Doppelte Haushaltsführung: BFH-Urteil zum eigenen Hausstand am Wohnort
Eigener Hausstand: Bei Alleinstehenden ist das Finanzamt oft skeptisch.

Doppelte Haushaltsführung: BFH-Urteil zum eigenen Hausstand am Wohnort

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Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist, dass Sie neben der Zweitwohnung am Beschäftigungsort einen eigenen Hausstand an Ihrem Lebensmittelpunkt unterhalten – die Hauptwohnung. Vor allem bei alleinstehenden Arbeitnehmern prüft das Finanzamt oft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist.

Doppelte Haushaltsführung: Bei Alleinstehenden ist das Finanzamt oft skeptisch

Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist, dass Sie neben der Zweitwohnung am Beschäftigungsort einen eigenen Hausstand an Ihrem Lebensmittelpunkt (Wohnort) unterhalten – die Hauptwohnung. Laut Gesetz setzt ein eigener Hausstand das Innehaben einer Wohnung und eine »finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung« voraus (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG). Welche Kosten in welcher Höhe mindestens getragen werden müssen, schreibt das Gesetz nicht vor.

Vor allem bei alleinstehenden Arbeitnehmern prüft das Finanzamt oft, ob sie in der Wohnung am Lebensmittelpunkt einen eigenen Hausstand unterhalten.

Eine finanzielle Beteiligung an den Lebensführungskosten wird problemlos akzeptiert, wenn Sie nachweisen können, dass Sie sich zu mehr als 10 % an den monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung (z.B. Miete, Nebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs) finanziell beteiligen. Andernfalls steht die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung auf der Kippe, wenn Sie eine hinreichende finanzielle Beteiligung nicht auf andere Art und Weise darlegen können (BMF-Schreiben vom 25.11.2020, BStBl. 2020 I S. 1228 Rz. 101).

BFH entscheidet zugunsten der Steuerzahler

Der Bundesfinanzhof hat zugunsten betroffener Steuerzahler entschieden: Die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung darf nicht erkennbar unzureichend sein.

Ob dies der Fall ist, bedarf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Eine bestimmte betragliche Grenze sieht das Gesetz nicht vor, ebenso wenig ist eine laufende Beteiligung erforderlich.

Deshalb kann sich der Steuerzahler »dem Grunde nach auch durch Einmalzahlungen – einschließlich solcher am Jahresende – an den Kosten der Haushaltsführung finanziell beteiligen (...). Eine Haushaltsbeteiligung in sonstiger Form (z.B. durch die Übernahme von Arbeiten im Haushalt oder Dienstleistungen für den Haushalt) genügt insoweit jedoch nicht«.

Was sind »Kosten der Lebensführung«?

Kosten der Lebensführung sind die Kosten des Haushalts und der sonstigen Lebenshaltung des Hausstands am Lebensmittelpunkt. Dazu zählen vornehmlich

  • die Kosten, die für die Nutzung des Wohnraums aufgewendet werden müssen bzw. die durch dessen Nutzung entstehen (z.B. Finanzierungs- oder Mietkosten, Betriebs- und sonstige Nebenkosten, Kosten für die Anschaffung und Reparatur von Haushaltsgegenständen, Renovierungs- und Instandhaltungskosten), sowie

  • die sonstigen Kosten der Haushaltsführung in der Wohnung (z.B. Aufwendungen für Lebensmittel, Hygiene, Zeitung, Rundfunk, Telekommunikation etc.).

Nicht dazu gehören dagegen insbesondere Aufwendungen für Kleidung, Urlaub, Freizeitgestaltung, Pkw und Gesundheitsvorsorge.

→ PDF-Ratgeber: Doppelte Haushaltsführung: Alle Steuervorteile für die Zweitwohnung am Arbeitsplatz

Nicht nur Verheiratete, auch Ledige können in der Steuererklärung Kosten für eine doppelte Haushaltsführung geltend machen. Doch häufig stoßen sie auf Widerstand beim Finanzamt, etwa wenn sich Lebensmittelpunkt und eigener Hausstand im Haus der Eltern befinden. Unser Beitrag hilft Ihnen, mit den richtigen Argumenten Ihr Recht auf steuerliche Anerkennung einzufordern.

Als Vergleichsmaßstab für eine »nicht erkennbar unzureichende finanzielle Beteiligung« dienen die im Jahr tatsächlich entstandenen vorgenannten Haushalts- und sonstigen Lebenshaltungskosten. Diese muss der Steuerzahler darlegen und ggf. nachweisen. »Dies ist ihm in Bezug auf die Wohnkosten einschließlich der Betriebskosten für die Wohnung sowie für regelmäßig in festen Beträgen anfallende Haushaltskosten (z.B. Strom, Fernsehen, Telefon), aber auch für außergewöhnliche Haushaltskosten (z.B. Instandhaltungs-/Renovierungsaufwendungen oder größere Anschaffungen) möglich und zumutbar. Regelmäßig in schwankender Höhe anfallende Kosten (wie insbesondere für Lebensmittel und sonstigen Haushaltsbedarf) können dagegen grundsätzlich unter Rückgriff auf statistische Erfahrungswerte geschätzt werden. Wird eine Wohnung dem Steuerpflichtigen unentgeltlich überlassen, entstehen ihm insoweit keine Kosten, an denen er sich beteiligen könnte.«

Darum ging es vor dem BFH

Ein lediger Elektroingenieur lebt unter der Arbeitswoche in einer angemieteten Zwei-Zimmer-Wohnung am Ort seiner ersten Tätigkeitsstätte (Beschäftigungsort).

Die Wochenenden und die arbeitsfreien Tage verbringt er an seinem 85 km entfernten Wohnort, wo sich unstreitig sein Lebensmittelpunkt befindet. Dort bewohnt er im Elternhaus gemeinsam mit seinem Bruder die von der Wohnung der Eltern im Erdgeschoss (EG) baulich nicht abgeschlossene Wohnung im Obergeschoss (OG), die ihnen unentgeltlich zur Nutzung überlassen ist.

Als Nachweise für eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung legte er Kreditkartenauszüge über Lebensmitteleinkäufe i.H.v. 1.410,47 Euro sowie Kontoauszüge über zwei am 7. Dezember des betreffenden Jahres an den Vater getätigte Überweisungen i.H.v. 1.200 Euro (Verwendungszweck: Nebenkosten und Telekommunikation) und 550 Euro (Verwendungszweck: Anteil neue Fenster) vor.

So reagierten Finanzamt und Finanzgericht

Das Finanzamt hat die Kosten für die Wohnung am Beschäftigungsort nicht anerkannt, da eine ausreichende finanzielle Beteiligung am Haushalt im Wohnort nicht nachgewiesen sei. Dagegen hat der Elektroingenieur erfolgreich geklagt.

Das Finanzgericht hatte eine doppelte Haushaltsführung anerkannt: Anders als die Finanzverwaltung meint, sei eine gleichmäßige Beteiligung an den monatlichen laufenden Wohnungs- sowie Nebenkosten usw. nicht erforderlich. So hatten die Finanzrichter keine Zweifel, dass der Angestellte mit seinen Einkäufen den Haushalt am Wohnort finanziell entlastet hat. Hierfür sprechen eindeutig die vorgelegten Kreditkarten- und Einkaufsbelege, die als Ort der Zahlung Läden/Märkte am Heimatort ausweisen, sowie die Daten der Einkäufe (im Wesentlichen an Wochenenden).

So entschied der BFH

Der BFH hat zugunsten des Steuerzahlers im Ergebnis das FG-Urteil bestätigt. Anders als Finanzamt und Finanzgericht meinten, handelt es sich im vorliegenden Fall steuerlich aber nicht um einen gemeinsamen sog. Mehrgenerationenhaushalt mit den Eltern, sondern um zwei getrennte Haushalte – einen der Eltern im EG und einen der Brüder im OG. Dass die Brüder die Waschmaschine im EG mitbenutzen, genügt nicht für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft.

Für die Frage der ausreichenden finanziellen Beteiligung ist deshalb allein auf den von den Brüdern im OG geführten Haushalt abzustellen. Bezüglich der Beteiligung des Angestellten an den »Hauskosten« (Nebenkosten/Telekommunikation) und dem »Anteil neue Fenster« brauchte der BFH nicht zu entscheiden. »Denn da die Wohnung von den Eltern im Streitjahr unentgeltlich überlassen wurde und das Finanzgericht Lebensmittel- und Getränkeeinkäufe des Klägers für sich und seinen Bruder in Höhe von 1.410,47 Euro festgestellt hat, liegt allein schon deshalb eine ausreichende finanzielle Beteiligung an dem maßgebenden Haushalt im Obergeschoss vor« (BFH-Urteil vom 12.1.2023, Az. VI R 39/19).

(AI)

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