Rechtliche Betreuung
Wir alle können in die Situation kommen, dass wir aufgrund eines Unfalls, einer schweren körperlichen oder seelischen Krankheit oder einfach nur aufgrund unseres hohen Alters keine Entscheidungen mehr treffen oder keine Wünsche mehr äußern können.
Damit dann unser Wille im Vordergrund steht, hat der Gesetzgeber mit der rechtlichen Betreuung eine Möglichkeit geschaffen, um erwachsene Menschen zu schützen und zu unterstützen. Hier liest du, was in solchen Situationen passiert und wie du dich absichern kannst.
Die rechtliche Betreuung (manchmal liest man auch gesetzliche Betreuung) dient dem Schutz und der Unterstützung erwachsener Menschen, die wegen einer Krankheit oder einer Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht mehr selbst erledigen können und deshalb auf die unterstützende Hilfe anderer angewiesen sind. Den betroffenen Menschen wird deshalb eine betreuende Person als gesetzlicher Vertreter zur Seite gestellt. In den meisten Fällen wird die Betreuung vom Betreuungsgericht ehrenamtlichen Betreuern, insbesondere Familienangehörigen, übertragen.
Die Betreuungsverfügung, die Patientenverfügung und auch die Vorsorgevollmacht mit Bankvollmacht ermöglichen ein hohes Maß an Selbstbestimmung im Fall von krankheitsbedingter Unfähigkeit, wichtige Angelegenheiten selbst regeln zu können. Mithilfe dieser Verfügungen und Vollmachten lassen sich die eigenen Wünsche im Vorfeld festlegen, die im Fall von Zustimmungsunfähigkeit zu ärztlichen Eingriffen und zur Fortführung der finanziellen Angelegenheiten gelten sollen.
Wo ist die Betreuung gesetzlich geregelt?
In Deutschland gibt es kein »Betreuungsgesetz«, in dem alle die Betreuung einer volljährigen Person betreffenden Fragen geregelt sind.
Schwerpunktmäßig ist das Betreuungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 1814 bis 1881 geregelt.
Regelungen über die Vergütung und den Aufwendungsersatz für ehrenamtliche Betreuer enthalten die §§ 1875 bis 1881 BGB, für berufliche Betreuer das Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG).
Die Vorschriften über das gerichtliche Betreuungsverfahren finden sich im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).
Im Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG) sind die Rechtsstellung und die Aufgaben der Betreuungsbehörden, der Betreuungsvereine und der rechtlichen Betreuer (ehrenamtliche und berufliche Betreuer) als wesentliche im Betreuungsrecht tätige Akteure ausgestaltet.
Wozu braucht man eine Betreuungsverfügung?
Eine Betreuung ist unvermeidbar, wenn du wegen einer Erkrankung oder einer körperlichen oder seelischen Behinderung rechtliche Entscheidungen nicht mehr selbst treffen kannst und es keine Vorsorgevollmacht gibt. Dann entscheidet das Betreuungsgericht, welche Person dich als Betroffenen gesetzlich vertritt. Gibt es eine Betreuungsverfügung, hat das Gericht diese zu berücksichtigen.
In einer Betreuungsverfügung hältst du fest, welche Person du im Eintrittsfall gern als Betreuer hättest. Sie umfasst einen Auftrag an das Betreuungsgericht beim Amtsgericht, eine von dir gewünschte Person zu deinem rechtlichen Betreuer zu bestellen, wenn das aktuell nötig ist oder falls es künftig nötig werden sollte. Nach § 1896 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist das der Fall, wenn du infolge einer psychischen Erkrankung oder einer seelischen oder körperlichen Behinderung deine rechtlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr regeln kannst und keine Vorsorgevollmacht vorliegt, die eine Betreuung erübrigt.
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Was ist der Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung?
Bei der Vorsorgevollmacht kann eine bevollmächtigte Person deines Vertrauens sofort für dich handeln, solltest du nicht mehr entscheidungsfähig sein.
Bei der Betreuungsverfügung schlägst du einen von dir gewünschten rechtlichen Betreuer vor, der vorher von einem Richter auf Eignung überprüft wird. Bevor der Richter des Betreuungsgerichts seine Entscheidung trifft, macht er sich in der Wohnung der Betreuungsperson oder im Pflegeheim persönlich ein Bild. Nach dem Ortstermin legt der Richter fest, in welchen Aufgabenbereichen eine Betreuung notwendig ist, und informiert die Betreuungsperson, den Betreuer und die Betreuungsbehörde.
Wann kann ein Betreuer bestellt werden?
Das Unvermögen des Betroffenen, seine Angelegenheiten ganz oder teilweise zu regeln, kann rechtlicher oder tatsächlicher Art sein. So kann etwa der Betroffene wegen intellektueller Schwächen oder einer psychischen Krankheit darin gehindert sein, Inhalt und Bedeutung seiner rechtsgeschäftlichen Erklärungen abzuschätzen. Rechtliches Unvermögen liegt vor, wenn der Betroffene wegen Geschäftsunfähigkeit nicht mehr am Rechtsverkehr teilnehmen und Rechtsgeschäfte wirksam abschließen kann (z.B. Abschluss oder Kündigung von Verträgen).
Kann der Betroffene seine Angelegenheiten eigenständig besorgen, darf das Gericht selbst dann keinen Betreuer bestellen, wenn der Betroffene dies beantragt. Kann der Betroffene auch ohne die Erkrankung oder Behinderung bestimmte Angelegenheiten nicht regeln, z.B. wegen der komplizierten Rechtsmaterie oder wegen einer Sprachbarriere, so ist er deshalb nicht betreuungsbedürftig.
Tipp Eine Betreuung ist gegenüber anderen Unterstützungsformen nachrangig. Gegen den freien Willen des Betroffenen darf kein Betreuer bestellt werden. Unter Umständen kann für einen Minderjährigen vorsorglich ein Betreuer bestellt werden.
Was hat sich beim Betreuungsrecht ab 2023 geändert?
Mit den am 1.1.2023 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen wurde das geltende Betreuungsrecht grundlegend reformiert. Dabei handelt es sich um die umfassendsten Änderungen seit seiner Einführung am 1.1.1992. Ziel der Reform des Betreuungsrechts war die Stärkung des Selbstbestimmungsrechts und der Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen. Die gesetzlichen Änderungen betreffen sowohl den Betreuten als auch den Betreuer.
Tipp Die neuen Regelungen betreffen in erster Linie die Stärkung von Selbstbestimmung und Autonomie betreuter Personen. Priorität hat jetzt die Unterstützung des Betreuten bei seinem eigenen selbstbestimmten Handeln.
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Betreuungsrecht Aufgaben, Rechte und Pflichten bei der Betreuung
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Das reformierte Betreuungsrecht enthält grundlegende Änderungen für die betreuten Menschen sowie für die beruflichen und ehrenamtlichen Betreuer.
- Unterstützungsbedarf ist vorrangig: Bei der Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Betreuers steht jetzt weniger die medizinische Feststellung von Defiziten der betreffenden Personen im Mittelpunkt, vielmehr wird der konkrete Unterstützungsbedarf in den Vordergrund gestellt. Nicht der medizinische Befund einer Krankheit oder Behinderung ist die vorrangig festzustellende Voraussetzung für die Einrichtung einer Betreuung, sondern der individuell und konkret zu bestimmende Unterstützungsbedarf des hilfsbedürftigen Betroffenen.
- Mehr Selbstbestimmung für den Betroffenen: Das reformierte Betreuungsrecht gewährleistet dem Betreuten mehr Selbstbestimmung im Vorfeld der Einrichtung einer rechtlichen Betreuung und während der Betreuung.
- Stärkere Orientierung an den Wünschen des Betroffenen: Nach altem Recht hatte der Betreuer die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es (von außen betrachtet) dessen Wohl entspricht. Nun stehen die Wünsche des Betreuten bzw. dessen mutmaßlicher Wille im Vordergrund. An seinen Wünschen hat sich auch die Eignung des Betreuers zur Ausübung der Betreuung und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht, vor allem im Rahmen von Genehmigungsverfahren, zu orientieren.
- Bessere Information des Betreuten: Durch das neue Recht wird sichergestellt, dass der Betroffene in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden wird. Das betrifft unter anderem die gerichtliche Entscheidung über das Ob und Wie der Betreuerbestellung, die Auswahl des konkreten Betreuers und dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.
- Eignung der Betreuer: Berufsbetreuer müssen sich künftig bei einer Betreuungsbehörde registrieren lassen und persönliche und fachliche Mindesteignungsvoraussetzungen nachweisen. Ehrenamtliche Betreuer, die keine familiäre oder persönliche Bindung zur betreuten Person haben, sollen sich an einen Betreuungsverein anschließen, der sie beraten und fortbilden kann.
- Stärkung der Aufsicht und Kontrolle: Die gerichtliche Aufsicht wird stärker auf die Ermittlung der Wünsche des Betreuten ausgerichtet. Pflichtwidrigkeiten des Betreuers, insbesondere solche, die die Selbstbestimmung des Betreuten beeinträchtigen, können besser erkannt und sanktioniert werden.
Drei Beispiele, was nach der Reform ganz konkret besser ist
Beispiel 1: Einführung eines Notvertretungsrechts für Eheleute Nach altem Recht konnten Ehegatten weder Entscheidungen über medizinische Behandlungen für ihren nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner treffen noch diesen im Rechtsverkehr vertreten, solange sie nicht als rechtliche Betreuer ihres Partners bestellt oder von ihm im Rahmen einer Vorsorgevollmacht hierzu wirksam bevollmächtigt worden sind. Besonders in der ersten Zeit nach einem Unfall oder einer plötzlich aufgetretenen schweren Krankheit kann es für Betroffene und Angehörige jedoch eine zusätzliche erhebliche Belastung sein, wenn es erst eines gerichtlichen Verfahrens zur Betreuerbestellung bedarf, um dem Ehegatten auch in rechtlicher Hinsicht beistehen zu können.
Mit der Reform wurden die Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten in Akut- oder Notsituationen verbessert, indem dem Ehegatten zeitlich begrenzt eine Möglichkeit eröffnet wird, den handlungsunfähigen Ehegatten in einer Krankheitssituation zu vertreten.
Tipp Das Vertretungsrecht beschränkt sich auf die Angelegenheiten der Gesundheitssorge und damit eng zusammenhängende Angelegenheiten. Es setzt voraus, dass der behandelnde Arzt bestätigt hat, dass der vertretene Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit diese Angelegenheiten rechtlich nicht besorgen kann.
Beispiel 2: Rehabilitation ist oberstes Ziel Die Wünsche des Betroffenen haben jetzt noch größeres Gewicht. Die Pflicht zur persönlichen Betreuung wurde durch eine Kontakt- und Besprechungspflicht konkretisiert.
Und im Rahmen des bereits geltenden Rehabilitationsgrundsatzes wurde klargestellt, dass der rechtliche Betreuer nicht nur auf eine gesundheitliche Rehabilitation des Betreuten hinzuwirken hat, sondern auch darauf, dass dieser insgesamt wieder seine rechtliche Handlungsfähigkeit erlangt bzw. diese verbessert wird.
Beispiel 3: Besserer Schutz des Betreuten vor Missbrauch Zur Sicherung der Qualität rechtlicher Betreuung gehört es, dass der Betreute möglichst effektiv gegen Missbrauch der dem Betreuer übertragenen Handlungsbefugnisse geschützt ist. In diesem Zusammenhang enthalten die neuen Regelungen verschiedene Maßnahmen zur Vorbeugung von Missbrauch der Betreuerstellung:
- Übersendung des Vermögensverzeichnisses an den Betreuten: Das Vermögensverzeichnis bildet die Grundlage für die Aufsicht des Betreuungsgerichts über die Führung der Vermögenssorge durch den Betreuer. Damit der Betreute selbst die Möglichkeit erhält, das vom Betreuer eingereichte Vermögensverzeichnis zu überprüfen, soll es ihm jetzt grundsätzlich zur Kenntnis gegeben, also in der Regel in Kopie übersandt werden.
- Einführung eines Vier-Augen-Prinzips bei der Erstellung des Vermögensverzeichnisses: In bestimmten Konstellationen kann es erforderlich sein, bei der Erstellung des Vermögensverzeichnisses einen Zeugen hinzuzuziehen. Dies dient zum einen dem Schutz des Betreuten vor einem Missbrauch der Betreuerstellung, aber auch der Absicherung des Betreuers, etwa vor dem Vorwurf, er habe Vermögenswerte an sich genommen oder beiseitegeschafft.
- Genereller Ausschluss bestimmter Personen von der Betreuertätigkeit: Das neue Betreuungsrecht weitet zur Vorbeugung von Missbrauch den Ausschluss bestimmter Personen von der Bestellung als Betreuer aus. Während bisher nur ein Abhängigkeitsverhältnis oder eine sonstige enge Beziehung zu einer Wohn- oder Unterbringungseinrichtung zu einem Ausschluss als Betreuer geführt hat, gilt dies jetzt auch für alle Personen mit einer engen Verbindung zu solchen ambulanten Diensten, die in der Versorgung des Volljährigen tätig sind.
- Auskunftspflicht des Betreuers gegenüber nahestehenden Angehörigen: Im Rahmen einer stärkeren Einbindung von nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen in die Betreuungsführung im Interesse der betreuten Person wurde eine Auskunftspflicht des Betreuers gegenüber nahestehenden Angehörigen und Vertrauenspersonen des Betreuten eingeführt.
Einnahmen aus Betreuung und Steuern
Durch die Betreuungsrechtsreform, die 2023 in Kraft getreten ist, haben sich auch bei der Bezahlung Änderungen ergeben – vor allem wurde aber auch die Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Behandlung von Aufwandsentschädigungen regeln, durcheinander gewirbelt: Was zum Beispiel bisher in § 1835a BGB stand, findet sich jetzt in § 1878 BGB. In älteren Texten wirst du daher andere Fundstellen lesen. Lass dich davon nicht verwirren.
Eine Betreuung wird grundsätzlich ehrenamtlich und damit unentgeltlich geführt. Auslagen, die durch die Wahrnehmung dieses Ehrenamts entstehen, können aber erstattet werden. Vergütung und Aufwendungsersatz von ehrenamtlichen Betreuern sind in §§ 1875 ff BGB geregelt.
Ehrenamtliche Betreuer erhalten ab 2023 eine jährliche Aufwandsentschädigung von 425 Euro (bis Ende 2022: 400 Euro). Diese Aufwandsentschädigung wird für jede Vormundschaft, Pflegschaft oder Betreuung gezahlt – man kann sie also auch mehrfach bekommen.
Tipp Dieser Termin ist eine Ausschlussfrist. Das heißt: Wenn du die Frist verpasst, gehst du komplett leer aus.
Du musst für die Pauschale keine Quittungen, Belege oder Ähnliches vorlegen. Nur wenn deine Aufwendungen den Betrag von 425 Euro übersteigen, musst du deine Kosten detailliert nachweisen. Dann bekommst du deine Auslagen erstattet. Auslagenerstattung plus Pauschale geht natürlich nicht, du musst dich für einen Weg entscheiden.
Übungsleiterpauschale für Betreuer
Bei der Einkommensteuer gilt § 3 Nr. 26b EStG: Darin ist geregelt, dass bestimmte Aufwandsentschädigungen bis zu einer bestimmten Höhe steuerfrei sind. 3.000 Euro kannst du so als Betreuer steuerfrei bekommen. Vorausgesetzt, du hast diese 3.000 Euro noch nicht durch eine (andere) Tätigkeit als Übungsleiter ausgeschöpft. Dann ist deine Aufwandsentschädigung als Betreuer steuerpflichtig.
Bis zu einem Betrag von insgesamt 3.000 Euro (Übungsleiterpauschale) im Jahr sind Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten steuerfrei. Ebenfalls zu den begünstigten Tätigkeiten zählen: Erste-Hilfe-Ausbilder, Betreuer in Ferienlagern, Gruppenleiter, Trainer und Mannschaftsbetreuer, Dirigenten, ausbildend tätige Feuerwehrangehörige, Prüfungsausschussmitglieder.
Die Übungsleiterpauschale erhalten auch nebenberufliche Pfleger von kranken, behinderten oder alten Menschen (z.B. ambulanter Pflegedienst, Rettungssanitäter, Pflege in Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern) und Personen die nebenberuflich eine künstlerische Tätigkeit (z.B. Kirchenmusiker oder als Schauspieler/Statist im Theater) ausüben.
Überschreiten die Einnahmen den steuerfreien Betrag, dürfen die mit den nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen.