Steuerklassen 2022: Neues Merkblatt zur Steuerklassenwahl
Bei Heirat erhalten beide Ehepartner automatisch die Steuerklasse IV – das ist aber nicht immer die beste Lösung.

Steuerklassen 2022: Neues Merkblatt zur Steuerklassenwahl

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Wie unterscheiden sich die Lohnsteuerklassen, welche Steuerklassenkombination ist die beste und wann sollten Sie einen Antrag auf Änderung der Lohnsteuerklasse stellen?

 

Inhalt

 

Ehegatten oder Lebenspartner, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, können für den Lohnsteuerabzug wählen, ob sie beide in die Steuerklasse IV eingeordnet werden wollen oder ob einer von ihnen (in der Regel der Höherverdienende) nach Steuerklasse III und der andere nach Steuerklasse V besteuert werden will.

Große Themenseite: Was sind eigentlich Steuerklassen?

→ Hier gibt es die Antwort! Detailliert, verständlich und informativ.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat dazu ein aktuelles Merkblatt mit Beispielrechnungen für 2022 veröffentlicht.

Steuerklassenwahl: Die 60-40-Regel

Die Steuerklassenkombination III/V ist so gestaltet, dass die Summe der Steuerabzugsbeträge beider Ehegatten oder Lebenspartner in etwa der zu erwartenden Jahressteuer entspricht, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Ehegatte oder Lebenspartner ca. 60 Prozent und der in Steuerklasse V eingestufte ca. 40 Prozent des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt.

Bei abweichenden Verhältnissen des gemeinsamen Arbeitseinkommens kann es aufgrund des verhältnismäßig niedrigen Lohnsteuerabzugs zu Steuernachzahlungen kommen. Deshalb müssen Ehepaare, die sich für die Steuerklassen 3 und 5 entscheiden, generell eine Einkommensteuererklärung abgeben.

Um Steuernachzahlungen zu vermeiden, können sich Ehegatten für die Steuerklassenkombination IV/IV entscheiden oder die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor wählen.

Steuerklassenwahl: Tabellen und Beispielrechnungen

Das Bundesfinanzministerium hat Tabellen veröffentlicht, die die Wahl der für den Lohnsteuerabzug günstigsten Steuerklassenkombination erleichtern können. Die Tabellen finden Sie hier im PDF des Bundesfinanzministeriums ab Seite 5.

Allerdings sind die Tabellen nur dann genau, wenn die Monatslöhne das ganze Jahr über gleich bleiben bzw. die prozentuale Verteilung zwischen den Partnern konstant bleibt.

Hilfe bei der Wahl der richtigen Steuerklasse

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Beispielrechnungen

(Quelle: Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2022 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind; Bundesministerium der Finanzen, 8.11.2021)

1. Ein Ehepaar, beide in allen Zweigen sozialversichert, bezieht Monatslöhne (nach Abzug etwaiger Freibeträge) von 3.000 € und 1.700 €. Da der Monatslohn des geringer verdienenden Ehegatten den nach dem Monatslohn des höher verdienenden Ehegatten in der Spalte 2 der Tabelle I ausgewiesenen Betrag von 2.151 € nicht übersteigt, führt in diesem Falle die Steuerklassenkombination III/V zur geringsten Lohnsteuer.

Vergleich der Lohnsteuerabzugsbeträge:

    a)    

Lohnsteuer für 3.000 € nach Steuerklasse III

    

134,16 €    

für 1.700 € nach Steuerklasse V

284,83 €    

insgesamt also

418,99 €    

    b)    

Lohnsteuer für 3.000 € nach Steuerklasse IV

386,25    

für 1.700 € nach Steuerklasse IV

95,58 €    

insgesamt also

481,83 €    

2. Würde der Monatslohn des geringer verdienenden Ehegatten 2.500 € betragen, so würde die Steuerklassenkombination IV/IV insgesamt zur geringsten Lohnsteuer führen.

Vergleich der Lohnsteuerabzugsbeträge:

    a)    

Lohnsteuer für 3.000 € nach Steuerklasse III

    

134,16 €    

für 2.500 € nach Steuerklasse V

546,66 €    

insgesamt also

680,82 €    

    b)    

Lohnsteuer für 3.000 € nach Steuerklasse IV

386,25 €    

für 2.500 € nach Steuerklasse IV

267,91 €    

insgesamt also

654,16 €    

Beispiel zur Ermittlung und Anwendung des Faktors:

Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV (beide Ehegatten in allen Zweigen sozialversichert):

Ehegatte A für 36.000 € (monatlich 3.000 € x 12) = 4.635 €

Ehegatte B für 20.400 € (monatlich 1.700 € x 12) = 1.147 €

Summe der Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV (entspricht »X«) beträgt 5.782 €.

Die voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren (entspricht »Y«) beträgt 5.610 €.

Der Faktor ist Y geteilt durch X, also 5.610 € : 5.782 € = 0,970

(Der Faktor wird mit drei Nachkommastellen berechnet und nur eingetragen, wenn er kleiner als 1 ist).

Jährliche Lohnsteuer bei Steuerklasse IV/IV mit Faktor 0,970:

Ehegatte A für 36.000 € (4.635 € x 0,970) = 4.495 €

Ehegatte B für 20.400 € (1.147 € x 0,970) = 1.112 €

Summe der Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor 0,970 = 5.607 €.

Im Beispielsfall führt die Einkommensteuerveranlagung unter der Voraussetzung, dass keine anderen steuerlichen Sachverhalte zu berücksichtigen sind:

  • bei der Steuerklassenkombination III/V zu einer Nachzahlung in Höhe von 582 € (voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren 5.610 € - Summe Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination III/V 5.028 € [1.610 € + 3.418 €]),

  • bei der Steuerklassenkombination IV/IV zu einer Erstattung in Höhe von 172 € (voraussichtliche Einkommensteuer im Splittingverfahren 5.610 € - Summe Lohnsteuer bei Steuerklassenkombination IV/IV 5.782 €),

  • bei der Steuerklassenkombination IV/IV-Faktor weder zu einer hohen Nachzahlung noch zu einer Erstattung (in diesem Fall nur Rundungsdifferenz in Höhe von 3 €; voraussichtliche Einkommensteuer Splittingverfahren 5.610 € - Summe der Lohnsteuer bei Steuerklasse IV/IV mit Faktor 5.607 €).

Die Lohnsteuer ist im Faktorverfahren wesentlich anders verteilt (4.495 € für A und 1.112 € für B) als bei der Steuerklassenkombination III/V (1.610 € für A und 3.418 € für B).

Die Lohnsteuerverteilung im Faktorverfahren entspricht der familienrechtlichen Verteilung der Steuerlast im Innenverhältnis der Ehegatten.

Hilfe bei der Wahl der richtigen Steuerklasse

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Welche Steuerklassenkombination ist die beste?

Bei Heirat erhalten im ELStAM-Verfahren derzeit in allen Fällen beide Ehepartner automatisch die Steuerklasse IV, selbst wenn ein Ehepartner gar keinen Arbeitslohn bezieht. Das ist nicht immer die günstigste Lösung. Wann sollten Sie einen Antrag auf Änderung der Lohnsteuerklasse stellen?

Verheiratete können auswählen zwischen den Steuerklassenkombinationen

  • IV / IV oder

  • III / V oder

  • IV-Faktor / IV-Faktor (das sog. Faktorverfahren).

Erzielt nur ein Partner Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (z. B. Arbeitslohn oder eine Pension), wird in Steuerklasse III für ihn die geringste Lohnsteuer abgeführt. Das gilt auch, wenn der andere Partner steuerpflichtige Einkünfte erzielt, zum Beispiel eine Altersrente.

Was ist der Unterschied zwischen den verschiedenen Lohnsteuerklassen?

Kombination IV / IV: Hier wird bei beiden Partnern während des Jahres die richtige Lohnsteuer einbehalten, wenn beide genau gleich viel verdienen. Ansonsten zahlen Sie während des Jahres immer zu viel Steuern. Diese Überzahlung ist umso größer, je höher das gemeinsame Einkommen ist und je weiter die Einkommen der Partner voneinander abweichen.

Kombination III / V: Hier wird während des Jahres die richtige Lohnsteuer abgeführt, wenn sich das gemeinsame Einkommen nach dem Verhältnis 60 : 40 auf die Steuerklasse III für den höher verdienenden Partner und die Steuerklasse V für den geringer verdienenden Partner verteilt. Beträgt der Arbeitslohn in Steuerklasse V mehr (weniger) als 40 % des gemeinsamen Lohns, wird während des Jahres zu viel (zu wenig) Lohnsteuer erhoben.

Kombination IV-Faktor / IV-Faktor: Möchten Sie eine Steuernachzahlung vermeiden und eine möglichst gerechte Verteilung der Lohnsteuer auf beide Partner? Dann ist das Faktorverfahren für Sie erste Wahl. Im Vergleich zur Kombination III / V ist hier die Lohnsteuerbelastung beim geringer verdienenden Partner merklich niedriger, dafür aber beim anderen Ehepartner höher als in Steuerklasse III.

Auswirkungen der Steuerklassen auf die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung

  • Da das Gehalt selten gleich hoch ist, sollten Ehepartner sowie eingetragene Lebenspartner mit der Kombination IV / IV eine Steuererklärung abgeben, um die zu viel gezahlte Lohnsteuer erstattet zu bekommen.

  • Wählen Sie die Kombination III / V, müssen Sie für das betreffende Jahr eine Steuererklärung abgeben

  • Wenden Sie das Faktorverfahren an, müssen Sie für das betreffende Jahr eine Steuererklärung abgeben.

Die Höhe von Lohnersatzleistungen hängt oft ab von der Höhe des letzten Netto-Gehalts – das wiederum abhängt von der Lohnsteuerklasse! Falls Sie also schon jetzt wissen, dass Sie in absehbarer Zeit beispielsweise Kurzarbeitergeld erhalten, dann berücksichtigen Sie das bei der Wahl Ihrer Lohnsteuerklasse.

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(MB)

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