Wenn der Arbeitgeber den Lohn zu spät zahlt
71,45 € niedriger fiel das monatliche Elterngeld einer zahnmedizinischen Arbeitnehmerin aus, weil der sie beschäftigende Zahnarzt ihr Gehalt zu spät überwiesen hatte. Dafür muss der Arzt haften, befand das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 27.5.2020 (Az. 12 Sa 716/19).

Wenn der Arbeitgeber den Lohn zu spät zahlt

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71,45 € niedriger fiel das monatliche Elterngeld einer zahnmedizinischen Arbeitnehmerin aus, weil der sie beschäftigende Zahnarzt ihr Gehalt zu spät überwiesen hatte. Dafür muss der Arzt haften, befand das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 27.5.2020 (Az. 12 Sa 716/19).

Arbeitgeber müssen den Lohn für die erbrachte Arbeit zum vereinbarten Termin zahlen. Tun sie das nicht, sondern erst ein paar Tage oder gar Monate später, geraten sie in Verzug.

Und sie müssen nicht nur den Lohn – nachträglich – einschließlich Verzugszinsen zahlen, sondern auch für den Schaden aufkommen, der durch die ausbleibende Zahlung entsteht. Der Schadensersatz kann vor dem Arbeitsgericht eingeklagt werden. 

17 % weniger Elterngeld

Über einen solchen Fall wurde vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf verhandelt. Der Arbeitgeber, ein Zahnarzt, hatte seiner schwangeren Arbeitnehmerin den monatlichen Lohn für die Monate Oktober, November und Dezember 2017, der ihr aufgrund eines allgemeinen mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes zustand, erst im März des Jahres 2018 gezahlt.

Das war deutlich zu spät, um noch für die Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt zu werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wird nämlich eine monatliche Lohnzahlung für die Berechnung der Leistung nicht mehr berücksichtigt, wenn diese dem Arbeitnehmer später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres zufließt.

Das monatliche Elterngeld der Betroffenen belief sich deshalb nur auf 348,80 €. Bei Berücksichtigung der drei zusätzlichen Monate wären es 420,25 € im Monat gewesen. Das sind 71,45 € beziehungsweise 17 % weniger.

Gegen diese Verminderung des Elterngeldes klagte die Betroffene nicht vor dem Sozialgericht, was auch chancenlos gewesen wäre. Eine Klage auf ein höheres Elterngeld wäre abgewiesen worden.

Arbeitsgericht spricht Schadensersatz zu

Stattdessen klagte sie vor dem Arbeitsgericht auf Schadensersatz und bekam recht. Der Arbeitgeber muss 70 % des entgangenen Betrags für jeden Monat des Elterngeld-Bezugs zuschießen.

Zudem muss er 341,32 € an Steuerberatungskosten tragen, welche die Klägerin aufwenden musste, um zu ermitteln, welcher auf den Ersatzanspruch anrechenbare Steuervorteil sich aus der verspäteten Elterngeldzahlung in 2018 ergab.

Die Begrenzung der Schadensersatzquote auf 70 % erfolgte, weil die Betroffene durch einen mit dem Arbeitgeber geschlossenen Vergleich mit dazu beigetragen hatte, dass die Lohnüberweisung erst im März 2018 erfolgte. Das Landesarbeitsgericht hat eine Revision beim Bundesarbeitsgericht zugelassen.

LAG-Urteil aus Düsseldorf entspricht herrschender Rechtsprechung

Das Düsseldorfer Urteil fällt nur insoweit aus dem Rahmen, als hier über entgangene Sozialleistungsansprüche verhandelt wurde.

Generell ist die Schadensersatzpflicht von Arbeitgebern für die (nachgewiesenen) Folgen einer verspäteten bzw. ausbleibenden Geldzahlung unstrittig.

Schaden und Schadensersatzforderung können beträchtlich sein

Gegebenenfalls können Arbeitnehmer ihren laufenden Verpflichtungen, wie z.B. Mietzahlungen, nicht nachkommen. Oft sind sie gezwungen, ihr Konto zu überziehen oder einen Kredit aufzunehmen – und möglicherweise platzen Kredite der Betroffenen, weil sie ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen können.

Beispielsweise befand das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 24.9.2014 über einen Fall, in dem ein Arbeitnehmer – weil der Lohn seines Arbeitgebers ausblieb – die Zahlung auf sein Immobiliendarlehen nicht leisten konnte. Daraufhin versteigerte die finanzierende Bank das Haus zwangsweise.

Der Arbeitnehmer machte daraufhin den Mindererlös der Zwangsversteigerung nebst Zwangsversteigerungskosten als Verzugsschaden geltend. Zu Recht, befand das LAG, das die Entscheidung der Vorinstanz damit bestätigte. Der Vermögensschaden, der dem Betroffenen entstanden war, wurde dabei auf 70.000,– € beziffert (Az. 2 Sa 555/14).

Im Urteil heißt es u.a.: "Die haftungsbegründenden Voraussetzungen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Lohnzahlung des Beklagten sind erfüllt. Entgegen der Ansicht des Beklagten (eines Bauunternehmens) liegt der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem eingetretenen Zahlungsverzug und dem geltend gemachten Schaden aufgrund der Zwangsversteigerung (haftungsausfüllende Kausalität) vor." 

Hätte der Beklagte den noch ausstehenden Lohn rechtzeitig zum spätesten Fälligkeitstermin am 15.1.2013 gezahlt, hätte der Kläger die in der Vereinbarung mit der Sparkasse vom Dezember 2012 festgelegte Rate in Höhe von 1.000,– € am vereinbarten Fälligkeitstermin am 25.1.2013 zahlen können, mit der Folge, dass die Sparkasse nicht nach Ziffer 3 der Vereinbarung zu der von ihr eingeleiteten Zwangsversteigerung berechtigt gewesen wäre.

(MS)

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