2. Kosten, die Sie zusätzlich zum Pauschbetrag absetzen können

Autokosten und Fahrtkosten, behindertengerechter Umbau, Reisekosten, Kurkosten, Rehamaßnahmen

Sogenannte atypische behinderungsbedingte Kosten dürfen Sie zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art in nachgewiesener Höhe geltend machen.

Allerdings müssen Sie einen bestimmten Eigenanteil allein tragen. Deshalb ermittelt der Finanzbeamte automatisch die sogenannte zumutbare Belastung und zieht sie von der Summe Ihrer außergewöhnlichen Belastungen allgemeiner Art ab. Die Aufwendungen wirken sich also nur steuermindernd aus, soweit sie über diesem Betrag liegen (mehr dazu hier).

2.1 Autokosten und Fahrtkosten

Ob und in welchem Umfang Sie Privatfahrten steuermindernd geltend machen dürfen, ist abhängig vom Zweck der Fahrt und davon, welcher GdB und welches Merkzeichen bei Ihnen festgestellt worden sind.

Beim Anlass der Fahrt sind zu unterscheiden:

  • krankheitsbedingte Fahrten: Dazu zählen unumgängliche Fahrten aus medizinischem oder therapeutischem Anlass wie zum Beispiel zu Ärzten, zur Massage, zur Krankengymnastik, zur Apotheke, zum Sanitätshaus oder anlässlich einer Kur;

  • behinderungsbedingte Fahrten: Dazu gehören durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten, also hauptsächlich Fahrten zu Behörden und Ämtern sowie anlässlich von Einkäufen;

  • reine Privatfahrten: Das sind Freizeit-, Besuchs-, Urlaubs- und Vergnügungsfahrten usw.

Wenn die Kosten anerkannt werden, dürfen Sie bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln die nachgewiesenen Kosten geltend machen.

Fahren Sie mit dem Pkw, dürfen Sie die Fahrtkosten maximal mit der Reisekostenpauschale ansetzen. Sie beträgt pro Kilometer 0,30 Euro.

Bei einem GdB von mindestens 80 oder von 70 mit Merkzeichen G können Sie Ihre unvermeidbaren behinderungsbedingten Fahrten in angemessenem Umfang mit der Reisekostenpauschale von 0,30 Euro pro Kilometer ansetzen. Höhere tatsächliche Kosten pro Kilometer dürfen Sie nicht geltend machen.

Die von Ihnen gefahrenen Kilometer müssen Sie dem Finanzamt gegenüber grundsätzlich nachweisen oder glaubhaft machen. Aus Vereinfachungsgründen geht Ihr Finanzamt ohne Nachweis der einzelnen Fahrten davon aus, dass Sie 3.000 km behinderungsbedingte Fahrten pro Jahr haben. Damit können Sie grundsätzlich Fahrtkosten in Höhe von 900 Euro ansetzen. Rechnen Sie aber damit, dass Sie dem Finanzbeamten glaubhaft machen müssen, dass Sie tatsächlich eine Fahrleistung in dieser Höhe gehabt haben. Das machen Sie zum Beispiel durch die Vorlage von Werkstattrechnungen oder TÜV-Berichten, in denen der Tachostand vermerkt ist.

Aufwendungen für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Taxi können Sie ab einem GdB von 80 bzw. 70 mit Merkzeichen G in nachgewiesener Höhe geltend machen. Allerdings kürzt das Finanzamt dann die 3.000-km-Pauschale für Pkw-Fahrten um die bereits verbrauchten Kilometer.

Haben Sie das Merkzeichen aG, H oder Bl, dürfen Sie nicht nur behinderungsbedingte Fahrten, sondern auch reine Privatfahrten in einem angemessenen Rahmen mit der Reisekostenpauschale geltend machen: Hier berücksichtigt das Finanzamt für behinderungsbedingte Fahrten und reine private Fahrten zusammen normalerweise eine jährliche Fahrleistung bis maximal 15.000 km. Zusätzlich dürfen Sie krankheitsbedingte Fahrten geltend machen.

Eventuell stehen Ihnen auch Vergünstigungen bei der Kfz-Steuer zu! Darüber haben wir hier einen eigenen Beitrag geschrieben.

2.2 Umzugskosten

Die Kosten für den Umzug in eine behindertengerechte Wohnung werden nur unter strengen Voraussetzungen anerkannt:

  • Sie weisen die medizinische Notwendigkeit des Umzuges durch ein amtsärztliches oder vertrauensärztliches Attest nach, das vor (!) dem Umzug ausgestellt wurde. Ein Attest des behandelnden Haus- oder Facharztes reicht nicht.

  • Führt der Umzug auch zu anderen Vorteilen, muss die Behinderung als Ursache für den Umzug eindeutig im Vordergrund stehen – zum Beispiel weil einfach keine gleich große Wohnung zu bekommen war und Sie deshalb eine größere nehmen mussten. Probleme können Sie zum Beispiel bekommen, wenn Sie bei einer Mietwohnung einen nicht behinderungsbedingten Kündigungsgrund angeben. Denn der Umzug muss wegen einer Krankheit oder eines Unfalls zwingend erforderlich sein.

Abziehbar sind dann

  • die Kosten für den Transport des Umzugsgutes,

  • Reisekosten anlässlich der Wohnungssuche und um am Umzugstag von der alten Wohnung in die neue zu kommen,

  • doppelte Mietzahlungen und

  • anfallende Maklerprovisionen.

Neben diesen Aufwendungen verursacht ein Umzug Kosten, die im Einzelnen nur schwer nachzuweisen sind wie zum Beispiel die Kosten für Ummeldungen. Diese Aufwendungen dürfen Sie mit der Pauschale für sonstige Umzugskosten ansetzen. Die Pauschale beträgt für Umzüge ab dem 1.2.2017 für Ledige 764 Euro, für Verheiratete 1.528 Euro.

Sind Sie wegen Ihrer Behinderung gezwungen in ein Heim umzuziehen, können die Kosten ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art abziehbar sein.

2.3 Behindertengerechter Umbau

Müssen Sie Ihre Wohnung behindertengerecht gestalten, können Sie die Kosten steuerlich geltend machen, wenn Sie erhalten durch den behindertengerechten Umbau oder Neubau keinen Gegenwert erhalten und damit finanziell belastet sind. Denn bei einer behindertengerechten Gestaltung der Wohnung ist ein eventueller Gegenwert irrelevant und tritt gegenüber der Zwangsläufigkeit der Situation stets in den Hintergrund.

Das gilt auch dann, wenn die Behinderung nicht auf einem unvorhersehbaren Ereignis wie zum Beispiel einem Unfall beruht und deshalb ein schnelles Handeln geboten ist. Die behinderungsbedingte Gestaltung ist also auch dann steuerbegünstigt, wenn die Behinderung schon länger besteht.

Und auch im Fall einer schleichenden Erkrankung, etwa multipler Sklerose, muss das Finanzamt die Kosten berücksichtigen.

Wichtig: Es werden nicht die Gesamtkosten der Baumaßnahme anerkannt, sondern nur die, die durch die Behinderung veranlasst und zur behindertengerechten Umgestaltung des individuellen Wohnumfelds erforderlich sind.

Keine Rolle spielt, ob die durch die Krankheit oder Behinderung verursachten Mehrkosten im Rahmen eines Neubaus, der Modernisierung eines Altbaus oder des Umbaus eines bereits selbst genutzten Eigenheims oder einer Mietwohnung entstehen.

2.4 Urlaubsbegleitung

Für einen ständig auf Hilfe angewiesenen behinderten Menschen bleibt eine Reise oft ein Traum. Wahr werden kann der Urlaub oft nur, wenn der Betroffene sich von einer Pflegeperson begleiten lässt. Die dadurch entstehenden Mehrkosten können zu den außergewöhnlichen Belastungen allgemeiner Art zählen. Dann sind bis zu 767 Euro für höchstens eine Urlaubsreise im Jahr abziehbar – und zwar zusätzlich zum Behinderten-Pauschbetrag.

Voraussetzung für den Abzug der Kosten ist, dass Sie die Notwendigkeit ständiger Begleitung nachweisen. Dafür brauchen Sie entweder ein vor (!) Antritt der Reise ausgestelltes amtsärztliches Attest oder einen Schwerbehindertenausweis, in dem das Merkzeichen H oder aG und zusätzlich das Merkzeichen B sowie der Hinweis Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen eingetragen ist. In neueren Schwerbehindertenausweisen wird neben dem Merkzeichen B der Hinweis Die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen eingetragen.

Ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G oder Rf reicht nicht, auch wenn er den Hinweis Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen trägt.

Lassen Sie sich von einer fremden Person begleiten, dürfte der Abzug der Kosten unproblematisch sein. Handelt es sich bei der Begleitperson um Ihren Ehepartner oder Lebenspartner, haben Sie eher schlechte Karten: Oft wird dann der Abzug der Kosten mit dem Argument verweigern, dass Ihr Ehegatte bzw. Lebenspartner aus eigenem Interesse an der Reise teilgenommen hat. Denn Paare fahren gewöhnlich gemeinsam in den Urlaub, weshalb gar keine zusätzlichen Kosten für die Reisebegleitung anfallen.

Sind für die Begleitperson nicht nur normale Reisekosten, sondern aufgrund der Behinderung höhere Kosten angefallen? Dann machen Sie diese als außergewöhnliche Belastungen geltend: Solche Kosten gelten als behinderungsbedingter Mehrbedarf, den der BFH auch bei einer gemeinsamen Reise von Ehepartnern zum Abzug zulässt.

2.5 Kosten bei Kuren, Krankheit und Pflege-Pauschbetrag

Kosten für einen Kuraufenthalt oder eine andere Rehamaßnahme sind neben dem Behinderten-Pauschbetrag abziehbar, sofern Sie die notwendigen Nachweise erbringen.

Dafür brauchen Sie ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, welches vor (!) Beginn der Kur ausgestellt worden sein muss.

Auch Krankheitskosten wie Kosten für medizinische Behandlungen, Arznei- und Verbandmittel, medizinische Hilfsmittel, Heilmittel, Krankenhaus- und Klinikaufenthalte etc. dürfen Sie zusätzlich geltend machen, wenn die entsprechenden Nachweise vorliegen.