Gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige: Aktuelle Regelung und Perspektiven
Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung - ein sinnvoller Schritt? -Symbolbild-

Gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige: Aktuelle Regelung und Perspektiven

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Wieder einmal gibt es eine politische Diskussion darüber, ob und wie Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung eingebunden werden können bzw. sollen. Dabei gibt es die Möglichkeit längst – und die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung kann für Selbstständige durchaus Vorteile haben!

 

Inhalt

 

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist festgeschrieben, dass ab 2025 eine Rentenversicherungspflicht für neue Selbstständige eingeführt werden soll, sofern diese nicht bereits anderweitig abgesichert sind. Ziel ist es, die Altersvorsorge dieser Berufsgruppe zu stärken und die soziale Absicherung zu verbessern. Dabei soll die Regelung gründerfreundlich ausgestaltet werden, mit der Option, sich von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht durch einen Nachweis einer gleichwertigen privaten Vorsorge befreien zu lassen.

Wann ist man als Selbstständiger rentenversicherungspflichtig?

Ein Teil der Selbstständigen hat bei der Rentenversicherung keine Wahl: Die Betroffenen sind qua Gesetz in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) pflichtversichert.

Diese Selbstständigen sind pflichtversichert in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 2 Satz 1 SGB VI)

  • Lehrer und Erzieher, die keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,

  • Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,

  • Hebammen und Entbindungspfleger,

  • Seelotsen der Reviere,

  • Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,

  • Hausgewerbetreibende,

  • bestimmte Küstenschiffer und Küstenfischer,

  • Handwerker, die in die Handwerksrolle eingetragen sind,

  • arbeitnehmerähnliche Selbstständige, die keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.

Kann man freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung eintreten?

Ja, diese Möglichkeit steht allen Selbstständigen offen.

Die Staatsangehörigkeit spielt dabei übrigens keine Rolle, auch Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland können sich freiwillig versichern.

Die freiwillige Versicherung ermöglicht es Selbstständigen, flexibel Beiträge zu zahlen, wobei die Höhe der Beiträge frei zwischen einem Mindestbeitrag von etwa 103 Euro und einem Höchstbeitrag von rund 1.497 Euro monatlich (Stand 2025) gewählt werden kann.

Pro Kalenderjahr können bis zu zwölf Monatsbeiträge gezahlt werden. Die Beitragshöhe bestimmt maßgeblich die spätere Rentenhöhe.

Der Antrag auf freiwillige Versicherung kann jederzeit gestellt werden, sofern keine Pflichtversicherung besteht.

Zusätzlich zur freiwilligen Versicherung gibt es für bestimmte Selbstständige auch die Möglichkeit einer Pflichtversicherung auf Antrag, die innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Selbstständigkeit gestellt werden kann. Das betrifft insbesondere Selbstständige, die dauerhaft und nicht nur vorübergehend selbstständig tätig sind, zum Beispiel Gewerbetreibende, freiberuflich Tätige wie Übersetzer, aber auch Land- und Forstwirte.

Die Pflichtversicherung auf Antrag ist unwiderruflich.

Wie meldet man sich bei der gesetzlichen Rentenversicherung an?

Um sich freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung anzumelden, muss grundsätzlich ein Antrag gestellt werden. Dieser Antrag kann online über das offizielle Portal der Deutschen Rentenversicherung eingereicht werden. Das entsprechende Formular trägt die Bezeichnung V0060 und ist sowohl digital als auch in Papierform verfügbar.

Der Online-Antrag kann über die Webseite der Deutschen Rentenversicherung elektronisch ausgefüllt, mit erforderlichen Unterlagen ergänzt und direkt abgeschickt werden. Nach Eingang erhält man eine Bestätigung, und der Rentenversicherungsträger prüft den Antrag.

Alternativ kann man auch einen Termin bei einer Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung vereinbaren, um den Antrag dort gemeinsam auszufüllen.

Nach der Anmeldung kann die Höhe der freiwilligen Beiträge innerhalb vorgegebener Grenzen (monatlich zwischen ca. 103 Euro und 1.497 Euro, Stand 2025) selbst festgelegt und auch später verändert werden. Die Beiträge können monatlich oder für einzelne Monate gezahlt werden.

Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung:

  • Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland oder als Deutscher im Ausland

  • Mindestalter 16 Jahre

  • keine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung (z. B. keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung)

  • es wird keine volle Altersrente bezogen (Ausnahme: vorgezogene Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze)

Wie hoch ist der Rentenbeitrag für Selbstständige und wie wird er berechnet?

Selbstständige können zwischen verschiedenen Beitragsmodellen wählen:

  • Regelbeitrag: Ein Pauschalbetrag, der sich an einem fiktiven durchschnittlichen Einkommen orientiert. Ab 2025 beträgt dieser bundeseinheitlich 696,57 Euro monatlich.

  • Einkommensgerechter Beitrag: Die Beitragshöhe wird individuell anhand des tatsächlichen Gewinns berechnet. Der Beitragssatz liegt bei 18,6 Prozent des Einkommens bis zur Beitragsbemessungsgrenze (2025: 8.050 Euro im Monat).

  • Halber Regelbeitrag für Gründer: Existenzgründer zahlen in den ersten drei Jahren nur die Hälfte des Regelbeitrags, also etwa 348,29 Euro monatlich ab 2025.

Die einkommensgerechte Beitragszahlung ähnelt der Beitragsberechnung bei Arbeitnehmern, allerdings tragen Selbstständige den Beitrag vollständig selbst, ohne Arbeitgeberanteil.

Selbstständige, die ihre Versicherungspflicht der Deutschen Rentenversicherung anzeigen, erhalten von dieser recht bald einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht kraft Gesetzes bzw. den Antrag auf Versicherungspflicht als selbstständig Tätiger.

In diesem Antrag wird auch die gewünschte Art der Beitragsgestaltung erfragt. Wichtig ist dabei: Egal was die Betroffenen hier ankreuzen – durch die Festlegung bindet sich niemand auf Dauer an eine Lösung. Ein gewisser Gestaltungsspielraum besteht immer.

Welche Vorteile hat die gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige?

Durch freiwillige Beiträge werden Rentenansprüche aufgebaut oder erhöht, Wartezeiten für Rentenansprüche erfüllt und der Versicherungsschutz bei Erwerbsminderung oder Hinterbliebenenversorgung gesichert.

Die Bedeutung der gesetzlichen Rentenversicherung für Selbstständige hat sich in den letzten Jahren verändert, insbesondere aufgrund des Tiefs bei privaten Geldanlagen, das private Rentenversicherungen unattraktiver gemacht hat.

Die gesetzliche Rente bietet eine stabile und verlässliche Option, die auch von Selbstständigen genutzt werden kann.

Selbstständige, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, profitieren von umfassenden Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, die weit über die reine Altersvorsorge hinausgehen:

  • Altersrente: Durch freiwillige Beiträge werden Rentenansprüche aufgebaut oder erhöht, sodass im Alter eine lebenslange monatliche Rente gezahlt wird.

  • Erwerbsminderungsrente: Im Falle einer dauerhaften Erwerbsminderung besteht Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.

  • Hinterbliebenenrente: Im Todesfall können Hinterbliebene, wie Ehepartner oder Kinder, Rentenleistungen erhalten, Zum Beispiel Witwenrente.

  • Rehabilitationsleistungen: Versicherte haben Anspruch auf medizinische und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiederherstellung oder Erhaltung der Erwerbsfähigkeit.

Wie wirken sich Rentenbeiträge bei der Steuer aus?

Die eingezahlten Beiträge können seit Anfang 2023 in voller Höhe als Vorsorgeaufwendungen von der Steuer abgesetzt werden.

Für das Steuerjahr 2024 können Einzelpersonen bis zu 27.565 Euro (2025: 29.344 Euro) und Verheiratete bis zu 55.130 Euro (2025: 58.688 Euro) an Altersvorsorgeaufwendungen geltend machen. Dazu gehören auch die freiwilligen Rentenversicherungsbeiträge.

Das bedeutet konkret: Die gezahlten Beiträge mindern das zu versteuernde Einkommen, was zu einer spürbaren Steuerersparnis führt.

Rentenversicherung für Selbstständige 2025: Geplante Reformen und politische Zielsetzung

Die Bundesregierung plant, eine Rentenversicherungspflicht für Selbstständige ab 2025 einzuführen, um die Altersvorsorge dieser Gruppe zu verbessern.

Dabei soll ein Wahlsystem etabliert werden, das Selbstständigen die Wahl lässt zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung, einer privaten Altersvorsorge (z.B. Rürup-Rente) oder einem berufsständischen Versorgungswerk.

Voraussetzung für die Befreiung von der gesetzlichen Pflicht ist der Nachweis einer sicheren und insolvenzgeschützten Altersvorsorge, die mindestens das Grundsicherungsniveau übersteigt.

(MB)

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