1%-Methode kann ausnahmsweise auch ohne Fahrtenbuch vermeidbar sein

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Die Vermutung, dass ein Betriebs-Pkw auch privat genutzt wird, kann im Einzelfall auch ohne das Führen eines Fahrtenbuchs aufgrund plausibler Argumente widerlegbar sein.

Ein Dogma der Finanzverwaltung lautet: Jeder Unternehmer fährt seinen Geschäftswagen auch privat. Deshalb muss bei einem zu mehr als 50% betrieblich genutzten Pkw ein pauschaler Privatanteil nach der 1%-Methode versteuert werden, wenn kein Fahrtenbuch geführt wird. Doch zunehmend wird in Entscheidungen der Finanzgerichte und des BFH dieses Dogma zugunsten von Unternehmern in Frage gestellt.

Ein Selbstständiger ging einer gewerblichen Nebentätigkeit als Hausmeister nach und hatte sich als Firmenwagen einen mäßig ausgestatteten Kastenwagen zugelegt (Citroen Berlingo; Neupreis 12.590 Euro). Zunächst versteuerte er die private Nutzung nach der 1%-Methode. Seine Frau war als leitende Angestellte im EDV-Bereich tätig. Im Rahmen einer Beförderung wurde ihr ab 2005 ein Leasing-Fahrzeug als Dienstwagen gestellt. Es handelte sich um einen sehr gut ausgestatteten Audi A4 3.0 TDI Quattro. Sämtliche Kfz-Kosten trug ihr Arbeitgeber. Das Auto durfte ausdrücklich von ihr und ihrem Ehepartner auch privat genutzt werden. Die Privatnutzung wurde pauschal abgegolten.
 
Der Unternehmer teilte in seiner Steuererklärung 2005 dem Finanzamt mit, dass der Citroen aufgrund des Dienstwagens der Ehefrau nun nicht mehr zu Privatfahrten, sondern ausschließlich betrieblich genutzt werde, und er deshalb keine Privatnutzung versteuere. Drei Jahre lang machte das Finanzamt mit. Doch 2008 sollte er für die Privatnutzung des Citroen monatlich 1% des Bruttolistenpreises versteuern und darauf auch noch Umsatzsteuer zahlen. Denn er konnte kein Fahrtenbuch vorlegen.

Dem Ehepaar gelang es schließlich im Klageverfahren, den Anscheinsbeweis der privaten Nutzung des Citroen zur Überzeugung des Finanzgerichts zu widerlegen (Hessisches FG, Urteil vom 10.2.2011, Az. 3 K 1679/10). Das Fehlen einer Privatnutzung könne auch anders als durch das Führen eines Fahrtenbuchs bewiesen werden. Das waren die Argumente:

  • Die jährlich Gesamtfahrleistung des Audi betrug 30.000 km, die des Citroen dagegen nur etwa 2.760 km.
  • Da der Arbeitgeber der Ehefrau alle Kfz-Kosten einschließlich Benzin übernahm, war es  wirtschaftlich sinnvoll, Privatfahrten mit dem Dienstwagen der Ehefrau und nicht mit dem Firmenwagen des Ehemanns durchzuführen.
  • Der Dienstwagen der Ehefrau übertraf den Firmenwagen des Ehemanns in Bezug auf Status, Ausstattung und Fahrsicherheit bei weitem.
  •  Die Ehefrau war nicht im Außendienst tätig und benötigte ihren Dienstwagen nicht während der Arbeitszeit. Deshalb konnte der Ehemann sie gelegentlich zur Arbeit bringen und abends abholen, so dass er ihren Dienstwagen tagsüber privat nutzen konnte.
  • Das Ehepaar besaß außerdem im Privatvermögen einen Honda Kraftroller sowie zeitweise einen BMW Z 3. 

In der mündlichen Verhandlung versuchte der Vertreter des Finanzamts, das Ehepaar durch kritische Fragen aufs Glatteis zu führen. Aber sie hatten auf alles eine plausible Antwort. So wollte das Finanzamt vom Ehemann wissen, wie er denn sperrige Gegenstände wie zum Beispiel Möbel transportiere. Darauf gab er zur Antwort, sie kauften nicht mehr bei Ikea ein und bekämen im Möbelhaus gekaufte Möbel angeliefert. Von der Ehefrau wollte das Finanzamt wissen, wie verfahren wird, wenn während ihrer Arbeitszeit ein Kind plötzlich erkrankt (Hintergedanke: Dann muss der Vater mit dem angeblich nicht privat genutzten Citroen zum Kinderarzt fahren). Doch sie konterte souverän: Notfalls könne sie auch eine Besprechung verlassen und sofort nachhause fahren, wenn es das Wohl ihrer Kinder erfordere.

Steuertipp
Es wird Selbstständigen sehr schwer gemacht, bei einem Pkw, der zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, eine denkbare private Nutzung auch ohne Fahrtenbuch glaubhaft zu widerlegen. Aber es ist inzwischen dank höchstrichterlicher Rechtsprechung bei entsprechendem Sachverhalt nicht mehr unmöglich. Sicherer und weniger streitanfällig ist natürlich das Führen eines Fahrtenbuchs.
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