Grundsteuerreform: Das sind die Details
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Die Große Koalition hat sich in Sachen Grundsteuer geeinigt. Inzwischen sind auch die Gesetzentwürfe bekannt. Die Neuregelung behält das kommunale Hebesatzrecht bei und soll das derzeitige Aufkommensniveau sichern.
Die Bundesregierung hat zur Reform der Grundsteuer ein ganzes Gesetzespaket beschlossen, das aus drei miteinander verbundenen Gesetzentwürfen besteht:
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Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts
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Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung
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Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes
Hier können Sie die Gesetzentwürfe einschließlich ihrer Begründungen einsehen (Links führen auf die Internetseite des Bundesfinanzministeriums)
In einer Pressemitteilung vom 24.6.2019 gibt die Bundesregierung die wesentlichen Ziele und Änderungen bekannt:
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Oberstes Ziel der Neuregelung soll sein, das Grundsteuer- und Bewertungsrecht verfassungskonform und möglichst unbürokratisch umsetzbar auszugestalten. Die Grundsteuer müsse als verlässliche Einnahmequelle der Kommunen erhalten bleiben, so die Bundesregierung. Die durch die Grundsteuer erzielten Einnahmen fließen ausschließlich den Städten und Gemeinden zu, derzeit fast 15 Mrd. Euro jährlich. Damit zählt die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen.
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Das heutige dreistufe Verfahren - Bewertung, Steuermessbetrag, kommunaler Hebesatz – soll erhalten bleiben. Die Bewertung der Grundstücke nach neuem Recht soll erstmals zum 1. Januar 2022 erfolgen. Die heutigen Steuermesszahlen sollen so abgesenkt werden, dass die Reform insgesamt aufkommensneutral ausfällt.
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Die Gemeinden sollen die Möglichkeit erhalten, für unbebaute, baureife Grundstücke einen erhöhten Hebesatz festzulegen, wenn auf diesen Grundstücken keine Bebauung erfolgt. Diese sog. "Grundsteuer C" verteuert damit die Spekulation und soll finanzielle Anreize schaffen, auf baureifen Grundstücken tatsächlich Wohnraum zu errichten und so dabei helfen, Wohnraumbedarf künftig schneller zu decken.
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Um die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Grundsteuer- und Bewertungsrecht abzusichern, soll das Grundgesetz (Art. 72, 105 und 125b) geändert werden.
Die Reform soll insgesamt aufkommensneutral ausgestaltet werden, was vor allem durch eine Absenkung der Steuermesszahl und eine Anpassung der Hebesätze erreicht werden soll. Die Gesamtheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler soll nicht mehr oder weniger Grundsteuer zahlen – trotzdem werden sich die individuellen Steuerzahlungen verändern. Im Endeffekt wird das auf jeden Fall dazu führen, dass einige in Zukunft mehr Grundsteuer bezahlen müssen, andere weniger.
Das heißt: Nur in der Gesamtsumme der eingenommenen Grundsteuer soll es am Ende keine Veränderung geben. Individuelle Mehrbelastungen sind durchaus möglich und wahrscheinlich.
So wird die Grundsteuer künftig berechnet
Die Grundsteuer berechnet sich auch zukünftig in drei Schritten: Wert x Steuermesszahl x Hebesatz.
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1. Schritt: Berechnung des Grundbesitzwertes - wesentliche Faktoren sind der jeweilige Wert des Bodens (Bodenrichtwert) und die Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete, die u.a. von der sog. Mietniveaustufe der jeweiligen Gemeinde abhängt (je höher die Mietniveaustufe, desto höher ist tendenziell die Miete in einer Gemeinde). Weitere Faktoren sind die Grundstücksfläche, Immobilienart und das Alter des Gebäudes. Die Einordnung der Gemeinden in Mietniveaustufen wird vom Bundesfinanzministerium auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes über die Durchschnittsmieten in allen 16 Bundesländern erfolgen. In 15 von 16 Ländern sind die Einzelfaktoren über das sog. System BORIS bereits einsehbar (z.B. für NRW: BORIS NRW - Aktuelle Informationen zum Immobilienmarkt).
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2. Schritt: Ausgleich der Wertsteigerungen, die im Vergleich von den aktuellen zu den seit 1935 bzw. 1964 nicht mehr aktualisierten Werten entstanden sind. Dazu wird die sog. Steuermesszahl – ein Faktor, der für die Berechnung der Grundsteuer wichtig ist – kräftig etwa auf 1/10 des bisherigen Werts, das heißt von 0,35% auf 0,034 % gesenkt. Außerdem soll der soziale Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen weiter, auch über die Grundsteuer, gefördert werden. Deshalb sehen wir für Gesellschaften, die günstiges Wohnen möglich machen, einen zusätzlichen Abschlag bei der Steuermesszahl um 25 Prozent vor, der sich steuermindernd auswirkt.
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3. Schritt: Anpassen der Hebesätze durch die Kommunen: Sollte sich in einzelnen Kommunen das Grundsteueraufkommen wegen der Neubewertung dennoch verändern, besteht für sie die Möglichkeit, ihre Hebesätze anzupassen und so dafür zu sorgen, dass sie insgesamt nicht mehr Grundsteuer einnimmt als vor der Reform. Die Kommunen haben angekündigt, dass sie dies auch tun werden – denn eine Erhöhung der Grundsteuer anlässlich der verfassungsrechtlich gebotenen Neuregelung wäre politisch nicht vermittelbar.
Die Höhe der individuellen künftig zu zahlenden Grundsteuer kann heute noch nicht benannt werden: Erst einmal müssen die Werte der Grundstücke und statistischen Miethöhen festgestellt werden. Die Bundesregierung rechnet damit, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis die konkrete Höhe der jeweiligen künftigen Grundsteuer feststeht.
Was ist die Öffnungsklausel und was bringt sie?
Bayern ist von dem avisierten Modell nicht überzeugt. Um trotzdem einen Kompromiss verabschieden zu können, hat man sich darauf geeinigt, dass es den Bundesländern möglich sein soll, ein eigenes Grundsteuermodell einzuführen. Das ist die sogenannte Öffnungsklausel.
In der Praxis bedeutet das: Das Grundsteuergesetz gilt grundsätzlich für alle, es sei denn, das jeweilige Bundesland macht von der Öffnungsklausel Gebrauch und erlässt eigene Vorschriften.
Das hätte dann ggf. Einfluss auf den Länderfinanzausgleich – der allerdings auf Basis der bundeseinheitlichen Regelung berechnet werden soll, alos unabhängig davon, ob ein Land die Öffnungsklausel nutzt.
Einzelne Länder haben bereits angekündigt, dass sie ein sog. wertunabhängiges Modell für ihre Gemeinden vorsehen wollen. Dieses setzt an der Fläche der Grundstücke und der vorhandenen Gebäude an, der Werte eines Grundstücks oder Gebäudes bleibt dabei unberücksichtigt.
Das Problem bei diesem sogenannten Flächenmodell: Es führt dazu, dass für Immobilien, die zwar ähnliche Flächen aufweisen, sich im Wert aber deutlich unterscheiden, ähnliche Grundsteuerzahlungen fällig werden. Würden die Kommunen nicht auf Einnahmen verzichten wollen, wären deutliche höhere Grundsteuern bei Immobilien mit niedrigem Wert (so z.B. in "einfachen" Wohnlagen) die Folge. Daher kann das Flächenmodell zu ungerechten Ergebnissen führen.
Zeitplan: Wie geht es jetzt weiter?
Spätestens bis zum 31. Dezember 2019 muss eine gesetzliche Neuregelung getroffen werden. In einem ersten Schritt auf dem Weg zu einer neuen gesetzlichen Regelung hat das Bundeskabinett jetzt die entsprechenden Gesetzentwürfe beschlossen. Diese gehen nun an den Bundestag, wo sie beraten und dann beschlossen werden sollen. Anschließend muss der Bundesrat den Gesetzen zustimmen. Gleichzeitig mit dem Grundsteuergesetz muss das Grundgesetz geändert werden. Diese Beschlüsse in Bundestag und Bundesrat sollen rechtzeitig bis Jahresende erfolgen. Dann werden die Behörden fünf Jahre Zeit haben, die nötigen statistischen Daten zu erheben und die Werte der Grundstücke zu ermitteln.
Bis zum 31. Dezember 2024 haben die Länder die Möglichkeit, vom Bundesrecht abweichende Regelungen vorzubereiten.
Die neuen Regelungen zur Grundsteuer - entweder bundesgesetzlich oder landesgesetzlich - gelten dann ab 1. Januar 2025. Bis dahin gilt das bisherige Recht weiter.