Abschnitt A 2.1.1 DA-KG
Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG)
Bundesrecht

A 2 – Unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen → A 2.1 – Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland

Titel: Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG)
Normgeber: Bund
Amtliche Abkürzung: DA-KG
Gliederungs-Nr.: [keine Angabe]
Normtyp: Verwaltungsvorschrift

Abschnitt A 2.1.1 DA-KG – Allgemeines

(1) 1Anspruchsberechtigt ist grundsätzlich nur, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (§ 62 Abs. 1 Satz 1 EStG). 2Ob ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt, prüft die Familienkasse auf Grundlage des AEAO zu § 8. 3Zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts vgl. den AEAO zu § 9. 4Ausländer müssen zusätzlich die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG erfüllen.

(2) 1Spätaussiedler sind Deutsche und bedürfen zur Begründung eines Wohnsitzes oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts im Inland keines Aufenthaltstitels. 2Der Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft erfolgt durch Vorlage einer vom BVA ausgestellten Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG für den Spätaussiedler (Bezugsperson) bzw. nach § 15 Abs. 2 BVFG für den in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogenen Ehegatten. 3Mit der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 BVFG wird kraft Gesetzes (§ 7 St AG) die deutsche Staatsangehörigkeit erworben; die Bescheinigung ist ein Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung (vgl. V 20). 4Die Anspruchsberechtigung von Spätaussiedlern besteht ab dem Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung durch das Bundesverwaltungsamt.

(3) 1Die Begriffe des Wohnsitzes (§ 8 AO) bzw. des gewöhnlichen Aufenthaltes (§ 9 AO) haben insbesondere Bedeutung für die persönliche Steuerpflicht natürlicher Personen oder für familienbezogene Entlastungen. 2Sie sind auch maßgeblich, wenn die Familienkassen in eigener Zuständigkeit und ohne Bindung an die Beurteilung des Finanzamtes im Besteuerungsverfahren die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 63 Abs. 1 EStG prüfen. 3Die Begriffe des Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthaltes stellen allein auf die tatsächlichen Verhältnisse ab. 4Zwischenstaatliche Vereinbarungen enthalten dagegen z. T. hiervon abweichende Fiktionen, die den an die tatsächlichen Verhältnisse anknüpfenden allgemeinen Regelungen der §§ 8 und 9 AO Vorgehen (z. B. Art. 13 des Protokolls 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union vom 26.10.2012, ABl. EU Nr. C 326 S. 266; Art. X des NATO-Truppenstatuts i. V. m. §§ 68 Abs. 4 und 73 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut; WÜD und WÜK). 5Für deutsche Auslandsbedienstete gilt hinsichtlich der Frage der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht die Sonderregelung des § 1 Abs. 2 EStG. 6Die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 EStG spiegeln die völkerrechtlich verbindlichen Regelungen des WÜD und des WÜK wieder, die dem Gedanken der Exterritorialität von Diplomaten und der ihnen gleichgestellten Personen Rechnung tragen.

7 Als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig können auch solche natürlichen Personen behandelt werden, die die Kriterien des § 1 Abs. 3 EStG erfüllen. 8Damit ist teilweise auch die Höhe der Einkünfte Anknüpfungskriterium für den Umfang der Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 3 Satz 2 bis 4 EStG). 9Der Begriff der Ansässigkeit i. S. d. Doppelbesteuerungsabkommen ist allein auf deren Anwendung (insbesondere hinsichtlich der Abkommensberechtigung und der Zuteilung der Besteuerungsrechte) beschränkt und hat keine Auswirkung auf die persönliche Einkommensteuerpflicht. 10Die deutsche unbeschränkte Einkommensteuerpflicht besteht daher auch dann, wenn jemand je eine Wohnung bzw. einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und im Ausland hat und nach dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen im ausländischen Vertragsstaat ansässig ist. 11Auch wenn eine Person im Inland keinen Wohnsitz mehr hat, kann sie hier noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) 1Nach § 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. 2Ob im Einzelfall eine solche Benutzung vorliegt, ist unter Würdigung der Gesamtumstände nach den Verhältnissen des jeweiligen Anspruchszeitraums zu beurteilen; die tatsächliche Entwicklung der Verhältnisse in den Folgejahren ist nur zu berücksichtigen, soweit ihr Indizwirkung für die Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse im zurückliegenden Zeitraum zukommt (BFH vom 23.6.2015, III R 38/14, BStBl 2016 II S. 102). 3Die bloße Absicht, einen Wohnsitz zu begründen oder aufzugeben, bzw. die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde entfalten allein keine unmittelbare steuerliche Wirkung (BFH vom 14.11.1969, III R 95/68, BStBl 1970 II S. 153). 4Hat der Berechtigte eine Wohnung inne, die nach objektiven Maßstäben dauerhaft genutzt und beibehalten werden soll, kommt einem etwaigen Willen des Berechtigten, an diesem Platz keinen Wohnsitz begründen oder beibehalten zu wollen, keine Bedeutung zu (vgl. BFH vom 23.11.1988, II R 139/87, BStBl 1989 II S. 182). 5Maßgeblich sind alleine die tatsächlichen Lebensverhältnisse; völkerrechtliche Vereinbarungen, insbesondere des Konsularrechts, stehen der Annahme eines Wohnsitzes gemäß § 8 AO im Inland daher nicht entgegen (BFH vom 8.8.2013, VI R 45/12, BStBl 2014 II S. 836). 6Die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde können im Allgemeinen als Indizien dafür angesehen werden, dass der Berechtigte seinen Wohnsitz unter der von ihm angegebenen Anschrift begründet bzw. aufgegeben hat.

(5) 1Ein Berechtigter kann gleichzeitig mehrere Wohnungen und mehrere Wohnsitze i. S. d. § 8 AO haben. 2Diese können im Inland und/oder Ausland gelegen sein. 3Zur Begründung eines steuerlichen Wohnsitzes im Inland ist nicht Voraussetzung, dass sich dort auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet oder dass der Berechtigte von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht (BFH vom 19.3.1997, I R 69/96, BStBl II S. 447 und vom 18.12.2013, III R 44/12, BStBl 2015 II S. 143). 4Für die Annahme eines Wohnsitzes auf Grund einer Zweit- bzw. Nebenwohnung ist es nicht erforderlich, dass diese der Erstwohnung hinsichtlich Größe und Ausstattung gleichrangig ist. 5Es ist dem begrenzten Zweck Rechnung zu tragen, dem die Zweit- bzw. Nebenwohnung dient.