Zu viel versteuert beim Privatanteil für den Betriebs-Pkw? BMF soll Stellung beziehen

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Der BFH vermutet, dass in vielen Fällen Unternehmer beim Pkw-Privatanteil zu hohe Einnahmen versteuern. Deshalb soll das Bundesfinanzministerium einem Verfahren beitreten.

Die Umsatzsteuer auf Privatentnahmen darf nicht als Betriebsausgabe gebucht werden. Weil es aber viel zu umständlich wäre, aus den Umsatzsteuerzahlungen ans Finanzamt den beispielsweise auf die private Pkw-Nutzung entfallenden Teil herauszurechnen, geht man in der Praxis mit Billigung der Finanzverwaltung meist anders vor: Die Umsatzsteuer, die auf Privatentnahmen entfällt, wird als Betriebsausgabe erfasst. Zur Korrektur wird die Umsatzsteuer auf die Privatentnahmen dann in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung als fiktive Betriebseinnahme ausgewiesen. Per Saldo stimmt es dann wieder – oder vielleicht doch nicht?

Kompliziert wird es nämlich, wenn bei der Einkommensteuer und bei der Umsatzsteuer unterschiedliche Werte für die private Pkw-Nutzung angesetzt werden. Um diese Fälle geht es in einem neuen Verfahren vor dem BFH.

Ein Freiberufler mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung hatte im Jahr 2000 in seinem Betriebsvermögen einen überwiegend betrieblich genutzten Audi. Bei einer Betriebsprüfung wurde das Fahrtenbuch des Unternehmers nicht anerkannt. Der Prüfer berechnete deshalb nach der 1%-Regelung einen Privatanteil von 15.600 DM (12% des Listenpreises von 130.000 DM). Nach einem pauschalen Verfahren nahm er 80% des einkommensteuerlichen Privatanteils, also 1.2480 DM, als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Daraus ergab sich eine Umsatzsteuer von 1.996 DM (16% von 12.480 DM). Und diesen Betrag berücksichtigte er dann als zusätzliche Betriebseinnahmen.

Dagegen klagte der Selbstständige. Er hatte nämlich für umsatzsteuerliche Zwecke Aufzeichnungen gemacht, nach denen sich unstreitig eine private Nutzung von 12,5% ergab. Aus den anteiligen vorsteuerbelasteten Kfz-Kosten berechnete er Umsatzsteuer in Höhe von 598 DM. Da der Betrag von 598 DM in der Umsatzsteuererklärung berücksichtigt worden und als Betriebsausgabe gebucht worden war, war seiner Meinung nach auch nur dieser Betrag als fiktive Betriebseinnahme zu versteuern. Nach dieser Rechnung war der vom Finanzamt angesetzte Gewinn um 1.398 DM zu hoch (1.996 DM ./. 589 DM) – und das nicht nur in einem Jahr, sondern in drei Jahren.

Auch dem BFH kam die Vorgehensweise des Finanzamts befremdlich vor. Nach Ansicht der Richter wäre es nach dem Gesetzeswortlaut folgerichtig, die laut Umsatzsteuerbescheid festgesetzte Umsatzsteuer auf den Privatanteil auch einkommensteuerlich als korrigierende Betriebseinnahme anzusetzen. Da aber in der Praxis die Finanzämter oft zum Nachteil der betroffenen Unternehmer wie oben beschrieben anders vorgehen, diese Fallgestaltung überaus häufig vorkommt und von erheblicher praktischer Bedeutung ist, hält es der BFH für wünschenswert, dass das BMF dem Revisionsverfahren beitritt und zu den angesprochenen Fragen Stellung nimmt (BFH, Beschluss vom 28.4.2010, Az. VIII R 54/07).

Steuertipp
Der 1%-Regelung bei der Einkommensteuer können Sie nicht entgehen, wenn Ihnen ein Fahrtenbuch zu aufwendig ist oder Ihr Fahrtenbuch wegen formaler Mängel vom Finanzamt nicht anerkannt wird. Bei der Umsatzsteuer sind die Vorschriften jedoch nicht so streng. Hier genügt es, wenn Sie den Umfang der privaten Nutzung durch formlose Aufzeichnungen glaubhaft machen. Ein Fahrtenbuch mit Kilometerstand für jede einzelne Fahrt ist dafür nicht erforderlich.

In diesen Fällen ist es für Sie besonders lohnend, die Umsatzsteuer nicht pauschal, sondern anhand der tatsächlichen Kosten und der nachgewiesenen Privatnutzung zu berechnen:

  • Beim Privatanteil greift die Kostendeckelung, d.h. der Privatanteil ist so hoch wie die gesamten Fahrzeugkosten;
  • Ihr Auto ist bereits abgeschrieben und die laufenden Kosten sind niedrig;
  • Sie haben den Pkw ohne Vorsteuerabzug gekauft.

Damit reduzieren Sie nicht nur mit wenig Aufwand die von Ihnen zu zahlende Umsatzsteuer, sondern auch die Einkommensteuer. Setzen Sie diesen Umsatzsteuerbetrag als fiktive Betriebseinnahme an und legen Sie mit Hinweis auf das Verfahren beim BFH Einspruch ein, wenn Ihr Finanzamt das ablehnt und den aus der 1%-Regelung abgeleiteten höheren Umsatzsteuerbetrag als Betriebseinnahme berücksichtigen will. Nach unserer Einschätzung geht das Verfahren mit großer Wahrscheinlichkeit zugunsten des betroffenen Unternehmers aus.

 

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