Kindergeld auch bei Fernstudium?

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Liegt eine Berufsausbildung auch dann vor, wenn der Schüler nicht in eine schulische Mindestorganisation eingebunden ist?

Ja, sagt das FG Schleswig-Holstein und erklärt, eine Mindeststundenanzahl für den Unterricht an einer schulischen Einrichtung sei bei Schulungsmaßnahmen im Inland nicht gefordert.

Hinter dieser doch etwas juristisch-verschwurbelten Formulierung verbirgt sich folgender Fall:

Eine junge Frau ließ sich im Wege von Fernunterricht zur Tierphysiotherapeutin ausbilden. Einmal im Monat besuchte sie ein Wochenendseminar, den Rest der Ausbildung absolvierte sie im Alleinstudium.

Die Mutter der jungen Frau wollte weiter Kindergeld erhalten, da sich ihre Tochter ihrer Meinung nach in einer Berufsausbildung befand. Dem schien die Tatsache, dass sich die Tochter in einem Fernlehrgang für ihren Beruf ausbilden ließ, im Weg zu stehen.

Grundsätzlich gilt dabei: Bereitet sich ein Kind ohne regelmäßigen Besuch einer Ausbildungsstätte selbstständig auf Prüfungen u. ä. vor, sind an den Nachweis und die Ernsthaftigkeit der Vorbereitung grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Zweifel gehen nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des Kindergeldberechtigten.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das FG Schleswig-Holstein erfreulicherweise davon ausgegangen, dass sich die Tochter der Klägerin (noch) in Ausbildung befand.

Die Richter waren davon überzeugt, dass die Tochter ihr Studium nachhaltig und ernsthaft betrieben hat. Der Umstand, dass das Institut keine staatlich anerkannte Hochschule ist, ändert an dieser Beurteilung nichts, da es unstreitig von der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht zum Abhalten von Lehrgängen zugelassen ist. Die IHK zertifiziert einzelne Lehrgänge, u. a. auch den hier infrage stehenden Lehrgang zum Tierphysiotherapeuten.

Darüber hinaus haben die Richter als Indiz für die Ernsthaftigkeit des Betreibens der Ausbildung auch den Umstand gewertet, dass diese eine nicht unerhebliche Studiengebühr bezahlt, um überhaupt an den Lehrgängen teilnehmen zu können. Dass die Tochter einen solchen Betrag für die Freizeitgestaltung zahlt, hielt das Gericht für abwegig. Es sei auch schwer vorstellbar, dass das Kind aus reinem Freizeitvergnügen den Skelettaufbau von Pferden und Hunden gelernt hat, um sich dann einer Lernkontrolle zu unterziehen.

Die Richter erklärten weiter, dass zwar der Beruf Tierphysiotherapeut kein staatlich anerkannter Beruf und die Berufsbezeichnung auch nicht besonders geschützt seien. Dennoch sei gerichtsbekannt, dass dieses Berufsfeld existiere und die junge Frau nach entsprechendem Abschluss also als Tierphysiotherapeutin arbeiten könne (FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.01.2018, Az. 3 K 154/16).

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