Honorarnachzahlung bei Selbstständigen: Darf Elterngeld gekürzt werden?

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Viele Selbstständige ärgern sich darüber, dass ihr Elterngeld gekürzt wird, wenn sie während der Elternzeit für frühere Leistungen eine Nachzahlung erhalten. Die Gerichte urteilen unterschiedlich.

Auch Selbstständige können nach der Geburt ihres Kindes Elternzeit in Anspruch nehmen, die selbstständige Tätigkeit vorübergehend einstellen und Elterngeld beantragen. Während der Elternzeit erzieltes Einkommen wird jedoch auf das Elterngeld angerechnet, das dann schlimmstenfalls nur noch in Höhe des Sockelbetrags von 300 Euro gezahlt wird.

Doch was bedeutet das für die vielen Selbstständigen, die das Honorar von ihren Kunden oft erst nach Monaten, manchmal auch erst nach Jahren erhalten? Wie wird gerechnet, wenn eine solche nachträgliche Zahlung zufällig in den Monaten der Elternzeit aufs Konto fließt? Für die Betroffenen geht es dabei um viel Geld. Bisher gibt es dazu unterschiedliche Gerichtsentscheidungen.

Sozialgericht München: Entscheidung zugunsten von Selbstständigen

Die Familienkasse hatte einer selbstständigen Unternehmensberaterin nur ein Elterngeld von 300 Euro gezahlt. Sie hatte während ihrer Elternzeit nachträglich Honorare erhalten für Leistungen, sie sie noch vor der Geburt des Kindes erbracht hatte. In Höhe der Nachzahlung wurde das Elterngeld gekürzt. Die Klage gegen die nachteilige Entscheidung war erfolgreich. Nach Auffassung der Richter dürfen während der Elternzeit erzielte Einnahmen nicht auf das Elterngeld angerechnet werden, wenn die Einnahmen auf Leistungen beruhen, die vor der Geburt erbracht worden sind und die selbstständige Tätigkeit nachweislich während der Elternzeit eingestellt worden ist (SG München, Urteil vom 15.1.2009, Az. S 30 EG 37/08).

Sozialgericht Freiburg: Entscheidung zum Nachteil von Selbstständigen

In diesem Fall hatte ein selbstständiger Gutachter im August 2008 Elternzeit genommen. In diesem Monat gingen auf seinem Konto 2.800 Euro ein für Gutachten, die er vor der Elternzeit im Juni und Juli 2008 erstellt hatte. Deshalb zahlte ihm die Familienkasse nur den Mindestsatz von 375 Euro – trotz seines früheren Monatseinkommens in Höhe von 2700 Euro. Die Richter bestätigten diese Auffassung und kamen damit zu einer völlig anderen Entscheidung als die Richter aus München: Der Begriff „Einkommen erzielen“ meine, dass das Geld in dieser Zeit tatsächlich zugeflossen sei. Es gelte uneingeschränkt das „Zuflussprinzip“, und deshalb seien die Honorare auf das Elterngeld anzurechnen unabhängig davon, wann die entsprechende Leistung erbracht wurde (SG Freiburg, Urteil vom 23.2.2010, Az. S 9 EG 3918/09).

Steuertipp
Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Das letzte Wort hat nun das Bundessozialgericht. Betroffene sollten bei ähnlichem Sachverhalt mit Hinweis auf das Urteil des SG München Einspruch einlegen. Wir hoffen, dass sich das Bundessozialgericht dieser Auffassung anschließt. Denn sonst könnten Selbstständige zumindest für kürzere Bezugszeiträume zwischen einem und etwa drei Monaten nie einen Elterngeldanspruch erlangen. Da sie nicht steuern können, wann ihre Rechnungen bezahlt werden, wäre der Elterngeldbezug vom Zufall und der Zahlungsmoral ihrer Auftraggeber abhängig. Und das kann doch wohl nicht im Sinne des Elterngeldgesetzes sein.

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