Was geben eigentlich andere in ihrer Steuererklärung an...?

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1.100 Euro Fahrtkosten, zwei Fachbücher, die Rechnung für die Putzfrau und der vergebliche Versuch, das Arbeitszimmer abzusetzen – sieht so vielleicht die Steuererklärung Ihres Nachbarn aus? So detailliert wissen wir es auch nicht, aber ein paar interessante Zahlen haben wir gefunden...

Die FDP-Fraktion hatte sich bei der Bundesregierung nach dem Aufwand zur Erstellung der Steuererklärung erkundigt. Knapp vier Stunden verbringt ein durchschnittlicher deutscher Arbeitnehmer mit der Erstellung seiner persönlichen Steuererklärung, so viel wussten die Abgeordneten bereits. Jetzt wollten sie noch genauere Angaben zur Anzahl der abgegebenen Steuererklärungen, den darin angegebenen Werbungskosten und einigen anderen Details.

Diese Angaben haben sie jetzt erhalten – aber da nicht nur die Mühlen der Bürokratie langsam mahlen, sondern insbesondere auch die der Statistik, sind wenige Zahlen von 2017, viele aber von 2014. Wenn man sich die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre vor Augen hält, wird man aber zu dem Schluss kommen, dass sich vermutlich seit 2014 keine dramatischen Veränderungen ergeben haben.

Wie viele Einkommensteuererklärungen wurden abgegeben?

Das ist der einzige Bereich, für den es Angaben bis 2017 gibt. Allerdings kommen sie aus zwei unterschiedlichen Quellen: Die Werte für die Jahre 2010, 2012, 2013 und 2014 sind der amtlichen Lohn- und Einkommensteuerstatistik entnommen. Bei den Angaben für 2011, 2015, 2016 und 2017 handelt es sich um Werte aus der internen Arbeitsstatistik des Bundesfinanzministeriums.

Warum ist das so? Das liegt einerseits an den Fristen für die Abgabe der Steuererklärung (wer freiwillig abgibt, hat vier Jahre Zeit dafür!) und der Zeit, die für die Erstellung der Statistik erforderlich ist. Außerdem wurde bis zum Veranlagungsjahr 2012 die Einkommensteuerstatistik nur alle drei Jahre erhoben, erst danach ging man zu einer jährlichen Erhebung über. Daher der Ausreißer, was die Quelle für 2011 angeht.

Zur Interpretation der Zahlen sollte man noch wissen, dass Ehepaare und eingetragene Lebensgemeinschaften, die sich zusammen veranlagen lassen, von der Statistik als ein Steuerzahler bzw. eine Steuererklärung erfasst werden.

Veranlagungsjahr

Abgegebene Steuererklärungen

davon haben ausschließlich die Anlage N abgegeben

2010

26.497.843

12.650.320

2011

26.663.675

keine Angaben

2012

26.706.836

12.710.497

2013

26.980.142

12.818.381

2014

27.219.679

13.163.506

2015

27.643.052

keine Angaben

2016

28.109.900

keine Angaben

2017

28.432.515

keine Angaben

(Quelle: Bundestags-Drucksache 19/10764)

Ausgaben: Wie viel setzen Ihre Nachbarn ab?

Interessant wird es natürlich auf der Ausgaben-Seite, denn man vergleicht ja gerne, wo man selbst so steht.

Die folgenden Angaben gelten für das Veranlagungsjahr 2014:

  • Insgesamt 14.409.064 Steuerpflichtige haben durchschnittlich 1.527 Euro Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltend gemacht. Wenn man von 220 Arbeitstagen im Jahr ausgeht, sind diese Steuerpflichtigen im Schnitt gut 23 Kilometer zur Arbeit gefahren – wahrscheinlich eher mehr, denn wer nur wenige Kilometer zur Arbeit fährt und sonst keine hohen Werbungskosten hat, gibt in der Steuererklärung in der Regel einfach gar nichts an. Die Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro gibt es ja sowieso. So ist beispielsweise für das Jahr 2016 bekannt, dass der durchschnittliche Pendler rund 17 Kilometer bis zu seinem Arbeitsplatz zurücklegte.

  • Womit wir gleich bei den nächsten Werbungskosten wären: den Arbeitsmitteln . Hier haben insgesamt 9.606.475 Steuerpflichtige durchschnittlich 260 Euro angesetzt.

  • 938.230 Steuerpflichtige haben ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht und dabei Kosten von durchschnittlich 1.028 Euro erklärt. Bei immerhin 335.483 Steuerpflichtigen wurde der Höchstbetrag von 1.250 Euro anerkannt.

  • Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerrechnungen wurden von 11.082.958 Steuerpflichtigen in ihrer Steuererklärung angegeben, durchschnittlich wurde eine Steuerermäßigung von 193 Euro beansprucht.

  • Auch die Kosten für Kinderbetreuung finden ihren Weg in die Steuerformulare: Hier haben insgesamt 2.198.608 Steuerpflichtige Kosten von durchschnittlich 968 Euro angesetzt.

  • Ebenfalls beliebt in der Steuererklärung ist das Feld sonstige Werbungskosten : insgesamt 14.282.508 Steuerpflichtige trugen dort im Durchschnitt 335 Euro ein.

  • Gespendet wurde auch – bei den Sonderausgaben gaben hier insgesamt 10.284.549 Steuerpflichtige Zuwendungen von durchschnittlich 838 Euro an. Die Werte für Spenden an politische Parteien, die in den eben genannten Zahlen enthalten sind, werden gesondert ausgewiesen: Insgesamt 801.679 Steuerpflichtige spendeten durchschnittlich 277 Euro an politische Parteien.

Was sagen uns diese Zahlen?

Was in der Steuererklärung Ihres Nachbarn steht, wissen wir natürlich immer noch nicht. Und da es sich um durchschnittliche Werte handelt, ist jedenfalls bei den Werbungskosten die Aussagekraft nur mäßig. Denn wer ohnehin insgesamt nicht über 1.000 Euro kommt, wird hier in der Steuererklärung gleich gar nichts eintragen und sich die Rechnerei und das Belege-Sammeln sparen.

Was Sie nicht tun sollten: Von Vornherein auf das Sammeln von Belegen verzichten, weil Sie denken, dass Sie sowieso nicht über die magische Schwelle von 1.000 Euro bei den Werbungkosten kommen. Denn die ist schneller erreicht, als viele denken! Und jeder Euro, den Sie über 1.000 Euro angeben, zahlt sich aus.

Dazu ein Beispiel: Sie sind verheiratet, beide berufstätig, haben ein Kind, verdienen ganz o.k. und haben laut Splittingtarif einen Durchschnittssteuersatz von 25%. Wenn Sie den Werbungskosten-Pauschbetrag (also die 1.000 Euro ohne Nachweise) in Anspruch nehmen, bekommen Sie vereinfacht ausgedrückt vom Staat 250 Euro zurück. Sammeln Sie Belege und geben Sie die laut Statistik durchschnittlich geltend gemachten Werbungskosten für die Fahrten zur Arbeit, für Arbeitsmittel und für sonstige Werbungskosten an (1.527 + 260 + 335 = 2.122 Euro), bekommen Sie schon 530,50 Euro zurück. Das ist ein schöner Zuschuss für die Urlaubskasse!

Interessant sind die Zahlen zu den haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. Bei über 27 Millionen abgegebenen Steuererklärungen haben nur gut 11 Millionen Steuerzahler entsprechende Angaben gemacht. Das erscheint uns recht wenig und wir vermuten, dass viele Steuerpflichtige nicht wissen, was alles angegeben werden darf. Selbst aus einer Nebenkostenabrechnung für eine Mietwohnung lassen sich ein paar Euro generieren.

Nicht nur Immobilien-Eigentümer dürfen Handwerker-Rechnungen und Rechnungen von Dienstleistungen rund ums Haus steuerlich absetzen! Sehen Sie sich als Mieter Ihre Nebenkosten-Abrechnung genau an. Viele der dort aufgeführten Kosten senken Ihre Steuer.

Dazu ein Beispiel: Sie wohnen mit Ihrer Familie in einem Mietshaus mit mehreren Parteien und erhalten von Ihrem Vermieter eine Betriebskostenabrechnung, die u.a. die folgenden Posten als von Ihnen zu tragende Jahresbeträge enthält:

Gartenpflege

18 €

Treppenhaus-Reinigung

220 €

Winterdienst

18 €

Schornsteinfeger

75 €

Wartungsarbeiten Zentralheizung

25 €

Alle diese Kosten dürfen Sie in der Steuererklärung abgeben – 20% davon bekommen Sie zurück. In unserem Beispiel sind das 71,20 Euro (20% von 356 Euro). Ihre Urlaubskasse füllt sich weiter!

Und die Spenden? Schön, dass sich Menschen für andere verantwortlich fühlen und finanziell helfen. Viele haben gespendet, der Betrag erscheint recht hoch – und es darf nicht vergessen werden, dass viele Spenden gar nicht erst in der Steuererklärung angegeben werden, zum Beispiel, weil es sich um eine Straßenspende handelt oder spontan im Supermarkt Lebensmittel für die Kindertafel mit-eingekauft wurden.

Spenden bis 200 Euro dürfen Sie auch ohne Spendenquittung in Ihrer Steuererklärung angeben. Es reicht, wenn Sie die Überweisung nachweisen können. Den entsprechenden Kontoauszug müssen Sie nicht (mehr) zusammen mit Ihrer Steuererklärung abgeben, aber falls das Finanzamt danach fragt, sollten Sie ihn griffbereit haben.

Dazu ein Beispiel: Sie spenden 150 Euro an den Turnverein Ihrer Tochter und bekommen keine Spendenquittung. Dann spenden Sie noch 300 Euro an SOS Kinderdorf und erhalten eine Spendenbescheinigung. Vor dem Supermarkt werden Lebensmittel für die Kindertafel gesammelt. Sie kaufen H-Milch, Puddingpulver und Nudeln für 10 Euro ein, um zu helfen. In der Steuererklärung geben Sie bei den Spenden den Gesamtbetrag von 460 Euro an. Ihr Steuersatz von 25% beschert Ihnen eine Rückzahlung in Höhe von 115 Euro. In Ihrer Urlaubskasse sind jetzt dank Steuererklärung 716,70 Euro mehr als vorher!

Anmerkung: Für den Fall, dass das Finanzamt nach der Sachspende an die Tafel fragt, sollten Sie den Kassenzettel aufheben und darauf notieren, für welche Einrichtung Sie die Lebensmittel gespendet haben. Das Finanzamt ist allerdings nicht verpflichtet, diese sogenannte Straßenspende anzuerkennen. Probieren sollten Sie es trotzdem, viele Finanzämter erkennen die Ausgaben an.

(MB)

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