Kleinunternehmer: Vom umsatzsteuerlichen Sonderstatus profitieren

1. Kleinunternehmer – ein erster Überblick

Unternehmern mit nicht so hohen Einnahmen soll möglichst kein übermäßiger bürokratischer Aufwand entstehen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Kleinunternehmer-Regelung ins Leben gerufen (§ 19 UStG).

Der Kleinunternehmer-Status ist an die Höhe des Umsatzes gekoppelt. Hier gibt es Betragsgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen. So ist

  • zunächst die Höhe des Umsatzes des jeweiligen Vorjahres entscheidend. Diese Umsatzgrenze beträgt 22.000,– €.

  • Weiterhin darf der Umsatz im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000,– € nicht übersteigen.

Beispiel:

Herr Dominic Peters Umsatz betrug im Jahr 2023 20.000,– €. Für 2024 erwartet er einen Umsatz von ca. 30.000,– €.

Herr Peters ist im Jahr 2024 noch Kleinunternehmer. Denn sein Vorjahresumsatz betrug weniger als 22.000,– €. Erzielt er tatsächlich im Jahr 2024 den erwarteten Umsatz von 30.000,– €, ist er im Jahr 2025 Regelbesteuerer.

Kleinunternehmer stellen ihren Kunden keine Umsatzsteuer in Rechnung und zahlen keine Umsatzsteuer an das Finanzamt. Im Gegenzug dürfen Kleinunternehmer aber auch keine Vorsteuer abziehen.

1. Kleinunternehmer – ein erster Überblick

Unternehmern mit nicht so hohen Einnahmen soll möglichst kein übermäßiger bürokratischer Aufwand entstehen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Kleinunternehmer-Regelung ins Leben gerufen (§ 19 UStG).

Der Kleinunternehmer-Status ist an die Höhe des Umsatzes gekoppelt. Hier gibt es Betragsgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen. So ist

  • zunächst die Höhe des Umsatzes des jeweiligen Vorjahres entscheidend. Diese Umsatzgrenze beträgt 22.000,– €.

  • Weiterhin darf der Umsatz im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000,– € nicht übersteigen.

Beispiel:

Herr Dominic Peters Umsatz betrug im Jahr 2023 20.000,– €. Für 2024 erwartet er einen Umsatz von ca. 30.000,– €.

Herr Peters ist im Jahr 2024 noch Kleinunternehmer. Denn sein Vorjahresumsatz betrug weniger als 22.000,– €. Erzielt er tatsächlich im Jahr 2024 den erwarteten Umsatz von 30.000,– €, ist er im Jahr 2025 Regelbesteuerer.

Kleinunternehmer stellen ihren Kunden keine Umsatzsteuer in Rechnung und zahlen keine Umsatzsteuer an das Finanzamt. Im Gegenzug dürfen Kleinunternehmer aber auch keine Vorsteuer abziehen.

Auf den Kleinunternehmer-Status können Sie verzichten. Die Entscheidung dafür oder dagegen sollte nicht überstürzt getroffen werden. Die Vor- und Nachteile sind gegeneinander abzuwägen. Dabei sollten Sie Ihre individuelle Ausgangssituation berücksichtigen, die von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich ist.

Für die Kleinunternehmer-Regelung spricht der Wettbewerbsvorteil bei Verkäufen an Privatpersonen und Unternehmer, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dazu kommt der geringere bürokratische Aufwand. Von Nachteil ist der Kleinunternehmer-Status vor allem dann, wenn hohe, mit Umsatzsteuer belastete Ausgaben anfallen und größere betriebliche Investitionen getätigt werden.

In folgenden Entwicklungsphasen eines Unternehmens sollten Sie die Kleinunternehmer-Regelung besonders beachten:

  • in der Gründungsphase, weil die Umsätze dort meist gering sind und das Tor zum Kleinunternehmer-Status dadurch offen steht;

  • in der Wachstumsphase des Unternehmens, weil die Einnahmen dort üblicherweise steigen und der Anspruch auf die Kleinunternehmer-Regelung dadurch oft verloren geht;

  • beim Wechsel von einer haupt- zu einer nebenberuflichen unternehmerischen Tätigkeit, weil aufgrund des geringer werdenden Engagements der Umsatz oft sinkt und dadurch die Kleinunternehmer-Regelung häufig (wieder) in Anspruch genommen werden kann.

2. Wer kann Kleinunternehmer sein?

Kleinunternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sind Sie nur dann, wenn Ihr Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer bestimmte Grenzen nicht überschreitet (§ 19 Abs. 1 UStG).

Voraussetzungen für den Kleinunternehmer-Status:

  • Vorjahresumsatz von höchstens 22.000,– € und

  • geschätzter Umsatz im laufenden Jahr maximal 50.000,– €.

Die 22.000-Euro-Grenze bezieht sich auf den Umsatz des Vorjahres, ist also eine feststehende Größe. Wird die Grenze auch nur um einen Euro überschritten, geht der Kleinunternehmer-Status entweder im Folgejahr verloren oder kann dort nicht erlangt werden.

Und selbst wenn sich erst nachträglich z.B. nach einer Außenprüfung des Finanzamts herausstellen sollte, dass diese starre Grenze überschritten wurde, geht der Kleinunternehmer-Status im Nachhinein noch verloren (FG Sachsen-Anhalt vom 26.7.2016, 4 V 1379/15, UStB 2016 S. 331).

Sie sollten die Höhe Ihrer Einnahmen stets genau im Blick behalten. Denn dann sind Sie in der Lage, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, die Ihnen den Kleinunternehmer-Status im nächsten Jahr sichern können. So können Sie möglicherweise Einnahmen in das nächste Jahr verlagern, wenn Sie sich der Umsatzgrenze von 22.000,– € nähern, und dadurch vielleicht im folgenden Jahr von der Kleinunternehmer-Regelung profitieren.

Bei der 50.000-Euro-Grenze für das laufende Jahr kommt es auf die Prognose zu Beginn des Jahres an. Trifft Ihre Prognose nicht zu und der tatsächliche Umsatz liegt am Ende über 50.000,– €, ändert sich nichts am Kleinunternehmer-Status im abgelaufenen Jahr. Erst im Folgejahr hat das Überschreiten der Grenze Konsequenzen.

Keine gute Idee ist, die Umsätze auf mehrere Unternehmen aufzuspalten, damit dadurch die Kleinunternehmergrenze nicht überschritten wird. Denkbar wäre hier z.B. die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Ihrem Ehegatten mit demselben Tätigkeitsbereich. Dem hat der BFH allerdings eine klare Absage erteilt (BFH-Urteil vom 11.7.2018, XI R 36/17, BFH/NV 2019 S. 419).

Beispiel:

Frau Sandra Haag ist freie Theologin und als Rednerin auf Hochzeiten, Taufen und Trauerfeiern tätig. Im Jahr 2023 erzielte sie Umsätze von ca. 17.000,– €. Für 2024 erwartet Frau Haag Umsätze von ca. 26.000,– €. Mit Vertrag vom 15.12.2023 gründet sie mit Ihrem Ehemann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Zweck die Durchführung von Hochzeitszeremonien und Trauerfeierlichkeiten ist. An der GbR sind Frau Haag zu 95 % und ihr Ehemann zu 5 % beteiligt. Zur Geschäftsführung und Vertretung der GbR ist nur Frau Haag befugt. Herr Haag ist für das Backoffice der GbR zuständig. Die meisten Aufträge nimmt Frau Haag mündlich an und rechnet sie nach Ausführung unter der Bezeichnung des jeweils tätig gewordenen Unternehmens ab. Für ihr Einzelunternehmen erklärt Frau Haag für das Jahr 2024 insgesamt 16.000,– € und für die GbR 12.000,– € an tatsächlichen Umsätzen.

Frau Haag und die GbR sind verschiedene Unternehmer und halten formal jeweils die Kleinunternehmergrenze ein. Trotzdem wird das Finanzamt bei beiden Unternehmen auf der Umsatzsteuer bestehen. Denn die Inanspruchnahme der Kleinunternehmer-Regelung ist hier zweckwidrig und missbräuchlich.

2.1 Es kommt auf den Gesamtumsatz an

Um festzustellen, ob Sie die für Kleinunternehmer geltenden Umsatzgrenzen einhalten, müssen Sie für das jeweilige Jahr Ihren Gesamtumsatz ermitteln (§ 19 Abs. 1 und 3 UStG).

So berechnen Sie Ihren Gesamtumsatz:

+

Sämtliche innerhalb eines Jahres erzielten steuerbaren Einnahmen (inklusive Umsätze aus der privaten Nutzung und der Entnahme von Gegenständen)

./.

bestimmte steuerfreie Umsätze
(§ 4 Nr. 8i, Nr. 9b und Nr. 11–28 UStG)

./.

bestimmte steuerfreie Hilfsumsätze
(§ 4 Nr. 8a–h, Nr. 9a und Nr. 10 UStG)

./.

Einnahmen aus dem Verkauf, aber auch aus der Entnahme von Anlagevermögen

=

Gesamtumsatz

Das gehört zu Ihren Einnahmen

Zu Ihren steuerbaren Einnahmen zählen zunächst einmal sämtliche im Inland durchgeführten Lieferungen und die im Inland erbrachten Dienstleistungen.

Aber auch grenzüberschreitende Lieferungen von Waren oder Produkten sind bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes zu berücksichtigen. Das sind zunächst einmal Lieferungen in einen anderen EU-Staat. Der Ort der Lieferung befindet sich hierbei stets in Deutschland. Denn bei einer Lieferung an einen in einem anderen EU-Staat ansässigen anderen Unternehmer können Sie als Kleinunternehmer keine innergemeinschaftlichen Lieferungen ausführen, wodurch sich der Leistungsort in das Bestimmungsland verschieben würde (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG). Demzufolge sind sowohl Lieferungen an Privatpersonen als auch an Unternehmer in einem anderen EU-Staat als steuerbare Umsätze zu erfassen.

Und zusätzlich sind Lieferungen in einen Drittstaat ebenfalls bei der Ermittlung Ihres Gesamtumsatzes hinzuzuaddieren. Liefern Sie Waren an eine in einem Drittstaat wohnhafte Privatperson oder einen dort ansässigen Unternehmer, ist dieser Umsatz in Deutschland steuerbar. Zwar wäre ein solcher Exportumsatz von der Umsatzsteuer befreit, wenn Sie den Ausfuhrnachweis führen (§ 4 Nr. 1 UStG). Das macht für Sie als Kleinunternehmer jedoch überhaupt keinen Sinn, weil die eigentlich anfallende Umsatzsteuer bei Ihnen ohnehin nicht erhoben wird.

Dienstleistungen gegenüber einer in einem anderen EU-Staat oder einem Drittstaat wohnhaften Privatperson sind grundsätzlich in Deutschland steuerbar (§ 3a Abs. 1 UStG). Es gibt von dieser Grundregel aber einige Ausnahmen → »Ausführungsort einer Leistung«.

Dienstleistungen gegenüber einem Unternehmer mit Sitz in einem anderen EU-Staat oder einem Drittstaat werden grundsätzlich dort erbracht, wo der die Leistung empfangende Unternehmer seinen Sitz hat. Damit liegt der Ort der Leistung im Ausland (§ 3a Abs. 2 UStG). Das bedeutet: Die Einnahmen aus diesen Dienstleistungen werden bei der Überprüfung der Kleinunternehmergrenze nicht berücksichtigt. Auch zu dieser Grundregel gibt es einige Ausnahmen → .

Nicht selten kommt es bei Leistungen an Unternehmer in anderen EU-Staaten zu einer sogenannten Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Das bedeutet: Die Umsätze bleiben zwar Ihre Umsätze, aber der Leistungsempfänger ist Schuldner der Umsatzsteuer und muss diese abführen. Hier spricht man vom Reverse-Charge-Verfahren (entsprechend dem in Deutschland geltenden § 13b UStG). Dass Sie in Deutschland als Kleinunternehmer eingestuft werden, zählt im anderen EU-Staat nicht. Der Leistungsempfänger muss trotzdem die Umsatzsteuer abführen →  »Umkehr der Steuerschuldnerschaft«.

Als Kleinunternehmer erbringen Sie Dienstleistungen gegenüber Unternehmern im Ausland? Soweit Sie für die Ausführung dieser Umsätze Eingangsleistungen beziehen, können Sie sich die aus den Rechnungen Ihrer Vorunternehmer ergebende Vorsteuer vom Finanzamt erstatten lassen. Bedingung ist: Sie optieren zur Regelbesteuerung → »Sie können auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichten«

Denn vom Vorsteuerabzug sind nur Vorsteuern ausgeschlossen, die auf bestimmte im Gesetz genau genannte steuerfreie Umsätze entfallen (§ 15 Abs. 2 UStG). Soweit Vorsteuern auf nicht steuerbare, weil im Ausland erbrachte Leistungen entfallen, werden diese durch das Finanzamt erstattet. Insoweit ist der Vorsteuerabzug nicht eingeschränkt!

Beispiel:

Herr Leo Thiel ist selbstständiger Unternehmensberater. Sein Büro unterhält er aus familiären Gründen in Bad Bergzabern an der französischen Grenze. In Deutschland erzielt er Umsätze von insgesamt 15.000,– €. Seine Hauptkunden sind jedoch in Frankreich ansässige Unternehmen. Hieraus resultieren Umsätze von insgesamt 200.000,– €.

Die gegenüber seinen unternehmerischen Kunden in Frankreich erbrachten Leistungen sind in Deutschland nicht steuerbar. Weil seine in Deutschland steuerbaren Umsätze weniger als 22.000,– € betragen, ist Herr Thiel Kleinunternehmer. Zwar muss er daher keine Umsatzsteuern zahlen, aber umgekehrt steht ihm auch kein Vorsteuerabzug zu. Die sich aus seinen Eingangsleistungen wie zum Beispiel aus Miete, Energiekosten, Anwaltskosten, Literatur, Fortbildungskosten, Tankrechnungen oder Werbeaufwendungen ergebende Vorsteuer kann Herr Thiel sich beim Finanzamt zurückholen, wenn er gegenüber dem Finanzamt auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichtet (§ 19 Abs. 2 UStG).

Übrigens: In Frankreich muss Herr Thiel keine Steuererklärung abgeben. Hier greift das sog. Reverse-Charge-Verfahren, wonach die die Beratungsleistungen empfangenden Unternehmer die Umsatzsteuer schulden.

Es wird deutlich, dass die Ermittlung des Gesamtumsatzes komplex sein kann. Einem Unternehmer können dabei Fehler unterlaufen, die zu einem zu hohen Ergebnis führen. Und das kann Folgen haben. Denn gehen Sie irrtümlicherweise davon aus, dass Sie die 22.000-Euro-Grenze überschritten haben, werden Sie im Folgejahr Ihren Kunden Umsatzsteuer in Rechnung stellen und diese an das Finanzamt abführen.

Bemerken Sie Ihren Irrtum, kann es zu spät sein. Denn haben Sie beim Finanzamt für das Folgejahr eine Umsatzsteuererklärung mit Ihren Umsätzen abgegeben, liegt aus Sicht des Finanzamts ein sogenannter konkludenter Antrag vor. Das heißt, Sie haben mit Ihrem Handeln, hier mit der Abgabe einer Umsatzsteuererklärung, den Antrag auf Verzicht auf den Kleinunternehmer-Status gestellt. Und ein solcher konkludenter Antrag bindet Sie fünf Jahre, in denen Sie Umsatzsteuer abführen müssen, auch wenn Ihre Umsätze immer unter der 22.000-Euro-Grenze liegen. Eine Anfechtung wegen Irrtums ist im Steuerrecht – anders als im Zivilrecht – nicht vorgesehen (BFH-Urteil vom 24.7.2013, XI R 14/11, BStBl. 2014 II S. 210).

Umsatzsteuer ist stets zu berücksichtigen

Kleinunternehmer haben bei der Berechnung ihres Gesamtumsatzes die Umsatzsteuer mit zu berücksichtigen. Das Gesetz definiert den Gesamtumsatz als: »Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer« – und unterscheidet dabei nicht zwischen regelbesteuerten Unternehmern und Kleinunternehmern.

Das lässt sich leicht missverstehen. Als Kleinunternehmer müssen Sie auf Ihren Umsatz die Umsatzsteuer nicht aufschlagen, weil der Begriff »Umsatz« im Umsatzsteuergesetz ohne Umsatzsteuer verstanden wird. Also sind die von Kleinunternehmern vereinnahmten (Brutto-)Einnahmen gemeint. Es fällt zwar Umsatzsteuer an, aber sie wird – aus Vereinfachungsgründen – nicht erhoben. Besonderheiten gelten, wenn die Steuerschuldnerschaft für Ihre Umsätze auf Ihren Kunden übergeht oder bei Umsätzen, die sich wegen Privatnutzung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern ergeben.

Beispiel:

Kleinunternehmerin Frau Sabine Braun ermittelt ihre tatsächlichen Einnahmen für das Jahr 2023. Frau Braun kommt auf Einnahmen von 21.800,– €. Da die 22.000-Euro-Grenze nicht überschritten ist, kann Frau Braun auch im Jahr 2024 von der Kleinunternehmer-Regelung profitieren.

Umgekehrt dürfen Sie als Kleinunternehmer zur Ermittlung des Jahresumsatzes aus Ihren (Brutto-)Einnahmen keine Umsatzsteuer herausrechnen. Denn der Gesamtumsatz wird immer als »Brutto« ermittelt. Dies gilt genauso für Regelbesteuerer, die prüfen wollen, ob sie sich künftig als Kleinunternehmer behandeln lassen wollen.

Beispiel:

Die Innenarchitektin Laura Priem unterliegt der Regelbesteuerung und stellt ihren Kunden Umsatzsteuer in Rechnung. Im Jahr 2023 sind ihre Einnahmen zurückgegangen und für das laufende Jahr 2024 rechnet Frau Priem mit einem Gesamtumsatz unter 50.000,– €. Sie will daher prüfen, ob sie ab 2024 zur Kleinunternehmer-Regelung wechseln kann.

In 2023 erzielte Frau Priem einen (Netto-)Umsatz in Höhe von 19.000,– €. Die Leistungen der Innenarchitektin unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 %. Zuzüglich der Umsatzsteuer betrugen die Einnahmen von Frau Priem damit 22.610,– € (19.000,– € × 119/100). Ihre Einnahmen liegen weiterhin über der Kleinunternehmer-Grenze und sie ist daher auch im laufenden Jahr 2024 keine Kleinunternehmerin.

Sie haben umsatzsteuerpflichtige Umsätze und wollen in Zukunft aber die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch nehmen? Dann dürfen Ihre Netto-Einnahmen im Vorjahr folgende Grenzen nicht überschreiten:

  • 18.487,– €, bei Besteuerung der Umsätze mit 19 %

  • 20.560,– €, bei Besteuerung der Umsätze mit 7 %.

Den Gesamtumsatz ermitteln

Um den maßgeblichen Gesamtumsatz zu ermitteln, müssen Sie alle Einnahmen zusammenrechnen, die Sie als Unternehmer im letzten Jahr erzielt haben. Zu berücksichtigen ist Ihre gesamte unternehmerische Tätigkeit. Darin enthalten sind die Einnahmen aller Betriebe, die Sie unterhalten, sowie alle anderen Tätigkeiten, die Sie als Unternehmer ausüben, wie zum Beispiel auch die steuerpflichtige Vermietung einer privaten Immobilie nach einer Option (§ 9 UStG).

Beispiel:

Bauingenieur Frank Tremmel ist seit zwei Jahren Inhaber eines Betriebes für Ingenieurdienstleistungen, durch den er im Jahr 2024 Einnahmen in Höhe von 18.000,– € erzielt hat. Im Jahr 2024 hat Herr Tremmel seine Geschäftstätigkeit ausgeweitet und einen eBay-Shop eröffnet, über den er Handelswaren aller Art verkauft. Die Einnahmen des zweiten Betriebes beliefen sich im Jahr 2024 auf 5.100,– €. Insgesamt ergibt sich damit ein Gesamtumsatz von 23.100,– € (18.000,– € + 5.100,– €). Da der Gesamtumsatz mehr als 22.000,– € beträgt, verliert Herr Tremmel für das Jahr 2025 den Kleinunternehmer-Status.

Unabhängig von der Art der Gewinnermittlung zählen zum Gesamtumsatz nur Beträge, die Ihnen im jeweiligen Jahr auch zugeflossen sind. Wenn Sie Ihren Gesamtumsatz berechnen, zählen also nicht die erzielten Umsätze und Ihre daraus resultierenden Rechnungen und/oder Forderungen. Einzig berücksichtigt werden die Ihnen tatsächlich zugeflossenen Beträge.

Was Sie bei Soll- und Istversteuerung beachten müssen

Gleiches gilt, wenn Sie im Vorjahr nicht Kleinunternehmer waren und prüfen wollen, ob Sie im neuen Jahr einen Anspruch auf die Kleinunternehmer-Regelung haben. Auch hier zählen nur die vereinnahmten Entgelte, selbst wenn Sie nach vereinbarten Entgelten (sog. Sollversteuerung) versteuern. Das ist der Fall, wenn Sie keinen Antrag auf die Istversteuerung gestellt haben sollten. Das ist aber regelmäßig sehr zu empfehlen.

Der Unterschied zwischen Ist- und Sollversteuerung liegt im Zeitpunkt der Versteuerung der erbrachten Umsätze. Bei der Sollversteuerung werden diese früher versteuert, nämlich wenn der Umsatz erbracht wurde. Bei der Istversteuerung fällt die Umsatzsteuer dagegen erst mit Zufluss der Einnahmen an.

Versteuern Sie nach vereinbarten Entgelten, haben Sie also die Sollbesteuerung gewählt, können Sie die von Ihnen erklärten (nach vereinbarten Entgelten ermittelten) Umsätze als Ausgangsbasis verwenden. Rechnen Sie zunächst in »Brutto« um. Wenn Sie anschließend Ihre zum 1.1. bestehenden Kundenforderungen hinzuzählen und die zum 31.12. abziehen, erhalten Sie die Ihnen im Kalenderjahr tatsächlich zugeflossenen Beträge und damit den Gesamtumsatz im Sinne der Kleinunternehmer-Regelung.

Beispiel:

Heinz Michel ist nebenberuflich als Schriftsteller tätig und versteuert seine Einnahmen nach vereinbarten Entgelten. Denn einen Antrag auf Istversteuerung hat er bisher nicht gestellt. Die von ihm erklärten Umsätze in der Umsatzsteuererklärung 2024 belaufen sich auf 21.000,– €. Die darauf entfallende Umsatzsteuer beträgt 1.470,– € (7 %). Seine Kundenforderungen zum 1.1.2024 belaufen sich auf 2.000,– €. Zum 31.12.2024 sind es 3.000,– €.

Herr Michel kann für 2025 die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch nehmen. Ihm sind in 2024 insgesamt 21.470,– € Einnahmen zugeflossen. Dem erklärten Brutto-Jahresumsatz 2024 werden die im Vorjahr versteuerten, aber erst in 2024 vereinnahmten Umsätze hinzugerechnet und die in 2024 versteuerten, aber erst in 2024 (oder später) zufließenden Umsätze davon wieder abgezogen (22.470,– € + 2.000,– € vereinnahmter Umsatz des Vorjahres ./. 3.000,– € ausstehender, im Folgejahr eingehender Umsatz). Das ist der maßgebliche Gesamtumsatz.

Bei der Umsatzprognose für das laufende Jahr und der Frage, ob Sie die 50.000-Euro-Grenze überschreiten könnten, stehen die tatsächlichen Einnahmen naturgemäß noch nicht fest. Ermittelt wird daher der voraussichtliche Jahresumsatz – und zwar nach den gleichen Regeln wie der Umsatz des Vorjahres. Der einzige Unterschied: Sie müssen die Einnahmen schätzen.

Private Nutzung von Gegenständen

Nutzen Sie als Selbstständiger einen Gegenstand des Betriebsvermögens auch privat, müssen Sie bei der Gewinnermittlung eine Korrektur vornehmen. Da Sie alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Gegenstand angefallen sind, als Betriebsausgaben angesetzt haben, müssen Sie den Teil der Kosten, der auf die Privatnutzung fällt, wieder als fiktive Einnahme Ihrem Gewinn zurechnen.

Sie sind Kleinunternehmer: Keine Hinzurechnung zum Gesamtumsatz

Sind Sie Kleinunternehmer, erfolgt diese Hinzurechnung aber nur bei der Gewinnermittlung für Zwecke der Einkommensteuer, nicht bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes für die Kleinunternehmergrenze. Haben Sie als Kleinunternehmer einen Gegenstand Ihres Unternehmens privat genutzt, erhöhen die auf Ihren Privatbereich entfallenden Kosten nicht Ihren Gesamtumsatz.

Weshalb? Als Kleinunternehmer können Sie bei der Anschaffung von Gegenständen keine Vorsteuer ziehen. Das ist aber Bedingung dafür, dass die private Nutzung von Gegenständen steuerbar ist. Und nur steuerbare Umsätze zählen bei der Berechnung des Gesamtumsatzes (BFH-Urteil vom 15.9.2011, V R 12/11, BFH/NV 2012 S. 457, Abschn. 19.3 Abs. 1 UStAE).

Beispiel:

Die Modedesignerin Jasmin Alrich ist seit mehreren Jahren nebenberuflich selbstständig tätig. Seit Aufnahme ihrer selbstständigen Tätigkeit profitiert Frau Alrich von der Kleinunternehmer-Regelung. Ihre Einnahmen aus dem Kundengeschäft belaufen sich in 2023 auf 20.000,– €. Der Gewinn hieraus beträgt 10.000,– €. Ihren in 2023 erworbenen Betriebs-Pkw, dessen Abschreibung und laufende Kosten sie in zutreffender Weise als Betriebsausgaben berücksichtigt hat, nutzt sie im Jahr 2023 überwiegend für private Fahrten.

Wegen der Privatnutzung des Pkw ergibt sich bei Frau Alrich ein Wert von 5.000,– €, den die Unternehmerin in ihrer einkommensteuerlichen Gewinnermittlung 2023 als Einnahmen und damit gewinnerhöhend berücksichtigen muss. Demgegenüber wird bei der Ermittlung des Kleinunternehmer-Gesamtumsatzes des Jahres 2023 dieser (nicht steuerbare) Umsatz nicht angesetzt. Damit kann Frau Alrich auch für 2024 die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch nehmen.

Bei der Regelbesteuerung erhöht die Privatnutzung die Einnahmen

Anders sieht es aus, wenn Sie der Regelbesteuerung unterliegen und wissen wollen, ob Sie die 22.000-Euro-Grenze unterschreiten. In diesem Fall haben Sie bei Anschaffung des Gegenstands Vorsteuer geltend machen können und daher ist die private Nutzung steuerbar. Die Folge: Die Umsätze durch die Privatnutzung zählen bei der Überprüfung der Kleinunternehmergrenze mit.

Beispiel:

Frau Alrich aus dem vorigen Beispiel hat im Jahr 2022 die 22.000-Euro-Grenze überschritten. Als Folge konnte sie im Folgejahr 2023 die Kleinunternehmer-Regelung nicht in Anspruch nehmen. Daher hat sie auch bei Anschaffung ihres Betriebs-Pkw im Jahr 2023 die Vorsteuer geltend gemacht.

Für 2024 kann Frau Alrich die Kleinunternehmer-Regelung ebenfalls nicht in Anspruch nehmen. Denn weil sie die Vorsteuer für den Pkw beansprucht hat, muss im Gegenzug die private Nutzung versteuert werden. Und der daraus resultierende Umsatz von 5.000,– € zuzüglich der entstehenden Umsatzsteuer von 950,– € erhöht den Gesamtumsatz für 2023. Dieser beträgt somit. 20.000,– € + 5.000,– € + 950,– € = 25.950,– €.

Verkauf oder Entnahme von Anlagevermögen

Ob bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes auch Umsätze durch Entnahme von Gegenständen anzusetzen sind, ist teilweise unklar. Eine Regelung gibt es nur für die Entnahme von Anlagevermögen, und zwar im Umsatzsteuergesetz (siehe nachfolgenden Punkt). Offen bleibt, wie Umsätze durch Entnahme von anderen Gegenständen wie Waren oder Verbrauchsgegenständen behandelt werden. Hierzu gibt es weder im Gesetz noch im UStAE eine Aussage. Nach unserer Meinung kann es hier keinen Unterschied geben. Denn auch diese Umsätze sind nur dann steuerbar, wenn bei ihrer Anschaffung Vorsteuer geltend gemacht werden konnte. Und das ist bei Kleinunternehmern nicht möglich.

Ob die Kleinunternehmer-Regelung anwendbar ist, soll sich allein nach dem Umfang der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmers richten. Die aus dem Verkauf und der Entnahme von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens entstehenden Einnahmen bleiben bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes daher außen vor (§ 19 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Ebenso bleibt der Umsatz aus dem Verkauf von entsprechenden Wirtschaftsgütern unberücksichtigt, die zwar einkommensteuerlich Privatvermögen sind, aber gleichwohl umsatzsteuerlich zum Unternehmensvermögen zählen. Verkauft beispielsweise ein nichtgewerblicher Vermieter Einrichtungsgegenstände, werden die Einnahmen nicht angesetzt (Abschn. 19.1 Abs. 6 UStAE).

Diese umsatzsteuerfreien Umsätze zählen nicht

Bestimmte steuerfreie Umsätze eines Unternehmers sollen die Höhe des Gesamtumsatzes im Sinne der Kleinunternehmer-Regelung nicht beeinflussen. Dazu gehören insbesondere Einnahmen

  • als Bausparkassen- oder Versicherungsvertreter (§ 4 Nr. 11 UStG);

  • aus der steuerfreien Vermietung und Verpachtung von Grundstücken (§ 4 Nr. 12 Bstb. a UStG). Wird zur Umsatzsteuerpflicht optiert, zählen die Umsätze allerdings mit;

  • aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Hebamme oder ähnlichen Heilberufen (§ 4 Nr. 14 UStG);

  • bestimmter Privatschulen und selbstständiger Lehrer (§ 4 Nr. 21 UStG);

  • aus ehrenamtlicher Tätigkeit (§ 4 Nr. 26 UStG).

Der Begriff des Kleinunternehmers ist daher etwas irreführend. Denn selbst Unternehmer mit Millionenumsätzen können von der Kleinunternehmer-Regelung profitieren, wenn sie – fast ausschließlich – umsatzsteuerfreie Umsätze tätigen wie etwa Humanmediziner oder Versicherungsvertreter.

Beispiel:

Der selbstständige Orthopäde Winfried Orth erzielt im Jahr 2023 steuerfreie Umsätze in Höhe von 500.000,– € (§ 4 Nr. 14 UStG). Zusätzlich erhält Herr Orth im Jahr 2023 für ärztliche Gutachten insgesamt 20.000,– €. Die Leistungen eines Gutachters sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.

Die erhaltenen Arzthonorare in Höhe von insgesamt 500.000,– € zählen nicht zum Gesamtumsatz im Sinne der Kleinunternehmer-Regelung, wohl aber die Einnahmen in Höhe von 20.000,– € aus der Tätigkeit als Gutachter. Somit liegt der Gesamtumsatz von Herrn Orth im Jahr 2023 bei lediglich 20.000,– €. Als Kleinunternehmer muss Herr Orth daher in 2024 keine Umsatzsteuer bezahlen.

Umsätze bei Umkehr der Steuerschuldnerschaft

Es zählen nur die Umsätze, die Sie als Unternehmer ausführen. Umsätze, für die Sie als Leistungsempfänger Steuerschuldner sind, sind nicht anzusetzen. Beispielsweise können dies an Sie erbrachte sonstige Leistungen eines ausländischen Unternehmers sein.

Umgekehrt müssen Sie die Umsätze einbeziehen, für die Ihr Kunde als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet. Und auch wenn Sie in Ihrer Rechnung keine Umsatzsteuer ausweisen, muss für die Berechnung des Gesamtumsatzes die Umsatzsteuer hinzugerechnet werden (Abschn. 19.1 Abs. 2 UStAE).

Beispiel:

Trockenbauer Karim Demir fragt sich, ob er Kleinunternehmer ist, weil er keine Umsatzsteuer an das Finanzamt zu bezahlen hat. Er arbeitet ausschließlich als Subunternehmer für andere Bauunternehmer. Sein Gesamtumsatz beträgt 70.000,– €. In seinen Rechnungen weist er zutreffend mit der Aussage »Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers« darauf hin, dass für die von ihm erbrachten Bauleistungen der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet und an das Finanzamt abzuführen hat.

Herr Demir ist wegen der Höhe seiner Umsätze kein Kleinunternehmer. Er schuldet dem Finanzamt für die von ihm erbrachten Leistungen keine Umsatzsteuer, weil für die von ihm erbrachten Bauleistungen das sog. Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung kommt.

Gesamtumsatz bei Anwendung der Differenzbesteuerung

Beim Verkauf bestimmter, gebraucht erworbener Gegenstände darf ein Unternehmer als Bemessungsgrundlage für die zu entrichtende Umsatzsteuer grundsätzlich lediglich die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis heranziehen, wenn er sog. »Wiederverkäufer« ist. Infolgedessen fällt die Umsatzsteuer bei der Differenzbesteuerung deutlich niedriger aus als bei der Regelbesteuerung. Bei der Berechnung des Gesamtumsatzes werden die tatsächlichen Einnahmen und nicht nur die nach Abzug des betrieblichen Aufwandes verbleibende Differenz berücksichtigt (EuGH-Urteil vom 29.7.2019, C-388/18, DStR 2019, S. 1685, Abschn. 19.3 Abs. 1 UStAE).

Beispiel:

Frau Dörr erzielt in 2023 mit ihrem Secondhandladen Einnahmen und damit einen Umsatz von 24.000,– €. Für den Einkauf der Waren hat sie 19.000,– € ausgegeben.

Frau Dörr ist für 2024 keine Kleinunternehmerin. Ihr Vorjahres-Umsatz beträgt mehr als 22.000,– €. Sie muss daher die Differenzbesteuerung anwenden und 798,32 € (19/119 von 5.000,– €) Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.

2.2 Gesamtumsatz im Vorjahr über 22.000,– €

Lag Ihr Gesamtumsatz zuzüglich Umsatzsteuer im Vorjahr über 22.000,– €, brauchen Sie sich keine weiteren Gedanken mehr über den Kleinunternehmer-Status zu machen. Im aktuellen Jahr können Sie kein Kleinunternehmer sein. Das gilt selbst dann, wenn Sie bereits zu Beginn des neuen Jahres wissen, dass Ihr Umsatz unter die Grenze von 22.000,– € fällt (BFH-Beschluss vom 18.10.2007, V B 164/06, BStBl. 2008 II S. 400).

Beispiel:

Samira Abt teilt als selbstständige Influencerin ihre Erfahrungen als Mutter von zwei Kindern mit ihren Followern. Bis einschließlich 2022 lag sie mit ihren Umsätzen unter der Umsatzgrenze für Kleinunternehmer. Im Jahr 2023 geht sie eine sehr lukrative Kooperation mit einem Hersteller für Fahrrad-Kinderanhänger ein und erzielt daher einen Umsatz in Höhe von 24.350,– €. Da sie in 2024 wieder in Teilzeit in ihr früheres Arbeitsverhältnis zurückkehren möchte, rechnet sie mit einem deutlichen Umsatzrückgang, denn ihr bleibt dann sehr viel weniger Zeit für ihre Influencer-Tätigkeit. Sie weiß somit bereits zu Beginn des Jahres 2024, dass ihr Umsatz im neuen Jahr definitiv unter 22.000,– € liegen wird.

Frau Abt ist für 2024 keine Kleinunternehmerin, sondern unterliegt der Regelbesteuerung. Für die Umsätze in 2024 muss sie Umsatzsteuer abführen. Beträgt ihr Umsatz in 2024 tatsächlich nicht mehr als 22.000,– €, ist sie aber ab 2025 wieder Kleinunternehmerin.

2.3 Umsatz: Vorjahr bis 22.000,– €, aktuelles Jahr voraussichtlich bis 50.000,– €

Lag Ihr Umsatz im Vorjahr nicht über 22.000,– €, können Sie im Folgejahr Kleinunternehmer sein, und zwar unabhängig davon, ob Sie im Vorjahr Kleinunternehmer oder Regelbesteuerer waren. Dafür darf Ihr voraussichtlicher Umsatz im laufenden Jahr maximal 50.000,– € betragen. Maßgeblich ist allein Ihre Prognose am 1.1. des Jahres.

Beispiel:

Tierärztin Hanna Braun war bis Ende 2023 nur nebenberuflich selbstständig tätig. Ihre Einnahmen und damit Jahresumsätze lagen bis dahin nie über 15.000,– €. Im Dezember 2023 schließt Frau Braun mit der Bundestierärztekammer einen Honorarvertrag, der ihr ab Januar 2024 monatliche Mehreinnahmen von 5.000,– € verschafft und bis Ende 2025 befristet ist. Da Frau Braun bereits zu Beginn des Jahres 2024 weiß, dass ihr Jahresumsatz 50.000,– € überschreiten wird, ist sie verpflichtet, ab 2024 auf ihre Leistungen Umsatzsteuer abzuführen.

Da sich die 50.000-Euro-Grenze auf das gerade begonnene und damit noch laufende Jahr bezieht, muss der Jahresumsatz naturgemäß geschätzt werden. Ihre Schätzung machen Sie nach bestem Wissen und Gewissen zu Beginn des Jahres. Gewöhnlich verlangen die Finanzämter keine Aufzeichnungen über den voraussichtlichen Umsatz im nächsten Jahr.

Zu Beginn des Jahres sollten Sie sich nicht nur Gedanken über Ihre Umsatzentwicklung machen, sondern das Ergebnis auch schriftlich festhalten und bei Ihren Steuerunterlagen aufbewahren. Denn sollte es später zu Rückfragen Ihres Finanzamtes kommen, können Sie belegen, dass nach Ihrer Prognose zu Beginn des Jahres nicht mit dem Überschreiten der Grenze von 50.000,– € zu rechnen war.

In den allermeisten Fällen wird der tatsächlich erzielte Umsatz vom geschätzten Wert abweichen. Liegt der Jahresumsatz dann tatsächlich über 50.000,– €, macht das für das laufende Jahr nichts. Ihren Kleinunternehmer-Status verlieren Sie erst für das darauffolgende Jahr.

Beispiel:

Marco Araci ist angestellt und seit vier Jahren nebenberuflich selbstständig als Reisejournalist tätig. Seit Gründung seines Unternehmens ist er Kleinunternehmer. Er erzielte im Jahr 2023 Einnahmen und damit einen Jahresumsatz von 14.520,– €. Für 2024 rechnete Herr Araci zwar mit einem höheren Jahresumsatz, der aber weiterhin deutlich unter der 50.000-Euro-Grenze liegt. Aus diesem Grund entschied sich Herr Araci, auch im Jahr 2024 auf den Ausweis von Umsatzsteuer zu verzichten.

Für 2024 plant er eine Reise in den Himalaja und schildert in einem Artikel seine Planungen und Vorbereitungen. »Far-away«, ein Hersteller für Reiseausrüstung, wird dadurch auf ihn aufmerksam und bietet ihm eine Kooperation an. In einem Reiseblog soll Marco Araci über seine Reise und dabei auch von den Einsätzen und Vorteilen der verschiedenen Produkte von »Far-away« berichten. Für diese Kooperation erhält Herr Araci von »Far-away« 25.000,– €.

Nach Abgabe seiner Steuererklärung 2024 erkundigt sich das Finanzamt bei Herrn Araci nach den Gründen für den beträchtlichen Umsatzanstieg. Er klärt das Finanzamt darüber auf, dass zu Beginn des Jahres 2024 noch kein Kontakt zu »Far-away« bestand und er auch nicht mit so einer Kooperation und dem damit verbundenen Umsatz gerechnet hat. Damit ist klar, dass Herr Araci für das Jahr 2024 noch als Kleinunternehmer anzusehen ist. Umsatzsteuer muss er für dieses Jahr daher nicht zahlen!

Zu einer Steuernachforderung für das Jahr, in dem die 50.000-Euro-Grenze überschritten wurde, kann es nur kommen, wenn Ihre Schätzung wissentlich zu niedrig ausgefallen ist. Wird dies dem Finanzamt bekannt, kommt es neben der Nachforderung möglicherweise auch noch zu einem Strafverfahren. Nicht zuletzt deswegen sollten Sie im Zweifel nachvollziehbare Aufzeichnungen über Ihre Überlegungen zu Beginn des Jahres anfertigen.

Wechseln Sie zu Beginn eines Jahres von der Regelbesteuerung zum Kleinunternehmer-Status, weil Ihr Vorjahresumsatz unter 22.000,– € lag und die Umsätze dieses Jahres voraussichtlich nicht mehr als 50.000,– € betragen werden, dürfen Sie auf Ihre im neuen Jahr ausgeführten Ausgangsumsätze keine Umsatzsteuer mehr erheben. Sie sind nicht verpflichtet, dem Finanzamt den Übergang zum Kleinunternehmer-Status ausdrücklich mitzuteilen. Sind Sie aber bisher zur Abgabe von Voranmeldungen verpflichtet gewesen, wird das Finanzamt diese anmahnen, wenn Sie keine mehr abgeben. Daher empfiehlt sich eine kurze Mitteilung an das Finanzamt, dass Sie künftig keine Voranmeldungen mehr abgeben müssen. Hier können Sie auch darlegen, dass Sie nach Ihrer Prognose im laufenden Jahr nicht mit Umsätzen von mehr als 50.000,– € rechnen.

Beispiel:

Gabriele Kober ist seit vielen Jahren selbstständig als Architektin tätig und hat bislang nicht von der Kleinunternehmer-Regelung Gebrauch gemacht. Im Jahr 2023 bekommt Familie Kober Zuwachs. Da Frau Kober möglichst viel Zeit mit ihrem Kind verbringen möchte, schränkt sie ihre berufliche Tätigkeit erheblich ein. Im Jahr 2023 fallen ihre Einnahmen (Umsatz zuzüglich Umsatzsteuer) unter 22.000,– €. Ab dem Jahr 2024 erhebt die Architektin auf ihre Ausgangsleistungen keine Umsatzsteuer mehr und verzichtet fortan auf die Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Frau Kober ist ab dem 1.1.2024 Kleinunternehmerin.

2.4 Zum Jahreswechsel den Umsatz feststellen

Bisher waren Sie Kleinunternehmer

Im eigenen Interesse sollten Kleinunternehmer schon am Ende eines Jahres den Umsatz des abgelaufenen Jahres feststellen. Denn wurde im Vorjahr die 22.000-Euro-Grenze überschritten, gehört der Kleinunternehmer-Status im neuen Jahr auf jeden Fall der Vergangenheit an. Die ausgeführten Leistungen werden dann ab dem 1.1. des Folgejahres regulär besteuert, und zwar ohne dass es dafür einer ausdrücklichen Mitteilung des Finanzamtes bedarf.

Ist sich ein ehemaliger Kleinunternehmer seiner Umsatzsteuerpflicht nicht bereits zu Beginn des Jahres bewusst, tritt folgende Situation ein: Er wird auch weiterhin keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen und auch keine Steuer an das Finanzamt abführen.

Bis das Finanzamt auf den Fehler aufmerksam wird, kann einige Zeit vergehen. Der Unternehmer muss dann seine Umsätze nachversteuern. Und je mehr Zeit bis zur Aufdeckung des Fehlers vergangen ist, desto mehr Umsätze sind aufgelaufen und damit auch Steuerschulden zusammengekommen.

Beispiel:

Tischlermeister Robert Pohl hat sich im Januar 2021 im Nebenberuf selbstständig gemacht und nimmt seitdem die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch. Im Jahr 2022 betrug der Gesamtumsatz von Herrn Pohl 16.200,– € inklusive Umsatzsteuer. 2023 lagen die gesamten Einnahmen bereits bei 23.015,– €. Obwohl Herr Pohl die Kleinunternehmer-Regelung nur bis einschließlich 2023 in Anspruch nehmen darf und seine Umsätze ab dem 1.1.2024 der Regelbesteuerung unterliegen, führte der Tischler auch im Jahr 2024 aus Unkenntnis keine Umsatzsteuer an das Finanzamt ab.

Im Zuge der Einkommensteuerveranlagung 2024 im März 2025 weist das Finanzamt Herrn Pohl auf die seit Anfang 2024 bestehende Umsatzsteuerpflicht hin und fordert ihn auf, eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2024 abzugeben. Die Einnahmen von Herrn Pohl für 2024 betragen laut der Einkommensteuererklärung 26.700,– €. Das ist das, was Herr Pohl von seinen Kunden eingenommen hat. Aus Sicht des Finanzamtes ist in diesem Betrag daher die für das Jahr 2024 geschuldete Umsatzsteuer in Höhe von 4.263,02 € (26.700,– € × 19/119) enthalten.

Diese muss er an das Finanzamt abführen. Weil er dieses Geld nicht mehr nachträglich von seinen Kunden einfordern kann, verringert sich damit sein Gewinn des Jahres 2024. Um seine Umsatzsteuer-Zahllast zu mindern, kann Herr Pohl die ihm selbst in Rechnung gestellte Umsatzsteuer, z.B. aus dem Einkauf von Material, als Vorsteuer geltend machen.

Meistens wird ein Unternehmer die fällige Steuernachzahlung aus der eigenen Tasche begleichen müssen. Wurden Bargeschäfte getätigt, kann die Umsatzsteuer im Nachhinein nicht mehr von den Kunden verlangt werden. Bei Verkäufen gegen Rechnung besteht zwar die Möglichkeit der Rechnungskorrektur. Mit der Zahlung nachträglich und damit zusätzlich in Rechnung gestellter Umsatzsteuer ist aber allenfalls bei zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern zu rechnen, da sich die Umsatzsteuer hier nicht kostensteigernd auswirkt. Ein Rechtsanspruch auf Durchsetzung einer nachträglichen Umsatzsteuerforderung besteht in der Regel jedoch nicht.

Sie haben im Vorjahr die 22.000-Euro-Grenze überschritten, aber wegen eines Irrtums im Folgejahr von Ihren Kunden keine Umsatzsteuer verlangt? Dann stellen Sie einen Antrag auf Erlass der Steuer.

Aber viel Hoffnung sollten Sie sich nicht machen. Wenn überhaupt, bestehen Chancen nur, wenn der Irrtum entschuldbar ist und Sie nachweisen können, dass Sie Ihre Preise ohne Umsatzsteuer kalkuliert haben. Kein Grund ist, wenn Sie nur einmal oder nur geringfügig die 22.000-Euro-Grenze überschritten haben.

Bisher waren Sie Regelbesteuerer

Auch Unternehmer, deren Umsätze der Regelbesteuerung unterliegen, sollten am Ende eines Jahres die 22.000-Euro-Grenze überprüfen. Betrug im Vorjahr ihr Umsatz zuzüglich Umsatzsteuer nicht mehr als 22.000,– €, besteht ein Anspruch auf die Kleinunternehmer-Regelung im Folgejahr.

Sollten Sie künftig als Kleinunternehmer von Ihren Kunden dieselben Preise verlangen wie als Regelbesteuerer, ist dies für Sie gut und für das Finanzamt unproblematisch. Auch wenn Sie die Umsatzsteuer in Ihre Preise einkalkuliert haben, wird sie nicht erhoben. Nur falls Sie sich als Kleinunternehmer behandeln lassen, aber aus Unwissenheit weiter in Ihren Rechnungen Umsatzsteuer offen ausweisen, schulden Sie diese dem Finanzamt. Aber dann sollten Sie prüfen, ob Sie diese Rechnungen berichtigen und sich die Steuer wieder zurückholen können.

2.5 Wenn die Umsätze stark schwanken

Da es jeweils vom Umsatz des Vorjahres abhängt, ob Sie im nächsten Jahr Kleinunternehmer sind, kann es zu einem häufigen Wechsel zwischen Regelbesteuerung und Kleinunternehmer-Status kommen. Das ist leider nicht zu verhindern. Die 22.000-Euro-Grenze ist eine starre Betragsgrenze, die jedes Jahr neu zu prüfen ist.

Beispiel:

Ute Berg arbeitet seit Anfang 2019 selbstständig als Fotografin. Im Jahr der Betriebseröffnung wurde Frau Berg vom Finanzamt als Kleinunternehmerin eingestuft. Im Zeitraum 2020 bis 2023 erzielte sie folgende Einnahmen und damit Umsätze (gegebenenfalls inklusive Umsatzsteuer):

Jahr

Umsatz inkl. Umsatzsteuer

Status im Folgejahr

2020:

4.300,– €

2021: Kleinunternehmer

2021:

15.600,– €

2022: Kleinunternehmer

2022:

23.100,– €

2023: Regelbesteuerer

2023:

17.300,– €

2024: Kleinunternehmer

In den Jahren 2020 und 2021 liegt der Jahres-Umsatz von Frau Berg unter 22.000,– €. Bis einschließlich 2022 profitiert Frau Berg daher von der Kleinunternehmer-Regelung.

Im Jahr 2022 überschreitet der Jahres-Umsatz die 22.000-Euro-Grenze. Das hat Folgen für das Jahr 2023. Die Umsätze der Fotografin in 2023 unterliegen der Regelbesteuerung. Frau Berg muss Umsatzsteuer an das Finanzamt zahlen. Sie muss aus den Einnahmen 2023 die Umsatzsteuer rausrechnen. Die Umsatzsteuer beträgt 2.762,18 € (17.300,– € × 19/119). Davon zieht Frau Berg noch die Ihr von anderen Unternehmern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für in 2023 erbrachte Leistungen als Vorsteuer ab. Den Restbetrag muss Frau Berg an das Finanzamt zahlen. Weil im Jahr 2023 der Umsatz wieder weniger als 22.000,– € beträgt, kehrt Frau Berg im Jahr 2024 wieder zum Kleinunternehmer-Status zurück.

An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig es ist, auf die 22.000-Euro-Grenze zu achten. Schon das einmalige Überschreiten der Betragsgrenze löst Folgen aus.

Ihre Umsätze schwanken um die 22.000-Euro-Grenze? Wenn es Ihnen möglich ist, sollten Sie mit Ihren Kunden die Zahlung der Rechnungsbeträge so vereinbaren, dass Sie möglichst immer die Grenze nicht überschreiten.

Beispiel:

Für Frau Berg aus dem vorigen Beispiel wäre es gut gewesen, wenn sie von den Einnahmen des Jahres 2022 mindestens 1.100,– € entweder in das Jahr 2021 hätte vorziehen oder nach hinten in das Jahr 2023 verschieben können. Dann wäre ihr nicht nur der finanzielle Verlust aus der Umsatzsteuerzahlung an das Finanzamt erspart geblieben, sondern auch der ganze damit zusammenhängende Verwaltungsaufwand.

Bei manchen Unternehmern gibt es Jahre mit recht hohen Umsätzen und zwischendurch Jahre mit sehr niedrigen oder sogar überhaupt keinen Umsätzen. Auch wenn zeitweilig keine Umsätze ausgeführt werden, liegt trotzdem kein Ende der unternehmerischen Betätigung vor, sofern die Absicht besteht, das Unternehmen weiterzuführen. Das gilt selbst dann, wenn sich die Unterbrechung der Tätigkeit über einen längeren Zeitraum erstreckt (OFD Karlsruhe vom 28.2.2012, S 7360, USt-Kartei BW). Auch in diesen Fällen bleibt also der Vorjahresumsatz ausschlaggebend für die Anwendung der Kleinunternehmer-Regelung im nächsten Jahr.

2.6 Sonderregeln für Existenzgründer

Umsatzgrenze im Jahr der Unternehmenseröffnung

Wenn Sie mit Ihrem Unternehmen beginnen, müssen Sie im umfangreichen »Fragebogen zur steuerlichen Erfassung« auch Angaben zum Kleinunternehmer-Status machen. Diesen je nach Rechtsform unterschiedlich ausgestalteten Fragebogen müssen Sie online über www.elster.de abgeben.

Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung sollen Sie auch Ihre Steuernummer angeben. Haben Sie bisher noch keine Steuernummer vom Finanzamt? Dann können Sie den Fragebogen trotzdem online abgeben. Denn im Fragebogen besteht die Möglichkeit, eine Steuernummer zu beantragen. Hierzu wählen Sie in Drop-down-Feldern zunächst Ihr Bundesland und das für den Ort der Leitung Ihres Unternehmens zuständige Finanzamt aus.

Im Fragebogen werden Sie auch nach den von Ihnen jeweils zu schätzenden Summen der Umsätze im Jahr der Betriebseröffnung und im Folgejahr gefragt. Allerdings gibt es bei Ihnen im Jahr der Eröffnung des Unternehmens naturgemäß keinen Vorjahresumsatz. Aus diesem Grund wird die 22.000-Euro-Grenze im ersten Jahr ausnahmsweise auf das laufende und nicht das vorangegangene Jahr angewandt. Hierfür müssen Sie den voraussichtlichen Umsatz des ersten Jahres schätzen.

Wurde die unternehmerische Tätigkeit nicht zum 1.1., sondern im Laufe des Jahres aufgenommen, ist der erwartete Umsatz auf einen Jahreswert umzurechnen. Denn die 22.000-Euro-Grenze bezieht sich stets auf ein Jahr. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Hochrechnung ist, wann die unternehmerische Tätigkeit beginnt. Hier zählen bereits konkrete nach außen gerichtete und auf Ausführung entgeltlicher Leistungen gerichtete rechtserhebliche Vorbereitungshandlungen. Beispielsweise sind dies Leistungsbezüge, die zum Vorsteuerabzug berechtigen wie das Anmieten von Räumen oder der Einkauf von Waren. Eine der Gründung des Unternehmens vorangehende Schulung reicht hingegen noch nicht (BFH-Urteil vom 17.9.1998, V R 28/98, BStBl. 1999 II S. 146; BFH-Urteil vom 21.4.2021, XI R 12/19, BFH/NV 2021 S. 1618).

Bei der Umrechnung auf ein Jahr ist ein angefangener Monat grundsätzlich als voller Monat anzusehen. Eine Ausnahme gilt, wenn eine Hochrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Gesamtumsatz führt (§ 19 Abs. 3 Satz 4 UStG).

Beispiel:

Herbert Malter beginnt sein Unternehmen am 2.3.2024. Bis zum 31.12.2024 rechnet Herr Malter mit einem Gesamtumsatz (Einnahmen) von 18.350,– €.

Bei einer Umrechnung mit Monaten zählt der März mit. Der hochgerechnete Jahresgesamtumsatz beträgt 22.020,– € (18.350,– €/10 × 12). Die Umrechnung mit Tagen ist günstiger. Danach beträgt der Jahresgesamtumsatz lediglich 21.959,84 € (18.350,– €/305 × 365). Herr Malter kann 2024 als Kleinunternehmer behandelt werden.

In einem Schaltjahr wie 2024 ist u.E. trotzdem mit 365 und nicht mit 366 Tagen zu kalkulieren. Die Verwaltung rechnet an anderer Stelle mit 365 Tagen ohne eine Aussage zu treffen, ob und wie in einem Schaltjahr vorzugehen ist (Abschn. 9.2 Abs. 3 UStAE). Und eine tagesweise Berechnung mit einer Grundlage von 366 Tagen gibt es im Steuerrecht nicht. Weil es keine Verwaltungsmeinung und auch keine diesbezügliche Rechtsprechung zu § 19 UStG gibt, ist mit 365 Tagen zu rechnen. Zudem führt dies zu einem niedrigeren, hochgerechneten Umsatz und ist damit im Zweifel für Sie günstiger.

Denken Sie daran: Die unternehmerische Tätigkeit beginnt nicht erst mit der Ausführung der ersten Umsätze oder den ersten Einnahmen, sondern viel früher. Sie beginnt bereits mit dem ersten nach außen gerichteten Tätigwerden im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit. Und bereits in diesem Jahr beginnen Sie mit Ihrem Unternehmen.

Erzielen Sie im ersten Jahr Ihres Unternehmertums nur ganz geringe Umsätze, können Sie dadurch in diesem Jahr und möglicherweise auch noch im Folgejahr als Kleinunternehmer behandelt werden. Aber den Zeitpunkt der Unternehmensgründung genau zu bestimmen, ist manchmal nicht einfach.

Beispiel:

Rechtsanwältin Luisa Rausch ist in einer großen Anwaltskanzlei angestellt und beabsichtigt, sich selbstständig zu machen. Ende Juni 2023 kündigt die Rechtsanwältin ihr Arbeitsverhältnis zum 30.9.2023. Da Frau Rausch von ihrem Arbeitgeber freigestellt wird, kann sie bereits Anfang Juli mit der Suche nach geeigneten Büroräumen beginnen. Ende September eröffnet sie ihre Kanzlei; im Oktober verbucht sie die erste Einnahme. Bis zum 31.12.2023 erzielt sie Umsätze von 5.000,– €.

Die unternehmerische Tätigkeit von Frau Rausch beginnt bereits im Juli 2023, da sie in diesem Monat die erste Handlung vornimmt, die eine Verbindung zu ihrer künftigen selbstständigen Tätigkeit aufweist: die Suche nach geeigneten Büroräumen. Der hochgerechnete Jahresumsatz beträgt 10.000,– € (5.000,– €/6 × 12). Daher kann Frau Rausch in 2023 als Kleinunternehmerin behandelt werden. Liegt der zu Beginn des Jahres 2024 geschätzte Umsatz unter 50.000,– €, gilt dies auch noch für 2024.

Probleme wird das Finanzamt möglicherweise machen, wenn Sie im Gründungsjahr noch keine Umsätze erzielt haben und im Folgejahr mit Ihren Umsätzen bereits die 22.000-Euro-Grenze überschreiten. Stellt das Finanzamt darauf ab, dass als Gründung erst die tatsächlichen Umsätze zählen, wird es allein auf die 22.000-Euro-Grenze abstellen und bereits die Umsätze des Folgejahrs versteuern.

Das Finanzgericht Thüringen sieht dies jedoch anders. Die unternehmerische Tätigkeit beginnt auch dann bereits mit den ersten Vorbereitungshandlungen, wenn – noch – keine Umsätze erzielt wurden. Und damit zählt im Folgejahr die 50.000-Euro-Grenze und nicht die 22.000-Euro-Grenze (FG Thüringen vom 11.1.2017, 3 K 758/15, EFG 2017 S. 525).

Beispiel:

Die bisher angestellte Personalarbeiterin Carmen Hess möchte künftig freiberuflich Einzelcoachings und Coaching-Workshops durchführen. Im Dezember 2023 beginnt sie nachweislich mit der Suche nach geeigneten Büroräumen und lässt sich in Bezug auf die beabsichtigte Existenzgründung betriebswirtschaftlich beraten. Umsätze erzielt sie erst ab der Geschäftseröffnung im Juli 2024. Ihr (Brutto-)Umsatz 2024 beträgt – wie in etwa auch von Frau Hess erwartet – 25.000,– €.

Frau Hess hat für 2024 Anspruch auf Einstufung als Kleinunternehmerin. Sie hat bereits in 2023 und nicht erst 2024 ihr Unternehmen gegründet. Ihr Vorjahresumsatz betrug mit 0,– € weniger als 22.000,– € und ihr voraussichtlicher Umsatz in 2024 beträgt weniger als 50.000,– €.

Der tatsächliche Umsatz im ersten Jahr nach der Unternehmensgründung liegt über der 22.000-Euro-Grenze

Die Prognose zu Beginn Ihrer Unternehmertätigkeit ist immer eine Schätzung. Diese müssen Sie nach bestem Wissen und Gewissen vornehmen. Aber das Finanzamt kann Ihnen nicht verbieten, sehr vorsichtig zu schätzen. Nur wissentlich zu niedrig schätzen, dürfen Sie nicht.

Haben Sie Ihre Prognose nachvollziehbar festgehalten, wird das Finanzamt sich schwertun, Ihnen etwas vorzuwerfen, wenn der tatsächlich erzielte Umsatz doch über der 22.000-Euro-Grenze liegt. Sie verlieren dadurch nicht nachträglich Ihren Kleinunternehmer-Status.

Sie müssen aber damit rechnen, dass das Finanzamt in einem solchen Fall nachfragt, insbesondere, wenn die Umsatzgrenze von Ihnen deutlich überschritten wird. Dann möchte es von Ihnen substanziierte Gründe vorgetragen bekommen, die Ihre unrichtige Prognose glaubhaft machen (OFD Frankfurt vom 21.4.2010, S 7361 A -2-St 16, USt-Kartei HE). Wann genau das Finanzamt nachfragt, ist nicht festgelegt. Das entscheidet das Finanzamt je nach Einzelfall.

Eines gilt es aber noch, zu beachten: Ab Beginn des zweiten Jahres Ihres Unternehmertums sind Sie dann zumindest für ein jahr kein Kleinunternehmer.

Beispiel:

Einzelhändler Konrad Lahm nimmt seine unternehmerische Tätigkeit am 1.4.2023 auf und erzielt bis Ende 2023 einen für ihn unerwartet hohen Umsatz inklusive Umsatzsteuer von 16.900,– €. Gerechnet hatte er mit ca. 12.000,– €.

Anfang 2024 überprüft Herr Lahm, ob sein hochgerechneter Jahresumsatz 2023 die Grenze von 22.000,– € überschritten hat. Der Einzelhändler erstellt folgende Rechnung: 16.900,– € ÷ 9 Monate × 12 Monate = 22.533,– €.

Für 2023 ist Herr Lahm Kleinunternehmer, denn sein geschätzter hochgerechneter Jahresumsatz beträgt 16.000,– € (12.000,– €/9 Monate × 12 Monate) und damit weniger als die maßgebliche Umsatzgrenze von 22.000,– €. Auf den tatsächlich erzielten Umsatz kommt es nicht an. Für 2024 sieht das anders aus. Für dieses Jahr ist Herr Lahm kein Kleinunternehmer. Mit dem hochgerechneten tatsächlichen Umsatz in 2023 (= 22.533,– €) ist die 22.000-Euro-Grenze überschritten. Herr Lahm ist verpflichtet, seine Umsätze im Jahr 2024 regulär zu versteuern.

Der tatsächliche Umsatz im ersten Jahr nach der Unternehmensgründung liegt unter der 22.000-Euro-Grenze

Haben Sie umgekehrt die Umsatzentwicklung im ersten Jahr zu optimistisch eingeschätzt, und Ihre Umsätze versteuert, stellt sich die Frage, ob Sie im Nachhinein als Kleinunternehmer behandelt werden können, wenn Ihre tatsächlichen Umsätze die 22.000-Euro-Grenze nicht erreichen. Dann kommt es darauf an, ob Ihre Prognose realistisch war und Sie daran gebunden bleiben.

Können Sie das Finanzamt überzeugen, dass Ihnen im Nachhinein anhand objektiver Anhaltspunkte klar geworden ist, dass das Geschäftsmodell tatsächlich keine Erfolgsaussichten hatte oder überwiegend aus privaten Motiven betrieben wurde oder der Prognose offensichtlich unzutreffende Annahmen zugrunde lagen, haben Sie gute Chancen. Auch eine große Differenz zwischen erhofften Umsätzen und den dann letztendlich erzielten kann für Sie sprechen. Besondere Umstände, die nicht vorhersehbar waren, wie z.B. eine Krankheit, zählen aber nicht (FG Düsseldorf vom 20.6.2008, 1 K 3124/07 U, EFG 2008 S. 1503).

Beispiel:

Cora Matt eröffnet zum 1.7.2023 einen kleinen Vintageladen mit schönen Dingen in der Fußgängerzone ihrer Heimatstadt. Die Prognose für ihren Umsatz im Jahr 2023 belief sich auf 15.000,– €, hochgerechnet auf das ganze Jahr also 30.000,– €.

Anfang 2024 überprüft Frau Matt ihren tatsächlichen Umsatz für 2023. Dieser belief sich leider nur auf 9.300,– €, was hochgerechnet bedeutet: 9.300,– € ÷ 6 Monate × 12 Monate = 18.600,– €.

In einem Gespräch mit dem Finanzamt erklärt Frau Matt, dass der geringe Umsatz einen Grund hat. Erst nach Ladeneröffnung habe Sie erfahren, dass zwei große Einzelhändler in der Innenstadt, die bisher große Publikumsmagneten waren, schon länger vorhatten, zu schließen. Sie sei somit bei ihrer Prognose von unzutreffenden Annahmen ausgegangen.

Frau Matt kann damit das Finanzamt überzeugen. Sie ist für 2023 als Kleinunternehmerin anzusehen. Denn im Zeitpunkt ihrer Prognose ging Frau Matt von offensichtlich unzutreffenden Annahmen aus.

Erklärt sich das Finanzamt mit der rückwirkenden Inanspruchnahme der Kleinunternehmer-Regelung einverstanden, hat das aber noch weitere Folgen: Ihnen geht auch der Vorsteuerabzug rückwirkend verloren. Und falls Sie Rechnungen ausgestellt haben, in denen Sie Umsatzsteuer offen ausgewiesen haben, müssen Sie diese erst berichtigen. Ob Ihnen das immer möglich ist, ist eine andere Frage.

3. Daran sollten Sie als Kleinunternehmer denken

3.1 Weisen Sie keine Umsatzsteuer aus!

Weil Sie als Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer abführen, dürfen Ihre Kunden, die selbst Unternehmer sind, auch keine Vorsteuer abziehen. Daher dürfen Sie in Ihren Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen. Denn eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis ist eine der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug.

Weisen Sie als Kleinunternehmer in Ihren Rechnungen unzulässigerweise Umsatzsteuer aus, liegt nicht nur ein unrichtiger, sondern ein unberechtigter Steuerausweis vor (§ 14c Abs. 2 UStG). Die Konsequenz: Die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer müssen Sie an das Finanzamt zahlen. Es spielt keine Rolle, ob der Steuerausweis versehentlich oder absichtlich erfolgte.

Und ein unberechtigter Steuerausweis wirkt sich auch auf den Rechnungsempfänger, das heißt auf Ihren Kunden, aus. Hat dieser die von Ihnen offen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen, besteht die Gefahr, dass der Vorsteuerabzug nachträglich vom Finanzamt gestrichen wird. Denn unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer darf nicht als Vorsteuer abgezogen werden, weil die Steuer gesetzlich nicht geschuldet wird.

Beispiel:

Herr Rainer Welsch ist nebenberuflich als Restaurator tätig und aufgrund seines Umsatzes Kleinunternehmer. Herr Welsch weist in seinen Rechnungen daher keine Umsatzsteuer aus.

Im Mai 2022 möchte ein Kunde bei Herrn Welsch einen hochwertigen Bilderrahmen erwerben. Der Kauf wird allerdings an die Bedingung geknüpft, dass der Restaurator in seiner Rechnung Umsatzsteuer ausweist. Aufgrund des lukrativen Auftrages kommt Herr Welsch der Bitte seines Kunden nach, ohne sich der Konsequenzen klar zu sein. Er stellt eine Rechnung über 5.000,– € zuzüglich 950,– € Umsatzsteuer aus. Den erhaltenen Betrag von 5.950,– € verbucht Herr Welsch in seiner Einnahmen-Überschuss-Rechnung als Betriebseinnahme.

Im Dezember 2024 meldet sich das Finanzamt bei Herrn Welsch. Es kündigt einen Umsatzsteuerbescheid für 2022 an über 950,– € zuzüglich Nachzahlungszinsen (von 0,15 % für jeden Monat ab 1.9.2024). Der Grund: Im Rahmen einer Betriebsprüfung beim Kunden hat der Betriebsprüfer diesem die Vorsteuer gestrichen, weil die Rechnung von einem Kleinunternehmer stammt. Und dies hat es dem Finanzamt von Herrn Welsch mitgeteilt!

Auch bei Rechnungen über Kleinbeträge müssen Sie als Kleinunternehmer aufpassen. Verwenden Sie im Handel erhältliche Rechnungsvordrucke, auf denen bereits die Angabe »inklusive 19 % Umsatzsteuer« oder eine vergleichbare Formulierung aufgedruckt ist, streichen Sie einen solchen Zusatz unbedingt durch. Ansonsten liegt ein unberechtigter Umsatzsteuerausweis vor und Sie müssen Umsatzsteuer an das Finanzamt zahlen! Bei einer Kleinbetragsrechnung stellen die Angabe des Entgelts und des Umsatzsteuersatzes bereits einen unberechtigten Steuerausweis dar. Und das, obwohl nicht der Umsatzsteuerbetrag, sondern nur der Prozentsatz angegeben wird (BFH-Urteil vom 25.9.2013, Az. XI R 41/12, BStBl. 2014 II S. 135).

Wenn Sie als Kleinunternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer ausweisen, ist darin keine Option zur Regelbesteuerung zu sehen. Sofern Sie die formalen Voraussetzungen für den Kleinunternehmer-Status erfüllen, bleibt Ihr umsatzsteuerlicher Status also auch im Falle des unberechtigten Steuerausweises unverändert.

Haben Sie als Kleinunternehmer unzulässigerweise Umsatzsteuer in einer Rechnung ausgewiesen und wurde Ihren unternehmerischen Kunden der Vorsteuerabzug vom Finanzamt aberkannt, sollten Sie nicht überrascht sein, wenn Sie von Ihren Kunden zum Ersatz des entstandenen Schadens aufgefordert werden. Denn die Vorsteuer wird Ihren Kunden auf jeden Fall gestrichen (Abschn. 14c.2 Abs. 3 UStAE).

Unter bestimmten Bedingungen können Sie den unberechtigten Steuerausweis berichtigen und sich die Umsatzsteuer wieder vom Finanzamt zurückholen. Aber die Hürden sind hoch → »Unberechtigter Steuerausweis – hier gelten strenge Regeln«.

3.2 Sie können keine Vorsteuer geltend machen

Kleinunternehmer schulden dem Finanzamt keine Umsatzsteuer. Im Gegenzug dürfen sie aber auch keine Vorsteuer abziehen. Aus diesem Grund sind die von einem Kleinunternehmer beim Bezug von Leistungen an die Vorunternehmer gezahlten Umsatzsteuerbeträge ein zusätzlicher Kostenfaktor. Denn Sie müssen sie zahlen, bekommen sie aber nicht zurück.

Die Umsatzsteuer gehört damit zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von erworbenen bzw. hergestellten Wirtschaftsgütern. Bei langlebigen Wirtschaftsgütern, wie zum Beispiel Büromöbel, wird die Steuer zusammen mit dem Netto-Einkaufspreis über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Beabsichtigen Sie in absehbarer Zeit Ihren Kleinunternehmer-Status aufzugeben oder zeichnet sich aufgrund Ihrer Umsatzentwicklung der Übergang zur Regelbesteuerung ab, sollten Sie versuchen, vor allem größere Anschaffungen bis dahin aufzuschieben.

Wechseln Sie vom Kleinunternehmer-Status zur Regelbesteuerung, können Sie möglicherweise durch eine Vorsteuerberichtigung noch einen Teil der von Ihnen in den zurückliegenden Jahren gezahlten Umsatzsteuer als Vorsteuer erstattet bekommen.

3.3 Ist eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abzugeben?

Da Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer an das Finanzamt zahlen und auch keine Vorsteuer erstattet bekommen, müssen sie auch keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen erstellen und abgeben. Wie aber sieht es mit der Umsatzsteuer-Jahreserklärung aus?

So läuft es bis zur Steuererklärung 2023

Bis einschließlich Besteuerungszeitraum 2023 sind auch Kleinunternehmer, obwohl sie weder Umsatzsteuer ausweisen noch Vorsteuer abziehen, verpflichtet, eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abzugeben. Wie alle anderen Unternehmer, muss auch ein Kleinunternehmer dem Finanzamt die Erklärung in aller Regel elektronisch übermitteln.

Die »Umsatzsteuererklärung« enthält in Teil B zwei Zeilen für Kleinunternehmer. In die erste Zeile ist der Umsatz des Vorjahres einzutragen, in die zweite Zeile der Umsatz des Jahres, für das die Steuererklärung abgegeben wird. Die Umsatzsteuererklärung von Kleinunternehmern dient damit vor allem einem Zweck: Das Finanzamt soll feststellen können, ob in dem Jahr, für das die Steuererklärung eingereicht wird, und in dem darauffolgenden Jahr ein Anspruch auf die Kleinunternehmer-Regelung besteht.

In der Praxis wird mit der Abgabepflicht von Kleinunternehmern von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich umgegangen. Häufig sind Kleinunternehmer von der Abgabe einer Umsatzsteuererklärung befreit, weil die Finanzämter nicht auf die Abgabe bestehen. Entweder Sie erkundigen sich bei Ihrem Finanzamt, wie mit der Abgabepflicht bei Kleinunternehmern umgegangen wird, oder Sie warten einfach ab, ob Ihr Finanzamt Sie zur Abgabe einer Erklärung auffordert.

Sollten Sie bereits längere Zeit Kleinunternehmer sein und bislang Umsatzsteuer-Jahreserklärungen übermittelt haben, dann erkundigen Sie sich doch einfach bei Ihrem Finanzamt, ob Sie für 2023 darauf verzichten können. Da der Verzicht auf die Abgabe einer Erklärung auch den Arbeitsaufwand des Finanzamtes verringert, stehen Ihre Chancen gut, dass Ihr Vorschlag akzeptiert wird.

Geben Sie als Kleinunternehmer eine Steuererklärung ab, dürfen Sie nur in den beiden für Kleinunternehmer vorgesehenen Zeilen Eintragungen vornehmen. Tragen Sie an einer anderen Stelle Zahlen ein, kann das vom Finanzamt als Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung und damit als Option zur Regelbesteuerung gedeutet werden. Wenn Sie das nicht möchten, müssen Sie an dieser Stelle aufpassen. Wie Sie unten noch detaillierter lesen können, wären Sie an die Option zur Regelbesteuerung fünf Jahre gebunden.

Beim Eintragen Ihres Gesamtumsatzes in die Steuererklärung sollten Sie darauf achten, dass in Ihrem Umsatz keine steuerbefreiten Umsätze enthalten sind. Sind steuerfreie Einnahmen angefallen, die nicht zum Gesamtumsatz rechnen, geben Sie diese in der Anlage UR zur Umsatzsteuer-Jahreserklärung an.

Beispiel:

Herr Burkhard Schmidt erzielt jährlich Einnahmen in Höhe von rund 600.000,– € als Hausarzt. Davon entfallen im Jahr 2022 ca. 9.000,– € und im Jahr 2023 ca. 10.000,– € auf Vortragstätigkeiten. Die restlichem Umsätze ergeben sich für medizinische Leistungen. Für 2024 rechnet Herr Schmidt mit ganz ähnlich hohen Einnahmen.

In seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2023 trägt Herr Schmidt in die Zeile 21 für das Jahr 2023 einen Gesamtumsatz in Höhe von 10.000,– € ein. In die Zeile 20 trägt er den Umsatz aus seinen Vortragstätigkeiten im Jahr 2022 in Höhe von 9.000,– € ein. Zusätzlich füllt er die Anlage UR aus, da er Einnahmen in Höhe von 600.000,– € erzielt hat, die umsatzsteuerfrei sind und daher den Gesamtumsatz im Sinne der Kleinunternehmer-Regelung nicht erhöhen.

Das gilt ab der Steuererklärung 2024

Ab dem Besteuerungszeitraum 2024 sind Kleinunternehmer offiziell von der Abgabe von Umsatzsteuer-Jahreserklärungen befreit. Dies gehört zu den Maßnahmen zur Steuererleichterung, die mit dem Wachstumschancengesetz im Jahr 2024 eingeführt wurden. Diese Befreiung wurde nun in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen. Dies gilt nur dann nicht, wenn das Finanzamt Sie zur Abgabe einer Steuererklärung auffordert. Dann muss ausnahmsweise eine Jahreserklärung abgegeben werden (§ 19 Abs. 1 Satz 4 EStG).

Beispiel:

Herr Burkhard Schmidt aus dem vorigen Beispiel muss für 2024 und alle nachfolgenden Jahre keine Umsatzsteuer-Jahreserklärung mehr abgeben.

Wie das Finanzamt künftig prüfen wird, ob Sie weiterhin Kleinunternehmer sind, ist unklar. Die Prüfung wird wohl überschlägig mithilfe der Angaben in Ihrer Gewinnermittlung für die Einkommensteuererklärung erfolgen. Falls Zweifel bleiben, ist davon auszugehen, dass das Finanzamt bei Ihnen nachfragt und/oder eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung anfordert.

3.4 Abgabe von Steueranmeldungen in besonderen Fällen

Unter bestimmten Voraussetzungen haben auch Kleinunternehmer beim Finanzamt Umsatzsteuer anzumelden und an den Fiskus abzuführen. Denn die Kleinunternehmer-Regelung erstreckt sich nur auf Umsätze, die vom Unternehmer im Inland gegen Entgelt ausgeführt werden. Bestimmte Umsätze werden daher nicht von den Vorschriften für Kleinunternehmer erfasst. Dazu gehören insbesondere:

  • die Einfuhr von Gegenständen aus dem sogenannten Drittlandsgebiet, worunter Länder zu verstehen sind, die nicht der Europäischen Union angehören (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG). Die dabei entstehende Einfuhrumsatzsteuer wird vom Zoll erhoben;

  • der Erwerb von Gegenständen aus einem Land der Europäischen Union (innergemeinschaftlicher Erwerb), falls die Erwerbsschwelle von 12.500,– € überschritten wird oder der Kleinunternehmer auf die Anwendung der Erwerbsschwelle verzichtet. Wird beim Erwerb eine (vorher beantragte) USt-IdNr. verwendet, gilt dies bereits als Verzicht, der Sie für mindestens zwei Jahre bindet (§ 1a Abs. 4 UStG);

  • der Erwerb verbrauchsteuerpflichtiger Waren aus einem anderen Land der Europäischen Union (§ 1a Abs. 5 UStG);

  • der Erwerb eines neuen Fahrzeugs aus einem anderen Land der Europäischen Union, sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für den privaten Bereich (§ 1a Abs. 5 UStG, § 1b UStG);

  • die Umkehr der Steuerschuldnerschaft, sofern der die Leistung ausführende Unternehmer nicht auch Kleinunternehmer ist (§ 13b Abs. 1 UStG).

Die Pflicht zur Abgabe einer Steueranmeldung erstreckt sich in diesen Fällen sowohl auf die Umsatzsteuer-Voranmeldung als auch eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das betreffende Jahr. Eine Voranmeldung ist aber nur für solche Zeiträume abzugeben, in denen ein steuerpflichtiger Umsatz angefallen ist.

Wird ein neues Fahrzeug aus einem anderen Land der Europäischen Union für private Zwecke erworben, ist eine besondere Steuererklärung abzugeben. Denn dieser Vorgang hat mit Ihrem Unternehmen nichts zu tun (sog. Fahrzeugeinzelbesteuerung; Vordruck USt 1B).

4. Sie können auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichten

Auf die Kleinunternehmer-Regelung können Sie jederzeit verzichten. Ihre Leistungen unterliegen dann der Regelbesteuerung. Sie weisen in Ihren Rechnungen Umsatzsteuer aus und führen diese an das Finanzamt ab. Im Gegenzug dürfen Sie die Ihnen von anderen Unternehmern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen.

Kleinunternehmer-Regelung sowie Regelbesteuerung haben jeweils Vor- und Nachteile. Welche Seite überwiegt, hängt von der persönlichen Ausgangssituation ab, die sich natürlich im Laufe der Zeit ändern kann.

Im Folgenden zeigen wir Ihnen die Argumente auf, die Sie bei der Entscheidung für oder gegen die Regelbesteuerung beachten sollten. Erstellen Sie als Entscheidungshilfe eine persönliche Plus/Minus-Liste. Beachten Sie dabei, dass Ihre einmal getroffene Entscheidung Sie zwar nicht ewig, aber doch für fünf Jahre bindet. Frühestens nach Ablauf von fünf Jahren können Sie zur Kleinunternehmer-Regelung zurückkehren.

4.1 Argumente für die Regelbesteuerung

Sie können Vorsteuern geltend machen

Durch den Vorsteuerabzug beteiligen Sie das Finanzamt an Ihren Ausgaben. Zwar müssen Sie auch nach der Option zur Regelbesteuerung genauso viel an Ihre Lieferanten zahlen, aber Sie erhalten danach entweder die von Ihnen bezahlte Vorsteuer vom Finanzamt zurück oder Sie können die Vorsteuer mit der von Ihnen geschuldeten Umsatzsteuer verrechnen. Beziehen Sie eine Eingangsleistung, die dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegt, macht das immerhin fast 16 % des Rechnungsbetrages aus (19/119 × 100 % = 15,97 %). Wird die Eingangsleistung dagegen ermäßigt mit 7 % besteuert, ergibt sich immerhin noch eine Ersparnis von rund 7 % (7/107 × 100 % = 6,54 %).

Je höher Ihre Betriebsausgaben oder betrieblichen Investitionen sind, umso größer ist die Steuererstattung des Finanzamtes oder der Abzug von Ihrer Umsatzsteuerschuld. Und umso mehr macht es Sinn, auf die Kleinunternehmer-Regelung zu verzichten.

Ihre Kunden sind Unternehmer mit Vorsteuerabzug

Wollen Sie Vorsteuern geltend machen, müssen Sie auf der anderen Seite einen Teil Ihrer Einnahmen als Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Optieren Sie also zur Regelbesteuerung, müssen Sie sich die Frage stellen, ob Sie auf Ihre Leistungen die anfallende Umsatzsteuer noch »draufschlagen« können. Das bedeutet eine Preiserhöhung von 19 % bzw. 7 %.

Für alle zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer verteuert sich der Einkauf bei Ihnen im Ergebnis nicht, wenn Sie nach dem Übergang zur Regelbesteuerung in Ihren Rechnungen zusätzlich Umsatzsteuer ausweisen. Zwar zahlt dieser Abnehmerkreis nach Ihrem Übergang zur Regelbesteuerung mehr an Sie für Ihre Leistungen. Der Preisaufschlag bedeutet allerdings einen Vorsteuerabzug gegenüber dem Finanzamt in gleicher Höhe.

Machen Sie ausschließlich Geschäfte mit Unternehmern, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, brauchen Sie im Grunde gar nicht lange überlegen. Der Übergang zur Regelbesteuerung bringt Ihnen immer bares Geld. Denn die von Ihnen berechnete Umsatzsteuer ist für Sie unter dem Strich ein neutraler Posten. Einen großen Vorteil haben Sie hier durch das Recht, sich die in Ihren Eingangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt wieder zu holen. Bei größeren Anschaffungen kommen so schnell einige Hundert oder auch Tausend Euro Vorsteuer zusammen. Und das führt zu einer spürbaren Verbesserung Ihrer Kassenlage.

Beispiel:

Ralf Hedrich arbeitet freiberuflich als Autor und ist seit der Gründung seines Unternehmens Kleinunternehmer. Anfang 2024 optiert Herr Hedrich zur Regelbesteuerung und weist in seinen Rechnungen gegenüber seinen Auftraggebern (verschiedene Verlage) nunmehr Umsatzsteuer aus. Am Jahresende ergeben sich für Herrn Hedrich folgende Honorareinnahmen:

Netto-Einnahmen:

14.000,– €

zzgl. Umsatzsteuer (7 %):

980,– €

Brutto-Einnahmen:

14.980,– €

Ohne die Option zur Regelbesteuerung hätte Herr Hedrich als Kleinunternehmer Honorarzahlungen in Höhe von insgesamt 14.000,– € erhalten, weil die Umsatzsteuer in seinen Rechnungen bzw. in den Gutschriften der Verlage nicht ausgewiesen wird.

Herr Hedrich hat im Jahr 2020 diverse Neuanschaffungen für sein Unternehmen vorgenommen (Notebook, Schreibtisch und Fachliteratur). Auf den von ihm bezahlten Rechnungen ist Vorsteuer in Höhe von insgesamt 585,– € ausgewiesen.

Für das Jahr 2019 überweist Herr Hedrich Umsatzsteuer in Höhe von 395,– € an das Finanzamt (980,– € vereinnahmte Umsatzsteuer ./. 585,– € gezahlte Vorsteuer). Unter dem Strich verbleiben ihm damit Mehreinnahmen von 585,– €. Die Option zur Regelbesteuerung hat sich für Herrn Hedrich gelohnt. Im Ergebnis kann sich Herr Hedrich durch den Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung die von ihm an andere Unternehmer gezahlte Umsatzsteuer wieder vom Finanzamt zurückholen. Für seine Kunden, die Verlage, macht es keinen Unterschied, da auch sie die an Herrn Hedrich gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt als Vorsteuer zurückbekommen.

Ihr Unternehmensimage verbessert sich

Das Auftreten am Markt als regelbesteuerter Unternehmer kann ein Wettbewerbsvorteil sein. Von außen betrachtet lässt sich Ihr Unternehmen nämlich nicht ohne Weiteres von größeren Unternehmen unterscheiden. Die Regelbesteuerung kann Ihnen daher die Tür zu neuen Kundengruppen öffnen, die für Sie als Kleinunternehmer vielleicht nie zugänglich gewesen wären. So mancher Kunde stellt nämlich einen Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und -kompetenz her. Unterwerfen Sie Ihre Leistungen der Umsatzsteuer, können Sie unter Umständen verhindern, dass ein Geschäftspartner Ihr Unternehmen von vornherein als klein und unbedeutend abstempelt.

Sie können möglicherweise auf eine Steuerbefreiung verzichten

Es kann sehr lukrativ sein, auf die Steuerbefreiung bestimmter Umsätze zu verzichten, da dies den Weg zum Vorsteuerabzug ebnet. Interessant ist das bei der Vermietung von Immobilien (§ 9 UStG). Allerdings sind Kleinunternehmer ausdrücklich von der Möglichkeit des Verzichts auf solche Steuerbefreiungen ausgeschlossen. Als Ausweg bleibt hier die sogenannte Doppeloption, bei der zunächst auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichtet wird und dann anschließend auf die Steuerbefreiung eines bestimmten Umsatzes.

Beachten Sie dabei, dass der Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung zwangsläufig die Steuerpflicht nicht nur der Vermietungs-, sondern aller Ihrer Ausgangsumsätze bewirkt, sofern nicht eine eigenständige Befreiungsvorschrift greift.

4.2 Argumente gegen den Wechsel zur Regelbesteuerung

Auswirkungen auf Ihre Preise

Wenn Ihre Kunden nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind

Sind Ihre Abnehmer Kleinunternehmer, Unternehmer mit steuerfreien Umsätzen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, oder Privatpersonen, müssen Sie bei einem Wechsel zur Regelbesteuerung Ihre Preise prüfen. Möchten Sie unterm Strich genauso hohe Einnahmen wie vorher erzielen, müssen Sie die Umsatzsteuer auf Ihre bisherigen Preise aufschlagen. Sie machen die Einkäufe bei Ihnen teurer und damit unattraktiver. Schließlich bedeutet dies eine Preiserhöhung von 19 % bzw. 7 %.

Verlangen Sie von Ihren Kunden gegenüber bisher nicht mehr, sind Ihre Preise nach einem Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung als Bruttopreise zu verstehen. Und davon müssen Sie als Regelbesteuerer einen Teil als Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Sie müssen die Umsatzsteuer »rausrechnen«. Sie schmälern Ihren Ertrag um 15,97 % (19/119) bzw. 6,54 % (7/107).

Sie verringern also entweder Ihre Wettbewerbsfähigkeit oder Sie geben sich mit einem niedrigeren Erlös zufrieden.

Beispiel:

Der Kleinunternehmer Racke hat bisher für seine Leistung von seinen Kunden 100,– € verlangt. Wechselt er zur Regelbesteuerung und bleibt er gegenüber seinen Kunden bei diesem Preis, ist die Umsatzsteuer aus diesem Betrag herauszurechnen. Bei einem Steuersatz von 19 % muss Herr Racke damit ca. 16,– € (100,– € ÷ 119 × 19) an das Finanzamt zahlen. Möchte Herr Racke aber. dass der gleiche Betrag für seine Leistung übrig bleibt, muss er 119,– € für dieselbe Leistung von seinen Kunden verlangen.

Wenn Ihre Kunden zum Teil zum Vorsteuerabzug berechtigt sind

Besonders schwierig wird für Sie die Entscheidung, wenn sich Ihr Kundenkreis aus nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Personen sowie zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern zusammensetzt. Je nachdem, wie sich Ihr Umsatz auf die verschiedenen Kundengruppen verteilt, kann das Beibehalten der Kleinunternehmer-Regelung oder die Option zur Regelbesteuerung günstiger sein.

Hier bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als »spitz zu rechnen«. Eine eindeutige Empfehlung ist in diesem Fall nicht möglich. Wägen Sie sorgfältig Vor- und Nachteile ab.

Die Regelbesteuerung erhöht Ihren bürokratischen Aufwand

Entscheiden Sie sich für die Regelbesteuerung, wird Ihre Buchführung erheblich aufwendiger und damit auch teurer. In Ihren Rechnungen müssen Sie fortan Umsatzsteuer ausweisen, die von Ihnen gezahlte Vorsteuer ist von Ihnen getrennt zu erfassen, Ihre Umsatzsteuer- und Vorsteuerzahlungen haben Sie in Ihrer Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu berücksichtigen und Sie sind verpflichtet, Umsatzsteuer-Voranmeldungen sowie Umsatzsteuer-Jahreserklärungen abzugeben.

4.3 Die Option müssen Sie erklären

Den Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung, also die Option zur Regelbesteuerung, müssen Sie gegenüber dem Finanzamt erklären. Ansonsten ist er nicht wirksam.

Für den Verzicht gibt es keine besonderen Formvorschriften. So können Sie Ihre Entscheidung Ihrem Finanzamt schriftlich mitteilen. Auch eine E-Mail ist ausreichend. Selbst eine mündliche Erklärung würde genügen, ist aber aus Beweisgründen nicht zu empfehlen.

Wollen Sie auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichten, dann teilen Sie dem Finanzamt Ihre Entscheidung am besten schriftlich mit.

Ihre Mitteilung muss keine Begründung enthalten. Aber mit einer schriftlichen Mitteilung vermeiden Sie am ehesten Missverständnisse und Unklarheiten. So kann eine solche Mitteilung aussehen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ab dem 1.1.20.. verzichte ich auf die Kleinunternehmer-Regelung nach § 19 Abs. 1 UStG und optiere nach § 19 Abs. 2 UStG zur Regelbesteuerung. Im Jahr ... wird meine Umsatzsteuerschuld abzüglich Vorsteuer voraussichtlich ... € betragen.

Mit der Aussage zur voraussichtlichen Umsatzsteuerschuld vermeiden Sie Rückfragen. Die Angabe benötigt das Finanzamt zur Einschätzung, wie oft Sie während eines laufenden Jahres Voranmeldungen abgeben müssen → »Die Umsatzsteuer-Voranmeldung«.

Völlig ausreichend ist aber auch, wenn Sie lediglich Ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung mit Eintragungen in den für Regelbesteuerer vorgesehenen Feldern abgeben. Die Abgabe von Steueranmeldungen wird auch als Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung durch schlüssiges Handeln bezeichnet. Man spricht hier von einer konkludenten Option.

Weist ein Kleinunternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer aus, unterlässt es aber, über die eigentlich von ihm angestrebte Option zur Regelbesteuerung eine Mitteilung an das Finanzamt zu schicken und gibt auch keine Steueranmeldungen mit Vorsteuer- oder Umsatzsteuerausweis ab, ist dies kein wirksamer Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung. Die unberechtigt ausgewiesene Steuer muss an das Finanzamt abgeführt werden (§ 14c UStG).

Auf die Kleinunternehmer-Regelung können Sie auch als Existenzgründer bereits bei der steuerlichen Anmeldung Ihrer unternehmerischen Tätigkeit beim Finanzamt verzichten. Der von Ihnen online über www.elster.de abzugebende Vordruck »Fragebogen zur steuerlichen Erfassung« enthält für diesen Zweck ein Anklickfeld. Haben Sie sich in diesem Moment für den Kleinunternehmer-Status entschieden, können Sie den Verzicht hierauf immer noch zu einem späteren Zeitpunkt erklären.

Der Verzicht kann wirksam nur für das gesamte Unternehmen erklärt werden. Er kann nicht auf bestimmte Umsätze beschränkt werden, selbst wenn es sich um völlig verschiedene Tätigkeiten oder sogar verschiedene Betriebe handelt (BFH-Urteil vom 24.7.2013, XI R 31/12, BStBl. 2014 II S. 214). Dies gilt auch, wenn ein Kleinunternehmer von dieser Rechtslage nichts weiß und deswegen in seiner ersten Umsatzsteuererklärung nur einen Teil seiner Umsätze angibt. Eine solche Verzichtserklärung ist wirkungslos. Der Selbstständige ist weiterhin als Kleinunternehmer anzusehen. Die unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer muss er an das Finanzamt abführen (§ 14c UStG).

Hat das Finanzamt Zweifel am Willen des Unternehmers, muss es ihn fragen, ob er tatsächlich für das gesamte Unternehmen optieren will. Das ist aus Gründen der Rechtssicherheit wegen der erheblichen Rechtsfolgen einer Option und der fünfjährigen Bindung erforderlich.

Sie verzichten auf die Kleinunternehmer-Regelung und optieren zur Regelbesteuerung? Dann beantragen Sie gleichzeitig die Istversteuerung.

Somit müssen Sie die Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt abführen, wenn Sie von Ihren Kunden das Geld erhalten haben. Das bringt Ihnen Liquidität und weniger Verwaltungsaufwand →  »Von der Istversteuerung profitieren«.

4.4 So lange haben Sie Zeit

Das gilt bis Besteuerungszeitraum 2023

Die Umsatzsteuer ist eine Jahressteuer. Innerhalb eines Kalenderjahres können Sie daher nicht vom Kleinunternehmer-Status zur Regelbesteuerung wechseln. Ein Verzicht wirkt immer vom Beginn des Kalenderjahres an, für das er abgegeben wird. Daraus folgt allerdings nicht, dass Sie bereits am Anfang eines Jahres Ihren Verzicht erklären müssen. Denn der Verzicht wird »für« ein und nicht »ab« einem Kalenderjahr erklärt.

Der Verzicht kann bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung gegenüber dem Finanzamt erklärt werden (§ 19 Abs. 2 UStG). Das bedeutet, der Verzicht kann so lange erklärt werden, wie die erstmalige Umsatzsteuerfestsetzung für das betreffende Jahr noch nicht formell bestandskräftig ist. Unanfechtbarkeit tritt ein, wenn

  • die Rechtsbehelfsfrist ohne zulässige Einlegung eines Einspruchs abgelaufen ist,

  • gegen eine gerichtliche Entscheidung kein Rechtsbehelf mehr gegeben ist,

  • auf die Einlegung eines Einspruchs verzichtet wird, oder

  • der Rechtsbehelf wirksam zurückgenommen wurde.

In den meisten Fällen tritt die formelle Bestandskraft einen Monat nach Eingang der Umsatzsteuer-Jahreserklärung beim Finanzamt ein. Schickt das Finanzamt einen Umsatzsteuerbescheid, ist grundsätzlich noch einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids Zeit. Steht die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung, gibt es dadurch nicht mehr Zeit. Denn auch eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt wird nach Ablauf des Monats unanfechtbar.

Waren Sie vor dem Verzicht Kleinunternehmer und haben Sie keine Umsatzsteuer-Jahreserklärungen abgegeben, gibt es auch keine Umsatzsteuerfestsetzung, die bestandskräftig werden könnte. Dann kann sogar bis zum Ablauf der Steuerfestsetzungsfrist zur Regelbesteuerung optiert werden. Weil keine Umsatzsteuererklärung abgegeben wurde, tritt die Festsetzungsverjährung mit Ablauf des siebten Jahres ein. In einem solchen Fall könnte bis zum Ablauf des Jahres 2024 sogar noch für das Jahr 2017 bzw. bis zum Ablauf des Jahres 2031 für das Jahr 2023 auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichtet werden. Ein solcher später Verzicht wird in aller Regel aber keinen Sinn machen.

Der geringste Aufwand ergibt sich, wenn die Entscheidung für die Regelbesteuerung zu Beginn des Jahres getroffen wird, in dem die Umsätze erstmals der Umsatzsteuer unterworfen werden sollen. Dann kann von Anfang an die Umsatzsteuer zutreffend abgeführt und die geltenden Rechnungsvorschriften beachtet werden.

Aufwendiger wird es, wenn erst im Laufe oder eben erst nach Ablauf eines Jahres auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichtet wird. Der Verzicht wird auch in diesem Fall zu Jahresbeginn wirksam. Aber weil der Unternehmer weiterhin vom Kleinunternehmer-Status ausgegangen war und bisher keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat, muss daher rückwirkend aus dem bisherigen Umsatz die Umsatzsteuer herausgerechnet und an das Finanzamt gezahlt werden. Von einem ursprünglichen Nettoerlös in Höhe von 100,– € bleibt nach Abzug der zu entrichtenden Steuer dann nur noch ein Betrag von rund 84,– € (100,– € × 100/119), wenn die erbrachte Leistung dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegt. Es ergibt sich also eine nachträgliche Gewinnminderung von rund 16,– €.

Auf den nachträglichen Steuerzahlungen bleibt der Unternehmer meist sitzen → »Argumente gegen die Regelbesteuerung«.

Allenfalls bei unternehmerischen Kunden, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wird es durch das Erstellen korrigierter Rechnungen mit erstmaligem Umsatzsteuerausweis gelingen, die wirtschaftliche Belastung auszugleichen → »Argumente für die Regelbesteuerung«.

Beispiel:

Nina Borgward ist seit Anfang 2021 als Designerin unternehmerisch tätig und hat als Selbstständige noch keine Umsatzsteuer-Jahreserklärungen abgegeben. Im Januar 2024 erfährt Frau Borgward von der Möglichkeit eines rückwirkenden Verzichts auf die Kleinunternehmer-Regelung.

Frau Borgward arbeitet durchgehend für dieselben vier Auftraggeber, die alle zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Die Kunden von Frau Borgward erklären sich bereit, ihr die Umsatzsteuer ab 2021 nachträglich zu zahlen. Frau Borgward optiert daher rückwirkend zur Regelbesteuerung und berichtigt ihre seit 2021 ausgestellten Rechnungen. Auf die Rechnungsbeträge schlägt sie nunmehr Umsatzsteuer auf.

Durch die Option zur Regelbesteuerung bietet sich für Frau Borgward die Möglichkeit, im Nachhinein den Vorsteuerabzug für ihre Investitionen und laufenden Betriebsausgaben in den Jahren ab 2021 vorzunehmen. Die von anderen Unternehmern in Rechnung gestellten Umsatzsteuern belaufen sich auf 1.740,– €. Im Februar 2024 gibt Frau Borgward für die Jahre 2021 bis 2023 Umsatzsteuererklärungen ab.

Unterm Strich hat sich der nachträgliche Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung für Frau Borgward gelohnt. Die von ihren Auftraggebern nachgezahlte Umsatzsteuer hat sie an das Finanzamt überwiesen. Aber: Dabei hat sie die Vorsteuern von 1.740,– € davon abgezogen. Es ergibt sich damit für Frau Borgward ein Plus von 1.740,– €.

Und für die Kunden ergibt sich auch kein Nachteil. Sie können sich die an Frau Borgward nachträglich gezahlte Umsatzsteuer bei ihrem Finanzamt als Vorsteuer wiederholen, nachdem Frau Borgward ordnungsgemäße Rechnungen ausgestellt hat.

So lange haben Sie ab Besteuerungszeitraum 2024 Zeit für Ihren Verzicht

Der Gesetzgeber hat sich nun für eine starre Frist von zwei Jahren für einen möglichen Verzicht entschieden.

Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zum Ablauf des zweiten auf das Besteuerungsjahr folgenden Kalenderjahres den Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung erklären (§ 19 Abs. 2 UStG i.d.F. des Wachstumschancengesetzes). Dies gilt erstmals für den Besteuerungszeitraum 2024.

Beispiel:

Herr Yilmaz hat in 2024 einen Online-Shop und Laden für BARF-Tierfutter (Biologisch Artgerechtes Rohes Futter) eröffnet. Aufgrund der anfänglichen höheren Investitionen überlegt Herr Yilmaz, auf die Kleinunternehmer-Regelung zu verzichten.

Um den Verzicht gegenüber dem Finanzamt zu erklären, hat Herr Yilmaz bis zum Ablauf des 31.12.2026 Zeit. Danach ist ein Verzicht für das Jahr 2024 nicht mehr möglich.

4.5 Fünf Jahre sind Sie mindestens gebunden

Verzichten Sie auf die Kleinunternehmer-Regelung, bleiben Sie mindestens fünf Kalenderjahre an Ihre Entscheidung gebunden.

Diese fünfjährige Bindungsfrist sollten Sie unbedingt berücksichtigen, wenn Sie freiwillig vom Kleinunternehmer-Status zur Regelbesteuerung wechseln.

Beispiel:

Brigitte Täubner war viele Jahre Kleinunternehmerin und hat mit Wirkung vom 1.1.2024 auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichtet. An ihre Entscheidung ist sie bis zum Ablauf des Jahres 2028 gebunden, und zwar unabhängig davon, wie sich ihre Umsätze in diesem Zeitraum entwickeln.

Haben Sie zunächst auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichtet und damit freiwillig zur Regelbesteuerung optiert, versteuern Sie Ihre Umsätze auch nach Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist weiter nach den allgemeinen Regeln des Umsatzsteuergesetzes, wenn Sie nunmehr die Umsatzgrenze von 22.000,– € überschreiten. Denn dann sind Sie nicht mehr weiter wegen Ihrer Option, sondern nun wegen der hohen Umsätze kein Kleinunternehmer mehr. Dann ist für das darauffolgende Jahr kraft Gesetzes die Regelbesteuerung durchzuführen.

Überschreiten Sie die Umsatzgrenze von 22.000,– € nicht, endet der Status des regelbesteuerten Unternehmers nicht automatisch mit Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraumes. Sie müssen aktiv werden und Ihre Option gegenüber dem Finanzamt widerrufen.

Die Bindungsdauer von fünf Jahren gilt nur dann, wenn Sie auf den Sonderstatus des Kleinunternehmers freiwillig verzichtet haben, also zur Regelbesteuerung optiert sind. Beruht der Wechsel zur Regelbesteuerung dagegen darauf, dass die 22.000-Euro-Grenze überschritten wurde, können Sie bereits im nächsten Jahr zur Kleinunternehmer-Regelung zurückkehren, vorausgesetzt, Sie erfüllen die Umsatzgrenzen.

Bei einem zwangsweisen Wechsel zur Regelbesteuerung müssen Sie also keine fünf Kalenderjahre abwarten (BFH-Urteil vom 23.9.2020, XI R 34/19, BFH/NV 2021 S. 423). Ansonsten würde ja jedes Überschreiten der Kleinunternehmergrenze mit einer neuen fünfjährigen Bindungsfrist sozusagen bestraft.

Beispiel:

Oliver Riedel hat sein Unternehmen in 2017 gegründet. Noch im Gründungsjahr hat er auf die Anwendung der Kleinunternehmer-Regelung verzichtet. Die fünfjährige Bindungsfrist lief damit Ende 2021 aus. In 2022 erzielte er einen Umsatz von 25.000,– € und überschritt damit die Kleinunternehmergrenze. In 2023 und auch 2024 betrugen seine Umsätze wieder weniger als 22.000,– €.

Herr Riedel muss von Gesetzes wegen für 2023 als Regelbesteuerer behandelt werden und Umsatzsteuer abführen, weil er im Vorjahr die Umsatzgrenze überschritten hat. Ab 2024 kann er vom Finanzamt wieder als Kleinunternehmer behandelt werden. Dass Herr Riedel für 2023 eine Umsatzsteuererklärung als Regelbesteuerer abgeben musste, ist keine Option, die eine fünfjährige Bindung auslösen würde. Weil Kleinunternehmer für Jahre ab 2024 keine Umsatzsteuer-Jahreserklärung mehr abgeben müssen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG i.d.F. des Wachstumschancengesetzes), stehen Herrn Riedel gegenüber dem Finanzamt zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Er gibt freiwillig eine Umsatzsteuererklärung 2024 ab, in der er die in Teil B dafür vorgesehenen zwei Zeilen ausfüllt. Alternativ teilt Herr Riedel dem Finanzamt schriftlich oder per E-Mail mit, dass er ab 2024 Kleinunternehmer ist. Weil hier das »Risiko« besteht, dass das Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung auffordert, sollte Herr Riedel direkt eine Umsatzsteuererklärung für 2024 abgeben.

4.6 Der Verzicht kann widerrufen werden

Folgende Situation kann eintreten: Sie haben auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichtet und stellen in einem späteren Jahr fest, dass der Übergang zur Regelbesteuerung für Sie mehr Nachteile als Vorteile gebracht hat. Sie haben dann die Möglichkeit, Ihre ursprüngliche Entscheidung zu revidieren und zum Kleinunternehmer-Status zurückzukehren.

Voraussetzung für den Widerruf ist natürlich, dass Sie überhaupt als Kleinunternehmer behandelt werden können. Ihr Umsatz im Vorjahr darf nicht mehr als 22.000,– € und im neuen Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000,– € betragen.

Das gilt bis 2023

Haben Sie bis zum Besteuerungszeitraum 2023 auf die Kleinunternehmer-Regelung verzichtet und wollen Sie diesen Verzicht widerrufen, können Sie dies sogar rückwirkend machen, allerdings nur so lange, wie die Umsatzsteuerfestsetzung für das betreffende Jahr noch nicht unanfechtbar geworden ist. Es gelten dieselben Regeln wie für die Abgabe der Verzichtserklärung → »So lange haben Sie Zeit – Das gilt bis 2023«.

Beispiel:

Laura Grewe meint, mit der Regelbesteuerung wirtschaftlich besser dazustehen als mit der Kleinunternehmer-Regelung. Sie gibt deshalb Mitte Februar 2023 erstmals für das Jahr 2022 eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung ab und erklärt damit den Verzicht auf den Kleinunternehmer-Status. Das Finanzamt erstattet ihr daraufhin Vorsteuer in Höhe von 1.485,– €.

Im September 2024 findet bei Frau Grewe eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt. Dabei stellt sich heraus, dass sie ihre Umsätze versehentlich mit dem ermäßigten anstatt mit dem regulären Steuersatz versteuert hat. Die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2022 steht wie allgemein üblich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO). Das Finanzamt kann deshalb problemlos die Steuerfestsetzung zuungunsten von Frau Grewe ändern. Nach der Fehlerkorrektur durch einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2022 im November 2024 ergibt sich ein Umsatzsteuer-Zahlbetrag von 823,– € zuungunsten von Frau Grewe.

Aufgrund der Steuernachzahlung möchte Frau Grewe ihre Option zur Regelbesteuerung nun gerne widerrufen, und zwar mit Wirkung ab dem Beginn des Jahres 2022. Leider ist ein Widerruf durch Frau Grewe im November 2024 nicht mehr möglich. Die erstmalige Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2022 ist bereits im März 2023, einen Monat nach Eingang der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2022 beim Finanzamt, formell bestandskräftig geworden.

Widerrufen Sie mit Wirkung vom Beginn eines zurückliegenden Kalenderjahres, müssen Sie daran denken, Ihre Rechnungen zu berichtigen. Denn als Kleinunternehmer dürfen Sie keine Umsatzsteuer ausweisen, das ist eine sog. unberechtigter Steuerausweis. Für die Berichtigung der Rechnungen gelten besondere Regeln →  »Unberechtigter Steuerausweis – hier gelten strenge Regeln«.

So lange haben Sie ab Besteuerungszeitraum 2024 Zeit für Ihren Widerruf

Für Besteuerungszeiträume ab 2024 kann ein Widerruf nur mit Wirkung von Beginn des folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden (§ 19 Abs. 2 UStG i.d.F. des Wachstumschancengesetzes). Damit ist ein Widerruf für einen bereits abgelaufenen Besteuerungszeitraum nicht möglich.

Beispiel:

Herr Yilmaz hat in 2024 einen Online-Shop und Laden für BARF (Biologisch Artgerechtes Rohes Futter) eröffnet. Aufgrund der anfänglichen höheren Investitionen und der damit verbundenen Vorsteuern aus den in Rechnung gestellten Umsatzsteuern hat Herr Yilmaz gegenüber dem Finanzamt erklärt, auf die Kleinunternehmer-Regelung zu verzichten. Für diese Erklärung hat er bis zum Ablauf des 31.12.2026 Zeit. Die Leistungen von Herrn Yilmaz unterliegen damit mindestens für die Jahre 2024 bis 2028 der Regelbesteuerung.

Wegen der fünfjährigen Bindung kann Herr Yilmaz frühestens ab 2029 wieder zur Kleinunternehmer-Regelung zurückkehren, wenn seine Umsätze die Betragsgrenzen nicht übersteigen. Hierfür muss Herr Yilmaz dem Finanzamt gegenüber spätestens bis zum Ablauf des 31.12.2028 den Verzicht auf die Kleinunternehmer-Regelung widerrufen.

5. Wechsel der Besteuerungsform

Bereits vor dem Übergang zur Regelbesteuerung oder zum Kleinunternehmer-Status sollten Sie die dafür geltenden Regeln genau kennen. Denn oft können Sie durch das geringfügige Verschieben eines Umsatzes oder einer Anschaffung erheblich Steuern sparen. Jedenfalls kommt es beim Übergang vom Kleinunternehmer-Status zur Regelbesteuerung und umgekehrt für die Frage der Besteuerung der Umsätze darauf an, wann sie ausgeführt wurden. Nicht entscheidend ist, zu welchem Zeitpunkt Sie das Geld von Ihren Kunden vereinnahmt haben. Wurde der Umsatz von Ihnen beispielsweise noch als Kleinunternehmer erbracht, aber das Geld vom Kunden erst vereinnahmt, wenn Sie bereits zur Regelbesteuerung gewechselt sind, wird der Umsatz nicht versteuert.

5.1 Von der Kleinunternehmer-Regelung zur Regelbesteuerung

Die folgenden Hinweise sind unabhängig vom Grund des Übergangs zur Regelbesteuerung. Sie gelten also sowohl für den Fall des freiwilligen Verzichts auf den Kleinunternehmer-Status als auch für den Fall des Überschreitens der Umsatzgrenze.

Der Zeitpunkt der Leistung entscheidet

Ihre Lieferungen und sonstigen Leistungen sind nur dann umsatzsteuerpflichtig, wenn sie in einem Jahr erbracht wurden, in dem Sie der Regelbesteuerung unterliegen. Der Zeitpunkt, zu dem Sie begonnen haben, die Leistung zu erstellen, der Kunde die Ware bei Ihnen bestellt hat oder eine (An-)Zahlung erfolgt ist, spielt keine Rolle.

Beispiel:

Der IT-Spezialist Tim Merkle erzielte im Nebenberuf im Jahr 2023 einen Umsatz von 27.000,– €. Im Oktober 2023 erhielt Herr Merkle von einem Bekannten den Auftrag für die Lieferung eines Computers und die Erstellung einer Website. Den Computer lieferte Herr Merkle im Dezember 2023. Aufgrund privater Umstände verzögerte sich die Fertigstellung der Website allerdings bis Februar 2024. Für beide Aufträge haben Herr Merkle und sein Bekannter Festpreise vereinbart.

Ab 2024 ist Herr Merkle Regelbesteuerer, da sein Gesamtumsatz inklusive Umsatzsteuer im Vorjahr die 22.000-Euro-Grenze überschritten hat. Da die Regelbesteuerung erst ab 2024 greift, fällt beim Verkauf des Computers keine Umsatzsteuer an. Die Erstellung der Website unterliegt hingegen in vollem Umfang der Umsatzsteuer von 19 %, da diese Dienstleistung erst nach dem 31.12.2023 ausgeführt wurde.

Für Herrn Merkle wäre es aus steuerlicher Sicht besser gewesen, die Website noch bis zum 31.12.2023 zu erstellen. So bleibt Herr Merkle auf der Umsatzsteuer dafür sitzen. Nachträglich auf den Rechnungsbetrag aufschlagen kann er sie wegen des vereinbarten Festpreises nicht!

Anzahlungen sind gegebenenfalls nachträglich zu versteuern

Haben Sie als Kleinunternehmer im Voraus von einem Kunden Geld für eine Leistung erhalten, die Sie erst als regelbesteuerter Unternehmer an Ihre Kunden erbringen, müssen Sie die Anzahlung nachträglich der Umsatzsteuer unterwerfen. Bei der Regelbesteuerung sind nämlich auch Anzahlungen umsatzsteuerpflichtig. Die von Ihnen zu zahlende Umsatzsteuer müssen Sie in Ihrer ersten Umsatzsteuer-Voranmeldung als Regelbesteuerer angeben.

Beispiel:

Der Journalist und Kleinunternehmer Louis Durand erhält im Jahr 2023 eine Anzahlung in Höhe von 3.000,– € für eine Reportage, die Anfang 2024 fertiggestellt werden soll. Herr Durand optiert mit Wirkung zum 1.1.2024 zur Regelbesteuerung.

Durch den Wechsel zur Regelbesteuerung ist der im Jahr 2024 gelieferte Bericht umsatzsteuerpflichtig. Daher muss auch die Anzahlung aus dem Jahr 2023 versteuert werden. Die Leistungen von Herrn Durand unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Die Versteuerung der Anzahlung erfolgt in der ersten Umsatzsteuer-Voranmeldung für das Jahr 2024. Aus der erhaltenen Anzahlung in Höhe von 3.000,– € muss die Umsatzsteuer herausgerechnet werden. Es ergibt sich Umsatzsteuer in Höhe von 196,26 € (3.000,– € × 7/107).

Ab wann der Vorsteuerabzug zulässig ist

In den meisten Eingangsrechnungen, die Sie als Unternehmer erhalten, ist Umsatzsteuer enthalten. Kleinunternehmer dürfen diese nicht als Vorsteuer abziehen. Regelbesteuerte Unternehmer sind dagegen zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Zeichnet sich bei Ihnen der Übergang zur Regelbesteuerung ab, sollten Sie den Bezug von Leistungen für Ihr Unternehmen möglichst aufschieben, um sich so den Vorsteuerabzug zu sichern. Besonders bei größeren Investitionen können Sie dadurch viel Geld sparen.

Bei einem Wechsel der Besteuerungsform ist der Vorsteuerabzug zulässig, wenn der Unternehmer im Zeitpunkt der Lieferung oder Ausführung der sonstigen Leistung bereits der Regelbesteuerung unterliegt. Ohne Bedeutung ist, wann die bezogene Leistung bestellt oder bezahlt wurde.

Beispiel:

Die Modefotografin Stella Ruiz ist Kleinunternehmerin und optiert ab dem Jahr 2024 zur Regelbesteuerung. Im Dezember 2023 kauft Frau Ruiz eine hochwertige Kamera gegen Rechnung. Den Rechnungsbetrag überweist Frau Ruiz erst im Januar 2024, denn sie glaubt, sich so den Vorsteuerabzug sichern zu können.

Da die Lieferung der Kamera zu einer Zeit erfolgt ist, als Frau Ruiz noch Kleinunternehmerin war, hat sie keinen Anspruch auf die Vorsteuer. Mit der Anschaffung hätte sie besser bis Januar gewartet, denn dann hätte ihr das Finanzamt die gezahlte Vorsteuer erstattet.

Vorsteuerberichtigung zu Ihren Gunsten

Bei einem Wechsel zur Regelbesteuerung haben Sie unter Umständen Anspruch auf eine Vorsteuerberichtigung. Dadurch können Sie einen Teil der von Ihnen in der Vergangenheit gezahlten Vorsteuer nachträglich geltend machen. Das gilt übrigens auch dann, wenn Sie nicht freiwillig zum Regelbesteuerer werden, sondern aufgrund des Überschreitens der Jahres-Umsatzgrenze dazu gezwungen sind. .

Die wichtigsten Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung sind:

  • In Ihrem Unternehmen befinden sich langlebige Wirtschaftsgüter, die über mehrere Jahre verwendet werden (Pkw, Möbel, EDV-Anlage etc.).

  • Der Vorsteuerberichtigungszeitraum von fünf Jahren, der mit der erstmaligen Verwendung des Wirtschaftsguts beginnt, darf im Zeitpunkt des Wechsels der Besteuerungsform nicht abgelaufen sein.

  • Ihnen liegt eine ordnungsgemäße Rechnung mit Vorsteuerausweis vor, aus der die Anschaffung hervorgeht.

Wenn Sie zur Regelbesteuerung übergehen, sollten Sie sich unbedingt einen Überblick über Ihre größeren Anschaffungen aus der Zeit als Kleinunternehmer verschaffen. Denn die Vorsteuerberichtigung kann Ihnen schnell einige Hundert Euro in die Kasse spülen.

Beispiel:

Yannick Renner ist mit seinem Hausmeisterdienst Kleinunternehmer und erwirbt im Januar 2023 einen Pkw für 18.600,– € zuzüglich 3.534,– € Umsatzsteuer, den er zu mehr als 10 % für seine unternehmerischen Zwecke nutzt. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beträgt sechs Jahre. Die gezahlte Vorsteuer in Höhe von 3.534,– € rechnet zu den Anschaffungskosten des Fahrzeuges. Aufgrund des Überschreitens der Vorjahres-Umsatzgrenze von 22.000,– € muss Herr Renner ab dem 1.1.2024 zur Regelbesteuerung übergehen.

Herr Renner darf eine Vorsteuerberichtigung zu seinen Gunsten durchführen. Auf die Jahre 2024 bis 2027 entfällt jeweils ein Berichtigungsbetrag von 706,80 € (3.534,– € ÷ 5 Jahre Vorsteuer-Berichtigungszeitraum). Herr Renner bekommt vom Finanzamt insgesamt Vorsteuer in Höhe von 2.827,20 € (706,80 € × 4) erstattet. Allerdings muss er in diesen Jahren seine Privatnutzung versteuern.

5.2 Von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmer-Regelung

Beim Übergang von der Regelbesteuerung zum Kleinunternehmer-Status gelten die gleichen Spielregeln wie beim Übergang von der Kleinunternehmer-Regelung zur Regelbesteuerung. Das heißt: Entscheidend für den Vorsteuerabzug und die umsatzsteuerliche Behandlung der Ausgangsumsätze ist allein der Zeitpunkt, zu dem die jeweilige Leistung ausgeführt wurde. Der Zeitpunkt der Zahlung ist unerheblich.

Ist absehbar, dass Sie im Folgejahr zur Kleinunternehmer-Regelung wechseln und haben Sie noch Anschaffungen geplant? Dann sollten Sie diese Anschaffungen unbedingt noch im Jahr der Regelbesteuerung ausführen, um sich den Vorsteuerabzug zu sichern!

Die Ausführung Ihrer eigenen Leistungen schieben Sie dagegen besser auf, um Ihre Verkäufe umsatzsteuerfrei durchführen zu können.

Falls Sie eine Rechnung erst in dem Jahr bekommen, in dem Sie bereits Kleinunternehmer sind, sollten Sie nicht vergessen, die ausgewiesene Vorsteuer in Ihrer vorläufig letzten Umsatzsteuer-Jahreserklärung zu berücksichtigen. Das setzt natürlich voraus, dass Sie die zugrunde liegende Leistung bereits im Vorjahr erhalten haben.

Auch beim Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmer-Regelung kann es zu einer Vorsteuerberichtigung kommen – in diesem Fall allerdings zu Ihren Ungunsten. Sie müssen dann einen Teil der von Ihnen in einem vorausgegangenen Jahr abgezogenen Vorsteuer an das Finanzamt zurückzahlen.

Beispiel:

Jasmin Schwarz ist Reporterin und hat auf den Kleinunternehmer-Status mit Wirkung zum 1.1.2019 verzichtet. Damit ist sie zur Regelbesteuerung übergegangen. Ende 2023 läuft die fünfjährige Bindungsfrist ab. Weil Ihre Umsätze unter der 22.000-Euro-Grenze liegen, kehrt Frau Schwarz zum 1.1.2024 zur Kleinunternehmer-Regelung zurück, indem sie ihren Verzicht gegenüber dem Finanzamt widerruft.

Am 1.12.2020 erwarb Frau Schwarz einen Fotoapparat für 6.300,– € zuzüglich 1.197,– € Umsatzsteuer, den sie sofort in Betrieb nahm. Die bei der Gewinnermittlung relevante betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Kamera beträgt sieben Jahre. Die Vorsteuer hat Frau Schwarz in vollem Umfang in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2020 abgezogen.

Der fünfjährige Berichtigungszeitraum des § 15a UStG endet am 30.11.2025. Auf das Jahr 2024 entfällt ein Berichtigungsbetrag zuungunsten von Frau Marburger von 239,40 € (1.197,– €/60 Monate = 19,95 €; im Jahr 2024 muss für zwölf Monate berichtigt werden: 19,95 € × 12 = 239,40 €). Diesen Betrag muss Frau Schwarz an das Finanzamt zurückzahlen. Für das Jahr 2025 sind es dann noch einmal 219,45 € (19,95 € × 11 Monate).