Stellungnahme zur Finanztest-Ausgabe 5/2019 der Stiftung Warentest.


In ihrer Finanztest-Ausgabe 5/2019 hat die Stiftung Warentest, wie zuletzt 2017, einen Test von Programmen zur Unterstützung bei der Steuererklärung veröffentlicht. Die Berichte der Stiftung Warentest werden oft von Medien aufgegriffen und weiterverbreitet. In diesem Jahr titelten Magazine und Portale nach dem jüngsten Steuersoftware-Test u.a. folgendes:

„Programme berechnen oft katastrophal“ (T-Online)
„Programme für Steuererklärung rechnen oft falsch“ (WinFuture)
„Nur drei Programme erhalten die Note gut“ (Deutschlandfunk)
„Die Neuen machen viele Fehler” (Stern)

Solche Überschriften vermitteln den Eindruck, dass es um die Qualität der Steuersoftware in Deutschland schlecht bestellt ist. Tatsächlich wirft das Testergebnis kein gutes Licht auf Programme und Anbieter, die sich teils seit über 25 Jahren mit der Materie beschäftigen.

Wir - die Unterzeichner dieser Stellungnahme - repräsentieren einen Großteil des getesteten Marktes. Aus Verantwortung für unsere Kunden sehen wir uns in der Pflicht, das von der Stiftung Warentest in der Öffentlichkeit gezeichnete Bild zu korrigieren. Denn tatsächlich zeigen unsere Erfahrungen am Markt höchste Zufriedenheitswerte bei den Anwendern, nutzergerechte Hilfen und eine äußerst hohe Präzision bei der Berechnung.

Im Detail merken wir folgende Punkte in dem diesjährigen Test an:

  1. Keine Berücksichtigung von “ElsterFormular” bzw “Mein ELSTER”, trotz deren beherrschender Stellung im Marktsegment
  2. Vermischte Bewertung von Berechnung und Hilfen
  3. Mangelnde Relevanz der Testszenarien
  4. Unterschiedliche Noten bei identischen Produkten
  5. Entgegen der Selbstverpflichtung erfolgte keine ausreichende Vorabinformation zu Testergebnissen. Dies führte zu wiederholten Fehlern im Test
  6. Keine praxisgerechte Bewertung der Nutzbarkeit bzw. Nutzerführung
  7. Keine Bewertung des Leistungsumfangs und des Preis-/Leistungsverhältnisses
  8. Im Fachbeirat können die Anbieter ihre Aufgabe gemäß Geschäftsordnung nicht erfüllen.


Zu #1:

Das staatliche Angebot Elster, in seinen Formen “ElsterFormular” und “Mein ELSTER”, hat den größten Marktanteil aller Steuerprogramme. Beide Angebote wurden nicht einmal zum Vergleich mitgetestet. Dabei bedürfte es gerade unabhängiger Tests wie seitens Finanztest um deutlich zu machen, dass Elster - im Vergleich zu den getesteten Programmen - seinen Nutzern mit einer miserablen Nutzerführung (siehe Studie von Usability.de) und fehlenden Steuertipps in Wahrheit einen Bärendienst erweist.

So suggeriert die außer Wertung mitlaufende Berichterstattung der Stiftung Warentest zu Elster eine externe, vermeintlich maßgebliche Referenz.


Zu #2:

Die durchaus objektiv mögliche Bewertung der Berechnung der Programme wurde mit der nur subjektiven Bewertung der jeweiligen Hilfe-Funktion verknüpft. Das Testergebnis verleitet so auf den ersten Blick zu der Wahrnehmung, nur ein Programm würde einen “guten” Berechnungs-Kern enthalten. Tatsächlich floss jedoch eine subjektive Bewertung der Hilfe-Funktion in die Note ein.

Für uns unverständlich: Die Stiftung Warentest fordert dazu auf, über die Hilfe-Funktion steuerliche Sachverhalte zu erklären. Unserer festen Überzeugung nach nutzen die meisten Anwender die Steuerprogramme jedoch nicht, um selbst zum Steuer-Experten zu werden. Sie möchten vielmehr durch eine möglichst einfache Nutzerführung und leicht verständliche Texte schnell zur Abgabe der Steuererklärung kommen.

Die vermischte Bewertung von Rechengenauigkeit und Programmhilfe verwirrt somit potenzielle Nutzer in ihrem Bemühen, eine objektive Kaufentscheidung zu fällen.


Zu #3:

Steuern sind, insbesondere in Deutschland, ein kompliziertes Thema. Genau deshalb gibt es Steuersoftware bereits seit über 25 Jahren. Tatsächlich haben viele der Programme in den letzten Jahren eine beeindruckend hohe Qualität erreicht. Dies führt für viele Tester zu einem offensichtlichen Dilemma: Um hinsichtlich der Rechengenauigkeit überhaupt noch eine Unterscheidung möglich zu machen, wurden die Testszenarien teilweise geradezu absurd komplex. Der Bezug zur Praxis geht dabei manchmal leider völlig verloren.

Bei einem Testfall der Stiftung Warentest galt es, die Steuerberechnung für eine erheblich pflegebedürftige Person (Pflegegrad 4 - definiert für Personen mit schwerster Beeinträchtigung der Selbstständigkeit) durchzuführen, die keinen Schwerbehindertenausweis besitzt. Tatsächlich ist dieser Fall in der Praxis quasi nicht existent. Er wurde auch als einziger von keinem der am Test teilnehmenden Programme korrekt berechnet.

Wir meinen: Ein derartiges Szenario hat keinerlei praktische Relevanz und ist daher untauglich, Kunden bei der Entscheidungsfindung zu helfen.


Zu #4:

Es gibt Hersteller, die Produkte unter verschiedenen Markennamen anbieten. “Unter der Haube” sind sie nahezu vollkommen identisch. In mindestens einem Fall wurden sowohl die Benutzerführung als auch die Berechnung weitgehend identischer Produkte unterschiedlich bewertet.

Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wie so eine Abweichung in einem mit viel Aufwand betriebenen Test entsteht.


Zu #5:

Die Stiftung Warentest stellt seit einiger Zeit vor Veröffentlichung des Tests die Ergebnisse der Rechengenauigkeit (und nur von dieser) zur Verfügung. Wie bereits in der Vergangenheit fanden die Hersteller grobe Fehler in den Testszenarien (in diesem Jahr z.B. veraltete Berechnungsgrundlagen, nicht bekannte Sonderfälle bei Kirchensteuern, etc.). Dies wurde an die Stiftung Warentest zurückgemeldet.

Auch die durch Fehleingaben, ungenaues Lesen oder schlicht eine subjektiv andere Einschätzung seitens der Tester erzielten Abweichungen bei den Tests wurden bemängelt.

Leider gab es darauf von Seiten der Stiftung Warentest keine Rückmeldung. Wir müssen deshalb für den veröffentlichten Test von Fehlern in den Testfällen ausgehen.

Die Stiftung Warentest hat sich als eine der Erstunterzeichner den gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) erarbeiteten "Regeln der guten fachlichen Praxis des Testens" per Selbstverpflichtung unterworfen. Diese sehen unter Punkt XIII vor: "Der Testveranstalter informiert die Anbieter der getesteten Produkte und Dienstleistungen vor der Veröffentlichung des Tests über die Testergebnisse, ... Er gibt ihnen Gelegenheit zur Kommentierung der Testergebnisse, …“.

Im vorliegenden Fall wurden bekanntlich die Qualitätsmerkmale „Steuerberechnung und Hilfen“, „Benutzerführung“, „Datensendeverhalten“, „Mängel in den AGB“ und „Mängel in den Datenschutzbestimmungen“ bewertet.

Wir finden es äußerst befremdlich, dass nur zu dem erstgenannten Bereich überhaupt Untersuchungsdaten bereitgestellt wurden. Zudem wurde uns mitgeteilt, der Test als solcher wäre “abgeschlossen”, es gäbe “keine Änderungen am Testergebnis”.

Damit wurde uns die Gelegenheit genommen, die Testergebnisse in den restlichen vier Bereichen nachzuvollziehen und zu kommentieren.


Zu #6:

Im vorangegangenen Steuersoftware-Test (2017) bewerteten Steuer-Laien die Produkte auf ihre Praxistauglichkeit. Dieses Testverfahren wurde für den aktuellen Test nicht genutzt. Das hatte zur Folge, dass Produkte, die letztes Mal noch Auszeichnungen als besonders anwenderfreundliche Angebote bekamen, dieses Jahr deutlich schlechter bewertet wurden.

Aber zugegeben: Es ist naheliegend, dass ein mit der Materie vertrauter Experte eine Steuersoftware völlig anders bewertet als ein Laie.

Wir entwickeln unsere Programme aber überwiegend für Laien, nicht für Experten.


Zu #7:

Die getesteten Produkte unterscheiden sich erheblich im Preis (kostenlos bis 34,99 Euro) und im Leistungsumfang. Nimmt man das kostenlose Angebot heraus, sind die drei teuersten Produkte immer noch mehr als doppelt so teuer wie die vier günstigsten. Dazu kommt: Manche Programme bieten weit mehr als nur die Erstellung und Abgabe der Einkommensteuererklärung (z.B. Unternehmens-Steuererklärungen und -voranmeldungen). Andere klären direkt darüber auf, dass bestimmte Lebensbereiche gar nicht abgebildet werden können.

Weitere wichtige Unterscheidungsmerkmale im Leistungsumfang, etwa der Datenabruf von der Steuerverwaltung und die Übernahme von Daten aus dem Vorjahr wurden identifiziert, gingen aber kurioserweise nicht in das Urteil ein.

Das vorliegende Bewertungssystem ist damit vergleichbar mit einem Test, bei dem ein VW Polo mit einem Audi A4 verglichen wird. Ob das dem Kunden/Leser hilft, stellen wir einmal anheim.


Zu #8:

“Die Fachbeiräte beraten die Stiftung [...] bei der sachgerechten Auswahl der zu untersuchenden Produkt- oder Dienstleistungs-Segmente, der Festlegung der für die Verbraucher wichtigen Eigenschaften, der Verwendung geeigneter Prüfverfahren, der Grundzüge der Bewertung sowie der sachgerechten Darstellung der Prüfergebnisse.”
§ 1 (1) Geschäftsordnung für die Fachbeiräte der Stiftung Warentest

Da die Fachbeiratssitzung nach Testbeginn stattgefunden hat, konnten die Anbieter ihre beratende Funktion als Beiratsmitglieder nur schwer erfüllen. Wir sind verwundert, dass geäußerte fundierte Argumente keine Berücksichtigung finden, obwohl sie von allen Anbietern geteilt werden.

In Summe kommen wir zu dem Schluss, dass die Stiftung Warentest ihrem selbst gesteckten Anspruch an Seriosität, Unabhängigkeit, Nachvollziehbarkeit und Transparenz mit dem diesjährigen Steuersoftware-Test nicht gerecht wird.

Statt Kunden zu informieren und aufzuklären, werden sie verunsichert. In der Konsequenz entgeht Kunden potentiell eine ihnen zustehende Steuererstattung, weil sie nach dem Studium der Testergebnisse aus Unsicherheit gar keine Software nutzen oder sich auf Elster verlassen.

Wir sind als Hersteller auch weiterhin bemüht, im konstruktiven Austausch mit der Stiftung Warentest zusammenzuarbeiten. Für eine bessere Ausrichtung an tatsächlichen Kundenbedürfnissen erwarten wir jedoch für zukünftige Tests Anpassungen an wesentlichen Elementen des Test-Designs und deutlich mehr Transparenz bei den Testverfahren. Wir stehen für entsprechende Gespräche gerne bereit und haben diese bereits der Stiftung Warentest angeboten.


Frank Badenius
Leiter Business Development, Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlagsgesellschaft mbH

Felix Bodeewes
Geschäftsführer forium GmbH

Achim Tetzel
Geschäftsführer Hartwerk Digitalmedien-Integrations-GmbH

Björn Waide
Geschäftsführer smartsteuer GmbH
(für smartsteuer; SteuerBot; TAXMAN und QuickSteuer von Lexware)

Mathis Büchi
Geschäftsführer Taxfix GmbH

Steffen Harting
Geschäftsführer wundertax GmbH