Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete: Mietspiegel hat Vorrang

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Vermieten Sie eine Wohnung unter dem Marktpreis, können Sie nur dann alle Werbungskosten steuerlich geltend machen, wenn Sie die ortsübliche Marktmiete um nicht mehr als 50% unterschreiten. Streitigkeiten gibt es dabei immer wieder darüber, wie die Marktmiete ermittelt werden muss.

Für gewöhnlich wird dazu der örtliche Mietspiegel herangezogen. Liegt kein Mietspiegel vor, gibt es die Möglichkeit, vergleichbare Wohnungen als Maßstab heranzuziehen. Wie im konkreten Fall die Vergleichsmiete ermittelt werden musste, hatte der Bundesfinanzhof zu entscheiden.

Verbilligte Vermietung an die Tochter

Im entschiedenen Fall besaß die Steuerpflichtige ein Mehrfamilienhaus, in dem sie eine Wohnung verbilligt an ihre Tochter vermietete. Im selben Haus gab es eine gleich große und ähnlich ausgestattete Wohnung, die an eine fremde Person vermietet war.

Fremdvergleich bei verbilligter Vermietung

Bei Prüfung der Vergleichsmiete stellte das Finanzamt auf die Miete für die im gleichen Haus gelegene fremd vermietete Wohnung ab und kam zu dem Ergebnis, dass die der Tochter überlassene Wohnung zu einem zu geringen Preis vermietet war, weshalb der volle Werbungskostenabzug versagt wurde. Die Immobilieneigentümerin wandte sich gegen diese Einschätzung und brachte als Vergleichsmaßstab den örtlichen Mietspiegel bei, nach dem die Mietuntergrenze eingehalten worden wäre.

In der ersten Instanz vor dem Finanzgericht Thüringen unterlag sie. Auch das Gericht zog als Vergleichsmaßstab die im gleichen Objekt gelegene Vergleichswohnung heran und kam zum Ergebnis, dass die Mietuntergrenze unterschritten worden war.

BFH: Vergleich erfolgt vorrangig nach Mietspiegel

Der Bundesfinanzhof widersprach dem Finanzgericht und dem Finanzamt. Vergleichsmaßstab für die ortsübliche Vergleichsmiete ist die Nettokaltmiete zuzüglich Betriebskosten, also die sogenannte Warmmiete. Zu der Ermittlung dieser Warmmiete als Vergleichsmaßstab liegen zahlreiche Urteile des Bundesfinanzhofs vor. Danach ist vorrangig der Mietspiegel heranzuziehen. Dieser ist nur dann nicht anwendbar, wenn er veraltet ist oder gravierende methodische Fehler aufweist. Dies muss aber von demjenigen, der die Nichtanwendbarkeit des Mietspiegels geltend macht, auch belegt werden.

Im vorliegenden Fall wies der Mietspiegel eine Spanne aus, innerhalb derer sich die Marktpreise für vergleichbare Wohnungen bewegen. Die Angabe einer solchen Mietspanne spiegelt die Tatsache wider, dass sich auch für Objekte gleicher Art, Lage und Ausstattung unterschiedliche Preise am Markt entwickeln. Bei Festsetzung der Mietgrenze für die vollständige Abziehbarkeit der Werbungskosten der vergünstigt überlassenen Immobilie darf sich der Steuerpflichtige allerdings auch auf den oberen Wert der Mietspanne berufen. Nach Ansicht der obersten Finanzrichter dürfen alle Werte des Mietspiegels als gleich wahrscheinlich und angemessen angesehen werden.

Überlassen Sie eine Immobilie vergünstigt an Angehörige, prüfen Sie die Unterschreitung der Mietuntergrenze für den vollen Werbungskostenabzug anhand des örtlichen Mietspiegels. Gibt es keine begründeten Anlässe, den Mietspiegel nicht als Vergleichsgrundlage heranzuziehen, dürfen Sie diesen verwenden.

Dabei ist auch nicht zu beanstanden, wenn nicht der niedrigste Wert einer angegebenen Mietspanne angesetzt wird, sondern eher ein Wert im oberen Bereich der Mietspanne. Sie sollten jedoch die Miete nicht zu gering ansetzen und den geringstmöglichen Mietzins nicht unterschreiten (BFH-Urteil vom 22.2.2021, Az. IX R 7/20).

(AI)

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