Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG)
Kapitel O – Organisation → O 2 – Familienkassen
Abschnitt O 2.7 DA-KG – Steuergeheimnis und Datenschutz
(1) 1Durch das Steuergeheimnis nach § 30 AO werden alle Daten geschützt, die einer in der Familienkasse tätigen Person
in einem Kindergeldverfahren,
in einem Steuerstrafverfahren (vgl. S 8.1),
in einem Verfahren bei einer Steuerordnungswidrigkeit (vgl. S 8.2),
in einem Verfahren vor der Finanzgerichtsbarkeit oder
aus anderem Anlass durch Mitteilung einer Finanzbehörde
über Kindergeldberechtigte, andere Personen oder juristische Personen bekannt geworden sind. 2Ob diese Personen in einem derartigen Verfahren auskunftspflichtig sind oder ihre Angaben ohne rechtliche Verpflichtung abgegeben haben, ist für die Zuordnung zum geschützten Personenkreis unerheblich (BFH vom 8.2.1994, VII R 88/92, BStBl II S. 552). 3Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Tatsachen für die Entscheidung der Familienkasse Bedeutung haben.
4Das Steuergeheimnis erstreckt sich auf die gesamten persönlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen, öffentlichen und privaten Verhältnisse von natürlichen und juristischen Personen (personenbezogenen Daten). 5Zu den Verhältnissen zählen auch das Verwaltungsverfahren selbst, die Art der Beteiligung am Verwaltungsverfahren und die Maßnahmen, die vom Beteiligten getroffen wurden. 6So unterliegt z. B. auch dem Steuergeheimnis, ob und bei welcher Familienkasse ein Beteiligter kindergeldrechtlich geführt wird oder ob Kindergeld festgesetzt ist und an wen es ausgezahlt wird, ob ein Beteiligter oder das Kind seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist und welche Anträge gestellt worden sind.
7Zur Information des Kindergeldberechtigten über ein Auskunftsersuchen gegenüber Dritten vgl. AEAO zu § 93, Nr. 1.2.7.
(2) 1Seit dem 25.5.2018 ist in Bezug auf den steuerlichen Datenschutz die DSGVO i. V. m. den datenschutzrechtlichen Regelungen in der AO (§§ 29b ff. AO) zu beachten. 2Nur für die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung, Verfolgung oder Ahndung von Steuerstraftaten oder Steuerordnungswidrigkeiten gelten nach § 2a Abs. 4 AO die Vorschriften des Ersten und des Dritten Teils des Bundesdatenschutzgesetzes, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
3Die jeweilige Familienkasse ist Verantwortlicher i. S. d. Art. 4 Nr. 7 DSGVO. 4Sie stellt sicher, dass neben dem Steuergeheimnis die einschlägigen datenschutzrechtlichen Regelungen beachtet werden. 5Personenbezogene Daten dürfen insbesondere nicht unbefugt verarbeitet werden. (Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 6 DSGVO). 6Die Verarbeitung personenbezogener Daten und die Auswahl und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen sind zudem an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu verarbeiten (Grundsatz der Datenminimierung nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO).
(3) 1Die Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO und des Datenschutzes ist durch organisatorische Maßnahmen in den Familienkassen sicherzustellen. 2Die Familienkasse ist organisatorisch von anderen Bereichen der juristischen Person des öffentlichen Rechts, der sie angehört, zu trennen. 3Eine Verletzung des Steuergeheimnisses oder des Datenschutzes kann für eine in der Familienkasse tätige Person straf- und disziplinarrechtliche Folgen sowie für sie oder ihren Dienstherrn oder Arbeitgeber zivilrechtliche Schadenersatzansprüche nach sich ziehen. 4Steuergeheimnis und Datenschutz sind auch über das Ende der Tätigkeit in der Familienkasse hinaus bzw. nach Auflösung einer Familienkasse zu wahren.
(4) 1Die in der Familienkasse tätigen Personen (Amtsträger i. S. v. § 7 AO und ihnen gleich gestellte Personen) haben bei ihrer sämtlichen mündlichen, telefonischen, schriftlichen und elektronischen Kommunikation das Steuergeheimnis zu wahren. 2Amtsträger sind in der Familienkasse tätige Beamte, Angestellte und Tarifbeschäftigte. 3Den Amtsträgern gleichgestellt sind die nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AO i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten.
(5) Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AO i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB sind die für die Familienkasse tätigen Personen, die keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen (z. B. Reinigungskräfte) oder nur als Hilfskräfte an solchen mitwirken (z. B. Registratur- und Schreibkräfte), auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten aufgrund eines Gesetzes (z. B. nach dem Verpflichtungsgesetz) zu verpflichten, da diese nicht nach § 7 Nr. 3 AO Amtsträger sind.
(6) 1Das Steuergeheimnis ist insbesondere bei der Informationsweitergabe an Kindergeldberechtigte, Kinder und andere Dritte sowie innerhalb der Familienkasse und an andere Stellen (z. B. eine andere Familienkasse, einen Sozialleistungsträger oder eine Besoldungsstelle) zu beachten. 2Die vom Steuergeheimnis geschützten Daten dürfen unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 und 5 AO offenbart werden. 3§ 30 Abs. 4 Nr. 1 AO erlaubt die Offenbarung zur Durchführung der in Abs. 1 Satz 1 genannten Verfahren, z. B. die Weitergabe von Informationen an eine andere Familienkasse bei einem Berechtigtenwechsel (vgl. V 36) und im Rahmen der Abstimmung zwischen Familienkasse und Finanzamt (vgl. O 4.3). 4Auf § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO kann eine Offenbarung nur gestützt werden, wenn die Befugnis zum Offenbaren in einem Bundesgesetz ausdrücklich enthalten ist. 5Eine Bestimmung über die allgemeine Pflicht zur Amtshilfe genügt nicht. 6Die Befugnis kann in einem Steuergesetz oder in außersteuerlichen Vorschriften geregelt sein. 7Dazu gehören insbesondere:
§ 21 Abs. 4 FVG,
§ 68 Abs. 4 Satz 1 EStG (vgl. O 4.4),
§ 21 Abs. 4 SGB X und
§ 16 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 4 BDSG.
8Die geschützten Daten dürfen nur in dem jeweils erlaubten Umfang offenbart werden.
(7) 1Bei der Übermittlung elektronischer Dokumente ist § 87a Abs. 1 Satz 3 AO zu beachten. 2Danach darf die Familienkasse Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, auf elektronischem Weg grundsächlich nur übermitteln, wenn sie mit einem geeigneten Verfahren verschlüsselt sind. 3Ein sicheres Verfahren liegt insbesondere dann vor, wenn die dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten mit einer De-Mail-Nachricht nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes übersandt werden (§ 87a Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 AO). 4Daraus folgt, dass eine Übermittlung entsprechender Daten per E-Mail grundsätzlich unzulässig ist. 5Eine Übermittlung per E-Mail innerhalb geschützter Netze (z. B. Informationsverbund Berlin-Bonn) ist zulässig. 6Eine unverschlüsselte Übermittlung dem Steuergeheimnis unterliegender Daten ist zulässig, soweit alle betroffenen Personen, über die der Datensatz personenbezogene Daten enthält (z. B. auch Kinder, nachrangig Kindergeldberechtigte oder Abzweigungsempfänger), in die unverschlüsselte Übermittlung eingewilligt haben (§ 87a Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz AO). 7Dazu müssen sie ausdrücklich darüber informiert worden sein, dass mit einer unverschlüsselten Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten über das Internet Risiken einhergehen. 8Die Einwilligung muss schriftlich und freiwillig erfolgt sein; sie ist jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufbar. 9Die schriftliche Einwilligung erfordert eine eigenhändige Unterschrift aller betroffenen Personen und die Übermittlung der Einwilligung an die zuständige Finanzbehörde per Post, Telefax oder eingescannt per E-Mail.
(8) Eine Beteiligung der außerhalb der Familienkasse tätigen Dienst- und Prüfungsstellen, z. B. zur Untersuchung der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von Verfahrensabläufen, ist nur unter Beachtung von § 29c und § 30 AO zulässig.
(9) Zur Auskunftserteilung oder Akteneinsicht siehe V 9.