Bundestagswahl 2021: Auf der Suche nach der Kranken- und Pflegeversicherung der Zukunft

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Rund 60.400.000 Stimmberechtigte haben am 26. September die Wahl zwischen 47 Parteien. Ein von jeher heftig umstrittenes Wahlkampffeld ist die Gesundheitspolitik.

Bilden Sie sich Ihre Meinung, nutzen Sie Ihr Wahlrecht und stellen Sie die Weichen für die kommenden Jahre!

Krankenversicherung: Systemkonkurrenz oder Bürgerversicherung?

Von den mehr als 83 Millionen Menschen in Deutschland sind rund 73 Millionen in 105 Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Rund 10 Millionen Menschen sind privat krankenversichert.

Die gesetzliche Krankenversicherung ist geprägt von einer weitreichenden Wachstumsschwäche ihrer Finanzierungsgrundlagen, die auf der finanziellen Leistungsfähigkeit der Versicherten beruhen. Dagegen bemisst die private Krankenversicherung die Beiträge ihrer Versicherten nach deren Kostenrisiken. Die dadurch entstehenden Unterschiede in der ärztlichen Versorgung sorgen seit Jahren für Grundsatzdiskussionen über eine einheitliche Bürgerversicherung.

Unser Ratgeber Private Krankenversicherung im Alter erläutert die Möglichkeiten, die Versicherungsbeiträge im Ruhestand zu senken.

Pflege: Akuter Handlungsbedarf wegen drängender Finanzierungsprobleme

Die Lebenserwartung in Deutschland steigt und damit die Anzahl der Pflegebedürftigen, die wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen dauerhafter Hilfe bedürfen. Rund vier von fünf Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause versorgt (rund 3.309.000). Meist erfolgt die Pflege durch pflegende Angehörige. Häufig unterstützt sie dabei ein ambulanter Pflegedienst. Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen machen rund ein Fünftel der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland aus (rund 818.000).

Politisch soll die Attraktivität der Ausbildung in einem Pflegeberuf gesteigert, die Bezahlung verbessert und mehr Personal gewonnen werden. Gleichzeitig stellt die Finanzierung der Pflegekosten ein herausforderndes Dauerproblem dar.

Informieren Sie sich mit unseren sechs Ratgebern zur Pflege über Ihre Rechte und alle notwendigen Abläufe: Die private Pflegeversicherung, Pflegefall – Was nun?, Der Pflegeassistent, Ehrenamtliche Pflegekräfte, Pflegekräfte aus dem Ausland, Rechte und Ansprüche des Pflegenden.

Welche Partei verspricht was?

Sieben der 47 Parteien, die am 26. September zur Wahl stehen, sind derzeit im Bundesparlament vertreten, wobei die Abgeordneten von CDU und CSU eine gemeinsame Fraktion bilden. Diese sechs Bundestagsfraktionen haben unterschiedliche Konzepte für die Gesundheitspolitik in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vorgelegt.

Hier die wichtigsten Passagen aus den Wahlprogrammen der aktuellen Bundestagsfraktionen im Originalwortlaut (die Reihenfolge entspricht dem jeweiligen Stimmenanteil bei der Bundestagswahl 2017).

CDU CSU: "Zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung setzen wir weiter auf einkommensabhängige paritätische Beiträge, Eigenbeteiligung und einen Steueranteil für versicherungsfremde Leistungen (wie beispielsweise in der Pandemiebekämpfung), der dynamisiert und an die tatsächlichen Kosten der versicherungsfremden Leistungen und deren Entwicklung gekoppelt wird. (…) Eine umfassende Versorgung der Bürgerinnen und Bürger und den Erhalt unseres sehr guten Gesundheitssystems erreichen wir mit der bewährten Selbstverwaltung, der freien Arzt- und Therapiewahl sowie mit dem Zusammenspiel von gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. Eine Einheitsversicherung und Schritte dahin lehnen wir ab. (…) Wir wollen weitere 500 Millionen Euro für eine Innovationsoffensive für Robotik und Digitalisierung in der Pflege bereitstellen. Die Digitalisierung, der Einsatz von Smart-Home-Technologien sowie der Einsatz modernster Roboter sind eine enorme Chance für eine hohe Lebensqualität im Alter und die Entlastung der Pflegekräfte. (…) Deutschlands Krankenhäuser sind in Stadt und Land ein wichtiger Anker der medizinischen Versorgung. (…) Wir sorgen dafür, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen digitalen, wohnortnahen und möglichst barrierefreien Weg, zum Beispiel zur Haus-, Fach-, Zahnarzt- und Notfallversorgung, zu Apotheken, Hebammen, Physiotherapeuten, Gesundheitshandwerken und Sanitätshäusern haben. (…) Angesichts steigender Zahlen alter und pflegebedürftiger Menschen in unserer Gesellschaft bedarf es eines solidarischen Miteinanders. Deshalb haben wir beispielsweise die Bezahlung von Pflegekräften verbessert. Prävention und Rehabilitation werden wir stärker in den Mittelpunkt unserer Maßnahmen stellen, um den Eintritt von Pflegebedürftigkeit möglichst lange zu verhindern. (…) Wir wollen die Rahmenbedingungen in der Pflege weiter verbessern, indem wir diese als gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen. Wir werden sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für das Pflegefachpersonal und pflegende Angehörige bessere Möglichkeiten für gut organisierte, leistungsfähige, berechenbare, zuverlässige und bedarfsgerechte Angebotsstrukturen schaffen. (…) Die von der Union eingeführte Pflegeversicherung hat sich bewährt und wird auch in Zukunft von uns stetig weiterentwickelt, um einen verlässlichen Beitrag zur Absicherung des Pflegerisikos und eine hohe Betreuungs- und Pflegequalität zu gewährleisten. Betriebliche Pflegezusatzversicherungen sorgen dafür, dass Menschen das Pflegerisiko im Alter zusätzlich wirksam absichern können. Wir werden prüfen, wie wir das Instrument der betrieblichen Pflegezusatzversicherung stärken und staatlich fördern können, damit möglichst viele Menschen davon profitieren können. Um mit Blick auf den demografischen Wandel künftig unverhältnismäßig steigenden Beiträgen in der Pflegeversicherung entgegenzuwirken, wollen wir den Pflegevorsorgefonds bis 2050 verlängern. (…) Familiäre Pflege muss eine noch gezieltere und flexiblere Unterstützung erfahren. Deshalb setzen wir uns dafür ein, die bisherigen Leistungen für Angebote der Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie Betreuungsleistungen zu einem Budget zusammenzufassen. Stationäre Pflegeeinrichtungen sollen die Möglichkeit haben, passgenaue Unterstützungsleistungen für pflegebedürfte Menschen in ihrem Umfeld zu erbringen, die nicht Bewohnerinnen und Bewohner der jeweiligen Einrichtung sind. Pflege findet in den Quartieren der betroffenen Menschen statt. Deshalb werden wir die Länder und Kommunen darin unterstützen, quartiersbezogene und sektorenübergreifende Versorgungskonzepte umzusetzen."

SPD: "Frauen, Männer und Kinder haben besondere gesundheitliche Bedürfnisse, die bei ihrer Gesundheitsversorgung und der Prävention berücksichtigt werden müssen. Doch die Gesundheitsforschung, Ausbildung und Versorgungspraxis orientieren sich zumeist an Daten von weißen, männlichen erwachsenen Probanden – das werden wir ändern. Wir werden darüber hinaus Programme in den Bereichen Prävention und Krankheitsfrüherkennung fördern, die die Besonderheiten verschiedener Altersgruppen und Geschlechter berücksichtigen. (…) Ein leistungsfähiges Gesundheitssystem braucht eine stabile und solidarische Finanzierung. Steuerzuschüsse und Investitionsmittel sollten mit klaren Zielvorgaben für die Reform des Systems verbunden werden. Wir werden eine Bürgerversicherung einführen. Das bedeutet: Gleich guter Zugang zur medizinischen Versorgung für alle, eine solidarische Finanzierung und hohe Qualität der Leistungen. Gesundheit ist keine Ware, deshalb müssen in unserem Gesundheitssystem die Bürger*innen im Mittelpunkt stehen. Der Staat muss deshalb sicherstellen, dass die Leistungen der Gesundheitsversorgung den Bedürfnissen derer entsprechen, die sie benötigen. Gute Arbeitsbedingungen und vernünftige Löhne in der Pflege sind dafür eine wichtige Grundlage. Professionelle Pflege ist ein höchst anspruchsvoller Beruf. (…) Maßnahmen zur Überwindung des Personalmangels dürfen nicht dazu führen, dass die Stellen in der Pflege abgewertet werden. Wir wollen die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen beenden, denn sie wirkt sich negativ auf die Versorgung der Patient*innen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten aus. Gewinne, die aus Mitteln der Solidargemeinschaft erwirtschaftet werden, sollen verpflichtend und weitestgehend wieder in das Gesundheitssystem zurückfließen. Wir stärken die Kommunen bei der Einrichtung und beim Betreiben der integrierten medizinischen Versorgungszentren. Das System der Fallpauschalen werden wir auf den Prüfstand stellen, die Pauschalen überarbeiten und wo nötig abschaffen. Die Grundkosten der Krankenhäuser und der integrierten medizinischen Versorgungszentren werden wir angemessen finanzieren. Bei der Stärkung des Gemeinwohls spielen öffentliche Krankenhäuser eine zentrale Rolle."

AfD: "Unser Ziel ist eine am Menschen orientierte und wohnortnahe medizinische Versorgung. Die Effizienz unseres Gesundheitswesens soll neu bewertet werden, Eigenverantwortlichkeit, natürliche Prävention sowie Therapiefreiheit gefördert und der Einflussnahme von Lobbyisten strengere Grenzen gesetzt werden. (…) Die bestehende Finanzierung in dem DRG-Fallpauschalensystem hat sich als Zuteilungs- und Sparsystem mit der 'Heckenschere' erwiesen. Die Steuerungsfunktion zur Bereinigung von angeblichen Überkapazitäten potenziert Verwerfungen und beschleunigt Kliniksterben insbesondere im ländlichen Raum. Die AfD fordert die Einführung eines Individualbudgets für Krankenhäuser, um auch in strukturschwachen Gebieten wohnortnah beispielsweise Notfalleinrichtungen, Abteilungen für Geburtshilfe und insbesondere die stationäre Behandlung von Kindern zu ermöglichen. (…) Die AfD fordert mit Blick auf die Trägervielfalt und die Zurverfügungsstellung leistungsfähiger Krankenhausstrukturen eine Begrenzung privater Träger im Krankenhausbereich bei max. 60%. (…) Die AfD betrachtet die Förderung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum als eine der aktuell dringendsten Aufgaben. Folgende Maßnahmen werden die Versorgung dort stärken: 1. Aufhebung der Kopfpauschalen-Vergütung und der Budgetierung der ärztlichen Honorierung. 2. Beendigung der Deckelung im Abrechnungssystem (Degression). 3. Finanzielle und organisatorische Niederlassungshilfen. 4. Abbau der Hürden bei der Anstellung von ärztlichem Personal, wie z. B. der Jobsharing-Limitation. 5. Weiteren Ausbau von Arztpraxen / Polikliniken/MVZ mit angestellten Ärzten auch unter der Trägerschaft der Kommunen, aber unter ärztlicher Leitung. 6. Förderung von Medizinstudenten, die sich nach dem Studium für einen gewissen Zeitraum zu einer Berufstätigkeit in strukturschwachen Gebieten verpflichten. (…) Die Genehmigungspflicht für Hilfsmittel durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) schafft Versorgungslücken für den Patienten und verursacht hohen bürokratischen Aufwand. Sie ist durch eine Festbetragsregelung zu ersetzen. (…) Im Anschluss an einer Krankenhausbehandlung führt das Fehlen von direkt anschließenden Pflegemöglichkeiten oftmals zu einer unwürdigen Übergangssituation. Die AfD fordert, dass Kurzzeitpflegeplätze in den Krankenhäusern durch die Pflegeversicherung finanziert werden. So wird der Druck auf pflegebedürftige Menschen vermieden, die häufig befürchten, dass eine Folgebetreuung in anschließenden Pflegeeinrichtungen oder Zuhause nicht sichergestellt ist. (…) Steigende Patientenzahlen, Abnahme von qualifiziertem Pflegepersonal, Überlastung vorhandener Pflegekräfte und eine Ausgabendeckelung der Kranken- und Pflegekassen bei der Entlohnung der Pflege sorgen für eine zunehmende Schieflage im Pflegebereich. Daher fordert die AfD: 1. Eine leistungsgerechte angemessene Bezahlung der Pflegekräfte über einen Flächentarifvertrag mit steuerfreien Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen. 2. Eine bundeseinheitliche gesetzliche Personaluntergrenze für Pflegeeinrichtungen mit einer Pufferregelung bei deren kurzzeitiger Unterschreitung. 3. Regelmäßige Überprüfung der Ergebnis- und Abrechnungsqualität in Pflegeeinrichtungen. 4. Förderung und Finanzierung der Ausbildung zur Pflegefachkraft und nicht nur der Pflegehilfskräfte über das Jobcenter. Die AfD fordert das Fortbestehen der verschiedenen Versorgungsformen und die Förderung altersgerechter Wohnformen. (…) Über 70% der Pflegebedürftigen bevorzugen die Unterbringung zu Hause. Sie ist nicht nur aus sozialen, sondern auch aus finanziellen Gründen vorzuziehen. Die stationäre Pflegebedürftigkeit ist so weit wie möglich hinauszuschieben. Die Unterstützung von pflegenden Angehörigen ist durch die weitgehende Angleichung des Pflegegeldes an die Pflegesachleistungen zu fördern. Die AfD schlägt eine Zusammenlegung von sozialer Pflegeversicherung und gesetzlicher Krankenversicherung vor, um häufig auftretende Schnittstellenprobleme bei der Versorgung von Pflegebedürftigen, die gleichzeitig häufig auch multimorbide sind, zu vermeiden. Der Leistungsumfang der sozialen Pflegeversicherung soll dabei dem Versicherungsprinzip in der Krankenversicherung angeglichen werden. Da eigene Kinder für das Funktionieren des Sozialstaates unabdingbar sind, muss berücksichtigt werden, dass kinderlosen Versicherten aufgrund des Wegfalls der Kindererziehung mit all den damit verbundenen Kosten im höheren Maße die Bildung eigener Rücklagen für den Pflegefall zumutbar ist."

FDP: "Wir Freie Demokraten fordern eine nachhaltige Verbesserung der Investitionsfinanzierung für maximalversorgende und kleinere spezialisierte Krankenhäuser. Nur so können wir die bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger sicherstellen. Höhere Qualität muss durch das Vergütungssystem belohnt werden. Die Strukturreform im stationären Sektor muss verantwortungsvoll weiterentwickelt und Fehlanreize für eine Überversorgung sowie ein Überangebot an Krankenhausleistungen müssen bereinigt werden. Eine Ungleichbehandlung von privaten, öffentlichen und konfessionellen Trägern lehnen wir genauso entschieden ab wie eine Planungshoheit der Krankenkassen für die Versorgungsstrukturen. (…) Wir Freie Demokraten setzen uns für einen qualitäts-, effizienz- und innovationssteigernden Wettbewerb unter den Kassen ein. Dieser sorgt dafür, dass Patientinnen und Patienten gut versorgt werden und schneller vom medizinischen Fortschritt profitieren. Dazu wollen wir den gesetzlichen Spielraum für Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern ausweiten, um innovative Versorgungsformen zu stärken. Krankenkassen sollen ihren Versicherten finanzielle Anreize wie beispielsweise Selbstbeteiligungen, Bonuszahlungen oder Beitragsrückerstattungen anbieten dürfen. Dadurch können die Nachfrage gesteuert, Bürokratie abgebaut und Wirtschaftlichkeitsreserven erhöht werden. Zudem sollen Krankenkassen ihren Versicherten freiwillig zusätzliche Leistungen anbieten können, wie beispielsweise die Kostenübernahme für Verhütungsmethoden über das 22. Lebensjahr hinaus. Wir Freie Demokraten wollen den Wechsel zwischen gesetzlicher (GKV) und privater (PKV) Krankenversicherung vereinfachen. Wir stehen für ein solidarisches und duales Gesundheitssystem, in dem die Wahlfreiheit der Versicherten durch Krankenkassen- und Krankenversicherungsvielfalt gewährleistet ist. Dazu gehört neben einer starken privaten auch eine freiheitliche gesetzliche Krankenversicherung. Diese soll Versicherten- und Patienteninteressen in den Mittelpunkt rücken und Möglichkeiten bieten, aus verschiedenen Modellen zu wählen. (…) Pflegebedürftigkeit kann jede und jeden treffen – ob durch Unfall, Krankheit oder im Alter. Dann vertrauen wir auf eine menschliche und qualitativ hochwertige Pflege. Allerdings haben wir in Deutschland einen dramatischen Mangel an Pflegefachkräften, die dadurch oftmals überlastet sind und den eigenen Ansprüchen an ihre Arbeit nicht gerecht werden können. Das ist frustrierend und führt nicht selten zu Burn-out und zur Berufsaufgabe. Wir Freie Demokraten wollen dem entgegenwirken und wieder mehr Zeit für Zuwendung ermöglichen – durch einen umfassenden Bürokratieabbau, bessere Arbeitsbedingungen und die Nutzung digitaler Potentiale im Pflegebereich. Wichtig ist uns dabei vor allem eines: Die beruflich Pflegenden an zentraler Stelle in die Erarbeitung der nötigen Reformen einzubinden und so ihre fachliche Expertise zu nutzen. (…) Wir Freie Demokraten fordern die Einführung des Liberalen Pflegebudgets. Jede Person soll selbst entscheiden können, welche Hilfe und Leistungen bei der Gestaltung des Alltags am besten sind. Dazu wollen wir alle Leistungsansprüche der jeweiligen Pflegegrade in ein monatliches Pflegebudget überführen, über das unbürokratisch und transparent verfügt werden kann Wir Freie Demokraten setzen uns für eine nachhaltige, generationengerechte Finanzierung der Pflege ein. An der Pflegeversicherung als Teilleistung ist festzuhalten und sie ist zudem durch Kapitaldeckungselemente zu ergänzen. Wie auch bei der Rente wollen wir ein Drei-Säulen-Modell für die Pflege einführen – bestehend aus der sozialen Pflegeversicherung sowie aus privater und betrieblicher Vorsorge. Insbesondere der Ausbau von betrieblichen Modellen zur Pflegezusatzvorsorge ist zu unterstützen. Eigenverantwortung endet nicht bei der Pflegebedürftigkeit. Mit Blick auf den demographischen Wandel sowie die Entwicklung der Sozialabgaben ist es unvertretbar, die Pflegefinanzierung allein auf zukünftige Generationen abzuwälzen."

Die Linke: "Aufgrund der Coronapandemie wurden die Kinderkrankentage befristet bis Ende 2021 für gesetzlich versicherte Elternteile um zehn weitere Tage je Kind und für Alleinerziehende um zusätzlich zwanzig Tage je Kind verlängert. Wir wollen eine dauerhafte Verlängerung der Kinderkrankentage. Das muss auch für Beschäftigte in Mini- und Midijobs, Soloselbstständige und Freiberufler*innen gelten! (…) Der Pflegenotstand muss endlich gestoppt werden! 100.000 Pflegekräfte mehr in den Krankenhäusern und 100.000 Pflegekräfte mehr in den Pflegeheimen und 500 Euro mehr Grundgehalt! (…) Wir brauchen eine gesetzliche Personalbemessung für alle Berufe im Krankenhaus und in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen! In den Krankenhäusern wollen wir Personalabbau und Outsourcing stoppen und rückgängig machen. (…) Die momentane Finanzierung der Krankenhäuser über das System der sogenannten Fallpauschalen (DRG) schafft falsche Anreize: Diagnosen, die sich lohnen, werden öfter gestellt. Krankenhäuser werden unter Wettbewerbsdruck gesetzt. Der individuelle gesundheitliche Bedarf steht nicht mehr im Mittelpunkt. Wir fordern die Abschaffung der Fallpauschalen! Die Betriebskosten müssen von den Krankenkassen vollständig refinanziert werden. Wir wollen Krankenhäuser in kommunale, öffentliche oder gemeinnützige Hand überführen. Gewinne aus dem Betrieb von Krankenhäusern dürfen nicht in die Taschen von Eigentümern und Aktionären fließen. Deshalb brauchen wir ein Verbot der Entnahme von Gewinnen. Mögliche Überschüsse müssen im Betrieb bleiben. Wenn keine Gewinnentnahmen mehr möglich sind, verlieren private Konzerne den Anreiz, Krankenhäuser zu betreiben. Wir fordern einen Fonds des Bundes zur Rekommunalisierung, um eine weitere Privatisierung zu verhindern und Entprivatisierungsbestrebungen zu unterstützen. (…) In den Pflegeeinrichtungen wollen wir gute Arbeitsbedingungen durchsetzen. Dazu soll der Pflegevorsorgefonds in einen Pflegepersonalfonds umgewandelt werden. Medizinische Behandlungspflege, muss auch in stationären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Behindertenhilfe vollständig von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden. Zusätzliche Pflegekräfte können so regulär beschäftigt und besser bezahlt werden. Grundlage dafür muss ein allgemeinverbindlicher Flächentarifvertrag, mindestens auf dem Niveau der Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes (TVÖD / TV-L), für alle Beschäftigten sein, der auch für private und kirchliche Träger wie Caritas und Diakonie gilt. (…)Aktuell ist der überwiegende Teil der Pflegeheimplätze und der ambulanten Pflegedienste privatwirtschaftlich organisiert. Der gesetzlich verankerte Anspruch auf Gewinn, der sogenannter Risikozuschlag, für den der Staat im Zweifel bezahlt, muss ersatzlos gestrichen werden. Die Kostenspirale der immer weiter steigenden Eigenanteile muss gebrochen werden. Bis zur Einführung einer Pflegevollversicherung müssen die Eigenanteile sofort deutlich gesenkt und gedeckelt werden. (…) Die Finanzierung muss auf neue Füße gestellt werden. Wir brauchen eine Solidarische Gesundheitsvollversicherung. Alle zahlen ein, Beiträge werden auf alle Einkommen erhoben, alle werden gut versorgt. Zuzahlungen und Eigenanteile fallen in Zukunft weg. Mit der Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze sinkt der Beitrag für die Krankenversicherung von circa 15 Prozent auf etwa12 Prozent des Bruttolohns. Bis zur Einführung einer Solidarischen Gesundheitsversicherung müssen sich die Beiträge für Selbstständige und andere freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Versicherte stärker am realen Einkommen orientieren. Für Menschen mit einem Monatseinkommen unter 6.200 Euro sinken die Beiträge in absoluten Zahlen. Der allergrößte Teil der Bevölkerung wird durch dieses Konzept finanziell entlastet, auch viele Selbstständige und Rentner*innen. Arbeitgeber*innen und Versicherte zahlen jeweils die Hälfte, also dann weniger als sechs Prozent. Schluss mit der Zweiklassenmedizin: Wir wollen die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung abschaffen. In die Solidarische Gesundheitsversicherung zahlen alle entsprechend ihren gesamten Einkünften (Erwerbs-, Kapital und anderen Einkommen) ein und bekommen alle medizinisch notwendigen Leistungen, auch vollumfänglich Medikamente, Brillen, Zahnersatz oder Physiotherapie. Medizinisch unnötige Behandlungen privat Versicherter für den Profit gehören der Vergangenheit an. (…) Die Beiträge für Selbstständige und andere freiwillig in der GKV Versicherte müssen sich deutlich stärker am realen Einkommen orientieren. (…) Die Pflegeversicherung deckt die Kosten der Pflege nicht, sie ist eine Teilleistungsversicherung. (…) Wir wollen die Pflegeversicherung grundlegend umbauen: Mit einer verlässlichen, gerechten und zukunftsfesten Finanzierung können wir gute Arbeitsbedingungen und gute Pflege nach wissenschaftlichen Standards sicherstellen. (…) Unsere Solidarische Pflegevollversicherung deckt alle pflegerischen Leistungen ab. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien müssen keinen Eigenanteil zahlen. Keine Pflegeleistung darf aus Kostengründen verweigert werden. Pflegeleistungen sollen in hoher Qualität von gut bezahlten Fachkräften erbracht werden. Familiäre Pflege und nachbarschaftliches Engagement können ergänzend und sollen nicht aus der Not heraus geleistet werden. Wer auf Sozialhilfe angewiesen ist, erhält dieselben Leistungen wie alle anderen Menschen mit Pflegebedarf. Die private Pflegeversicherung muss in die gesetzliche überführt werden. Die finanziellen Lasten müssen gerecht auf allen Schultern verteilt werden. Auch Beamt*innen, Abgeordnete und Selbstständige müssen entsprechend ihren Einkommen in die Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung einzahlen: auch auf Einkommen aus Kapitaleinnahmen und ohne eine Beitragsbemessungsgrenze, die die Millionär*innen schont. (…) Bevorzugt soll Pflegearbeit in Privathaushalten als reguläre Beschäftigung über öffentliche Agenturen, Pflegeplattformen, gemeinwohlorientierte oder kommunale Träger organisiert werden. Diese müssen tarifliche Bezahlung, unbefristete Beschäftigung, das Recht auf eine vertragliche Mindeststundenzahl, Arbeitsschutz und Weiterbildung für Beschäftigte garantieren. (…) Es darf nicht sein, dass osteuropäische Betreuungskräfte durch den Verzicht auf Mindestlohn und Sozialleistungen pflegende Angehörige finanziell entlasten und den deutschen Pflegenotstand abfedern! (…) Eine Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags durch häusliche Betreuung, die dafür notwendig ist, muss auf dem Boden des geltenden Arbeitsrechts neu aufgestellt werden. Aktuell gibt es keine echten Lohnersatzleistungen für pflegende Angehörige, die noch im Beruf stehen. Wir wollen für alle Beschäftigten sechs Wochen Freistellung bei vollem arbeitgeberfinanziertem Lohnausgleich beim ersten Auftreten eines familiären Pflegefalls. Auch bei längerer Übernahme häuslicher Pflege müssen Pflege und Beruf vereinbart und Armut verhindert werden können. Gemeinsam mit den Interessenvertretungen pflegender Angehöriger, Sozialverbänden und Gewerkschaften entwickelt DIE LINKE ein Konzept für eine Freistellung berufstätiger pflegender Angehöriger und Zugehöriger mit Lohnersatz. Die Schwellenwerte im Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz wollen wir abschaffen. Es braucht einen bundesweiten Rechtsanspruch auf familiengerechte Arbeitszeiten für alle, die Verantwortung in Erziehung und Pflege übernehmen, eingeschlossen ein Rückkehrrecht auf den eigenen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz."

Bündnis 90/Die Grünen: "Gesetzlich Versicherte warten länger auf Termine bei Fachärzt*innen und viele privat Versicherte können sich die hohen Prämien nicht mehr leisten. Von dieser Zwei-Klassen-Medizin profitieren wenige, zum Nachteil vieler. Unser Ziel ist eine solidarisch finanzierte Bürger*innenversicherung, in der jede*r unabhängig vom Einkommen die Versorgung bekommt, die er oder sie braucht. Dafür wollen wir in der nächsten Wahlperiode die Weichen stellen. Mit der Bürger*innenversicherung wollen wir alle in die Finanzierung eines leistungsstarken Versicherungssystems einbeziehen und so auch vor dem Hintergrund künftiger Kostensteigerungen im Gesundheitswesen für eine stabile und solidarische Lastenteilung sorgen. Auch Beamt*innen, Selbständige, Unternehmer*innen und Abgeordnete beteiligen sich mit einkommensabhängigen Beiträgen, ohne fiktive Mindesteinkommen. Die Beiträge sollen auf alle Einkommensarten erhoben werden, zum Beispiel neben Löhnen und Gehältern auch auf Kapitaleinkommen. Wir verbessern die Versorgung gesetzlich Versicherter – zum Beispiel bei der Erstattung von Brillen. Außerdem wollen wir die Benachteiligung gesetzlich versicherter Beamt*innen durch einen beihilfefähigen Tarif beenden und privat Versicherte, die sich nur den Basistarif leisten können, besser absichern. Für gesetzlich Versicherte mit Beitragsschulden wollen wir die vollwertige Rückkehr in die Krankenkasse erleichtern und wir wollen die Absicherung von gering verdienenden Selbständigen in der Krankenversicherung verbessern, um sie nicht durch zu hohe Beiträge finanziell zu überfordern. (…) Pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen müssen immer mehr eigenes Geld für ihre Versorgung aufbringen. Wir wollen, dass pflegebedürftige Menschen die für sie notwendigen Pflegeleistungen erhalten, ohne von Armut bedroht zu sein. Mit einer doppelten Pflegegarantie wollen wir die Eigenanteile schnell senken und dauerhaft deckeln. So garantieren wir, dass die selbst aufzubringenden Kosten verlässlich planbar werden. Die Pflegeversicherung soll alle über diesen Betrag hinausgehenden Kosten für eine bedarfsgerechte (ambulante wie stationäre) Pflege tragen. Mit einer solidarischen PflegeBürger*innenversicherung wollen wir dafür sorgen, dass sich alle mit einkommensabhängigen Beiträgen an der Finanzierung des Pflegerisikos beteiligen."

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Die Bundeszentrale für politische Bildung hat den Wahl-o-Mat für die Bundestagswahl 2021 veröffentlicht, mit dem Sie Ihre Standpunkte mit den Antworten von 39 Parteien vergleichen können. Dieser Wahl-O-Mat stellt keine Wahlempfehlung, sondern ein Informationsangebot über Wahlen und Politik dar.

Die Wahlprogramme aller Parteien finden Sie hier.

(MS)

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