Positives BFH-Urteil: Stufenweise Ermittlung der zumutbaren Belastung

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Steuerpflichtige können außergewöhnliche Belastungen nach einem neuen BFH-Urteil jetzt weiter gehend als bisher steuerlich geltend machen. Das betrifft z.B. Krankheitskosten, Pflegekosten und Unterhaltszahlungen an bedürftige Personen.

Grundsätzlich gilt: Außergewöhnliche Belastungen dürfen Sie in der Steuererklärung nur dann geltend machen, wenn Sie mit überdurchschnittlich hohen Aufwendungen belastet sind. Mit anderen Worten: Bis zu einer bestimmten Zumutbarkeitsgrenze (das Finanzamt spricht von zumutbarer Belastung) müssen Sie Krankheitskosten, Pflegekosten, Unterhaltszahlungen an bedürftige Personen und andere außergewöhnliche Belastungen selbst bezahlen. Die zumutbare Belastung wird in drei Stufen nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte bemessen und hängt von Familienstand und Kinderzahl ab:

Höhe der Einkünfte (Gesamtbetrag)

bis 15.340 Euro

über 15.340 Euro bis 51.130 Euro

über 51.130 Euro

keine Kinder und Anwendung der Grundtabelle

5%

6%

7%

keine Kinder und Anwendung der Splittingtabelle

4%

5%

6%

ein oder zwei Kinder

2%

3%

4%

drei oder mehr Kinder

1%

1%

2%

Das sagt das neue Urteil des BFH

Die zumutbare Belastung bleibt uns weiter erhalten, allerdings erfolgt die Berechnung des absetzbaren Betrags jetzt deutlich steuerzahler-freundlicher.

Nach dem Urteil des BFH wird jetzt nur noch derjenige Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet.

Das bedeutet: Der Prozentsatz für Stufe 3 erfasst nur den Teilbetrag der Einkünfte, der 51.130 Euro übersteigt, der Prozentsatz für Stufe 2 erfasst entsprechend nur den Teilbetrag der Einkünfte, der zwischen 15.340 Euro und 51.130 Euro liegt usw.

Bisher nahmen die Finanzämter – zum finanziellen Nachteil der Steuerzahler – an, dass sich die Höhe der zumutbaren Belastung einheitlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der im Gesetz genannten Grenzen überschreitet. Der höhere Prozentsatz war also auf den Gesamtbetrag aller Einkünfte anzuwenden.

Warum hat der BFH so entschieden?

Maßgebend für die Entscheidung des BFH waren insbesondere der Wortlaut der Vorschrift, der für die Frage der Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes gerade nicht auf den gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte abstellt, sowie die Vermeidung von Härten, die bei der Berechnung durch die Finanzverwaltung entstehen konnten, wenn eine vorgesehene Stufe nur geringfügig überschritten wurde.

Im konkret entschiedenen Fall ging es um die steuerliche Anerkennung von Krankheitskosten – die Entscheidung ist aber nicht auf diese Kostenart beschränkt, sondern betrifft alle außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG. Die Entscheidung hat also weitreichende Bedeutung, da Steuerpflichtige nun in der Regel früher und in größerem Umfang durch ihnen entstandene außergewöhnliche Belastungen steuerlich entlastet werden (BFH-Urteil vom 19.1.2017, VI R 75/14).

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