Rechnungsberichtigung: rückwirkender Vorsteuerabzug zulässig?

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Ein Alptraum für jeden Selbstständigen: Das Finanzamt führt eine Betriebsprüfung durch und nimmt die Eingangsrechnungen der letzten Jahre unter die Lupe. Bei einigen Rechnungen werden formale Mängel festgestellt. Das Finanzamt erkennt daraufhin einen Teil des Vorsteuerabzugs ab, fordert die zu Unrecht abgezogene Steuer zurück und verlangt zusätzlich Zinsen auf die Steuerschuld. Den drohenden Schaden verhindern kann jetzt nur noch eine rückwirkende Rechnungskorrektur.

Voraussetzung für den Vorsteuerabzug durch einen Unternehmer ist unter anderem das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung. Da die formalen Auflagen an eine solche Rechnung hoch sind, schleichen sich oft Fehler ein, die nicht reklamiert und daher nicht behoben werden. Die fehlerhaften Rechnungen sind dann tickende Zeitbomben, von denen die meisten erfahrungsgemäß nicht zünden, einige aber halt doch, sobald es zu einer Betriebsprüfung kommt.

Finanzamt streicht Vorsteuerabzug

Der Prüfer des Finanzamtes macht dann meist kurzen Prozess: Der Vorsteuerabzug wird im betreffenden Jahr rückwirkend gestrichen. Dadurch entsteht eine Forderung des Finanzamtes, die mit 0,5 % pro Monat verzinst wird. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Entstehung der Steuerschuld. Wird der Vorsteuerabzug zum Beispiel im Jahr 2010 aberkannt, beginnt die Verzinsung der Steuerschuld am 1.4.2012. Bei einem Vorsteuerbetrag von 1.500 € beträgt der monatliche Zins immerhin 7,50 € und damit 90 € pro Jahr.

Der Vorsteuerabzug ist aber nicht endgültig verloren. Denn das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Rechnungsberichtigung ein. Als Empfänger einer fehlerhaften Rechnung können Sie vom Aussteller auch noch Jahre später ein Rechnungsdokument fordern, das den gesetzlichen Vorschriften entspricht und Ihnen den Weg zum Vorsteuerabzug ebnet.

Der Knackpunkt: Die Finanzverwaltung lässt den Vorsteuerabzug auf Basis einer berichtigten Rechnung erst in dem Jahr zu, indem die Rechnung vorliegt. Der rückwirkende Vorsteuerabzug soll unzulässig sein. Verhindert wird dadurch, dass die nachträgliche Steuerforderung des Finanzamtes mit einer Gegenforderung in derselben Höhe verrechnet wird und sich die Nachzahlungszinsen infolgedessen in Luft auflösen.

Rückwirkende Rechnungsberichtung

Über Jahre wurde die Rechtsauffassung der Verwaltung nicht erschüttert. Doch inzwischen ist dank eines EuGH-Urteils Bewegung in das Thema gekommen. Der EuGH hat nämlich entschieden, dass der rückwirkende Vorsteuerabzug bei Vorliegen einer berichtigten Rechnung zumindest dann zulässig ist, wenn die ursprüngliche Rechnung bestimmte Mindestanforderungen erfüllt hat. Dazu gehören: Angaben zum Rechnungsaussteller und -empfänger, zur erbrachten Leistung, zum Entgelt sowie zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.

Noch steht leider nicht fest, ob sich auch der BFH dazu bereit erklärt, eine rückwirkende Rechnungskorrektur zu akzeptieren, wenn die Originalrechnung Mindestanforderungen erfüllt hat. Zu dieser Frage ist ein Revisionsverfahren anhängig (Az. des BFH: XI R 41/10).

Falls das Finanzamt bei einer Prüfung Rechnungsmängel feststellt und Umsatzsteuer nebst Zinsen von Ihnen fordert, sollten Sie, sofern die Originalrechnung die genannten Mindestanforderungen erfüllt hat, unter Hinweis auf das oben erwähnte BFH-Verfahren Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid einlegen und gleichzeitig das Ruhen des Verfahrens beantragen. Dadurch haben Sie die Möglichkeit, später von einer unternehmerfreundlichen Entscheidung des BFH zu profitieren.

Der beste Schutz vor unliebsamen Steuer-/Zinsforderungen des Finanzamtes bleibt natürlich eine gründliche Prüfung aller Eingangsrechnungen auf Vollständigkeit und bei der Feststellung von Mängeln das unverzügliche Anfordern einer korrigierten Rechnung.

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