Arbeitsunfall nach Diebstahl?

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Eine Verletzung bei Verfolgung eines Diebes kann ein Arbeitsunfall sein, aber nicht, wenn es nur um die eigene Geldbörse geht.

Brieftaschendiebstahl in einer spanischen Bar – was soll das mit der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung zu tun haben? Das könnte man spontan fragen. So einfach ist der Fall aber nicht. Auch ein Unfall bei der Verfolgung eines Diebs kann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Auch dann, wenn sich die Geschichte nach einem Barbesuch während einer Dienstreise in Barcelona ereignete.

Allerdings: Es kommt ganz darauf an, wie man sich gegenüber der Berufsgenossenschaft einlässt. Zunächst einmal zum Fall, über den am 11.3.2019 vor dem Hessischen Landessozialgericht verhandelt wurde: Es ging um eine Ellenbogenfraktur, die sich ein Arbeitnehmer zugezogen hatte, als er auf einer Dienstreise nach einem Barbesuch einen Dieb verfolgte, der seine Geldbörse gestohlen hatte.

Die mit diesem Fall befassten Instanzen hatten zunächst einmal zu klären, ob es sich hier um einen Arbeitsunfall auf einer Dienstreise handelte. Bei Dienstreisen stehen viele Tätigkeiten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung – etwa der Weg zum Dienstort und zurück oder der Weg vom Tagungsort zum Hotel –, nicht jedoch rein private Aktivitäten – wie in diesem Fall der Barbesuch. Ist die Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet, rein persönlicher Natur, so besteht kein Unfallversicherungsschutz.

Genauso verhielt es sich im verhandelten Fall. Der Unfallversicherungsschutz während der Dienstreise griff hier also nicht. Doch damit waren noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 13c SGB VII ist derjenige, der sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist, persönlich einsetzt, unfallversichert. Diese Regelung könnte hier gegriffen haben – hat es aber nicht.

Bei der Verfolgung des Diebs hatte der Verunfallte nämlich – nach seiner eigenen Darstellung – rein persönliche Motive. Es ging ihm nicht um Strafverfolgung, sondern um das Wiedererlangen seiner eigenen Brieftasche. Der Unfallversicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung greift hier nur, wenn die Verfolgung des Diebs auch dann erfolgt wäre, wenn man sich das persönliche Motiv des Unfallopfers wegdenkt.

Mit anderen Worten: Die Festnahme des Täters muss im Vordergrund stehen. Das bedeutet: Hätte der Betroffene argumentiert, dass es sich bei einem Diebstahl um ein abscheuliches Verbrechen handelt und dass er – generell – in solchen Situationen einschreite, dann wäre der Unfall wohl als Arbeitsunfall anerkannt worden.

Fazit: Es kommt in solchen Verfahren ganz auf die genaue Darstellung des Sachverhalts an (Az. L 9 U 118/18).

(MS)

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