Schwerbehindertenausweis – Antrag, Rechte und steuerliche Vergünstigungen

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Menschen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung mit einem Behinderungsgrad von 50 oder mehr können einen Schwerbehindertenausweis beantragen und dadurch von verschiedenen Vergünstigungen profitieren. Der Schwerbehindertenausweis ist allerdings nur in Deutschland gültig, seine rechtlichen Grundlagen sind in der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) festgelegt. Es gibt im Übrigen weder eine Verpflichtung, ihn zu beantragen, noch ihn mit sich zu führen. Wenn Sie aber die sogenannten Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen möchten, müssen Sie ihn in der Regel als Nachweis vorlegen können.

 

Inhalt

 

2013 wurde der bisherige Papier-Ausweis durch einen neuen Behindertenausweis im Scheckkartenformat abgelöst. Seit Anfang 2015 werden Schwerbehindertenausweise nur noch in diesem neuen Format ausgestellt.

Wichtig: Es besteht kein Umtauschzwang von Papier-Ausweisen in Ausweise im Scheckkartenformat! Sie können alle Nachteilsausgleiche auch weiterhin mit dem alten Ausweis in Anspruch nehmen.

Die schon bei den alten Papier-Ausweisen übliche Farbgestaltung von orange und grün wurde beibehalten:

  • Den Ausweis in grüner Farbe können schwerbehinderte Menschen erhalten, also alle, die einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 nachweisen können.

  • Den grün-orangenen Ausweis (grün mit halbseitigem orangenen Flächenaufdruck) erhalten schwerbehinderte Menschen, bei denen eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegt. Sie haben das Recht auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr, wenn bestimmte Merkzeichen vorliegen: G (gehbehindert), Bl (blind), aG (außergewöhnlich gehbehindert), H (hilflos), Gl (gehörlos), VB/EB (Versorgungsberechtigte unter bestimmten Umständen).

Wer kann einen Schwerbehindertenausweis beantragen?

Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis haben Menschen

  • mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung und einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 und

  • deren Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthaltsort oder Arbeitsplatz in Deutschland ist.

Ab einem Grad der Behinderung von 50 liegt eine Schwerbehinderung vor. Wenn die entsprechende Erkrankung oder Beeinträchtigung nicht nur von kurzer oder vorübergehender Dauer ist, sondern länger als sechs Monate besteht, kann ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden.

Wichtig: Wer mit einer schwerbehinderten Person gleichgestellt ist (mit einem GdB von mindestens 30, aber unter 50), hat keinen Anspruch auf den Schwerbehindertenausweis!

Der Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung sowie der Schwerbehindertenausweis an sich sind kostenlos. Aufwendungen, die Ihnen z.B. für ärztliche Gutachten entstehen, werden Ihnen jedoch nicht ersetzt.

Verschlechtert sich Ihr Gesundheitszustand, beispielsweise bei einer fortschreitenden chronischen Erkrankung, kann sich ein Antrag auf Neufeststellung des GdB lohnen. Man spricht dann von einem sogenannten Verschlechterungsantrag. Aber Vorsicht: Wenn der Gutachter in irgendeinem Bereich eine Verbesserung feststellt, kann es auch zu einer Herabstufung des GdB kommen! Denn bei einer Neueinstufung wird der komplette Gesundheitszustand überprüft. Wenn Sie über eine Neufeststellung nachdenken, sprechen Sie vorher unbedingt mit Ihren behandelnden Ärzten! Sie kennen Ihren Gesundheitszustand am besten und können einschätzen, ob der Antrag auf einen höheren Grad der Behinderung oder die Eintragung eines (weiteren) Merkzeichens auf dem Schwerbehindertenausweis Aussicht auf Erfolg hat.

Wo wird der Schwerbehindertenausweis beantragt?

Die Antragstellung ist nicht bundeseinheitlich geregelt, meist sind Integrationsamt, Versorgungsamt, Landratsamt oder Kreisverwaltung zuständig. Bitte fragen Sie beim Bürgerdienst Ihrer Stadtverwaltung oder Gemeindeverwaltung nach. Dort kann man Ihnen Auskunft geben, wo Sie den Antrag stellen müssen. Die Formulare erhalten Sie auch im Internet, zum Beispiel auf www.einfach-teilhaben.de – einem Portal des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Wie füllt man den Antrag für einen Schwerbehindertenausweis aus?

Im Antrag müssen neben Angaben zu Ihrer Person (Name, Geburtsdatum, Adresse, Staatsangehörigkeit) auch Angaben über Ihre Gesundheitsstörungen und entsprechende Erklärungen dazu gemacht werden. Dabei geben Sie an, welche der bei Ihnen länger als 6 Monate vorliegenden körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen und daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen nach dem Schwerbehindertenrecht berücksichtigt werden sollen. Auch zu den Ursachen der Beeinträchtigungen müssen Sie Auskunft geben. Des Weiteren müssen Sie angeben, von welchen Ärzten und Fachärzten sowie in welchen Kliniken Sie behandelt wurden. Auch Angaben zu Krankenhausbehandlungen, Reha-Kliniken und Kureinrichtungen werden erwartet.

Wenn der Antrag auf Schwerbehinderung genehmigt wird (also ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr festgestellt wird), erhalten Sie einen entsprechenden Bescheid von der Behörde und einen Schwerbehindertenausweis. Die Entscheidung des Gutachters erfolgt in der Regel nach Aktenlage. Das heißt, der Gutachter sitzt an seinem Schreibtisch und liest Ihren Antrag. Er kennt weder Sie noch die Details Ihrer Krankengeschichte. Es ist daher sehr wichtig, dass Ihre Angaben im Antrag so präzise wie möglich sind. Schreiben Sie deshalb zum Beispiel nicht einfach nur »Diabetes« in den Antrag, sondern zum Beispiel »Diabetes mit diabetischem Fußsyndrom«.

Wenn Sie Hilfe beim Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis benötigen, erhalten Sie diese unter anderem hier:

  • Schwerbehindertenvertretungen,

  • Sozialstationen von Reha-Einrichtungen und Krankenhäusern,

  • Pflegestützpunkte,

  • Sozialverbände (z.B. VdK oder Sozialverband Deutschland).

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat für die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises auch ein Video in Gebärdensprache veröffentlicht.

3 Tipps für Ihren Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis

1. Legen Sie alle Ihnen vorliegenden aktuellen Krankenberichte und Unterlagen dem Antrag bei – am besten in Kopie. Die Originale behalten Sie für Ihre eigenen Unterlagen. Je mehr Unterlagen dem Gutachter vorliegen, desto genauer kann er sich über Ihren Gesundheitszustand informieren.

2. Informieren Sie Ihre Ärzte darüber, dass Sie einen Schwerbehindertenausweis beantragt haben. Füllen Sie für die Ärzte außerdem eine Entbindung der Schweigepflicht aus. Das hat zwei Vorteile: Zum einen kann sich der Gutachter so bei Rückfragen an Ihre Ärzte wenden und weitere Informationen über Ihren Gesundheitszustand einholen. Des Weiteren sind Ihre Ärzte dann schon auf Rückfragen vorbereitet.

3. Machen Sie sich eine Kopie des Antrags für Ihre Unterlagen. So können Sie bei Rückfragen des Gutachters schnell selbst nachschauen, welche Angaben Sie schon gemacht haben.

Wenn Sie nach diesem Erstantrag nicht mit dem Ergebnis einverstanden sind, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch gegen den Feststellungsbescheid einlegen. Die Dauer des Feststellungsverfahrens ist gesetzlich nicht geregelt. Grundsätzlich gilt aber natürlich: Je besser und detaillierter Sie Ihren Antrag ausgefüllt haben und je weniger Unterlagen der Gutachter von Ihnen oder Ihren Ärzten noch anfordern muss, desto schneller kommt Ihr Bescheid!

Wie lange ist der Schwerbehindertenausweis gültig?

Einen unbefristet ausgestellten Schwerbehindertenausweis gibt es nur für Menschen mit einer schweren Behinderung, bei denen eine wesentliche Änderung (Verbesserung) des gesundheitlichen Zustands nicht zu erwarten ist. Die meisten Antragsteller erhalten einen auf fünf Jahre befristeten Schwerbehindertenausweis. Dieser kann unkompliziert zweimal um jeweils fünf Jahre verlängert werden. Oft reicht hierfür bereits der Gang zum Bürgerdienst aus. Nach zweimaliger Verlängerung muss ein Schwerbehindertenausweis neu beantragt werden.

Wichtig: Wenn sich Ihre gesundheitlichen Verhältnisse wesentlich verschlechtern oder verbessern, sind Sie verpflichtet, das Versorgungsamt darüber zu informieren. Denn dann müssen der Grad der Behinderung und ggf. die eingetragenen Merkzeichen neu festgesetzt werden.

Schwerbehindertenausweis - Welche Sonderrechte und Vergünstigungen gibt es?

Der Schwerbehindertenausweis dient dazu, dass Sie sich gegenüber Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern, Behörden und dergleichen als schwerbehindert ausweisen können. Nur so können Sie zum Beispiel die per Gesetz festgelegten Nachteilsausgleiche und Rechte in Anspruch nehmen. Zu den gesetzlich geregelten Nachteilsausgleichen für behinderte Menschen gehören beispielsweise:

  • besonderer Kündigungsschutz,

  • Sonderurlaub,

  • Steuererleichterungen (z.B. Behindertenpauschbetrag),

  • Ermäßigung bei der Kfz-Steuer,

  • Anspruch auf Mobilitätshilfen,

  • Sonderregelungen beim Parken (Behindertenparkplatz),

  • unentgeltliche Beförderung im Personennahverkehr (kleine Einschränkung: hierfür muss man beim Versorgungsamt eine Wertmarke kaufen, ganz kostenlos ist die Beförderung also nicht. Da die Wertmarke in der Regel 40 Euro für ein halbes und 80 Euro für ein ganzes Jahr kostet, ist sie für Wenigfahrer eher uninteressant. Nur wer eines der Merkzeichen H (hilflos), Bl (blind) oder TBl (taublind) im Schwerbehindertenausweis stehen hat, erhält die Wertmarke kostenlos.).

Nicht jeder (schwer-)behinderte Mensch kann auch automatisch jeden einzelnen Nachteilsausgleich in Anspruch nehmen: Die Nachteilsausgleiche hängen von der Höhe des Grades der Behinderung, der Art der Behinderung oder den Merkzeichen G, aG, H, Bl oder Gl ab. Neben den gesetzlich festgelegten Nachteilsausgleichen gibt es oft auch Vergünstigungen auf freiwilliger Basis, beispielsweise bei Eintrittsgeldern für Museen, für die der Ausweis als Nachweis vorgelegt werden muss. Auf diese freiwilligen Ermäßigungen haben Sie aber keinen Anspruch.

Ermäßigung oder Befreiung von der Kfz-Steuer mit einem Schwerbehindertenausweis

Wenn Sie einen Schwerbehinderten-Ausweis haben, können Sie sich ganz oder teilweise von der Kfz-Steuer befreien lassen. Die Art der Steuervergünstigung richtet sich danach, welche Merkzeichen in Ihrem Schwerbehindertenausweis enthalten sind:

  • Eine komplette Steuerbefreiung gibt es mit den Merkmalen H (hilflos), Bl (blind oder stark sehbehindert) und aG (außergewöhnlich gehbehindert),

  • eine Steuerermäßigung um 50% erfordert einen Ausweis mit orangefarbenem Flächenaufdruck und die Merkmale G (gehbehindert) oder Gl (gehörlos) sowie den Verzicht des schwerbehinderten Menschen auf das Recht zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Personenverkehr (es darf also keine entsprechende Wertmarke im Beiblatt zum Schwerbehindertenausweis vorhanden sein).

Wichtig: Die Steuervergünstigung bei der Kfz-Steuer gibt es nur für ein Kraftfahrzeug und sie steht nur dem schwerbehinderten Menschen selbst zu. Wenn der schwerbehinderte Mensch das Fahrzeug nicht selbst führt (oder führen kann), darf es nur zur Fortbewegung oder Haushaltsführung des schwerbehinderten Menschen benutzt werden.

Den Antrag auf die Ermäßigung bei oder Befreiung von der Kfz-Steuer stellt man entweder direkt bei der Zulassung des Fahrzeugs oder später, wenn die erforderlichen Voraussetzungen eingetreten sind.

Zuständig ist das Hauptzollamt, in dessen Bezirk das Fahrzeug seinen regelmäßigen Standort hat. Wird der Antrag bereits bei der Erstzulassung gestellt, ist die zuständige Stelle die Zulassungsbehörde, in deren Bezirk der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz, Betriebssitz oder seine Niederlassung hat. In Stadtkreisen ist die Zulassungsbehörde der Stadtverwaltung angegliedert, in Landkreisen dem Landratsamt.

Der Antrag muss schriftlich gestellt und vom schwerbehinderten Menschen selbst unterschrieben werden. Wird der schwerbehinderte Mensch von einem Dritten vertreten, ist eine wirksame Vollmacht erforderlich.

Zusammen mit dem Antrag müssen vorgelegt werden:

  • ein gültiger Schwerbehindertenausweis (Kopie reicht aus),

  • bei Antrag auf 50prozentige Ermäßigung: das Beiblatt zum Schwerbehindertenausweis (Kopie reicht aus) und

  • der Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil I).

Wichtig: Wenn sich die Voraussetzungen ändern und die Steuervergünstigung nicht mehr in Anspruch genommen werden darf, muss dies dem zuständigen Hauptzollamt sofort schriftlich mitgeteilt werden. Wer das vergisst, begeht eine Steuerhinterziehung bzw. leichtfertige Steuerverkürzung!

Ermäßigung oder Befreiung vom Rundfunkbeitrag mit einem Schwerbehindertenausweis

Manche Rentner können sich vom Rundfunkbeitrag (Haushaltsabgabe oder früher: GEZ) befreien lassen. Allerdings hängen die Voraussetzungen weniger mit Ihrem »beruflichen« Status als Rentner zusammen, sondern mit der Pflegebedürftigkeit und Behinderung. Es gilt:

  • Wer im Pflegeheim oder in einer Behinderteneinrichtung lebt, muss keinen Rundfunkbeitrag bezahlen. Voraussetzung: Es handelt sich um eine vollstationäre Einrichtung.

  • Stark sehbehinderte Menschen (dauerhafte Sehbehinderung von mindestens 60 %) können einen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebühr stellen, wenn sie in einer vollstationären Einrichtung leben. Führen Sie dagegen Ihren Haushalt selbst und erhalten nur gelegentlich Hilfe z.B. beim Einkaufen oder beim Putzen, zahlen Sie zwar einen reduzierten Beitrag, können sich jedoch nicht vollständig von den Rundfunkgebühren befreien lassen.

  • Wenn Sie einen Schwerbeschädigtenausweis mit dem Kürzel RF haben, können Sie ebenfalls nur den reduzierten Beitrag in Anspruch nehmen. Hierfür müssen Sie jedoch einen entsprechenden Antrag stellen.

  • Wenn Sie in einem Altersheim wohnen, dort aber nicht gepflegt werden, können Sie sich nicht befreien lassen und müssen die Rundfunkgebühren in voller Höhe bezahlen.

Hier finden Sie das Antragsformular auf Befreiung oder Ermäßigung des Rundfunkbeitrags.

URL:
https://www.steuertipps.de/steuern-rente/themen/schwerbehindertenausweis-antrag-rechte-und-steuerliche-verguenstigungen