt werden, die jeder Führerschein-Schüler verpflichtend absolvieren muss.

• Die derzeit geltende Rechtslage bleibt auch nach dem Stichtag am 1.3.2022 in ihrem Kern unverändert: Eine Organspende ist grundsätzlich lediglich dann zulässig, wenn der Organspender zu Lebzeiten eingewilligt hat oder sein nächster Angehöriger zustimmt. Die Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende unterstützt das Organspende-Gesetz durch verbindliche Informationen sowie bessere Aufklärung und Beratung.

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Kann meine Organspende Leben retten?

Ja, Sie können zum Lebensretter werden, denn eine Organspende ist oft die letzte Möglichkeit, todkranken Patientinnen und Patienten zu helfen. Bei einer Organspende wird das Organ eines verstorbenen Menschen in den Körper eines Schwerkranken übertragen. Für die Patientin oder diesen Patienten ist mit der Transplantation eine Chance auf eine verbesserte Lebensqualität, einen besseren Gesundheitszustand und eine längere Lebenserwartung verbunden.

Etwa 9.100 Menschen stehen derzeit in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Spenderniere.

Im Jahr 2020 gab es bundesweit 913 Organspenderinnen und Organspender. Das entspricht 10,9 Organspenderinnen und Organspender je eine Million Einwohner.

Im Jahr 2019 betrug die Anzahl der gespendeten Organe nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) noch 2.995. Die Spendenbereitschaft nimmt demnach ab.

Was kann ich spenden?

Zu den Organen, die sich für eine Spende eignen, zählen Herz, Leber, Lunge, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm.

Es lassen sich weitere Gewebebestandteile des Körpers entnehmen, z. B. Herzklappen, Augenhornhaut, Teile der Haut, Teile der Blutgefäße, Knochengewebe, Knorpelgewebe und Sehnen. Zum Teil werden diese Gewebespenden in der plastischen Chirurgie verwendet, z. B. zur Behandlung von Verbrennungsopfern.

Wer ein bestimmtes Organ oder auch eine bestimmte Gewebespende für sich ausschließen möchte, sollte das auf dem Organspendeausweis vermerken.

Werde ich automatisch zum Organspender?

Nein, niemand wird automatisch zum Organspender. Voraussetzung für eine Organentnahme nach dem Tod ist Ihre Einwilligung als möglicher Organspender zu Lebzeiten.

Ihre Entscheidung dokumentiert der Organspendeausweis. Andernfalls ist die Zustimmung Ihres nächsten Angehörigen entscheidend, z. B. des Ehepartners.

Den Organspendeausweis erhalten Sie kostenlos. Auf einem Organspendeausweis können Sie Ihr Einverständnis zur Organ- und Gewebespende generell erteilen. Sie können Ihre Einwilligung auf bestimmte Organe oder Gewebe beschränken. Möglich ist auch, einer Spende gänzlich zu widersprechen.

Sie können eine einmal getroffene Entscheidung zur persönlichen Organspendebereitschaft jederzeit ändern. Beachten Sie: Ändern Sie Ihre Einstellung, müssen Sie Ihre alte Erklärung vernichten und ein neues Dokument ausfüllen.

Für den Fall, dass Sie mehrere Erklärungen abgegeben haben, die sich inhaltlich widersprechen, gilt die zuletzt abgegebene Erklärung. Bei Unklarheiten sind wieder Ihre Angehörigen in der Entscheidungspflicht.

Notieren Sie stets das Datum neben Ihrer Unterschrift, damit sichergestellt ist, dass es sich um die aktuellste Fassung Ihrer Organspende-Entscheidung handelt.

Wie wird über eine Organentnahme entschieden?

Kurz gesagt: Todesfeststellung und Zustimmung sind entscheidend.

Um als Organspender infrage zu kommen, muss der Hirntod eines Patienten festgestellt werden. Das bedeutet, dass alle Hirnfunktionen unumkehrbar beendet sind. Nur durch Maschinen können Körperfunktionen aufrechterhalten werden.

Erst wenn zwei Ärzte unabhängig voneinander zweifelsfrei den Hirntod festgestellt haben, darf im geplanten Organ- und Gewebespende-Register geprüft werden, ob der Patient sich hat eintragen lassen. Liegt kein Eintrag vor, ist der nächste Angehörige zu befragen, ob diesem eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende des Betroffenen bekannt ist. Ist auch dem nächsten Angehörigen eine solche Erklärung nicht bekannt (z. B. findet sich auch in den Unterlagen kein entsprechender Hinweis oder ein Dokument), ist eine Entnahme nur dann zulässig, wenn ein Arzt den nächsten Angehörigen darüber unterrichtet und dieser ihr zugestimmt hat.

Der nächste Angehörige hat bei seiner Entscheidung den mutmaßlichen Willen des möglichen Spenders zu beachten. Ist also keine Entscheidung des Verstorbenen zu diesem Thema dokumentiert, werden die Angehörigen gefragt, wie der Mensch zu Lebzeiten zu diesem Thema stand. Stimmen die nächsten Angehörigen im Sinne des Verstorbenen zu, ist eine Organspende möglich.

Ist eine Organspende auch in Zeiten der Corona-Pandemie möglich?

Ja, Organ- und Gewebespenden sind auch in Zeiten der COVID-19-Pandemie möglich. Potenzielle Spender werden auf das Virus getestet. Fällt der Test negativ aus – und nur dann –, kommt eine Spende in Betracht.

Wie alt muss ich sein, um eine Entscheidung treffen zu dürfen?

Bereits Minderjährige dürfen einen Organspendeausweis besitzen. Ab dem 14. Geburtstag kann man einer Organ- bzw. Gewebeentnahme widersprechen. Ab dem 16. Geburtstag darf man sich dazu bereiterklären. Für Kinder unter 14 Jahren entscheiden die Eltern.

Wer darf keine Organe spenden?

Bestimmte Krankheiten, z. B. Infektionskrankheiten und Diabetes, können die Spendefähigkeit einschränken, aber sie schließen sie nicht völlig aus. Auch wer eine chronische Krankheit hat, kann also nach einem Hirntod Organspenderin oder Organspender werden. Die Ärztinnen und Ärzte prüfen in diesem Fall nach dem Hirntod, ob die Organe verpflanzt werden können.

Was passiert mit meinem Körper nach der Organspende?

Nach der Organentnahme verschließen die Ärztinnen und Ärzte die operativen Einschnitte wieder und verbinden die Wunden. Die Angehörigen erhalten den Leichnam in einem würdigen Zustand zur Beisetzung und können sich im gewünschten Rahmen von der verstorbenen Person verabschieden.

Benötige ich nach der Neuregelung noch einen Organspendeausweis?

Ab 2022 wird es ein Online-Register geben, das dazu da ist, Ihren Willen im Fall einer Organspende schnell zu erfragen und zu respektieren, gleich, welche Entscheidung Sie getroffen haben, also auch bei einer Ablehnung.

Wer sich künftig ins Online-Register eintragen lässt, braucht keinen Organspendeausweis in Papierform mehr. Derzeit gibt es unterschiedliche Möglichkeiten seine Entscheidung für oder gegen eine Organspende darzulegen.

Dokumentieren Sie Ihren Willen am besten auf einem Organspendeausweis. Sie haben auch die Möglichkeit, Ihre Entscheidung beispielsweise in Ihrer Patientenverfügung festzuhalten. Sie können zudem die neu eingeführten elektronische Gesundheitskarte (eGK) dafür nutzen. Auf der eGK können Sie Hinweise auf das Vorliegen einer schriftlichen Erklärung zur Organspende sowie zu deren Aufbewahrungsort dokumentieren. In einer weiteren Ausbaustufe der eGK soll sie auch zur Speicherung der eigentlichen Erklärung zur Organspende in elektronischer Form genutzt werden können.

Brauche ich einen Organspendeausweis, wenn ich nicht spenden möchte?

Es gibt zwar keine Verpflichtung, sich zu entscheiden, und die Entscheidung bleibt jedem Einzelnen frei überlassen, aber dennoch sollten Sie unbedingt Ihr "Nein" oder "Ja" – gegebenenfalls auch mit Einschränkungen – in einem Organspendeausweis dokumentieren, in einer Patientenverfügung niederlegen oder künftig im Online-Register eintragen.

Nur so kann Ihr persönlicher Wille respektiert werden – egal, wie Sie sich entscheiden. Bei der Organspende gibt es kein richtig oder falsch.

Muss ich den Organspendeausweis immer dabei haben?

Gleich, wofür Sie sich entscheiden, tragen Sie Ihren Organspendeausweis immer mit sich, z. B. in Ihrer Brieftasche, denn die Daten sind aktuell noch nicht bei einer offiziellen Stelle registriert oder hinterlegt, z. B. im Online-Register oder auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK).

Machen Sie sich Folgendes klar: Fehlt ein Ausweis oder der Eintrag, oder hat ein Patient nichts in einer Patientenverfügung festgelegt, müssen im Falle eines Hirntods die Angehörigen im Sinne des Betroffenen für oder gegen eine Organspende entscheiden.

Beachten Sie: Ihre Bereitschaft zur Organ- oder Gewebespende können Sie neben dem Organspendeausweis oder der Patientenverfügung auch auf einem anderen Schriftstück dokumentieren und dies niederschreiben.

Wichtig ist, dass Ihr Wille eindeutig formuliert und das Schreiben von Ihnen handschriftlich unterschrieben ist, um rechtsverbindlich zu werden.

Wo finde ich weiterführende Informationen?

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet auf der Internetseite www.organspende-info.de umfassende Informationen, die Sie dabei unterstützen, eine persönliche Entscheidung zu treffen: Ja oder Nein zur Organspende? Informieren Sie sich anhand des Flyers. Damit lässt sich auch ein Gespräch mit Ihrem Hausarzt vorbereiten, der Ihnen weitere medizinische Auskunft geben kann. Unabhängig davon, wie Sie sich entscheiden, sollten Sie Ihre Überzeugung auf einem Organspendeausweis dokumentieren. Das gilt auch für eine mögliche Änderung Ihrer Entscheidung.

Organspendeausweise erhalten Sie kostenlos bei Ihrer Krankenkasse, beim Hausarzt oder in Apotheken. Sie können ihn sich von der Homepage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung herunterladen. Dort können Sie den Organspendeausweis auch direkt online ausfüllen, ihn speichern oder gleich ausdrucken. Alternativ gibt es den Ausweis auch als Plastikkarte zum Bestellen. Er ist in allen Varianten kostenfrei zu beziehen (www.bzga.de/organspendeausweis). Zudem erhalten Sie den Ausweis in verschiedenen Sprachen.

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(MS)

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