Steuererklärung: Befreiung von der elektronischen Abgabepflicht

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Das Finanzamt erlaubt es manchen Selbstständigen, auf die elektronische Abgabe der Steuererklärung zu verzichten und sie wie früher üblich in Papierform einzureichen. Was steckt dahinter?

Entscheidend ist hier der § 150 der Abgabenordnung. Danach kann ein Selbstständiger die Abgabe der Steuererklärung in Papierform beantragen. Das Finanzamt hat dem Antrag stattzugeben, wenn dem Selbstständigen die elektronische Abgabe wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. In einem solchen Fall wird von einer unbilligen Härte gesprochen.

Wirtschaftlich unzumutbar ist die elektronische Abgabe, wenn die Kosten der Umstellung auf den elektronischen Verkehr mit dem Finanzamt in keinem sinnvollen Verhältnis zu der Größe des Betriebs und/oder der erzielten Einkünfte stehen. Ob (noch) ein sinnvolles Verhältnis vorliegt, muss von Fall zu Fall geprüft werden.

Das FG Rheinland-Pfalz hatte in diesem Zusammenhang über folgenden Fall zu entscheiden: Ein selbstständiger Zeitungszusteller erzielte jährlich Einnahmen von etwa 5.500 Euro und einen Gewinn von rund 2.000 Euro. Der Zusteller besaß weder einen Computer noch einen Internetanschluss. Nichtsdestotrotz pochte das Finanzamt auf die elektronische Abgabe der Steuererklärung. Da es zu keiner Einigung kam, folgte ein Rechtsstreit. Das Finanzgericht erkannte im konkreten Fall kein sinnvolles Verhältnis zwischen dem Umstellungsaufwand und der wirtschaftlichen Situation des Betriebes. Daher befreite es den Zeitungszusteller von der elektronischen Abgabepflicht. Rechtskräftig ist die Entscheidung allerdings noch nicht, denn das Finanzamt legte Revision gegen das Urteil beim BFH ein FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.10.2016, Az. 2 K 2352/15; Az. der Revision: VIII R 29/17).

Über die Frage der persönlichen Unzumutbarkeit hatte das FG Berlin-Brandenburg kürzlich zu entscheiden. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Selbstständiger war hauptberuflich als Landwirt tätig und über 60 Jahre alt. Der Unternehmer gründete einen weiteren Betrieb, dessen Geschäftsgegenstand die Anpflanzung schnell wachsender Bäume war. Bei dem zweiten Betrieb handelte es sich um ein Kleinstunternehmen. Der Inhaber bezeichnete sich selbst als Computer-Analphabet und stellte beim Finanzamt, da ihm die elektronische Abgabe von Steuererklärungen seiner Meinung nach nicht zugemutet werden konnte, einen Befreiungsantrag von der elektronischen Abgabepflicht (sogenannter Härtefall-Antrag). In dem Antrag wies er unter anderem darauf hin, dass er über keine elektronischen Hilfsmittel verfüge und ihm das Erlernen der Computerbedienung aufgrund seines Alters nicht mehr zugemutet werden könne.

Das Finanzamt lehnte den Härtefall-Antrag ab. Infolgedessen kam es zum Rechtsstreit. Das Finanzgericht zeigte Verständnis für den Landwirt. Aufgrund der persönlichen Verhältnisse sprach es sich für eine unzumutbare Härte aus und entband den Selbstständigen von seiner elektronischen Abgabepflicht. Die Tatsache, dass die Ehefrau des Landwirts hervorragende Computerkenntnisse besaß, beeinflusste die Entscheidung des Gerichts dabei nicht. Denn von einem Selbstständigen kann nicht verlangt werden, Dritte mit der Erledigung persönlicher steuerlicher Pflichten zu beauftragen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.2.2018, Az. 3 K 3249/17).

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