Hochwasser in Bayern, NRW und Rheinland-Pfalz: Katastrophenerlasse für steuerliche Hilfe
Bei Naturkatastrophen mit Breitenwirkung setzen die Landesfinanzminister den sogenannten Katastrophenerlass in Kraft.

Hochwasser in Bayern, NRW und Rheinland-Pfalz: Katastrophenerlasse für steuerliche Hilfe

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Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Steuerstundungen, Spendennachweise und mehr: Die Finanzverwaltungen von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz informieren über steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung von durch die Folgen des Hochwassers betroffenen Menschen.

Bei Naturkatastrophen mit Breitenwirkung (z. B. Hochwasser, Sturm, Hagel oder Erdbeben) setzen die Landesfinanzminister den sogenannten Katastrophenerlass in Kraft – wie jetzt in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.

Der Inhalt der Erlasse ist im Wesentlichen identisch. Die Maßnahmen sind ausführlich und verständlich beschrieben:

Aufwendungen für existenziell notwendige Gegenstände (Wohnung, Hausrat, Kleidung), für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung und für die Beseitigung von Schäden an dem eigengenutzten Wohneigentum können in der Steuererklärung im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden!

Dabei ist das Fehlen einer sogenannten Elementarschadensversicherung unschädlich; diese stellt keine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit dar.

Steuerstundung, Anpassung von Steuer-Vorauszahlungen, Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzämter

Ab sofort gelten Hilfsmaßnahmen auch im steuerlichen Bereich, um unbillige Härten zu vermeiden und den Geschädigten entgegenzukommen.

So können bis zum 31. Oktober 2021 fällige Steuern gestundet, die Steuervorauszahlungen auf die Einkommensteuer angepasst sowie auf Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet werden.

Die Stundungen und Anpassungen sind längstens bis zum 31. Januar 2022 zu gewähren. Anträge auf Stundung dürfen ausdrücklich nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.

Auch bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in der Regel verzichtet werden.

Spenden und Spendenaktionen: Erleichterter Spendennachweis

Steuerliche Erleichterungen gibt es auch für Spenden und Spendenaktionen. So reicht für Spenden, die bis zum 31. Oktober 2021 zur Hilfe in Katastrophenfällen auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto eingezahlt werden, der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z. B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking) eines Kreditinstitutes als Spendenquittung aus.

Selbstständige und Unternehmer: Steuererleichterungen für Wiederaufbau und Wiederbeschaffung

Beim Wiederaufbau von Betriebsgebäuden werden Sonderabschreibungen gewährt: Auf Antrag können im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) von den Herstellungs- oder Wiederherstellungskosten Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 30 Prozent vorgenommen werden.

Bei beweglichen Anlagegütern (z. B. Maschinen), die als Ersatz für vernichtete oder verloren gegangene bewegliche Anlagegüter angeschafft oder hergestellt worden sind, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 50 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorgenommen werden.

Für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter kann außerdem auf Antrag in besonders begründeten Ausnahmefällen in Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr der Ersatzherstellung bzw. Ersatzbeschaffung die Bildung einer Rücklage zugelassen werden.

Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen darf insgesamt höchstens 600.000 Euro betragen; sie darf in keinem Jahr 200.000 Euro übersteigen. Aufwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden am Grund und Boden können sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Wenn Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen unmittelbar wegen des Hochwassers oder der Unwetter vernichtet worden oder verloren gegangen sind, darf das Finanzamt daraus steuerlich keine nachteiligen Folgerungen ziehen.

Betroffene Steuerpflichtige sollten die Vernichtung bzw. den Verlust jedoch zeitnah dokumentieren und soweit wie möglich nachweisen oder glaubhaft machen.

Für Vermieter gibt es ähnliche Möglichkeiten, die genauen Vorschriften finden Sie in den Katastrophen-Erlassen von Bayern, NRW und Rheinland-Pfalz.

Auch für die Land- und Forstwirtschaft sind Sonderregelungen in den Katastrophenerlassen enthalten.

Steuerfreie Unterstützung für Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber

Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können bis zu einem Betrag von 600 Euro pro Kalenderjahr steuerfrei sein. Ein höherer Betrag als 600 Euro kann steuerfrei sein, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt – davon wird bei vom Hochwasser betroffenen Arbeitnehmern eigentlich immer ausgegangen.

Diese Regelung gilt auch für Unterstützungen, die in Form von sonst steuerpflichtigen Zinsvorteilen oder in Form von Zinszuschüssen gewährt werden. Zinszuschüsse und Zinsvorteile bei Darlehen, die zur Beseitigung von Hochwasserschäden aufgenommen worden sind, sind deshalb ebenfalls steuerfrei, und zwar während der gesamten Laufzeit des Darlehens.

Voraussetzung hierfür ist, dass das Darlehen die Schadenshöhe nicht übersteigt. Bei längerfristigen Darlehen sind Zinszuschüsse und Zinsvorteile insgesamt nur bis zu einem Betrag in Höhe des Schadens steuerfrei.

Hilfe durch den Zoll

Auch die Zollverwaltung hilft Geschädigten in den betroffenen Regionen und sichert für die vom Zoll verwalteten Steuern (z.B. Kfz-Steuer) geeignete Erleichterungen zu:

  • Stundung von fälligen oder bis zum 31. Oktober 2021 fällig werdenden Steuern,

  • Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei Fristverletzungen,

  • Absehen von der Festsetzung von Steuern beziehungsweise Erlass aus Billigkeitsgründen im Falle nachweislicher Existenzgefährdung,

  • Verzicht auf Verspätungszuschläge,

  • Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen bis 31. Januar 2022,

  • keine steuerlichen Nachteile bei Verlust von steuerlich relevanten Unterlagen.

Betroffene werden gebeten, sobald als möglich mit dem für sie zuständigen Hauptzollamt Kontakt aufzunehmen. Das zutreffende Hauptzollamt ist auf www.zoll.de in der Dienststellensuche zu finden.

Hilfe durch das Bundesfinanzministerium

Bund und Länder haben in Sondersitzungen zur Unterstützung der Bewältigung des außergewöhnlichen Unwetterereignisses die für Naturkatastrophen vorgesehenen steuerlichen Erleichterungen erweitert und weiter konkretisiert, um noch besser und schneller auf die Bedürfnisse vor Ort reagieren zu können.

Konkret haben sich Bund und Ländern in Sondersitzungen u.a. auf Folgendes verständigt:

  • Geringere Nachweispflichten bei der Prüfung der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit,

  • Ermöglichung des Einsatzes eigener Mittel gemeinnütziger Körperschafen zur Unterstützung der Betroffenen auch außerhalb der Satzungszwecke,

  • Gewährung des Betriebsausgabenabzugs für zahlreiche Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen,

  • Möglichkeit für Arbeitgeber, ihren geschädigten Angestellten unentgeltlich Verpflegung zur Verfügung zu stellen, und z.B. Fahrzeuge, Wohnungen und Unterkünfte steuerfrei zur Nutzung zu überlassen,

  • Ermöglichung für Unternehmen, unentgeltlich Beherbergungs- und sonstige Leistungen (z.B. Aufräumarbeiten mit eigenem Gerät und Personal) an Betroffene zu erbringen oder für den täglichen Bedarf notwendige Güter zur Verfügung zu stellen ohne dass dies eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe oder eine Vorsteuerkorrektur auslöst,

  • Behandlung unentgeltlicher Hilfeleistungen von Unternehmen an Privatpersonen in Form von Sach- oder Dienstleistungen sowie Nutzungsüberlassungen als Betriebsausgabe. Dies gilt zum Beispiel, wenn ein Baumarkt kostenlos Entwässerungspumpen verteilt oder ein Bauunternehmer Bagger und LKWs zur Verfügung stellt.

  • Unterstützungsleistungen von Freiberuflern und Handwerkern, die über die Spendenaufrufe ihrer Berufskammern und Innungen an die Berufskolleginnen und Berufskollegen für deren Wiederaufnahme der Berufstätigkeit geleistet werden, können als Betriebsausgaben abgezogen werden.

  • Möglichkeit der Herabsetzung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021 ggf. bis auf Null, ohne dass die gewährte Dauerfristverlängerung durch die Erstattung bzw. Festsetzung auf Null berührt wird.

Die bereits herausgegebenen Katastrophenerlasse werden entsprechend angepasst.

Außerdem haben Bund und Länder vereinbart, dass die steuerlichen Erleichterungen für Spender und ehrenamtliche Helfer auch dann greifen, wenn die Spender bzw. Helfer nicht in einem vom Hochwasser betroffenen Land wohnen. So wird aus steuerrechtlicher Sicht sichergestellt, dass alle Zuwendungen die Betroffenen schnell und unbürokratisch erreichen und dass das ehrenamtliche Engagement nicht vor den Landesgrenzen Halt macht.

→ Das BMF-Schreiben »Umsatzsteuer; Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe vom Juli 2021« können Sie hier auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums lesen und kostenlos als PDF herunterladen.

Unternehmen: Auch Sachspenden werden als Betriebsausgaben behandelt

Voraussetzung: Es handelt sich bei den gespendeten Gegenständen um

  • Lebensmittel oder Tierfutter,

  • für den täglichen Bedarf notwendige Güter (insbesondere Hygieneartikel, Reinigungsmittel, Kleidung, Geschirr oder medizinische Produkte) oder

  • zur unmittelbaren Bewältigung des Unwetterereignisses sachdienliche Wirtschaftsgüter (z.B. Pumpen, Werkzeug, Maschinen)

und

  • die Gegenstände kommen den unmittelbar von der Flutkatastrophe betroffenen Menschen zugute.

(MB)

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