Zahlen, Zahlen, Zahlen (und Ihr Anteil daran)

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Wer trägt wie viel zu Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag bei? Wie hoch ist das Durchschnittseinkommen? Wie hoch das Medianeinkommen? Ist eine Steuererhöhung geplant? Diese Fragen musste jetzt die Bundesregierung beantworten.

Wer hat gefragt?

Einige Abgeordnete der FDP hatten im Bundestag eine sogenannte Kleine Anfrage gestellt. Dieses Instrument gibt den Abgeordneten die Möglichkeit, im (Landes- oder Bundes-)Parlament der jeweiligen Regierung Fragen zu stellen, die von dieser zeitnah beantwortet werden müssen. Die Fragen sind einigermaßen kurz gehalten und bei der Beantwortung sind normalerweise keine aufwendigen Recherchen erforderlich. Es geht also in der Regel um Fakten, die der Regierung bereits vorliegen. Daher wird die Kleine Anfrage gerne von Oppositionsparteien genutzt, um Rechenschaft zu fordern oder Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler zum Ausdruck zu bringen.

Wenn es eine Kleine Anfrage gibt, dann gibt es natürlich auch eine Große Anfrage: Diese ist umfangreicher, erfordert bei der Beantwortung mehr Arbeit und muss zudem meist von einer ganzen Fraktion gestellt werden – nicht nur von einzelnen Abgeordneten.

Sowohl die Anfragen als auch die Antworten darauf werden als Bundestagsdrucksache veröffentlicht. Und das ist oft sehr interessant zu lesen.

Was genau wollten die Abgeordneten wissen?

Die breite Mittelschicht trage durch ihre Leistungsbereitschaft erheblich zum Wohlstand Deutschlands bei, leiteten die Abgeordneten ihre Anfrage ein. Gleichzeitig jedoch liege die Belastung durch Steuern und Abgaben gerade hier in Deutschland seit Jahren über dem Durchschnitt. Die Mitte werde auch über die Einkommensteuer stark belastet. Veröffentlichungen in der Vergangenheit hätten gezeigt, dass mittlere und höhere Einkommen einen sehr viel größeren Gesamtanteil am Steueraufkommen aus der Einkommensteuer generieren, als niedrigere Einkommen.

Und so wollte man dann wissen,

  • wie hoch das Medianeinkommen in Deutschland ist,

  • wie hoch das Durchschnittseinkommen in Deutschland ist,

  • wie hoch jeweils – nach Einkommensgruppen sortiert – der Beitrag zur Einkommensteuer und zum Soli sind und

  • ob der Spitzensteuersatz und/oder der Höchststeuersatz angehoben werden sollen.

Einkommen: Durchschnitt, Median und der Unterschied

Da der Bundesregierung Daten nur bis 2014 vorliegen (weil für spätere Jahre noch nicht alle Steuererklärungen abgegeben werden mussten), wurden die Werte teilweise mit Hilfe eines Einkommensteuersimulationsmodells für das Jahr 2018 hochgerechnet.

Das kam dabei heraus:

  • Der Median der Einkünfte der Steuerpflichtigen bei der Einkommensteuer wird für das Jahr 2018 auf 31.723 Euro geschätzt.

  • Der durchschnittliche Steuerpflichtige bei der Einkommensteuer hatte 2018 Einkünfte in Höhe von 44.250 Euro.

Das wirft natürlich die Frage auf, was denn diese unterschiedlichen Werte bedeuten.

Am einfachsten ist die Erklärung für den zweiten Punkt, das Durchschnittseinkommen: Alle Einkommen werden zusammengerechnet und dann durch die Anzahl der Einkommen geteilt. Heraus kommt der Durchschnitt – der aber nur bedingt aussagekräftig ist: Denn wenn einer 1.000 Euro verdient und ein anderer 1 Mio, dann liegt der Durchschnitt bei 500.500 Euro. Erklären Sie das mal dem mit dem geringeren Einkommen...

Interessant ist der Durchschnitt also vor allem dann, wenn man auch den Median kennt.

Der Median ist ganz stur einfach nur: die Mitte. Er kann auf folgende Weise bestimmt werden (Quelle dieser schönen Erklärung: Wikipedia ):

  • Alle Werte werden (aufsteigend) geordnet.

  • Wenn die Anzahl der Werte ungerade ist, ist die mittlere Zahl der Median.

  • Wenn die Anzahl der Werte gerade ist, wird der Median meist als arithmetisches Mittel der beiden mittleren Zahlen definiert, die dann Unter- und Obermedian heißen.

Bezogen auf die Angabe der Bundesregierung heißt das: Es verdienen genauso viele Menschen mehr als 31.723 Euro, wie weniger. Dieses Wissen kann auch das eigene Einkommen in ein anderes Licht rücken...: Vielleicht verdient man weniger als das Durchschnittseinkommen (aber mehr als den Median), dann gibt es viele Berufstätige, die mit deutlich weniger auskommen müssen.

Anteil am Aufkommen von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag

Zu den geleisteten Anteilen am Aufkommen von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag hat die Bundesregierung eine Tabelle mit den für 2018 geschätzten Zahlen veröffentlicht. Wie so oft im Steuerrecht, werden zusammen veranlagte Ehepaare bzw. eingetragene Lebenspartner darin als ein Steuerpflichtiger betrachtet. Mit Einkünfte meint die Bundesregierung die Einnahmen abzüglich der Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben. Es geht also ausdrücklich weder um (Brutto-)Einnahmen noch um das zu versteuernde Einkommen.

(Quelle: Bundestagsdrucksache 19/9602 )

  • Die Gruppe, die mit ihren Einkünften unterhalb des Medians liegt, trägt 6,3% Prozent zum Einkommensteuer-Aufkommen bei.

  • Die Gruppe oberhalb des Medians trägt entsprechend 93,6 Prozent bei.

  • Die obersten zehn Prozent zahlen 54,8 Prozent der Einkommensteuer und 57,6 Prozent des Solidaritätszuschlags

Wer ist die Mitte oder die Mittelschicht?

In der Anfrage war von der breiten Mittelschicht die Rede. Leider schrieben die Abgeordneten nicht dazu, wie sie diese definieren, denn eine einheitliche Definition gibt es nicht. Anerkannt und häufig verwendet sind diese Auffassungen:

  • Zur Mittelschicht gehört, wer mehr als 60 Prozent, aber weniger als 200 Prozent des Medians verdient (so der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung).

  • Zur Mittelschicht gehört, wer mehr als 70 Prozent, aber weniger als 150 Prozent des Medians verdient (so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, DIW).

Daraus ergeben sich für die Mittelschicht folgende Zahlen:

Bundesregierung

DIW

Einkommensbereich

19.033,80 Euro bis 63.446 Euro

22.206,10 Euro bis 47.584,50 Euro

Anteil an der Einkommensteuer*

27,2%

15,7%

Anteil am Soli*

25,7%

14,7%

*gerundete Werte. Wir haben in der oben gezeigten Tabelle bei der Untergrenze die höhere Einkommensgruppe genommen und bei der Obergrenze die niedrigere.

Da die Spanne bei der Definition der Bundesregierung deutlich weiter geht, ist natürlich hier der Wert bei den Anteilen an Einkommensteuer und Soli auch deutlich höher.

Wir möchten hier ausdrücklich keine Zahlen bewerten, sondern nur Hilfestellung dazu leisten, sich eine eigene Meinung zu bilden!

Ist eine Steuererhöhung in Planung?

Ach so, und die Frage nach der Anhebung des Spitzensteuersatzes oder Höchststeuersatzes? Diesbezüglich wird auf die Bundestagsdrucksache 19/8837 verwiesen, wo allerdings zur Frage nach der Anhebung des Spitzensteuersatzes auf die Frage 16 der Bundestagsdrucksache 19/7797 hingewiesen wird. Allein, die Antwort dort hilft nicht weiter. Gefragt wird nach den Mehreinnahmen nach einer Anhebung des Spitzensteuersatzes und die Bundesregierung antwortet wörtlich: Eine Bezifferung der Mehreinnahmen ist nicht möglich, da aus der Fragestellung kein konkreter Tarifverlauf hergeleitet werden kann.

Für uns ist das genug aus dem Haus, das Verrückte macht . Wir verzichten auf den Passierschein A38 und freuen uns über die deutlich sinnvolleren Informationen, die wir oben beschrieben haben...

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