Umgekehrte Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung: meist keine Werbungskosten

 - 

Der BFH entschied: Kosten für die Besuche des am Familienwohnsitz lebenden Ehegatten in der Wohnung des anderenorts berufstätigen Ehegatten sind nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn sie beruflich veranlasst sind. Was genau bedeutet das?

Der Fall: Ein Ehepaar lebte gemeinsam in der Stadt X. Die Ehefrau war in der Stadt Y als Angestellte tätig und führte dort einen weiteren Haushalt. An den Wochenenden reiste sie in der Regel zu ihrem Mann nach X. Allerdings kam es auch häufiger vor, dass der Mann seine Frau in Y besuchte. Bei der Entscheidung, wo man sich am Wochenende traf, spielten ausschließlich private Gründe eine Rolle. Die Frau war also nicht z.B. wegen eines Wochenenddienstes daran gehindert, zur Familienwohnung nach X zu fahren. Das Finanzamt erkannte zwar die Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung im Wesentlichen an, die Reisekosten des Mannes für Besuche in Y wurden jedoch nicht als Werbungskosten anerkannt.

Das Urteil: Auch der BFH vertritt die Auffassung, dass die Reisekosten des Mannes für Besuche in Y keine Werbungskosten sind. Weder handele es sich um eine Familienheimfahrt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG, noch seien es sonstige Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, erklärten die Richter. Denn den Besuchsreisen des Mannes lagen private Motive zu Grunde, sie waren also nicht beruflich veranlasst. Auch Art. 6 des Grundgesetzes erfordere nach Auffassung des BFH kein anderes Ergebnis. Die Regelungen des EStG zu Familienheimfahrten seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BFH, Beschluss vom 2.2.2011, Az. VI R 15/10).

Fazit: Fahren nicht Sie am Wochenende nach Hause, sondern stattdessen Ihre Familie zu Ihnen an Ihren Beschäftigungsort, gilt Folgendes: Fahrtkosten für den Besuch Ihres Ehepartners und Ihrer minderjährigen Kinder bei Ihnen sind als Werbungskosten abzugsfähig, wenn Sie aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen an einer Heimfahrt gehindert sind, z.B. wegen Sonntagsdienst, Bereitschaftsdienst, Arbeitsüberlastung oder Erkrankung. Achten Sie also darauf, dass Sie für eine sog. "umgekehrte Heimfahrt" solche Gründe anführen.

Abziehbar sind die Fahrtkosten Ihres Ehepartners und Ihrer minderjährigen Kinder. Maximal abzugsfähig sind Fahrtkosten aber nur bis zu dem Betrag, den Sie insgesamt für alle Ihnen zustehenden Heimfahrten übers Jahr gesehen absetzen könnten. Die Wahl des Verkehrsmittels spielt keine Rolle; selbst Flugkosten müssen anerkannt werden. Nicht anerkannt werden aber Aufwendungen für Verpflegung und Unterkunft.

Steuertipp
Wenn Sie beabsichtigen, die Hauptwohnung an den neuen Beschäftigungsort zu verlegen, können Sie zwei Besuchsfahrten Ihres Ehepartners steuerlich noch besser unterbringen: Machen Sie Reisekosten im Rahmen der Umzugskosten geltend, wenn Sie bei dem Besuch neue Wohnungen besichtigen. Vorteil: Sie können die Fahrtkosten mit der günstigeren Reisekostenpauschale und auch Verpflegungs- und Übernachtungskosten absetzen.

Weitere News zum Thema
  • [] Direkt gefördert wird die Altersteilzeit (ATZ) schon seit 2009 nicht mehr. Trotzdem gibt es sie noch, und das Modell erfreut sich nach wie vor einiger Beliebtheit. Die Zahl derjenigen, die vor ihrer gesetzlichen Rente zuletzt in Altersteilzeit waren, mehr

  • [] Seit 1.5.2023 gibt es das Deutschlandticket – auch D-Ticket oder 49-Euro-Ticket genannt – im monatlich kündbaren Abonnement. Mit dem D-Ticket können Sie bundesweit alle Verkehrsmittel des öffentlichen Nahverkehrs nutzen. Was müssen Sie steuerlich beachten mehr

  • [] Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich näher damit beschäftigt, wann bei einem Leiharbeitnehmer der berufliche Einsatzort eine erste Tätigkeitsstätte ist, und dabei auch Grundsätzliches klargestellt. mehr

Weitere News zum Thema