BSG: Mehr Arbeitslosengeld bei Nachzahlung von gestundeten Lohnansprüchen

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Lohnverzicht, um den Arbeitsplatz zu retten? Wenn das schiefgeht, sind Arbeitnehmer gleich dreifach gebeutelt: Ihnen ist zunächst einmal Lohn entgangen, zum Zweiten haben sie ihren Arbeitsplatz verloren und zum Dritten erhalten sie dann auch noch weniger Arbeitslosengeld, da dieses auf Grundlage des gesenkten Lohnes berechnet wird. Ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.8.2017 zeigt, dass diese Folgen des Lohnverzichts deutlich begrenzt werden können, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Lohnverzicht die richtige Vereinbarung treffen und vor allem, wenn im Falle der Erfolglosigkeit des Lohnverzichts später tatsächlich eine entsprechende Kompensation erfolgt (Az. B 11 AL 16/16 R).

Verhandelt wurde vor dem BSG über den Fall einer Arbeitnehmerin aus Sachsen-Anhalt, die Ende Juni 2012 ihren Arbeitsplatz als Kundenberaterin verlor und anschließend Arbeitslosengeld erhielt. Vorangegangen war eine längere Phase der Arbeitsplatzunsicherheit und einer drohenden Betriebsstilllegung. Um dies zu vermeiden, hatten am Standort, an dem die Betroffene tätig war, der Betriebsrat und die Geschäftsführung eine Vereinbarung abgeschlossen »mit dem Ziel der Sicherung der Arbeitsplätze und zur Vermeidung einer in Aussicht gestellten Betriebsstilllegung«.

Diese Vereinbarung sah eine stufenweise Absenkung des Gehalts der Beschäftigten vor und im Gegenzug den zeitweisen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Zugleich sah der Vertrag für den Fall, dass trotz des temporären Lohnverzichts später eine Betriebsstilllegung erfolgen würde, vor, dass zur Kompensation des Lohnverzichts »als einmalige Bruttolohnzahlung im letzten Lohnmonat im Jahr der Schließung« zumindest ein großer Teil der Differenz der gezahlten Bruttolöhne der letzten zwölf Monate vor Ausscheiden zu dem Betrag des Brutto-Jahreslohns 2009 nachgezahlt werden sollte. Ausführlich ist die Vereinbarung im Urteil der Vorinstanz (LSG Sachsen-Anhalt, Az. L 2 AL 12/14) zitiert. Genau entsprechend dieser Vereinbarung wurde auch im Fall, über den das BSG entschieden hatte, verfahren. Dadurch erhöhte sich das 12-Monats-Bruttoentgelt der Betroffenen von 25.000,– € auf gut 34.000,– €.

Dass hierbei die Regelungen zur Berechnung des Arbeitslosengeldes eine Rolle gespielt haben, ist offenkundig. Denn hierbei wird das Bruttoarbeitsentgelt der letzten zwölf Monate zugrunde gelegt. Um günstige Gestaltungsmöglichkeiten zu vermeiden, findet sich in § 151 SGB III die Regelung, dass die Bezüge, die der »Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten hat oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind«, außer Betracht bleiben. Unter Bezug auf diese Regelung berücksichtigte die Arbeitsagentur die außerordentliche Zahlung (immerhin zusätzliche 9.000,– €), die die Betroffene erhalten hatte, bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht.

Zu Unrecht, wie nach den Vorinstanzen nun auch das BSG befand. »Die Kompensationsregelung sollte den durch den Verzicht entstandenen Verlust bei einem Fehlschlagen der Arbeitsplatzsicherung ausgleichen«, was völlig in Ordnung sei, hatte bereits die Vorinstanz formuliert und weiterhin erklärt: »Wertungsmäßig stand die getroffene Reglung einem bedingten Verzicht auf Arbeitsentgelt gleich, bei dem mit dem Nichterreichen des Zwecks einer Sicherung der Arbeitsplätze eine auflösende Bedingung eintritt.«

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