Grundstück mit Nießbrauch erworben?

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Wer eine Immobilie erwirbt, die mit einem Nießbrauchsrecht belastet ist, kann die Schuldzinsen für die Anschaffungskosten als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

Das entschied das FG Baden-Württemberg im Fall eines Klägers, der zusammen mit seiner Schwester erst von seiner Mutter und später von seiner Tante ein bebautes Grundstück zu Miteigentum in Höhe von je 50 % erworben hatte. Die Mutter hatte sich und ihrem Ehemann – ebenso wie auch später auch die Tante – den lebenslänglichen Nießbrauch vorbehalten.

Nachdem der Vater des Klägers verstorben war, standen die Nießbrauchsrechte der Mutter und der Tante je zur Hälfte zu, die das Grundstück gemeinschaftlich vermieteten. Nach einigen Jahren kaufte der Kläger seiner Schwester deren hälftigen Miteigentumsanteil ab und bezahlte dafür 250.000 Euro.

Die für diesen Grundstücksanteil bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als vorweggenommene Werbungskosten erklärten Abschreibungen (AfA) und Schuldzinsen erkannte das Finanzamt nicht an.

Das FG Baden-Württemberg folgte dieser Auffassung nur zum Teil: Die Richter erkannten nur die Darlehenszinsen, nicht aber die AfA als vorweggenommene Werbungskosten an. Zur Begründung verwiesen sie darauf, dass in den vom BFH bisher entschiedenen Fällen zur Berücksichtigung von Werbungskosten bei einem mit einem lebenslangen Nießbrauch belasteten Grundstück die Berücksichtigung beim Grundstückseigentümer jeweils am Nachweis eines ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den geltend gemachten Aufwendungen und der Einkunftsart gescheitert sei, in deren Rahmen der Abzug begehrt worden sei. Nach Ansicht des BFH fehle es regelmäßig an der Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen für eine Immobilie tätige, die eine andere Person zu nutzen berechtigt und ein Ende der Nutzung nicht absehbar sei.

Einkünfteerzielungsabsicht auch bei unbekanntem Ende des Nießbrauchs

Die Ungewissheit über den genauen Beginn der Einkünfteerzielung sei bei der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht indes kein absolutes Ausschlusskriterium. Dem zeitlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren Vermietung komme lediglich indizielle Bedeutung zu. Insofern könne beim Steuerpflichtigen auch dann die Einkünfteerzielungsabsicht bejaht werden, wenn das konkrete Ende des Nießbrauchs im Streitjahr noch nicht absehbar sei. Dies sei der Fall, wenn trotz des noch nicht feststehenden Beginns der Einkünfteerzielung aufgrund weiterer äußerer Umstände keine Zweifel daran bestünden, dass der Steuerpflichtige bereits im Streitjahr beabsichtige, nach dem Wegfall des rechtlichen Hindernisses steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen.

Diese Vermutung sahen die Richter als gegeben an – nach dem glaubhaften Vortrag des Klägers, so die Entscheidung, hatten sie keine Zweifel daran, dass der Kläger bereits im Streitjahr beabsichtigte, nach dem Wegfall der Nießbrauchrechte zugunsten seiner Mutter und seiner Tante mit dem streitgegenständlichen Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen.

Die geltend gemachte AfA jedoch wurde steuerlich nicht anerkannt, da das Gebäude im Streitjahr nur von den Nießbrauchsberechtigten (Mutter und Tante des Klägers) zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt worden war. Allein sie seien daher zur Geltendmachung von AfA auf das Gebäude berechtigt gewesen, erklärten die Richter (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.4.2017, 5 K 763/15; BFH-Az: IX R 20/17).

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