Balkonkraftwerke: Darf man sie einfach so anbringen?
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In den letzten Jahren hat sich eine neue Unterart von Solaranlagen etabliert: Sogenannte Balkonkraftwerke oder Steckersolaranlagen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Sie punkten mit geringen Anschaffungskosten, einfacher Installation und geringen bürokratischen Hürden für Zulassung und Anmeldung der Anlage.
Inhalt
Was ist eine Steckersolaranlage?
Während bei üblichen Solaranlagen der erzeugte Strom gegen Vergütung an einen Stromanbieter geliefert wird, sind Balkonkraftwerke auf die Produktion von Solarstrom für den Eigenverbrauch gedacht.
Fachleute sprechen auch nicht von einer Solaranlage, sondern von einem Steckersolargerät. Was nach Wortklauberei klingt, hat einen konkreten Hintergrund. Es handelt sich rechtlich nicht um eine Photovoltaikanlage im klassischen Sinne, sondern um ein Haushaltsgerät. Das bringt für die Benutzer eine Menge Vorteile. Es gelten weniger Vorschriften und Regelungen für Betrieb, Montage und Anmeldung.
Die Bezeichnung als Balkonkraftwerk ist dagegen irreführend, da die Anlagen zwar bevorzugt an einem Balkongeländer, aber auch auf Garagendächern, an Hauswänden oder auf der Wiese im Garten installiert werden.
Als Steckersolargerät gelten Kleinsolaranlagen, die maximal 800 Watt Strom erzeugen und ins Stromnetz einspeisen können. Dabei dürfen die installierten Solarmodule insgesamt eine Maximalleistung von 2.000 Watt haben, wenn der Wechselrichter die Einspeiseleistung auf 800 Watt beschränkt. Eine hohe Leistung der Solarmodule ist besonders dann von Interesse, wenn die Module nicht in der optimalen Position für die höchste Stromausbeute installiert werden können. Dann sichern mehr Module mit höherer theoretischer Leistung die Möglichkeit, die erlaubte Höchstleistung von 800 Watt Stromerzeugung zu erreichen.
Der Netzanschluss der Anlagen kann über einen einfachen Stecker erfolgen. Techniker und Experten empfehlen zwar einen speziellen Einspeisestecker (»Wieland-Stecker«), bei dem eine gleichzeitige Berührung der Steckerpole und ein damit verbundener Stromschlag ausgeschlossen sind, im Handel finden sich aber auch zahlreiche Geräte, die einfach über einen handelsüblichen Schukostecker mit dem Stromnetz verbunden werden. Das erleichtert die Montage weiter, weil für den Anschluss jede verfügbare Steckdose in der Nähe der Anlage verwendet werden kann, ohne Installationsaufwand für eine Einspeisesteckdose zu haben.
Darf ich ein Balkonkraftwerk einfach so montieren?
Alleinige Eigentümer einer Immobilie entscheiden allein, was sie an Fassade oder Balkon anbringen. Die Montage ist also kein Problem. Mit den Gesetzesänderungen des Jahres 2024 gelten die Anlagen auch nicht mehr als Bauprodukte. Das hat den großen Vorteil, dass eine Montage auch bei Höhen über vier Metern gestattet ist und keine zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen für eine so genannten Überkopfverglasung eingehalten werden müssen.
Mieter benötigen für die Montage die Zustimmung ihres Vermieters. Der kann aber nicht einfach seine Zustimmung verweigern, wenn es keinen guten Grund dafür gibt: Der Vermieter darf der Montage nur aus triftigem Grund widersprechen, das entsprechende Gesetz wurde heute im Bundesrat verabschiedet. Ein triftiger Grund wäre zum Beispiel, wenn die Fassade aus Denkmalschutzgründen nicht verändert werden darf oder das Balkongeländer der Belastung durch das Gewicht der Solarmodule nicht gewachsen wäre.
Was für Mieter gilt, können natürlich auch Wohnungseigentümer für sich in Anspruch nehmen. Auch die Wohnungseigentümergemeinschaft kann der Installation eines Balkonkraftwerks grundsätzlich nicht mehr widersprechen, sondern lediglich Einfluss auf die Art der Anbringung nehmen: Mit der heute beschlossenen Gesetzesänderung zählen Steckersolaranlagen zu den sogenannten privilegierten Vorhaben. Genau wie bisher schon bei baulichen Veränderungen, die zum Beispiel dem Gebrauch behinderter Menschen oder dem Laden von Elektrofahrzeugen dienen, können Eigentümergemeinschaften den Einbau von Steckersolaranlagen zur Stromerzeugung nicht mehr ohne triftigen Grund verweigern.
Wird ein Solarpanel im Garten aufgestellt, handelt es sich nicht um einen Eingriff am Gebäude, sodass hier keine Genehmigung notwendig ist. Für die Montage auf einem Dach oder an der Fassade hingegen wird es ohne Genehmigungen nicht gehen.
Wie kommt der Strom ins Netz?
Der Anschluss des Balkonkraftwerks kann über zwei verschiedene Wege erfolgen. Der VDE bevorzugt noch immer eine Einspeisesteckdose, weil hier die Kontakte vor versehentlicher Berührung geschützt sind. Inzwischen ist aber auch der Anschluss an eine einfache Schukosteckdose akzeptiert.
Dadurch bietet jeder Balkon mit Außensteckdose die Möglichkeit eine Kleinsolaranlage anzuschließen, ohne eine Einspeisesteckdose vom Elektriker installieren zu lassen. Natürlich sollte man trotzdem vorab prüfen, ob Leitungen und Sicherungen der Belastung gewachsen sind.
Was geschieht mit dem produzierten Strom?
Der produzierte Strom fließt zunächst in das Hausnetz. Geräte, die hier angeschlossen sind, verbrauchen dann den Solarstrom des Balkonkraftwerks. Erst wenn mehr Strom benötigt wird, als das Balkonkraftwerk liefert, bezieht man Strom vom Netzanbieter. Das ist bei einer Höchstleistung von 800 Watt spätestens der Fall, wenn Wasserkocher oder den Backofen eingeschaltet werden, die mehrere tausend Watt abrufen.
Werden nur Grundverbraucher wie Kühlschrank, Router und ähnliches betrieben, kann an sonnigen Tagen die Stromproduktion über dem Verbrauch liegen. Dann fließt der überschüssige Strom über Sicherungskasten und Stromzähler ins öffentliche Netz.
Gibt es eine Vergütung für eingespeisten Strom aus Balkonkraftwerken?
Bei modernen Stromzählern, sogenannten Smartmetern, wird zwar erfasst, wie viel Strom ins Netz eingespeist wird, allerdings erhält man keine für den gelieferten Strom. Das wäre nur dann möglich, wenn das Balkonkraftwerk nicht als Steckersolargerät, sondern als klassische Solaranlage angemeldet und betrieben wird. Hierbei müssen dann aber auch alle Regelungen für konventionelle Solaranlagen eingehalten werden.
Balkonkraftwerk: Smarter Stromzähler erforderlich?
Eigentlich ist der Betrieb eines Balkonkraftwerks nur mit Anschluss an einen Smartmeter gestattet. Ein alter analoger Stromzähler, auch Ferraris-Zähler genannt, ist grundsätzlich nicht für den Betrieb eines Balkonkraftwerks geeignet, weil er nicht getrennt erfassen kann, welche Strommengen bezogen und welche Mengen geliefert wurden. Analoge Zähler erkennt man am schwarzen Gehäuse und dem verbauten Messrad, das sich bei Stromfluss dreht.
Bis zur Verabschiedung des Solarpakets I durften Balkonkraftwerke an solchen Zählern nicht angeschlossen werden. Mit der Verabschiedung des Solarpaket I ist der Betrieb an einem alten Stromzähler übergangsweise gestattet.
Für Betreiber von Balkonkraftwerken ist diese Regelung doppelt vorteilhaft: Sie müssen nicht mit der Installation eines Balkonkraftwerks warten, bis der Netzbetreiber es schafft, ihren Stromzähler zu tauschen. Außerdem verschenken sie in der Übergangszeit den eingespeisten Strom nicht. Weil der alte Zähler bei Einspeisung von Strom rückwärts dreht, wird der eingespeiste Strom mit dem bezogenen Netzstrom auf dem Zähler verrechnet, so dass nur noch der bezogene Überschuss auf der Stromrechnung auftaucht.
Trotzdem muss man natürlich den Netzbetreiber zum Tausch des Zählers auffordern, wenn man ein Steckersolargerät anschließt.
Muss ein Balkonkraftwerk angemeldet werden?
Ja, auch das Balkonkraftwerk muss angemeldet werden. Allerdings ist die Anmeldung sehr einfach. Anders als bei größeren Anlagen kann die Anmeldung ohne Mitwirkung eines Fachbetriebs vorgenommen werden.
Für den ordnungsgemäßen Betrieb muss die Anlage lediglich im Marktstammdatenregister eingetragen werden. Eine weitere Meldung beim Netzbetreiber ist nicht mehr notwendig.
Achtung: Experten gehen davon aus, dass ein großer Teil der in Deutschland installierten Balkonkraftwerke nicht ordnungsgemäß angemeldet ist. Das könnte zu einem Bußgeld führen. Auf die Anmeldung sollte also nicht verzichtet werden.
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(SH, MB)