Nebenberuflich selbstständiger Handelsvertreter: Wann die Rentenversicherungspflicht zuschlägt

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Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts ist eine selbstständige Nebentätigkeit als Handelsvertreter rentenversicherungspflichtig, wenn sie nur für einen Auftraggeber erfolgt.

Auch ein "echter" Selbstständiger kann rentenversicherungspflichtig sein (§ 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI). Voraussetzung:

  • Er beschäftigt in seinem Betrieb keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und
  • er ist im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Dieses Kriterium gilt als erfüllt, wenn er mindestens 5/6 seines Umsatzes mit nur einem Auftraggeber erzielt.

Liegen beide Voraussetzungen gleichzeitig vor, wird der Unternehmer als "arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger" eingestuft und muss auf seinen Gewinn Rentenversicherungsbeiträge zahlen – und zwar den vollen Beitragssatz von 19,9 Prozent.

Bisher war jedoch nicht klar, wie eine nebenberuflich ausgeübte selbstständige Tätigkeit für nur einen Auftraggeber zu beurteilen ist, die zusätzlich zu einer abhängigen, versicherungspflichtigen Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgeübt wird. Kommt es in diesem Fall zu einer Gesamtbetrachtung von selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit und zählt daher auch der Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis als Auftraggeber? Wenn ja, würde die selbstständige Nebentätigkeit versicherungsfrei bleiben, da ja zwei Auftraggeber vorhanden wären. Oder muss die selbstständige Nebentätigkeit ganz für sich betrachtet werden, wie es die Rentenversicherungsträger fordern? Das hätte zur Folge, dass es nur einen Auftraggeber gibt und der Nebenerwerb damit versicherungspflichtig wird.

Zu dieser Frage liegt jetzt die Entscheidung des Bundessozialgerichts vor (BSG, Urteil vom 4.11.2009, Az. B 12 R 7/08 R). Sie ist leider zum Nachteil des betroffenen Selbstständigen ausgefallen und wird wohl in den nächsten Jahren etlichen Selbstständigen Nachforderungsbescheide der Rentenversicherung bescheren.

Der Fall: Ein Angestellter erzielte im Jahr 2002 ein Bruttogehalt von 32.278 Euro. In dieser Zeit war er außerdem nebenberuflich als Handelsvertreter für ein Unternehmen tätig. Dafür erhielt er Provisionen von 18.868 Euro. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) forderte von ihm Rentenversicherungsbeiträge auf den Gewinn aus der Handelsvertretertätigkeit in Höhe des halben Regelbeitrags. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg stellte eine Gesamtbetrachtung an und bezog zugunsten des Handelsvertreters den Arbeitgeber als Auftraggeber ein. Damit verneinte es die Beitragspflicht. Beim Bundessozialgericht setzte sich jedoch schließlich die DRV mit ihrer Sichtweise durch.

Begründung: Da die selbstständige Nebentätigkeit für sich zu beurteilen ist und der Selbstständige bei dieser Betrachtung nur einen einzigen Auftraggeber hat, unterliegt er mit seiner selbstständigen Tätigkeit der Rentenversicherungspflicht. Dass er bereits als Angestellter Rentenversicherungsbeiträge auf sein Gehalt zahlt, spielt dabei keine Rolle, solange die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht ist.

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