Testament zugunsten einer Berufsbetreuerin kann sittenwidrig sein
Wann ist ein Testament sittenwidrig?

Testament zugunsten einer Berufsbetreuerin kann sittenwidrig sein

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Ein (notarielles) Testament kann sittenwidrig und damit nicht sein, wenn eine Berufsbetreuerin ihre gerichtlich verliehene Stellung und ihren Einfluss auf einen älteren, kranken, alleinstehenden und leicht beeinflussbaren Menschen dazu benutzt, gezielt auf diesen einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, vor einem von ihr herangezogenen Notar in ihrem Sinne letztwillig zu verfügen.

Das geht aus einem aktuellen Beschluss des OLG Celle hervor.

Im entschiedenen Fall ging es um eine 92 Jahre alte Frau. Ihre einzige noch lebende Angehörige war ihre Tochter, die sich um die Angelegenheiten der Mutter kümmerte.

Zwei Tage nach dem Tod der Tochter bestellte das Amtsgericht für die Frau, die sich zu dieser Zeit im Krankenhaus befand, eine Berufsbetreuerin.

Kurz darauf wurde die Frau in ein anderes Krankenhaus verlegt. Nur kurz war sie zwischen den beiden Krankenhausaufenthalten in einer Pflegeeinrichtung untergebracht.

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Betreuerin leitet Testament-Erstellung in die Wege – mit ihr als Alleinerbin

Während des zweiten Krankenhausaufenthalts beauftragte die Berufsbetreuerin einen Notar mit der Erstellung eines notariellen Testaments für die Frau.

Im Krankenhaus beurkundete der Notar ein Testament der Frau, mit dem sie die Berufsbetreuerin zur Alleinerbin einsetzte. Den Wert des Vermögens gab sie mit 350.000 Euro an.

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus –noch im selben Monat– nahm die Berufsbetreuerin die Frau bei sich zu Hause auf. Vier Tage danach starb die Frau dort eines natürlichen Todes.

Amtsgericht stellt keinen Erbschein aus

Das Amtsgericht wies den Erbscheinsantrag der Berufsbetreuerin wegen Sittenwidrigkeit zurück. Dagegen wehrte sich die Betreuerin.

Das OLG Celle vertrat jedoch dieselbe Ansicht wie das Amtsgericht, bestätigte dessen Entscheidung und wies die Beschwerde der Berufsbetreuerin zurück.

Gründe für die Sittenwidrigkeit des Testaments

Das Gericht ist unter Würdigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls davon ausgegangen, dass das notarielle Testament nach § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig ist und die Berufsbetreuerin deshalb hieraus für sich keine Rechte herleiten und insbesondere keinen Erbschein ausgestellt erhalten kann.

§ 138 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) lautet: Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

Schon 2021 hatte das OLG entschieden, dass ein notarielles Testament zugunsten einer Berufsbetreuerin sittenwidrig sein kann (vgl. Urteil vom 7.1.2021, Az. 6 U 22/20).

Diese Auffassung vertritt es auch jetzt. In den Entscheidungsgründen haben sich die Richter ausführlich mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt und die Sittenwidrigkeit des Testaments nach einer Gesamtwürdigung verschiedener Gesichtspunkte des Einzelfalls begründet. Insbesondere ging es dabei um

  • das hohe Alter der Erblasserin,

  • die schlechte gesundheitliche Verfassung,

  • den Gemütszustand nach dem Tod ihrer Tochter,

  • die Umstände im Zusammenhang mit der notariellen Beurkundung sowie

  • den engen zeitlichen Ablauf zwischen der Einrichtung der Betreuung und der Erstellung des Testaments.

Der Beschluss ist rechtskräftig (OLG Celle, Beschluss vom 9.1.2024, Az. 6 W 175/23).

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(MB)

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