BAG: Rentennähe kann bei Kündigung eine Rolle spielen
Droht die Kündigung?

BAG: Rentennähe kann bei Kündigung eine Rolle spielen

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Oft ist es in betrieblichen Krisensituationen klar, dass es zu Entlassungen kommen wird, unklar ist nur: Wen trifft es? Und: Ist die Auswahl der Gekündigten korrekt? Um diese Frage ging es auch im Fall, der vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verhandelt wurde.

Da in Deutschland Fachkräfte fehlen, hat der Gesetzgeber inzwischen Altersfrührentnern die Möglichkeit gegeben, Rente und Hinzuverdienst in beliebiger Höhe anrechnungsfrei zu kombinieren. Allerdings kann arbeitsrechtlich der Anspruch auf eine Rente zum Problem werden. Ältere Arbeitnehmer mit Anspruch auf eine abschlagfreie Rente können nämlich, wenn es um die Auswahl von Gekündigten im Rahmen eines Sozialplans geht, »bevorzugt« entlassen werden, so eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 8.12.2022, Az. 6 AZR 31/22).

Oft ist es in betrieblichen Krisensituationen klar, dass es zu Entlassungen kommen wird, unklar ist nur: Wen trifft es? Und: Ist die Auswahl der Gekündigten korrekt? Um diese Frage ging es auch im Fall, der vor dem BAG verhandelt wurde. Auf der Liste der zu Kündigenden befand sich unter anderen eine 1957 geborene Frau, die in dem insolvent gewordenen Unternehmen seit 1972 beschäftigt war, zum Kündigungszeitpunkt im Jahr 2020 also seit 48 Jahren. Sie hielt die Kündigung in Ihrem Fall für sozial ungerechtfertigt.

Das Kündigungsschutzgesetz bestimmt hierzu, dass bei solchen Auswahlverfahren folgende Kriterien zu berücksichtigen sind:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit,

  • Lebensalter,

  • Unterhaltspflichten und die

  • Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.

In dem Verfahren ging es darum, wie das Kriterium »Lebensalter« einzubeziehen ist. Das BAG befand, dieses Auswahlkriterium sei »ambivalent«. Die soziale Schutzbedürftigkeit nehme zunächst mit steigendem Lebensalter zu, weil lebensältere Arbeitnehmer nach wie vor typischerweise schlechtere Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt hätten. Sie falle aber wieder ab, wenn der Arbeitnehmer entweder spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Ersatzeinkommen in Form einer abschlagfreien Rente wegen Alters verfügen könne.

Genau das sei bei der strittigen Kündigung der Fall gewesen. Die Gekündigte habe bereits 2021 Anspruch auf die Altersrente für besonders langjährig Versicherte gehabt. Daher wurde sie zu Recht auf die Liste der Arbeitnehmer gesetzt, denen gekündigt werden sollte.

Wichtig für schwerbehinderte Arbeitnehmer ist allerdings folgende Einschränkung des Gerichts: Ein voraussichtlich in Kürze bestehender Anspruch auf eine abschlagfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen darf – so das BAG – im Auswahlverfahren nicht mit »Minuspunkten« bewertet werden.

(AI)

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