Private Pflegeversicherung: Finanzieller Schutz vor dem Pflegerisiko

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Rund 3,9 Millionen Pflegebedürftige beziehen zurzeit Leistungen aus der sozialen Pflichtversicherung. Diese Leistungen reichen aber bei Weitem nicht aus, um die Kosten bei häuslicher oder stationärer Pflege zu decken. Wer es sich leisten kann, sorgt mit einer Pflegezusatzversicherung vor.

Um die hohen Eigenanteile für die Pflege von aktuell rund 2.000,– € im Monat später finanziell aufbringen zu können, sorgen 3,5 Millionen Versicherte für den Fall einer späteren Pflegebedürftigkeit mit einer privaten Pflegezusatzversicherung vor.

Pflegezusatzversicherungen: Vier Varianten im Angebot

In rund drei Millionen Fällen handelt es sich dabei um die Pflegetagegeldversicherung. Darunter sind rund eine Million Versicherte, die eine staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung abgeschlossen haben (sogenannter Pflege-Bahr). Zudem gibt es noch die Pflegekostenversicherung und die Pflegerentenversicherung. Doch dazu später mehr.

Pflegebedürftige Menschen und ihre Ehepartner, die nur über ein bescheidenes Einkommen und Vermögen verfügen, können wegen der hohen Eigenanteile sehr schnell zum Sozialfall werden und auf die finanzielle Hilfe zur Pflege des Sozialamts angewiesen sein. Eine private Pflegezusatzversicherung mit 50 oder 60 Jahren abzuschließen, fällt ihnen schon aus finanziellen Gründen schwer. Da sie daher keine Beiträge dafür zahlen können, kommen für sie Leistungen dieser Pflegezusatzversicherung bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit nicht infrage.

Wer über hohes Einkommen verfügt, kann sich hingegen durch Zahlung von laufenden Beiträgen spätere Leistungen der privaten Pflegezusatzversicherung sichern. Diese werden bei Pflegetagegeldversicherungen, wie schon der Name sagt, als Pflegetagegeld gezahlt. Multipliziert mit im Schnitt 30 Tagen, errechnen Sie so das monatliche Tagegeld im Pflegefall.

Pflege-Bahr: Staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung

Im Jahr 2013 wurde vom damaligen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr die staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung eingeführt, die kurz auch Pflege-Bahr genannt wird. Im höchsten Pflegegrad 5 wird ein Pflegetagegeld von mindestens 600,– € im Monat gezahlt. Die Leistungen für die Pflegegrade 1 bis 4 betragen mindestens 60,– € in Pflegegrad 1 und gehen bis mindestens 240,– € in Pflegegrad 4. Diese Leistungen reichen im Pflegefall fast nie aus, da die Eigenanteile für die Pflegebedürftigen deutlich darüberliegen.

Um die staatliche Zulage von 5,– € im Monat bzw. 60,– € im Jahr zu erhalten, muss der Versicherte einen Eigenbeitrag von monatlich 10,– € bzw. jährlich 120,– € zahlen. Höhere Eigenbeiträge führen dann auch zu höheren Leistungen. Die staatliche Zulage beantragt der Versicherer direkt bei der Zulagestelle und kalkuliert sie in den Gesamtbeitrag ein. Der Mindestbeitrag inkl. Zulage liegt somit bei monatlich 15,– €.

Da es beim Pflege-Bahr kein Höchsteintrittsalter gibt, können auch hochbetagte Versicherer noch die staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung abschließen, sofern sie noch nicht pflegebedürftig sind. Nachteilig ist jedoch, dass als Voraussetzung für Leistungen im Pflegefall eine Wartezeit von bis zu fünf Jahren eingehalten werden muss. Wer vor Ablauf von fünf Jahren pflegebedürftig wird, erhält keine Leistungen. Die Beiträge sind in diesem Fall also verloren.

Auch die fehlende Beitragsbefreiung im Pflegefall ist von Nachteil. Es kann somit durchaus sein, dass der weiter zu zahlende monatliche Beitrag über dem geringen monatlichen Pflegetagegeld bei den Pflegegraden 1 bis 4 liegt.

Beim Pflege-Bahr erfolgt keine Gesundheitsprüfung. Vorerkrankungen werden also bei der Beitragsberechnung nicht berücksichtigt. Fehlende Altersbeschränkung und fehlende Gesundheitsprüfung führen dazu, dass die Versicherer jeden – also auch ältere und kranke Menschen – aufnehmen müssen und keinen abweisen dürfen. Rechtlich liegt somit ein Kontrahierungs- bzw. Vertragszwang vor.

Die Kehrseite dieser an sich versichertenfreundlichen Regelung sind höhere Kosten für die Versicherer. Das wird stark steigende Beiträge nach sich ziehen, die nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den relativ geringen Leistungen stehen. Versicherungsexperten rechnen damit, dass die Policen für die staatlich geförderte im Vergleich zur nicht staatlich geförderten Pflegetagegeldversicherung teurer werden. Die staatliche Zulage von monatlich 5,– € ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Selbst bei einer Beitragsdauer von 30 Jahren summiert sich dieser Zuschuss lediglich auf 1.800,– €.

Verzichten Sie auf den Pflege-Bahr, wenn Sie jünger als 65 sind und keine Vorerkrankungen haben. Für hochbetagte oder vorerkrankte Menschen könnte die staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung eher Sinn machen. Unabhängig davon könnte die Kombination des Pflege-Bahr mit einer ungeförderten Pflegetagegeldversicherung interessant sein. Für den Mindestbeitrag von monatlich 15,– € (einschließlich staatlicher Zulage von 5,– €) schließt man die staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung ab und kombiniert diese mit einem deutlich höheren Beitrag für die nicht staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung. Die Debeka macht diese Kombination sogar zur Pflicht. Das heißt: Wer den Pflege-Bahr abschließt, muss bei der Debeka auch eine Police zur ungeförderten Pflegetagegeldversicherung abschließen. Andere Versicherer bieten zwar auch diese Kombinationslösung an, machen diese aber nicht zur Pflicht. 

Die Pflegekostenversicherung kann die Leistung verdoppeln

Im Unterschied zur Pflegetagegeldversicherung knüpft die Pflegekostenversicherung direkt an die von der gesetzlichen Pflegeversicherung übernommenen Pflegekosten an. Zahlt die Pflegekasse den Höchstsatz von 2.005,– € in Pflegegrad 5 und stationärer Pflege, können in der privaten Pflegekostenversicherung nochmals 2.005,– € für die Zahlung der sonstigen Pflege-, Verpflegungs- und Einrichtungskosten übernommen werden, sofern man sich für eine Absicherung zu 100 % entscheidet. Diese 2.005,– € entsprechen in etwa dem durchschnittlichen Eigenanteil der Pflegebedürftigen.

Zahlt die Pflegekasse bei häuslicher Pflege durch Angehörige monatlich 316,– € in Pflegegrad 2, schießt die private Pflegekostenversicherung bei 100 % Schutz auch nur 316,– € zu. Kein Geld gibt es bei ambulanter Pflege in Pflegegrad 1, da auch die Pflegekasse außer dem Entlastungsbetrag von 125,– € nichts zahlt.

Was Sie vor dem Abschluss einer privaten Pflegeversicherung beachten sollten, lesen Sie in unserem ausführlichen Beitrag "Private Pflegeversicherung: Finanzieller Schutz vor dem Pflegerisiko" in unserem Loseblattwerk Der GeldBerater.

Die Pflegerentenversicherung: ein (zu) teurer Spaß

Die Pflegerentenversicherung ist im Gegensatz zur Pflegetagegeld- und Pflegekostenversicherung ein Zweig der Lebens- und Rentenversicherung und nicht der Krankenversicherung. Schon dadurch unterscheidet sie sich erheblich von den beiden anderen privaten Pflegezusatzversicherungen.

Die Beiträge zur privaten Pflegerentenversicherung sind stabil über die gesamte Laufzeit. Gleichzeitig werden die von der Versicherung errechneten Pflegerenten, die vom Pflegegrad abhängen (z. B. 100 % bei Pflegegrad 5 und nur 25 % bei Pflegegrad 1 oder grundsätzlich erst ab Pflegegrad 2), in ihrer Höhe garantiert. Bei der Pflegerente wird nicht zwischen ambulanter und stationärer Pflege unterschieden.

Wer in den Jahren 2018 bis 2021 eine Pflegerentenversicherung abgeschlossen hat, kann noch mit einem Garantiezins von 0,9 % rechnen. Bei Abschluss ab 2022 wird der Garantiezins auf 0,25 % sinken. Durch Überschussbeteiligungen können die im Pflegefall garantierten Pflegerenten zwar steigen. In einer länger anhaltenden Niedrigzinsphase fallen diese Überschüsse aber sehr gering oder sogar ganz aus.

Im Vergleich zur Pflegetagegeldversicherung ist eine Pflegerentenversicherung schlicht zu teuer. Um die gewünschte garantierte Pflegerente in Höhe eines vergleichbaren Pflegetagegelds zu erhalten, ist oft der doppelte Beitrag zu zahlen. Oder andersherum: Bei gleichem Beitrag fällt die Pflegerente deutlich geringer aus im Vergleich zum Pflegetagegeld. Das liegt nicht nur an der Niedrigzinsphase, sondern auch an der von den Versicherern einkalkulierten ferneren Lebenserwartung. Nach der von Rentenversicherern verwandten Sterbetafel DAV 2004R leben die Menschen rund fünf Jahre länger als nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes. Wenn aber das mit Mini-Zinsen angesammelte Kapital auf mehr Jahre verteilt werden muss, werden die Renten zwangsläufig geringer ausfallen.

(MS)

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