Selbstständige: Grundlagen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)

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Eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung darf jeder Unternehmer erstellen, der nicht buchführungspflichtig ist. Freiberufler können im Gegensatz zu Gewerbetreibenden auch dann bei der EÜR bleiben, wenn ihr Betrieb größer und der Gewinn höher wird.

Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung spricht man auch vom "Zufluss- und Abflussprinzip". Denn fast alle betrieblichen Vorgänge machen sich irgendwann als Zufluss oder Abfluss von Geld bemerkbar. Um den Gewinn möglichst einfach ermitteln zu können, werden bei der EÜR im Prinzip nur diese Geldbewegungen aufgezeichnet. Kassenführung, Bestandskonten und Inventur sind im Allgemeinen nicht erforderlich.

Gewinnermittlungszeitraum bei der EÜR ist immer das Kalenderjahr. Das Wirtschaftsjahr darf nicht vom Kalenderjahr abweichen. Zentrale Vorschrift ist § 11 EStG. Sie befasst sich ausschließlich mit dem Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung: Wann ist ein Vorgang zu erfassen, in welchem Kalenderjahr wirkt sich eine Betriebseinnahme oder Betriebsausgabe auf den Gewinn aus?

Faustregel

Einnahmen sind in dem Jahr als Betriebseinnahmen zu berücksichtigen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Ausgaben sind in dem Jahr als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, in dem sie abgeflossen oder geleistet worden sind.

Von dieser Faustregel gibt es einige wichtige Ausnahmen. Sie betreffen zum Beispiel

  • regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben kurz vor oder nach dem Jahreswechsel,
  • durchlaufende Posten,
  • langfristige Nutzungsüberlassung,
  • Abschreibung und Verkauf von Anlagevermögen,
  • Darlehen,
  • Einlagen und Entnahmen sowie
  • begrenzt abzugsfähige Betriebsausgaben.

Zufluss von Betriebseinnahmen

Eine Betriebseinnahme ist zugeflossen, wenn sie durch den Betrieb veranlasst ist und der Unternehmer über den Betrag wirtschaftlich verfügen kann. Typische Betriebseinnahmen sind z.B.

  • Honorare, Provisionen und Entgelte für Dienstleistungen oder Waren;
  • Einnahmen aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens;
  • Miet-, Pacht- und Zinseinnahmen;
  • erhaltene Anzahlungen, Abschlagszahlungen und Vorschüsse;
  • von Ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer, Umsatzsteuererstattungen des Finanzamts;
  • Privatanteile oder Entnahme von Waren bzw. Dienstleistungen.

Wann eine Forderung fällig wird, ist nicht erheblich. Was zählt, ist allein das Jahr der Zahlung. Deshalb werden auf Ihrem Konto eingegangene Anzahlungen, Abschlagszahlungen oder Honorarvorschüsse bereits im Jahr der Zahlung als Betriebseinnahme zugerechnet und nicht erst dann, wenn Sie die Endabrechnung erstellen.

Andererseits müssen Sie Forderungen erst in dem Jahr versteuern, in dem Ihr Kunde zahlt, und nicht schon im Jahr der Rechnungsschreibung. Nachteile hat das bei hohen Nachzahlungen, z.B. wenn ein Mandant die Honorarforderungen mehrerer Jahre auf einen Schlag begleicht. Der Betrag ist dann nämlich in voller Höhe im Jahr der Zahlung zu versteuern!

Ausnahme: Bei einer "Zusammenballung von Einkünften" wird die auf diese Einkünfte entfallende Einkommensteuer mithilfe einer Formel anders als üblich berechnet (§ 34 EStG). Das betrifft z.B.

  • Nutzungsvergütungen und Zinsen für einen Zeitraum von mehr als 36 Monaten (§ 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG);
  • Vergütungen für eine mehr als 12-monatige Tätigkeit (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG).

Abfluss von Betriebsausgaben

Hier geht es ausschließlich darum, wann eine betrieblich bedingte Ausgabe abgeflossen ist. Für welches Jahr die Zahlung geleistet wird, ist irrelevant. Typische Betriebsausgaben sind z.B.

  • Aufwendungen für Waren, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe;
  • Personal- und Mietkosten;
  • Aufwendungen für Zinsen, Abschreibungen und betriebliche Steuern;
  • die bezahlte Umsatzsteuer;
  • Aufwendungen für die betriebliche Nutzung von Wirtschaftsgütern, die zum Privatvermögen des Unternehmers gehören;
  • Restbuchwerte abnutzbarer Wirtschaftsgüter/Buchwerte nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter bei Verkauf oder Entnahme.

Bei Anschaffungen bzw. Einlagen ab dem 6.5.2006 gibt es neue Regeln für Anteile an Kapitalgesellschaften, Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte sowie Grund und Boden oder Gebäude des Umlaufvermögens. Während Umlaufvermögen normalerweise zum Zeitpunkt der Anschaffung als Betriebsausgabe abziehbar ist, darf in diesen Fällen die Betriebsausgabe erst bei Zufluss des Veräußerungserlöses bzw. bei der Entnahme gebucht werden (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Für diese Wirtschaftsgüter muss ein Anlageverzeichnis geführt werden.

Steuertipp
Betriebsausgaben wirken sich bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit in dem Jahr aus, in dem sie geleistet werden. Dadurch ergeben sich wichtige Gestaltungsmöglichkeiten. Denn durch das Vorziehen oder Verzögern von Zahlungen können Sie diese in ein Kalenderjahr verlagern, in dem sie sich steuerlich möglichst günstig auswirken.

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