Klimapaket: So soll das mit der geänderten Entfernungspauschale funktionieren

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Von 2021 bis Ende 2026 soll es eine höhere Entfernungspauschale geben – allerdings erst ab dem 21. Kilometer. Wie soll das genau funktionieren, wie viele Steuerzahler betrifft das und wer profitiert? Wir haben nachgerechnet.

35 Cent ab dem 21. Kilometer

Zurzeit gilt: pro Entfernungskilometer dürfen bei den Werbungskosten (bzw. bei Selbstständigen bei den Betriebsausgaben) 30 Cent angegeben werden. Ab 2021 soll diese Pendlerpauschale angehoben werden, ab dem 21sten Kilometer gäbe es dann 35 Cent statt 30 Cent. Die Erhöhung soll bis zum 12.2026 befristet werden. Anschließend soll es wieder einheitlich 30 Cent pro Entfernungskilometer geben.

Mit der Erhöhung sollen vor allem Pendler aus dem ländlichen Raum entlastet werden, da sie oft gar keine Möglichkeit haben, auf den ÖPNV umzusteigen. Auch Ladesäulen für Elektro-Autos sind auf dem Land noch seltener zu finden als in der Stadt. Da die Bundesregierung davon ausgeht, dass zumindest die Versorgung mit Ladesäulen in den kommenden verbessert werden wird, gilt die Erhöhung nur begrenzt.

Wie viele Steuerzahler betrifft das?

4,7% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fahren mehr als 50 Kilometer zur Arbeit, 14,1% legen zwischen 25 und 50 Kilometer zurück. Die nächste verfügbare Stufe betrifft eine Wegstrecke von 10 bis 25 Kilometer – da es die erhöhte Entfernungspauschale aber bereits ab dem 21. Kilometer geben soll, ist hier keine klare Aussage dazu möglich, wer tatsächlich über 20 bis (in dieser Stufe) unter 25 Kilometer zurücklegt.

Selbstständige lassen wir an dieser Stelle außen vor, da sie zum weitaus größten Teil unter 5 Kilometer zur Arbeit zurücklegen (32,2%) bzw. auf dem gleichen Grundstück wohnen und arbeiten (25,8%). Nur, 6,5% von ihnen legen 25 oder mehr Kilometer zur Arbeit zurück.

Die Zahlen sind dem Mikrozensus 2016 entnommen. Der Mikrozensus ist die größte jährliche Haushaltsbefragung der amtlichen Statistik in Deutschland: Mit rund 830.000 Personen in etwa 370.000 privaten Haushalten und Gemeinschaftsunterkünften werden dabei fast 1% der Bevölkerung in Deutschland zu ihren Arbeits- und Lebensbedingungen befragt.

Ein Blick in die Lohn- und Einkommensteuerstatistik von 2015 (aktuellere Zahlen gibt es aufgrund der Abgabefristen für die Steuererklärung noch nicht) könnte mehr Licht ins Dunkel bringen: Hier gaben 6,7 Mio Steuerpflichtige an, mehr als 20 Kilometer zur Arbeit zurückzulegen. Bei etwa 40,4 Mio Steuerpflichtigen bedeutet das einen Anteil von ca. 16,5%. Allerdings wird die tatsächliche Zahl der Fernpendler vermutlich höher liegen, denn zusammen veranlagte Steuerpflichtige werden in der Statistik als nur ein Steuerpflichtiger gezählt. Fährt also bei einem Ehepaar der Mann 30 Kilometer zur Arbeit und die Frau 25 Kilometer, dann taucht nur ein Fernpendler in der Statistik auf.

Zwei von drei Berufstätigen (68%) kommen mit dem Auto zur Arbeit, hat das Statistische Bundesamt errechnet. Je weiter der Weg zur Arbeit, desto häufiger wird er mit dem Pkw zurückgelegt: Bei Strecken zwischen 25 und 50 Kilometern nutzen fast 85% das Auto, bei noch weiteren Strecken knapp 80%.

Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 20% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Arbeitsweg von mehr als 20 Kilometer haben. Da man die Entfernungspauschale unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel geltend machen kann – es gibt sie also nicht nur für Autofahrer – würden also 20% der Steuerzahler von der Anhebung profitieren.

Dazu muss man zwei kleine Einschränkungen kennen:

  • Erstens: Bahnpendler. Bei ihnen ist die Entfernungspauschale auf 4.500 Euro gedeckelt – mehr dürfen Sie nicht geltend machen. Bei 200 Arbeitstagen im Jahr entspricht das einem Arbeitsweg von etwas mehr als 67 Kilometern (20km × 30 Cent × 200 Tage = 1.200 Euro; 47km × 35 Cent × 200 Tage = 3.290 Euro; insgesamt also 4.490 Euro). Bahnfahrer haben jedoch den Vorteil, dass sie keine gestiegenen Spritpreise kompensieren müssen.

  • Zweitens: Geringverdiener. Wer ohnehin schon wenig oder keine Steuern zahlt, der wird durch eine höhere Entfernungspauschale nicht entlastet. Und da die Erhöhung der Pendlerpauschale auch die aufgrund der CO2-Bepreisung erhöhten Benzinkosten abfangen soll, wird diese Gruppe doppelt bestraft: höhere Spritpreise muss sie zahlen, von der höheren Entfernungspauschale profitiert sie nicht. Dieses Problem betrifft etwa 200.000 bis 250.000 Berufstätige. Für sie soll es eine Mobilitätsprämie von faktisch 4,9 Cent ab dem 21. Kilometer des Arbeitsweges geben, so das Bundesfinanzministerium: Dieser Betrag entspreche dem Steuervorteil, den ein Steuerzahler beim Eingangssteuersatz von 14% durch die Kilometerpauschale von 35 Cent hätte.

Wer profitiert?

Wer weiter fährt, braucht mehr Benzin – das wird durch die CO2-Bepreisung teurer. Gleichzeitig profitieren (Fern)Pendler aber auch von der erhöhten Entfernungspauschale. Klingt einfach, könnte auf Null herauskommen und alle wären glücklich.

So einfach ist es aber leider nicht.

Wer einen hohen Grenzsteuersatz hat (also viel verdient), profitiert stärker von der Anhebung der Entfernungspauschale als ein Geringverdiener oder jemand mit einem mittleren Einkommen. Diese Gruppen werden per Saldo stärker belastet im Vergleich zu allen Haushalten in diesen Einkommensgruppen, da sie weniger von der Entfernungspauschale entlastet werden, hat das DIW in Berlin errechnet.

Auch die Bundestagsfraktion der Grünen hat sich mit der Frage beschäftigt, wer hier wie entlastet wird. In einer Beispielrechnung, die sich allerdings auf die beiden extremen Enden der Einkommensspanne beschränkt, legten sie 220 Arbeitstage, einen Arbeitsweg von 60 Kilometern, ein Auto mit einem Verbrauch von 7l/100km sowie eine Benzinpreiserhöhung von drei Cent/Liter zugrunde und kamen zu folgendem Ergebnis:

  • Geringverdiener, Steuersatz 15%

    • Entlastung durch Pendlerpauschale bisher: 444 Euro

    • Entlastung durch Pendlerpauschale neu: 510 Euro

    • Mehrbelastung durch teureres Benzin: 55,44 Euro

    • Ergibt insgesamt eine Entlastung von 10,56 Euro

  • Spitzenverdiener, Steuersatz 47,47%

    • Entlastung durch Pendlerpauschale bisher: 1.405,15 Euro

    • Entlastung durch Pendlerpauschale neu: 1.614,15 Euro

    • Mehrbelastung durch teureres Benzin: 55,44 Euro

    • Ergibt insgesamt eine Entlastung von 153,45 Euro

(MB)

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