Abschnitt V 37 DA-KG
Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG)
Bundesrecht

Kapitel V – Verfahrensvorschriften allgemein → VII. – Besonderheiten beim Berechtigtenwechsel

Titel: Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG)
Normgeber: Bund
Amtliche Abkürzung: DA-KG
Gliederungs-Nr.: [keine Angabe]
Normtyp: Verwaltungsvorschrift

Abschnitt V 37 DA-KG – Erfüllung des Erstattungsanspruchs durch Weiterleitung

(1) 1Hebt die Familienkasse des bisher Berechtigten die Kindergeldfestsetzung rückwirkend auf, hat der Berechtigte (Erstattungsschuldner) das überzahlte Kindergeld grundsätzlich sofort zu erstatten (§ 37 Abs. 2 AO). 2Das Kindergeld, das von der für den nunmehr Berechtigten zuständigen Familienkasse festgesetzt wird, ist grundsätzlich sofort auszuzahlen. 3Zur Verfahrensvereinfachung sollen die Rückforderung und die Auszahlung des Kindergeldes unterbleiben, wenn der bisher Berechtigte das Kindergeld an den nunmehr Berechtigten weitergeleitet hat, dieser dies bestätigt und auf seinen Auszahlungsanspruch verzichtet (Weiterleitung). 4In diesen Fällen hat § 70 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG keine Auswirkung. 5Die Verfahrensvereinfachung ist eine Billigkeitsmaßnahme.

(2) 1Der Erstattungsschuldner ist im Rahmen des Ermittlungsverfahrens (§ 91 AO) spätestens im Aufhebungsbescheid auf die Möglichkeit der Weiterleitung hinzuweisen. 2Die Weiterleitung ist nur möglich, sofern gegenüber dem nunmehr Berechtigten das Kindergeld für den betreffenden Zeitraum noch nicht ausgezahlt wurde. 3Die mögliche Weiterleitung darf die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes gegenüber dem nunmehr Berechtigten nicht in unangemessener Weise verzögern. 4Ein vollständig ausgefüllter und vom nunmehr Berechtigten unterschriebener Vordruck "Bestätigung der Weiterleitung von Kindergeld zur Vorlage bei der Familienkasse" muss binnen eines Monats der Familienkasse des bisher Berechtigten vorgelegt werden. 5Sie hat zu prüfen, für welche Monate eine Weiterleitung bestätigt wurde. 6Das Ergebnis ist der Familienkasse des nunmehr Berechtigten mitzuteilen, die wiederum die andere Familienkasse über den bestehenden Kindergeldanspruch des nunmehr Berechtigten informiert. 7Zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs durch Weiterleitung muss der Kindergeldanspruch des nunmehr Berechtigten bereits materiell-rechtlich geprüft worden sein und zweifelsfrei feststehen. 8Dem Erstattungsschuldner ist durch seine Familienkasse eine Mitteilung über den Umfang der Erfüllung durch Weiterleitung zu übersenden.

Beispiel (Weiterleitung wird erklärt)

Die Familienkasse hat zugunsten von V für dessen Kind K Kindergeld festgesetzt. V verlässt im Oktober des Vorjahres den mit dem anderen Elternteil M gemeinsam geführten Familienhaushalt, in dem auch K lebt. Erst als die nunmehr Berechtigte M am 2. Juli des laufenden Jahres das Kindergeld bei der Familienkasse beantragt, erfährt diese von dem eingetretenen Berechtigtenwechsel. Nachdem der Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse festgestellt ist, hebt die Familienkasse die laufende Festsetzung nach § 70 Abs. 2 EStG ab November des Vorjahres auf. Das Kindergeld für Juli des laufenden Jahres ist nicht mehr an V ausgezahlt worden.

Am 19. Juli wird der Familienkasse die von M unterschriebene Weiterleitungserklärung ("Bestätigung der Weiterleitung von Kindergeld zur Vorlage bei der Familienkasse", vgl. Satz 4) für den Zeitraum November des Vorjahres bis Juni des laufenden Jahres vorgelegt.

Die Familienkasse erkennt die Weiterleitung für den Zeitraum von November bis Juni an und sieht von einer Rückforderung des Kindergeldes ab.

Ebenfalls am 19. Juli setzt die Familienkasse ab November des Vorjahres zugunsten von M Kindergeld fest und zahlt es ab Juli des laufenden Jahres an M aus.

9In Zweifelsfällen oder auf Verlangen des Erstattungsschuldners ist ein Abrechnungsbescheid unter Verwendung des Vordruckes "Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO" zu erteilen. 10Hat der nunmehr Berechtigte einen geringeren Anspruch, kann die Erfüllungswirkung nur in dieser Höhe eintreten, der Unterschiedsbetrag ist vom Erstattungsschuldner zurückzuzahlen.

(3) 1Liegt die Bestätigung der Weiterleitung schon vor, bevor die zuständige Familienkasse das Kindergeld gegenüber dem nunmehr Berechtigten festsetzt, ist in den Festsetzungsbescheid ein Hinweis aufzunehmen, dass der festgesetzte Anspruch für die Monate, in denen eine Weiterleitung erfolgte, erfüllt ist. 2Andernfalls ist darauf hinzuweisen, dass noch nicht abschließend geprüft werden konnte, ob der Kindergeldanspruch für vorangegangene Monate durch Weiterleitung erfüllt ist. 3Die Auszahlung des Kindergeldes an den nunmehr Berechtigten erfolgt zunächst von dem Monat an, ab dem kein Kindergeld mehr an den Erstattungsschuldner ausgezahlt wird. 4Nach Abschluss der Prüfung ist der nunmehr Berechtigte darüber zu informieren, in welchem Umfang sein Anspruch auf Kindergeld durch Weiterleitung erloschen ist. 5Ein verbleibender Anspruch ist noch auszuzahlen. 6Führt die Vorrangänderung zu einem höheren Kindergeldanspruch, sind Unterschiedsbeträge ab dem Monat der Änderung der Verhältnisse nachzuzahlen.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Anerkennung der Weiterleitung hingegen nicht vollständig vor (z. B. fehlender Verzicht des nunmehr Berechtigten auf seinen Auszahlungsanspruch), ist die Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG zu beachten (vgl. V 23.4).

Variante zum Beispiel (Weiterleitung wird nicht erklärt)

Am 19. Juli des laufenden Jahres teilt V der Familienkasse mit, dass M nicht zur Abgabe einer Weiterleitungserklärung bereit sei. Die Familienkasse

  • fordert am 19. Juli von V das an ihn gezahlte Kindergeld für den Zeitraum November bis Juni zurück und

  • setzt am gleichen Tag zugunsten von M ab November des Vorjahres Kindergeld fest. Wegen der Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG wird das Kindergeld für November und Dezember des Vorjahres nicht ausgezahlt.