Privatanteil nach der 1 %-Methode lässt sich manchmal auch ohne Fahrtenbuch vermeiden

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Trotz fehlendem Fahrtenbuch braucht ein Unternehmer die private Nutzung seines Betriebs-Pkw nicht nach der 1 %-Methode zu versteuern, wenn ein hinsichtlich Status und Gebrauchswert vergleichbarer privater Pkw vorhanden ist.

Ein Dogma der Finanzverwaltung lautet: Jeder Unternehmer fährt seinen Geschäftswagen auch privat. Deshalb müssen Selbstständige bei einem zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Pkw einen pauschalen Privatanteil nach der 1 %-Methode versteuern, wenn sie kein Fahrtenbuch führen. Das gilt auch, wenn ein privater Pkw vorhanden ist. Doch dieses Dogma kommt durch ein neues BFH-Urteil erheblich ins Schwanken.

Ein Selbstständiger hatte im Betriebsvermögen einen Porsche 911, für den kein Fahrtenbuch geführt wurde. Daneben besaß er einen Porsche 928 S4 als Privatfahrzeug. Seine Ehefrau nutzte einen privaten Kombi Volvo V 70 T5. Trotz der beiden Privatfahrzeuge setzte das Finanzamt einen hohen Privatanteil für den Porsche 911 fest. Dagegen klagte der Unternehmer und bekam schließlich vor dem BFH Recht (BFH-Urteil vom 4.12.2012, VIII R 42/09 ):

Danach spricht zwar der Beweis des ersten Anscheins für eine private Nutzung des Betriebs-Pkw. Dieser Anscheinsbeweis ist jedoch entkräftet, wenn für private Fahrten andere Fahrzeuge im Privatvermögen zur Verfügung stehen, die dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind. Und genau diese Voraussetzung sah der BFH hier als erfüllt an.

Denn sowohl der Unternehmer selbst als auch seine Ehefrau konnten vergleichbare Privatfahrzeuge nutzen. Weitere private Nutzer gab es nicht. Das Halten der beiden privaten Fahrzeuge wäre wirtschaftlich völlig unvernünftig, wenn der Unternehmer und seine Frau stattdessen den betrieblichen Pkw genutzt hätten. Gegen die Privatnutzung des Sportwagens sprach außerdem, dass das Ehepaar fünf Kinder im Alter von 4 bis 11 Jahren hatte. Und nach der Lebenserfahrung ist in dieser Situation ein Kombi erheblich praktischer.

Fazit: Das Finanzamt dürfte nur dann einen Privatanteil ansetzen, wenn es beweisen könnte, dass der Porsche 911 auch privat genutzt wurde. Da es diesen Beweis nicht erbringen konnte, brauchte der Unternehmer den Privatanteil nach der 1 %-Methode in Höhe von rund 11.000 € nicht zu versteuern.

Der Finanzverwaltung wird dieses Urteil natürlich nicht gefallen. Eine offizielle Reaktion darauf gibt es bisher nicht. Vielleicht verlagert sich in Zukunft der Streit mit dem Finanzamt auf die Frage, was ein etwa gleichwertiges Fahrzeug ist. Die Widerlegung des Anscheinsbeweises wird zumindest in Fällen erleichtert, in denen beim Kauf eines neuen Betriebs-Pkw der bisherige Geschäftswagen ins Privatvermögen überführt wird und beide Fahrzeuge eine ähnliche Ausstattung haben.

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