Inhaltsübersicht

Renten in der Steuererklärung - Korrekt gemacht und Geld gespart

Einführung

Auch mit Beginn des Ruhestands ist das leidige Thema »Ausfüllen der Steuererklärung« leider noch nicht vorbei. Denn Altersbezüge sind nicht steuerfrei und deshalb müssen Pensionäre und auch viele Rentner weiterhin jährlich eine Steuererklärung abgeben.

Altersbezüge behandelt das Finanzamt unterschiedlich

Steuerlich gibt es im Wesentlichen zwei Arten von Altersbezügen: Renten und Pensionen.

  • Pensionen sind in voller Höhe steuerpflichtig als (nachträgliche) Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 2 EStG). Dieses Ruhegehalt wird weiterhin in der Anlage N eingetragen. Pensionen erhalten vor allem Beamte, Richter und Soldaten im Ruhestand bzw. deren Witwen und Waisen. Aber auch Betriebsrenten aus einer Pensionszusage oder Unterstützungskasse, die ehemalige Angestellte von ihrem früheren Arbeitgeber erhalten, werden steuerlich wie Pensionen behandelt.

  • Renten dagegen sind als sonstige Einkünfte gemäß § 22 EStG meist nur mit einem bestimmten Anteil steuerpflichtig und werden in der Anlage R eingetragen. Dazu zählen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Zusatzversorgungsrenten nach dem öffentlichen Dienst und Renten aus privaten Versicherungen und aus der betrieblichen Altersvorsorge (Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds).

Einführung

Auch mit Beginn des Ruhestands ist das leidige Thema »Ausfüllen der Steuererklärung« leider noch nicht vorbei. Denn Altersbezüge sind nicht steuerfrei und deshalb müssen Pensionäre und auch viele Rentner weiterhin jährlich eine Steuererklärung abgeben.

Altersbezüge behandelt das Finanzamt unterschiedlich

Steuerlich gibt es im Wesentlichen zwei Arten von Altersbezügen: Renten und Pensionen.

  • Pensionen sind in voller Höhe steuerpflichtig als (nachträgliche) Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 2 EStG). Dieses Ruhegehalt wird weiterhin in der Anlage N eingetragen. Pensionen erhalten vor allem Beamte, Richter und Soldaten im Ruhestand bzw. deren Witwen und Waisen. Aber auch Betriebsrenten aus einer Pensionszusage oder Unterstützungskasse, die ehemalige Angestellte von ihrem früheren Arbeitgeber erhalten, werden steuerlich wie Pensionen behandelt.

  • Renten dagegen sind als sonstige Einkünfte gemäß § 22 EStG meist nur mit einem bestimmten Anteil steuerpflichtig und werden in der Anlage R eingetragen. Dazu zählen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Zusatzversorgungsrenten nach dem öffentlichen Dienst und Renten aus privaten Versicherungen und aus der betrieblichen Altersvorsorge (Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds).

Oft ist die Steuererklärung im Ruhestand sogar umfangreicher als während der aktiven Berufstätigkeit. Denn neben Rente und/oder Pension haben viele noch andere steuerpflichtige Einkünfte, etwa aus einer vermieteten Eigentumswohnung, einer selbstständigen Tätigkeit oder nichtselbstständigen Beschäftigung. Das Finanzamt kennt hier kein Pardon und für Ruheständler bei der Ermittlung dieser Einkünfte auch keine steuerlichen Besonderheiten. Einzige Steuererleichterung für Senioren ist der Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG.

Auch die Regeln zu den steuerlich abzugsfähigen Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sind im Ruhestand weiterhin gültig.

1. Renten werden unterschiedlich hoch besteuert

1.1 Überblick

Renten zählen grundsätzlich zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG. Das heißt aber nicht, dass alle Renten gleich besteuert werden. Vielmehr ist für Rentenempfänger die entscheidende Frage: Wie hoch ist der steuerpflichtige Anteil meiner Rente? Denn steuerlich gesehen gibt es verschiedene Gruppen von Renten:

  • Renten, die nachgelagert besteuert werden, so zum Beispiel die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Hier bestimmt das Jahr des Rentenbeginns über den sogenannten Besteuerungsanteil der Rente;

  • nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtige Renten, wie Renten aus privaten Versicherungen oder Zusatzversorgungsrenten nach dem öffentlichen Dienst;

  • Renten, die in voller Höhe steuerpflichtig sind, soweit sie auf steuerfreien bzw. steuerlich geförderten Beiträgen beruhen. Davon betroffen sein können Renten aus der betrieblichen Altersvorsorge oder eine Riester-Rente;

  • Renten, die in voller Höhe steuerfrei sind, wie die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

In diesem Beitrag lesen Sie häufig, dass ein bestimmter Teil der Rente »steuerpflichtig« ist oder »besteuert« wird. Das bedeutet aber noch nicht, dass Sie als Rentenempfänger auch tatsächlich Steuern auf Ihre Rente zahlen müssen. Sondern gibt Ihnen Auskunft darüber, welcher Teil der Rente in die Berechnung des maßgeblichen zu versteuernden Einkommens eingeht. Allein dieser Wert entscheidet letztlich darüber, ob und in welcher Höhe Sie Steuern zahlen müssen.

Grundsätzlich sind auch Renten aus dem Ausland steuerpflichtig. Ob die Rente wie eine vergleichbare Rente eines deutschen Versorgungsträgers steuerpflichtig ist oder ggf. nach dem Progressionsvorbehalt bei der Bemessung des Steuersatzes zu berücksichtigen ist, regelt das entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit dem jeweiligen Staat. Die Renteneinkünfte werden dabei nach deutschem Recht ermittelt. So ist zum Beispiel die dänische DSS- und ATP-Rente der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar. Das Besteuerungsrecht dieser Renten steht zwar Dänemark zu, die Renten unterliegen aber mit dem Besteuerungsanteil dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG (BFH-Urteil vom 14.7.2010, X R 37/08, BStBl. 2011 II S. 628).

Zunächst ist also eine rechtsvergleichende Qualifizierung der ausländischen Rente mit deutschem Recht vorzunehmen. Dann ist zu prüfen, welchem Staat das jeweilige DBA das Besteuerungsrecht für die Rente zuweist. Zur erstmaligen individuellen Klärung der richtigen steuerlichen Einordnung Ihrer ausländischen Rente sollten Sie sich an einen Steuerberater wenden, der auf internationales Steuerrecht spezialisiert ist. Adressen gibt es bei der zuständigen Steuerberaterkammer. Auch ein Anruf beim Finanzamt kann sich lohnen. Lassen Sie sich mit einem Sachbearbeiter für internationales Steuerrecht verbinden und schildern Sie Ihren Fall.

Renten aus der französischen gesetzlichen Sozialversicherung an in Deutschland ansässige Bezieher sind nach einer Änderung des DBA ab 2016 ausschließlich in Deutschland steuerpflichtig (Art. 13 Abs. 8 DBA Frankreich). Die Besteuerung von Renten aus der Türkei nach dem aktuellen DBA Türkei hat die Finanzverwaltung näher erläutert mit BMF-Schreiben vom 11.12.2014, BStBl. 2015 I S. 92.

1.2 Nachgelagert besteuerte Renten

1.2.1 Das Alterseinkünftegesetz

Bis 2004 waren Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur mit dem günstigen Ertragsanteil steuerpflichtig. Begründung für diese Begünstigung: Rentenbezieher haben anders als Beamte viele Jahre lang Beiträge aus zum Teil versteuerten Einkommen gezahlt. Da sie sich somit ein Rentenstammrecht erworben haben, wurde die Zahlung der Rente zum großen Teil als steuerfreie Rückzahlung des eingezahlten Kapitals angesehen. Nur der im Rentenbetrag enthaltene Zinsanteil, der Ertragsanteil, musste deshalb versteuert werden. So betrug der Ertragsanteil einer gesetzlichen Altersrente bei Rentenbeginn mit 65 Jahren nur 27 %.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem sogenannten Rentenurteil entschieden, dass die ungleiche Besteuerung von Pensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach damaligem Recht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt und deshalb verfassungswidrig war (BVerfG, Urteil vom 6.3.2002, 2 BvL 17/99, BStBl. 2002 II S. 618). Der Gesetzgeber wurde dazu verpflichtet, spätestens ab 1.1.2005 eine Neuregelung zu treffen.

Den Auftrag der Verfassungsrichter erfüllte der Gesetzgeber mit dem sog. »Alterseinkünftegesetz« (BGBl. 2004 I S. 1427). Damit wurde die steuerliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen (Versicherungsbeiträgen) und Altersbezügen (Renten und Pensionen) ab 2005 grundlegend geändert. Das wesentliche Kernelement der Neuregelung ist der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung.

1.2.2 Was bedeutet nachgelagerte Besteuerung?

Höhere steuerpflichtige Renteneinkünfte im Ruhestand

Das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung

  • Während der aktiven Berufstätigkeit sind die Beiträge zur Altersvorsorge in voller Höhe steuerfrei.

  • Im Ruhestand sind die daraus erzielten Altersbezüge voll steuerpflichtig.

Für Beamte gilt dieses Prinzip seit jeher, da – mangels Beitragszahlung – der Anspruch auf Versorgung im Alter während der Dienstzeit nicht versteuert wird. Die Pension im Ruhestand ist dann allerdings in voller Höhe steuerpflichtig.

Anders bei Angestellten: Hier ist zwar der Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung steuerfrei nach § 3 Nr. 62 EStG. Der Arbeitnehmeranteil wurde aber wegen der nur beschränkten Abzugsfähigkeit der Vorsorgeaufwendungen – vor allem bei höherem Verdienst – zu einem wesentlichen Teil aus versteuertem Gehalt bezahlt. Deshalb wurden bis 2004 Renten mit dem günstigen Ertragsanteil besteuert. Das ist seit dem Jahr 2005 anders: Der Beitrag zur Rentenversicherung wird schrittweise in voller Höhe von der Steuer freigestellt. Im Gegenzug ist dann die spätere Rente – nach einer langen Übergangsphase – in voller Höhe steuerpflichtig.

Die Übergangsregelung zur nachgelagerten Besteuerung

Bis 2004 haben sich Ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nur zum Teil steuermindernd ausgewirkt. Deshalb darf der Fiskus Ihre Rente nicht sofort in voller Höhe versteuern (Verbot der Doppelbesteuerung). Aus diesem Grund wird für jeden neu hinzukommenden Rentnerjahrgang in einer Übergangsregelung bis zum Jahr 2040 die gesetzliche Rente stufenweise höher besteuert.

Aber auch die volle Abzugsfähigkeit der Altersvorsorgeaufwendungen (Rentenversicherungsbeiträge) wird aus fiskalischen Gründen erst schrittweise bis zum Jahr 2025 eingeführt.

Die neue Ausrichtung auf die nachgelagerte Besteuerung und die Ausgestaltung der Übergangsregelung ist verfassungsgemäß (z. B. BFH-Urteil vom 26.11.2008, X R 15/07, BStBl. 2009 II S. 710; bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 30.9.2015, 2 BvR 1066/10, HFR 2016 S. 72).

Trotz Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung sind die Rentenversicherungsbeiträge nicht in voller Höhe als vorweggenommene Werbungskosten, sondern nur begrenzt als Altersvorsorgeaufwendungen abzugsfähig. Auch diese gesetzliche Regelung wurde zwischenzeitlich verfassungsrechtlich abgesegnet (BVerfG, Beschluss vom 14.6.2016, 2 BvR 290/10, BStBl. 2016 II S. 801).

1.2.3 Welche Renten werden nachgelagert besteuert?

Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, alle Basis-Altersversorgungssysteme unterschiedslos der nachgelagerten Besteuerung zu unterwerfen. Generell gilt: Renten und andere Leistungen aus Versicherungen, deren Beiträge als Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich absetzbar sind, werden nachgelagert besteuert (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. aa EStG). Das sind:

  • Renten aus einer gesetzlichen Rentenversicherung;

  • Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen;

  • Renten aus der landwirtschaftlichen Alterskasse und

  • Renten aus einer privaten Rürup-Rente/Basisrente.

Die Renten werden nicht sofort in voller Höhe nachgelagert besteuert. Im Rahmen einer längeren Übergangsregelung steigt je nach Jahr des Rentenbeginns der Besteuerungsanteil von neu beginnenden Renten schrittweise an (sog. Kohortenprinzip). Wie viel von der Rente versteuert werden muss, richtet sich also danach, in welchem Jahr die Rente begonnen hat. Der steuerfreie Teil der Rente wird dann als »Rentenfreibetrag« für die gesamte Laufzeit der Rente festgeschrieben. Erst Renten, die nach 2039 beginnen, müssen voll versteuert werden.

Betroffen sind in erster Linie Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dazu gehören auch Selbstständige und nicht pflichtversicherte Personen, die eine gesetzliche Rente erhalten. Die Ausführungen im Kapitel »Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung« gelten gleichsam für Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie aus der landwirtschaftlichen Alterskasse. Und auch für die Rente aus einer privaten Rürup-Rente (Basisrente) gelten die gleichen Steuerregeln wie für die gesetzliche Rente.

Aus dieser sog. Basisversorgung mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig sind nach dem Gesetzestext »Leibrenten und andere Leistungen«. Die Finanzverwaltung unterwirft daher grundsätzlich alle Leistungen dieser Versorgungssysteme der nachgelagerten Besteuerung, unabhängig davon, ob sie

  • als Rente oder Teilrente (z.B. Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Hinterbliebenenrente als Witwen- oder Witwerrente, Waisenrente oder Erziehungsrente) oder

  • als einmalige Leistung (z.B. Sterbegeld oder Abfindung von Kleinbetragsrenten) ausgezahlt werden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 195).

    Der BFH hat die Besteuerung von Kapitalabfindungen berufsständischer Versorgungswerke mit dem Besteuerungsanteil bestätigt (BFH-Urteil vom 23.10.2013, X R 3/12, BStBl. 2014 II S. 58; BFH-Urteil vom 23.10.2013, X R 21/12, BFH/NV 2014 S. 330). Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BvR 143/14 wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12.7.2016 nicht zur Entscheidung angenommen.

    Einmalzahlungen sind auch dann mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig, wenn daneben keine laufenden Leistungen gezahlt werden (BFH-Urteil vom 23.10.2013, X R 33/10, BStBl. 2014 II S. 103). Das gilt z. B. für eine einmalige Todesfallleistung an ein hinterbliebenes Kind eines Versicherten. Auch das von einem berufsständischen Versorgungswerk gezahlte Sterbegeld ist als »andere Leistung« mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 23.11.2016, X R 13/14, BFH/NV 2017 S. 445).

In bestimmten Fällen kann es in der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erstattung der eingezahlten Beiträge kommen. Nicht nachgelagert besteuert, sondern in voller Höhe steuerfrei nach § 3 Nr. 3 Bstb. b EStG ist

  • die Erstattung von Versichertenbeiträgen, in Fällen, in denen das mit der Einbeziehung in die Rentenversicherung verfolgte Ziel eines Rentenanspruchs nicht oder voraussichtlich nicht erreicht oder nicht vollständig erreicht werden kann (§ 210 SGB VI und § 286d SGB VI);

  • die Erstattung von freiwilligen Beiträgen im Zusammenhang mit Nachzahlungen von Beiträgen in besonderen Fällen (§§ 204, 205 und 207 SGB VI);

  • die Erstattung der vom Versicherten zu Unrecht geleisteten Beiträge nach § 26 SGB IV (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 197).

Den Kriterien dieser Vorschriften entsprechende Beitragsrückerstattungen aus berufsständischen Versorgungswerken sind nach § 3 Nr. 3 Bstb. c EStG steuerfrei. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist allerdings eine steuerfreie Erstattung von Pflichtbeiträgen erst möglich, wenn nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht mindestens 24 Monate vergangen sind und nicht erneut eine Versicherungspflicht eingetreten ist (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 205). Das sieht der BFH anders: Die Erstattung kann auch vor Ablauf einer Wartefrist von 24 Monaten nach dem Ende der Beitragspflicht steuerfrei sein. Offen bleibt allerdings die Frage, ob die Beitragserstattung ggf. mit im Erstattungsjahr geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen verrechnet werden darf oder ggf. zu einer Verrechnung mit früheren Beitragszahlungen und so zur Korrektur des Sonderausgabenabzugs der Vorjahre führen kann (BFH-Urteil vom 10.10.2017, X R 3/17, DB 2018 S. 423).

Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden ebenfalls nachgelagert besteuert. Als abgekürzte Leibrenten wurden diese bis 2004 nur mit einem sehr niedrigen Ertragsanteil besteuert. Seit 2005 hat sich bei diesen Renten der steuerpflichtige Anteil um ein Vielfaches erhöht gegenüber dem alten Recht 2004. Der BFH hat gegen die dadurch eingetretene Steuermehrbelastung keine Bedenken. Die Besteuerung von Erwerbsminderungsrenten mit dem höheren Besteuerungsanteil verstößt nicht gegen die Verfassung (z.B. BFH-Urteil vom 13.4.2011, X R 33/09, BFH/NV 2011 S. 1496). Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1808/11 wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 5.6.2013 nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Finanzamt unterwirft alle Rentenzahlungen ab 2005 der nachgelagerten Besteuerung, auch wenn diese Zeiträume vor 2005 betreffen. Erhalten Sie nach einem längeren Rechtsstreit eine Rentennachzahlung für vergangene Jahre, besteuert das Finanzamt auch den Teil der Rentenzahlung mit dem höheren Besteuerungsanteil, der Zeiträume vor 2005 betrifft. Auch dagegen hat der BFH keine Einwände: Nach dem Zuflussprinzip gilt der höhere Besteuerungsanteil für alle Renten, die nach dem 31.12.2004 ausgezahlt werden. Für eine Einschränkung dieser Vorschrift besteht keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit (BFH-Urteil vom 13.4.2011, X R 1/10, BStBl. 2011 II S. 915).

Die nachgelagerte Besteuerung samt Übergangsregelung gilt sowohl für Leistungen von inländischen als auch von vergleichbaren ausländischen Versorgungseinrichtungen (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 190). Eine Vergleichbarkeit von ausländischen Alterseinkünften mit inländischen Alterseinkünften nimmt das Finanzamt an, wenn die ausländische Leistung in ihrem Kerngehalt den gemeinsamen und typischen Merkmalen der inländischen Leistung entspricht. »Wesentliche Merkmale der Basisversorgung sind die Zahlung der Renten erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze bzw. bei Erwerbsunfähigkeit und die Funktion als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Lebensunterhaltssicherung. Die tatsächliche Verwendung als Altersversorgung wird grundsätzlich dadurch sichergestellt, dass die Rentenversicherungsansprüche nicht beleihbar, nicht vererblich, nicht veräußerbar, nicht übertragbar und nicht kapitalisierbar sind. Weitere Merkmale sind, dass die Beitragszahlungen auf einer gesetzlichen Anordnung beruhen, die Versicherung für den betroffenen Personenkreis obligatorisch ist und die Leistungen als Leistungen öffentlich-rechtlicher Art zu erbringen sind.« (BMF-Schreiben vom 27.7.2016, BStBl. 2016 I S. 759 Rz. 2 und 3).

So sind zum Beispiel Rentenleistungen bzw. Einmalauszahlungen aus der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sowie der Invalidenversicherung (IV) für in Deutschland wohnende (ehemalige) Grenzgänger mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig. Denn diese staatliche Vorsorge (Säule 1 der schweizerischen Altersvorsorge) ist mit der deutschen gesetzlichen Sozialversicherungsrente vergleichbar.

Bei Leistungen aus einer öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen »Schweizer Pensionskasse« (berufliche Vorsorge – Säule 2 der schweizerischen Altersvorsorge) wird steuerlich zwischen der gesetzlichen Mindestabsicherung (dem »Obligatorium)« und einer weiter gehenden Vorsorgeverpflichtung (dem »Überobligatorium)« unterschieden:

  • Renten und Kapitalauszahlungen aus dem Obligatorium sind mit dem maßgebenden Besteuerungsanteil als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. Eine einmalige Kapitalauszahlung kann als Vergütung für mehrjährige Tätigkeit nach der Fünftelregelung begünstigt sein, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.

  • Rentenzahlungen aus dem Überobligatorium sind nur mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. Eine Kapitalauszahlung wird steuerlich wie eine Leistung aus einer privaten Kapitallebensversicherung behandelt und führt ggf. zu Einkünften aus Kapitalvermögen (BMF-Schreiben vom 27.7.2016, BStBl. 2016 I S. 759).

Welches Land das Besteuerungsrecht für Leistungen der Säule 2 an aktive oder ehemals Bedienstete im Schweizer öffentlichen Dienst hat, erläutert die Verfügung der OFD Karlsruhe vom 5.3.2018 mit dem Aktenzeichen S 130.1/669-St 217 näher.

Bei vorzeitigem Ruhestand bis zum Erreichen des Rentenalters von einer Schweizer Pensionskasse an (ehemalige) Grenzgänger nicht aus dem Obligatorium gezahlte AHV-Überbrückungsrenten sind mit dem niedrigen Ertragsanteil einer abgekürzten Leibrente als sonstige Einkünfte steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 17.5.2017, X R 10/15, BStBl. 2017 II S. 1251).

1.2.4 Die Öffnungsklausel

Eine Ausnahme von der nachgelagerten Besteuerung lässt der Gesetzgeber nur teilweise und unter ganz bestimmten Voraussetzungen im Rahmen der sogenannten Öffnungsklausel zu (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. bb Satz 2 EStG; BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 238–269). Darüber hinaus sieht das Gesetz keine weitere Ausnahme vor.

Wer kann von der Öffnungsklausel Gebrauch machen?

Voraussetzung für die Öffnungsklausel

Sie haben

  • bis zum 31.12.2004

  • für mindestens zehn Jahre

  • Beiträge über dem Betrag des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung (West) geleistet.

Berücksichtigt werden nur Beiträge, an denen Sie beteiligt waren. Dabei wird immer der gesamte Beitrag zugrunde gelegt, unabhängig davon, ob er von Ihnen vollständig oder teilweise selbst getragen wurde.

Diese Voraussetzung müssen Sie einmalig mit einer Beitragsbescheinigung des Rentenversicherungs- bzw. Versorgungsträgers nachweisen und in der Anlage R der Steuererklärung die Öffnungsklausel beantragen.

Dann ist der Teil der Rente nur mit dem günstigen Ertragsanteil steuerpflichtig, der auf den Beiträgen oberhalb des Höchstbeitrages beruht. Der andere Teil der Rente wird mit dem höheren Besteuerungsanteil nachgelagert besteuert. Soweit eine einmalige Leistung z.B. eines berufsständischen Versorgungswerks (Rentenabfindung, Sterbegeld etc.) auf Beiträgen oberhalb des Höchstbeitrages beruht, ist sie steuerfrei (BFH-Urteil vom 23.10.2013, X R 11/12, BFH/NV 2014 S. 328; BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 256).

Für Angestellte bestand die Möglichkeit, Beiträge über dem Höchstbeitrag in die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlen, nur bis zum Jahr 1997 im Rahmen der Höherversicherung nach § 234 SGB VI in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung.

Die Öffnungsklausel kommt deshalb vor allem für Selbstständige und Angehörige berufsständischer Versorgungseinrichtungen infrage, die bis zum Jahr 2004 zum Teil sehr hohe Beiträge einbezahlt haben.

Der Bundesfinanzhof hält die Öffnungsklausel für eine zulässige pauschalierende Regelung, die verfassungsgemäß ist (BFH-Urteil vom 4.2.2010, X R 58/08, BStBl. 2011 II S. 579; bestätigt mit BFH-Beschluss vom 8.10.2013, X B 217/12, BFH/NV 2014 S. 41). Aber: »Unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen der sog. Öffnungsklausel, die der Vermeidung einer gesetzlich vermuteten Doppelbesteuerung dient, muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, ob generell das Verbot der Doppelbesteuerung beachtet worden ist« (BFH-Urteil vom 18.5.2010, X R 1/09, BFH/NV 2010 S. 1803).

10-Jahres-Grenze

Es reicht nicht aus, dass Sie mit Ihrem Gehalt über der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze lagen. Es müssen tatsächlich Beiträge über dem Höchstbeitrag gezahlt worden sein. Bei der Prüfung, ob dies mindestens zehn Jahre der Fall war, wird jedes Kalenderjahr getrennt betrachtet. Die Jahre müssen nicht unmittelbar aufeinanderfolgen.

Nicht erforderlich ist, dass die erhöhten Beiträge an einen Versorgungsträger gezahlt wurden, sondern die erforderlichen zehn Jahre können auch durch Einzahlungen an mehrere Versorgungsträger erreicht werden. Für die Frage, ob in einem Jahr Beiträge über dem Höchstbeitrag geleistet wurden, werden sämtliche Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an die landwirtschaftliche Alterskasse und an berufsständische Versorgungseinrichtungen zusammengerechnet, die dem einzelnen Jahr zuzurechnen sind (Verfügung der OFD Frankfurt vom 27.1.2016, Az. S 2255 A-37-St 220).

Grundsätzlich sind die Beiträge dem Jahr zuzurechnen, in dem sie gezahlt oder für das sie bescheinigt werden. Sofern Beiträge jedoch rentenrechtlich (als Nachzahlung) in einem anderen Jahr wirksam werden, sind diese dem Jahr zuzurechnen, in dem sie rentenrechtlich wirksam werden. Berücksichtigt werden nur Zahlungen bis 31.12.2004 »für« Beitragsjahre vor 2005 (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 240). Die Finanzverwaltung schließt sich damit der BFH-Rechtsprechung an: Bei der Anwendung der Öffnungsklausel kommt es darauf an, für welche Jahre die Beiträge gezahlt wurden (BFH-Urteil vom 19.1.2010, X R 53/08, BStBl. 2011 II S. 567).

Maßgeblicher Höchstbeitrag

Höchstbeitrag ist die Summe des Arbeitgeberanteils und des Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung. In den Jahren, in denen im gesamten Kalenderjahr eine Versicherung in der knappschaftlichen Rentenversicherung bestand, gilt deren Höchstbeitrag (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 241).

Eine Aufstellung der maßgeblichen Höchstbeiträge für die Jahre 1927 bis 2004 finden Sie bei uns im Internet unter www.steuertipps.de.

Maßgebend ist der Höchstbeitrag des Jahres, dem die Beiträge zuzurechnen sind. Der jährliche Höchstbeitrag ist auch dann maßgebend, wenn nur für einen Teil des Jahres Versicherungspflicht bestand oder nicht während des ganzen Jahres Beiträge gezahlt wurden (BFH-Urteil vom 4.2.2010, X R 58/08, BStBl. 2011 II S. 579). Er wird also nicht zeitanteilig angesetzt – auch nicht für das Jahr, in dem Sie in den Ruhestand gegangen sind.

Ermittlung der geleisteten Beiträge

Einbezogen werden sämtliche Beiträge an gesetzliche Rentenversicherungen, an die landwirtschaftliche Alterskasse und an berufsständische Versorgungseinrichtungen, die dem einzelnen Jahr zuzurechnen sind. Dabei werden auch Beiträge zu einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung sowie an Alterssicherungssysteme von Internationalen Organisationen, die mit der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, berücksichtigt. Das gilt unabhängig davon, ob die sich daraus später ergebenden Renteneinkünfte in Deutschland steuerpflichtig sind. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund eines Versorgungsausgleichs (§ 187 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI), bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente (§ 187a SGB VI) oder zur Erhöhung der Rentenanwartschaft (§ 187b SGB VI) werden in dem Jahr berücksichtigt, in dem sie geleistet wurden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 242).

Berücksichtigt werden nur Beiträge, an denen Sie beteiligt waren. Zugrunde gelegt wird der gesamte Beitrag, unabhängig davon, ob die Beiträge von Ihnen vollständig oder nur teilweise selbst getragen wurden. Es spielt auch keine Rolle, ob es sich um Pflichtbeiträge, freiwillige Beiträge oder Beiträge zur Höherversicherung handelt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 243).

Nicht berücksichtigt werden

  • Beiträge für nicht nachgelagert besteuerte Renten, z.B. zur Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst oder für eine private Rentenversicherung;

  • Zahlungen in eine befreiende Lebensversicherung, wenn diese steuerfrei ausgezahlt wurde bzw. werden kann (BFH-Urteil vom 4.2.2010, X R 58/08, BStBl. 2011 II S. 579);

  • Beiträge aufgrund von Nachversicherungen, zum Beispiel in gesetzliche Rentenversicherungen, wenn das Beamtenverhältnis unter Verlust der Versorgungszusage aufgelöst wird (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 244);

  • Versorgungsanwartschaften von Beamten in Form von »fiktiven« Beiträgen zur Beamtenversorgung (BFH-Urteil vom 18.5.2010, X R 29/09, BStBl. 2011 II S. 591; BVerfG, Beschluss vom 30.9.2015, 2 BvR 1961/10, HFR 2016 S. 77).

Bei Hinterbliebenenrenten wird auf die Beitragsleistung des Verstorbenen abgestellt.

Der Teil der Rente, der auf Beiträgen oberhalb des Höchstbeitrags beruht, wird vom Versorgungsträger nach von der Finanzverwaltung vorgegebenen Grundsätzen ermittelt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 248–255).

Wurden Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung und an berufsständische Versorgungseinrichtungen entrichtet, werden die Beiträge bis zum jeweiligen Höchstbeitrag vorrangig der gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet. Die berufsständische Versorgungseinrichtung muss dann den Teil der Leistung ermitteln, der auf Beiträgen beruht, die jährlich isoliert betrachtet oberhalb des Höchstbeitrags gezahlt wurden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 253; BFH-Urteil vom 17.11.2015, X R 40/13, BFH/NV 2016 S. 388).

Die Öffnungsklausel beantragen Sie mit der Steuererklärung

Erfüllen Sie die Voraussetzungen, beantragen Sie mit der Steuererklärung die Öffnungsklausel beim Finanzamt. Den Antrag stellen Sie durch Ausfüllen der entsprechenden Zeilen unter »Öffnungsklausel« auf der Vorderseite der Anlage R. Der Antrag kann nicht vor Rentenbeginn gestellt werden.

Als Nachweis über die gezahlten Beiträge müssen Sie Ihrer Steuererklärung einmalig eine Beitragsbescheinigung des Versorgungsträgers beifügen. Aus dieser muss sich ergeben, dass die Beiträge vor 2005 gezahlt wurden und welchem Jahr sie zugerechnet wurden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 247). Nicht fehlen darf zudem die Angabe, welcher Prozentanteil der Rente mit dem günstigeren Ertragsanteil steuerpflichtig ist. Den bescheinigten Prozentanteil tragen Sie in die Zeile 11 »Prozentsatz« der Anlage R ein.

Der einmalige Nachweis über den bei der Öffnungsklausel anzuwendenden Prozentsatz ist ausreichend. Auch bei einer Neufeststellung der Rente oder für eine Folgerente ist keine neue Bescheinigung erforderlich (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 266). Sie haben aber die Möglichkeit, einen geänderten Prozentsatz nachzuweisen (Verfügung der OFD Frankfurt vom 27.1.2016, Az. S 2255 A-37-St 220).

Die endgültige Entscheidung über den Ansatz der Öffnungsklausel trifft zwar das Finanzamt. In der Regel gehen die Finanzämter aber davon aus, dass der Versorgungsträger den Prozentsatz zutreffend ermittelt hat. Eine Überprüfung der Berechnung der Versorgungsträger brauchen die Finanzämter nur in begründeten Einzelfällen (z.B. mehrere Versorgungsträger) durchführen. Dabei gilt Folgendes:

  • Versorgungsträger stellen regelmäßig eine Bescheinigung für die Anwendung der Öffnungsklausel aus, auch wenn die 10-Jahres-Grenze nicht erfüllt ist. Die Öffnungsklausel findet nämlich auch dann Anwendung, wenn der Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bei anderen Versorgungsträgern überschritten wurde, und die Jahre mit erhöhten Beiträgen insgesamt die 10-Jahres-Grenze erreichen. In Fällen, in denen weniger als zehn Jahre Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet wurden, ist trotz Vorliegens einer Bescheinigung zur Anwendung der Öffnungsklausel die Rente insgesamt mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig.

  • Falls der Höchstbeitrag bei einem Versorgungsträger in mindestens zehn Jahren überschritten wurde, kann die Öffnungsklausel bei allen Renten, für die jeweils Bescheinigungen zur Anwendung der Öffnungsklausel vorliegen, mit den betreffenden individuellen Prozentsätzen angewandt werden.

  • Falls der Höchstbetrag bei keinem Versorgungsträger in mindestens zehn Jahren überschritten wurde, die Summe der bescheinigten Beitragsjahre mehrerer Versorgungsträger jedoch geringfügig über der 10-Jahres-Grenze liegt oder falls neben dem Prozentsatz die Anzahl der Jahre nicht bescheinigt wurde, prüft das Finanzamt die Voraussetzungen für die Anwendung der Öffnungsklausel von Amts wegen. Hierzu werden in diesen Fällen zur Ermittlung der 10-Jahres-Grenze von Ihnen Aufstellungen der Versorgungsträger angefordert, die Angaben über die für die einzelnen Jahre geleisteten Beiträge enthalten müssen. Bei deutlicher Überschreitung der 10-Jahres-Grenze ist diese Prüfung entbehrlich (Verfügung der OFD Frankfurt vom 27.1.2016, Az. S 2255 A-37-St 220).

Stellt die gesetzliche Rentenversicherung fest, dass geleistete Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mindestens einem Jahr zugerechnet wurden, für welches die geleisteten Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags lagen, so stellt sie – unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Öffnungsklausel erfüllt sind – eine Mitteilung aus, in der bescheinigt wird, welcher Teil der Leistung auf Beiträgen oberhalb des Höchstbeitrags beruht. Sind die Voraussetzungen der Öffnungsklausel durch Beiträge an weitere Versorgungsträger erfüllt, dient diese Mitteilung der gesetzlichen Rentenversicherung als Bescheinigung zur Aufteilung der Leistung. Der darin mitgeteilte Prozentsatz ist in diesem Fall auf die Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung anzuwenden; eine weitere Bescheinigung ist nicht erforderlich (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 268).

1.2.5 Rentenbesteuerung auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand

BFH und BVerfG segnen Rentenbesteuerung grundsätzlich ab

Der Bundesfinanzhof hat mehrfach entschieden, dass die seit 2005 geltende Besteuerung von Renten verfassungsgemäß ist. Auch die grundsätzlich neue Ausrichtung auf die nachgelagerte Besteuerung ist zulässig. Damit »hat der Gesetzgeber die Grenzen seines weiten Gestaltungsspielraums nicht überschritten«. Grenze der gesetzgeberischen Gestaltung: Eine doppelte Besteuerung darf es nicht geben (z.B. BFH-Urteil vom 26.11.2008, X R 15/07, BStBl. 2009 II S. 710; BFH-Urteil vom 19.1.2010, X R 53/08, BStBl. 2011 II S. 567; BFH-Urteil vom 6.4.2016, X R 2/15, BStBl. 2016 II S. 733).

Auch das Bundesverfassungsgericht hat gegen die Rentenbesteuerung keine verfassungsrechtlichen Bedenken und deshalb drei Verfassungsbeschwerden gegen die Besteuerung der gesetzlichen Renten bzw. der Renten aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Jahr 2005 nicht zur Entscheidung angenommen.

Geklagt hatten

  • ein ehemals selbstständiger Wirtschaftsprüfer, der nur rund drei Jahre angestellt tätig war, aber für 17 Jahre Beiträge oberhalb des jeweiligen Höchstbeitrags für seine gesetzliche Rente einzahlte (BVerfG, Beschluss vom 29.9.2015, 2 BvR 2683/11, BStBl. 2016 II S. 310);

  • sowie zwei pensionierte Beamte, die neben ihren Versorgungsbezügen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. einem berufsständischen Versorgungswerk beziehen, die neben Pflichtbeiträgen zu wesentlichen Teilen auf eigenen, freiwillig eingezahlten Beiträgen beruht (BVerfG, Beschluss vom 30.9.2015, 2 BvR 1066/10, HFR 2016 S. 72; BVerfG, Beschluss vom 30.9.2015, 2 BvR 1961/10, HFR 2016 S. 77).

In allen drei Beschlüssen kommen die Verfassungsrichter zu dem Ergebnis, dass die nach den Regelungen des Alterseinkünftegesetzes geltende Besteuerung der Renten in 2005 die Kläger nicht in ihren Grundrechten verletzt.

Das Verfassungsgericht hat die Neuausrichtung auf die nachgelagerte Besteuerung ab 2005 durch das Alterseinkünftegesetz grundsätzlich abgesegnet. Bei der Neuordnung der steuerlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Renten steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Insbesondere ist es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, dass Renten aus den verschiedenen Basisversorgungen gleich behandelt werden, obwohl die hierfür bis 2004 geleisteten Beiträge teilweise in unterschiedlichem Maße steuerentlastet waren. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung entsteht auch nicht deshalb, weil bestimmte private Renten im Gegensatz zu auf freiwilligen Beiträgen beruhenden gesetzlichen Renten übergangsweise weiterhin nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig sind, obwohl die Vorsorgeaufwendungen dafür in der Ansparphase steuerlich begünstigt waren oder noch sind.

Das neue Konzept der nachgelagerten Besteuerung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, »soweit die Rentenansprüche aus unversteuertem Einkommen aufgebaut werden konnten oder nur der Teil der Rentenbezüge besteuert wird, der nicht auf Beiträgen beruht oder mit Beiträgen korreliert, die aus versteuertem Einkommen geleistet worden sind« (Verbot der Doppelbesteuerung).

Mit Urteil vom 6.4.2016 (X R 2/15, BStBl. 2016 II S. 733) hat der BFH – unter Hinweis auf die drei zuvor genannten ausführlich begründeten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts – wiederholt entschieden, dass die mit dem Alterseinkünftegesetz seit 2005 geltende Besteuerung von Renten verfassungsgemäß ist, soweit nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstoßen wird.

Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen durch das Finanzgericht konnte der BFH nicht beurteilen, ob im Urteilsfall eine doppelte Besteuerung vorliegt, und hatte deshalb den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen. Dieses kam nach weiterer Sachverhaltsaufklärung im zweiten Rechtsgang zu dem Ergebnis, dass im konkreten Einzelfall des Klägers keine doppelte Besteuerung vorliege (FG Berlin-Brandenburg vom 10.4.2019, 1 K 1204/16). Hiergegen hat der unterlegene Steuerzahler erfolglos Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt (BFH-Beschluss vom 18.5.2020, X B 84/19, BFH/NV 2021 S. 1.199).

Gegen diesen Beschluss, das BFH-Urteil X R 2/15 und die vorangegangenen FG-Urteile hat der Steuerzahler Verfassungsbeschwerde eingelegt. Dieses derzeit beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit des Alterseinkünftegesetzes hat das Aktenzeichen 2 BvR 1457/20.

1.2.6 Verfassungswidrige Doppelbesteuerung der Rente?

Was Bundesverfassungsgericht und BFH bereits entschieden haben

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Rentenurteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen zur Alterssicherung und die Besteuerung der daraus resultierenden Altersbezüge »in jedem Fall« so aufeinander abgestimmt werden müssen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird (BVerfG, Urteil vom 6.3.2002, 2 BvL 17/99, BStBl. 2002 II S. 618). Diese »doppelte Besteuerung« haben die Verfassungsrichter damals aber weder begrifflich noch rechnerisch konkretisiert.

Fest steht bislang: Die Prüfung, ob eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt, muss sowohl die Aufbau- als auch die Auszahlungsphase von Alterseinkünften in den Blick nehmen. Denn das Verbot doppelter Besteuerung kann »entweder durch eine Steuerfreistellung von Altersvorsorgeaufwendungen (in der Aufbauphase) oder durch Nichtbesteuerung von Alterseinkünften, die aus versteuertem Einkommen stammen (in der Auszahlungsphase), beachtet« werden.

Bei dieser Prüfung wird nach dem sog. Nominalwertprinzip die Summe der steuerlich nicht entlasteten Beitragszahlungen der Summe der steuerfreien Renteneinnahmen gegenübergestellt. Das ist leider so höchstrichterlich abgesegnet: »Es ist mit dem Gleichheitsgebot einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vereinbar, dass bei der Berechnung einer Doppelbesteuerung die zwischenzeitliche Geldentwertung unberücksichtigt bleibt«. »Im Rahmen der Rentenbesteuerung werden etwaige in den Rentenzahlungen enthaltene reale oder nominelle Wertsteigerungen der Beitragsleistungen erstmals steuerlich erfasst, sodass es keinen Verstoß gegen das Verbot der Doppelbesteuerung bedeutet, wenn sie in die steuerliche Bemessungsgrundlage einfließen.« (BVerfG, Beschluss vom 29.9.2015, 2 BvR 2683/11, BStBl. 2016 II S. 310). Zum Nachteil der Steuerzahler werden also – ohne Berücksichtigung der Inflationsrate – zum Teil Jahrzehnte zurückliegende (betragsmäßig vergleichsweise geringe) Rentenbeiträge mit aktuellen Rentenbezügen verglichen.

Wie konkret beide Vergleichsgrößen zu ermitteln sind, brauchte bislang das BVerfG nicht zu entscheiden. Klargestellt haben die Verfassungsrichter lediglich, dass bei dieser Überprüfung die Anrechnung und Kürzung der Versorgungsbezüge nach § 55 Abs. 1 und 2 BeamtVG nicht einzubeziehen ist (BVerfG, Beschluss vom 30.9.2015, 2 BvR 1961/10, HFR 2016 S. 77).

Der Bundesfinanzhof hat nun Ende Mai 2021 in einem richtungsweisenden Urteil endlich aufgezeigt, wie im Einzelfall konkret zu ermitteln ist, ob eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt. Geklagt hat ein verheirateter ehemals selbstständig tätiger Steuerberater, der seit 2007 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Seine Rentenbeiträge, die er größtenteils aus eigenem Einkommen einzahlte, konnte er wegen der begrenzten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen nur zum Teil steuerlich geltend machen. Der BFH hat in seinem Fall zwar keine Doppelbesteuerung festgestellt, aber mit diesem Urteil erstmals konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten im Einzelfall festgelegt (BFH-Urteil vom 19.5.2021, X R 33/19, DB 2021 S. 1237; Az. der Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1140/21).

In einem weiteren Urteil hat der BFH klargestellt, dass es bei nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtigen Renten aus privaten Versicherungsverträgen systembedingt keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung geben kann. Denn der durch das Gesetz festgelegte Ertragsanteil typisiert in zulässiger Weise die Verzinsung der Kapitalrückzahlung für die gesamte Dauer des Rentenbezugs. Diese Art der Besteuerung verlangt nicht, dass die Beitragszahlungen in der Ansparphase steuerfrei gestellt werden (BFH-Urteil vom 19.5.2021, X R 20/19, DB 2021 S. 1244; Az. der Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1143/21).

Da gegen beide BFH-Urteile Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde, wird nun abschließend noch das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Wie laut BFH eine Doppelbesteuerung zu ermitteln ist

Zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung kommt es, wenn die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen (Rentenversicherungsbeiträge) höher ist als die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse.

Verglichen wird also die Summe der gesamten während der Einzahlungsphase aus versteuertem Einkommen erbrachten Rentenbeiträge mit der Summe der gesamten nach der voraussichtlichen Laufzeit der Rente (Auszahlungsphase) zu erwartenden steuerfreien Rentenbezüge:

  • Die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse ist der jährliche steuerfreie Teilbetrag der Rente (Rentenfreibetrag) multipliziert mit der im Zeitpunkt des Renteneintritts zu erwartenden durchschnittlichen statistischen weiteren Lebenserwartung des Rentners. Diese ist der im Zeitpunkt des Renteneintritts vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen letztverfügbaren Sterbetafel zu entnehmen.

    Zugunsten der Steuerzahler nicht einbezogen werden

    • der Grundfreibetrag;

    • die als Vorsorgeaufwendungen abziehbaren Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Rentner sowie die

    • Beitragsanteile des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung;

    • der Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36,– € und

    • der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102,– €.

    Der BFH hat aber auch klargestellt, dass zu den steuerfrei bleibenden Rentenzuflüssen nicht nur die Rentenfreibeträge des Rentenbeziehers, sondern auch die eines etwaig länger lebenden Ehepartners aus dessen Hinterbliebenenrente zu rechnen sind. Im Fall eines statistisch wahrscheinlichen Überlebens des Ehepartners werden also mögliche Ansprüche aus einer Hinterbliebenenversorgung mit einbezogen. Ein deutlich jüngerer Ehepartner verringert somit oft die Wahrscheinlichkeit, dass eine doppelte Besteuerung vorliegt. Aber: Die Hinterbliebenenansprüche bleiben zu Ihrem Vorteil insoweit außer Betracht, als durch eine Einkommensanrechnung die Witwen- oder Witwerrente voraussichtlich gekürzt wird.

  • Bei der Ermittlung der Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten (steuerlich nicht entlasteten) Rentenversicherungsbeiträge bleiben steuerfreie Beiträge wie der Arbeitgeberbeitrag außen vor. Um die versteuerten Rentenbeiträge zu ermitteln, für die wegen der Abzugsbegrenzungen kein Abzug als Vorsorgeaufwendungen gewährt wurde, muss unterschieden werden:

    Soweit für die Jahre ab 2005 die neue Berechnungsmethode zur Anwendung kam, sind die steuerlich nicht absetzbaren Anteile der von Ihnen geleisteten Rentenbeiträge vergleichsweise einfach zu ermitteln, da die Altersvorsorgeaufwendungen getrennt von den sonstigen Vorsorgeaufwendungen im Steuerbescheid ausgewiesen sind.

    Für die Jahre bis 2004 und im Rahmen der Günstigerprüfung ggf. folgende Jahre, in denen die alte Berechnungsmethode zur Anwendung kam, ist die Berechnung komplizierter, da nach der alten Rechtslage für alle Arten von Vorsorgeaufwendungen ein gemeinsamer Höchstbetrag galt. Es bedarf deshalb wertender Zuordnungsentscheidungen: Im Rahmen der Prüfung, in welchem Umfang Altersvorsorgeaufwendungen im jeweiligen Jahr als aus versteuertem Einkommen geleistet gelten, sind die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der gesetzlichen Sozialversicherung als gleichrangig, aber vorrangig vor anderen Vorsorgeaufwendungen zu berücksichtigen. Dabei sind den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung solche Vorsorgeaufwendungen gleichgestellt, die bei nicht gesetzlich Versicherten an die Stelle der Sozialversicherungsbeiträge treten. Dazu gehören z.B. Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse, zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie Beiträge zu einer privaten Pflege-Pflichtversicherung und zu einer privaten Basis-Krankenversicherung.

    Bei Ehepartnern mit Zusammenveranlagung, die beide jeweils Vorsorgeaufwendungen getragen haben, wird der gemeinsame Höchstbetrag nicht hälftig, sondern im Verhältnis der vorrangig zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen beider Partner aufgeteilt. Übersteigen in den Jahren ab 2005 die Rentenbeiträge den Höchstbetrag für Altersvorsorgeaufwendungen, ist entsprechend der gemeinsame Höchstbetrag im Verhältnis der von beiden Eheleuten selbst getragenen Altersvorsorgeaufwendnungen aufzuteilen.

    Maßgebend für die Berechnung ist die objektive Anwendung der gesetzlichen Regelungen. Nicht einbezogen werden deshalb versehentlich nicht steuerlich geltend gemachte Beiträge. Denn eine doppelte Besteuerung kann sich nicht daraus ergeben, dass ein Steuerzahler in der Vergangenheit keine Altersvorsorgeaufwendungen geltend gemacht hat, obwohl sie steuerlich abziehbar gewesen wären (BFH-Urteil vom 6.4.2022, X R 27/20, BFH/NV 2022 S. 1168).

Können Sie nachweisen, dass in Ihrem konkreten Fall die Summe der aus versteuerten Rentenbeiträgen höher ist als die Summe der steuerfreien Rentenbezüge, gilt Folgendes: »Nur soweit im Saldo durch die Besteuerung eine doppelte Belastung entsteht,« kann Ihnen »aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Anspruch auf eine Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenbezugsphase zukommen« (BFH-Urteil vom 6.4.2022, X R 27/20, BFH/NV 2022 S. 1168). Wie diese »Milderung des Steuerzugriffs« konkret aussieht, ist allerdings offen.

Eine etwaige Doppelbesteuerung kann erst bei (bzw. nach) Rentenbeginn geltend gemacht werden. Die hierfür erforderliche einmalige Berechnung einer möglichen Doppelbesteuerung der Rente nach den vorgenannten BFH-Regeln ist umfangreich und komplex. Und sie muss konkret im Einzelfall durchgerechnet werden.

Einer anderen (einfacheren) Berechungsmethode hat der BFH eine Absage erteilt: Der Vergleich des relativen Anteils von aus versteuerten Beiträgen erreichten Renten-Entgeltpunkten und dem steuerfreien Rentenanteil stellt keine geeignete Methode zur Berechnung einer eventuellen doppelten Besteuerung dar (BFH-Beschluss vom 24.8.2021, X B 53/21, HFR 2021 S. 1174).

Welche Rentner von einer Doppelbesteuerung betroffen sein könnten

Eine Doppelbesteuerung kann nur in Betracht kommen bei Renten, die nachgelagert besteuert werden (Renten aus der sog. Basisversorgung). Dazu gehören Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse, berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie aus einer privaten Rürup-Rente/Basisrente.

Der BFH hat in seiner Pressemitteilung Nr. 19/21 vom 31.5.2021 zum BFH-Urteil mit dem Az. X R 33/19 darauf hingewiesen, dass sich im entschiedenen Fall angesichts des noch recht hohen Rentenfreibetrags des Klägers von 46 % der Rentenbezüge keine doppelte Besteuerung ergab. »Diese zeichnet sich allerdings für spätere Rentnerjahrgänge, für die der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Übergangsregelung immer weiter abgeschmolzen wird, ab. Denn auch diese Rentnerjahrgänge haben erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet.« Um hier »in einem ersten Schritt« gegenzusteuern, hat der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2022 geregelt, dass die Rentenbeiträge bereits ab 2023 zu 100 % steuerlich absetzbar sind und nicht erst ab 2025.

Pauschale Aussagen zu der Frage, wann eine doppelte Besteuerung vorliegt, sind schwierig. Denn letztendlich kommt es immer auf den individuellen Fall und die individuelle Erwerbsbiografie an. Grundsätzlich könnten von einer Doppelbesteuerung der Rente betroffen sein

  • Neurentner eher als Rentner, deren Rentenbeginn schon Jahre zurückliegt. Denn von Jahr zu Jahr steigt für jeden neuen Rentnerjahrgang der Besteuerungsanteil an und somit fällt der Rentenfreibetrag geringer aus;

  • ehemals Selbstständige eher als frühere Arbeitnehmer, da sie ohne steuerfreie Arbeitgeberbeiträge oft höhere Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen eingezahlt haben;

  • Rentner, bei denen eine mögliche Hinterbliebenenrente nicht berücksichtigt werden muss, eher als solche meist verheirateten Rentner, bei denen nach dem statistisch zu erwartenden Verlauf voraussichtlich eine Rente an Hinterbliebene gezahlt werden wird;

  • Männer eher als Frauen, da sie statistisch eine geringere Lebenserwartung haben und somit der Multiplikator, der auf den Rentenfreibetrag angewandt wird, niedriger ist.

Den Nachweis einer Doppelbesteuerung müssen Sie erbringen

Eine etwaige Doppelbesteuerung Ihrer Rente müssen Sie dem Finanzamt nachweisen und darlegen. Denn der BFH hat bereits mehrfach klargestellt, dass die sog. Darlegungs- und Feststellungslast hierfür beim Steuerzahler liegt. Dazu sollten Sie dem Finanzamt Ihre Erwerbsbiografie und Ihren Rentenversicherungsverlauf unterbreiten. Und als Nachweis frühere Steuerbescheide oder Rentenversicherungsverläufe vorlegen. Ausnahmsweise kann der Anteil der aus versteuertem Einkommen geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen auch nach sachgerechten Maßstäben geschätzt werden.

Die Berechnung der doppelten Besteuerung dagegen muss nicht zwingend von Ihnen erfolgen. Das ist vorrangig Aufgabe des Finanzamts, da es sich hierbei um Rechtsanwendung handelt, die nicht unter die Feststellungs- und Nachweispflichten des Steuerzahlers fällt (BFH-Urteil vom 19.5.2021, X R 20/19, DB 2021 S. 1244 Rdnr. 51 und 52; BFH-Richter Prof. Dr. Gregor Nöcker, jurisPR-SteuerR 25/2021 Anm. 1).

Es ist also in jedem Fall ratsam, seine Steuerbescheide aufzubewahren!

Steuerbescheide ergehen vorläufig

Seit September 2021 erlässt die Finanzverwaltung Einkommensteuerbescheide vorläufig hinsichtlich der »Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. aa EStG«. Dazu gehören Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, einer privaten Rürup-Rente/Basisrente, der landwirtschaftlichen Alterskasse sowie aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung.

Betroffen von diesem Vorläufigkeitsvermerk sind somit nur Renten, die mit dem Besteuerungsanteil nachgelagert besteuert werden. Nicht einbezogen in diesen Vorläufigkeitsvermerk sind dagegen mit dem Ertragsanteil steuerpflichtige Renten aus einer privaten Rentenversicherung. Auch Betriebsrenten sowie Renten aus der Zusatzversorgung nach dem öffentlichen Dienst gehören nicht dazu.

Das bedeutet: Kommt bei Ihnen möglicherweise eine Doppelbesteuerung Ihrer Rente in Betracht, brauchen Sie in diesem Punkt gegen einen Steuerbescheid mit diesem Vorläufigkeitsvermerk keinen Einspruch einzulegen.

Beachten Sie aber: Unabhängig vom Ausgang der Verfassungsbeschwerden und weiterer BFH-Urteile wird und kann das Finanzamt Ihre Steuerbescheide nicht automatisch zu Ihren Gunsten ändern. Denn hierzu ist wie beschrieben erforderlich, dass Sie dem Finanzamt die mögliche Doppelbesteuerung nachweisen.

Deshalb ist in den Steuerbescheiden mit diesem Vorläufigkeitsvermerk zusätzlich noch folgender Hinweis enthalten: »Wichtiger Hinweis: Sollte nach einer künftigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesfinanzhofs dieser Steuerbescheid Ihrer Auffassung nach hinsichtlich der Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. aa EStG zu Ihren Gunsten zu ändern sein, benötige ich weitere Unterlagen von Ihnen. Von Amts wegen kann ich Ihren Steuerbescheid nicht ändern, weil mir nicht alle erforderlichen Informationen vorliegen.« (BMF-Schreiben vom 30.8.2021, BStBl. 2021 I S. 1042).

1.3 Nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtige Renten

Beiträge in eine normale private Rentenversicherung (also keine Riester- oder Rürup-Rente bzw. Basisrente) müssen Sie aus versteuertem Einkommen zahlen, weil die Beiträge nicht oder ggf. nur sehr begrenzt steuerlich absetzbar sind. Auch gibt es keinen steuerfreien Arbeitgeberanteil wie bei der gesetzlichen Rente. Deshalb werden Renten aus einer privaten Versicherung nicht nachgelagert, sondern nur mit dem günstigeren Ertragsanteil besteuert (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. bb EStG; BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 212–215). Das gilt zum Beispiel für

  • Renten aus einer privaten Rentenversicherung,

  • Renten aus einer privaten Unfallversicherung,

  • Renten aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung,

  • Renten aus der umlagefinanzierten Zusatzversorgung nach dem öffentlichen Dienst, zum Beispiel von der VBL, soweit die Beiträge pauschal oder normal versteuert wurden,

  • Betriebsrenten aus einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds, soweit die Beiträge pauschal oder normal versteuert wurden.

1.4 Steuerfreie Renten

Verschiedene Renten, die in bestimmten Fällen aufgrund gesetzlicher Vorschriften gezahlt werden, sind in voller Höhe steuerfrei, weil sie in einer der zahlreichen Steuerbefreiungsnormen des § 3 EStG genannt sind. Diese Renten brauchen Sie deshalb in Ihrer Steuererklärung nicht anzugeben bzw. werden vom Finanzamt nicht berücksichtigt. Nachfolgend finden Sie die aus unserer Sicht wichtigsten kurz dargestellt.

1.4.1 Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung

Renten, die aus der gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt werden, sind nach § 3 Nr. 1 Bstb. a EStG steuerfrei, z.B. die Verletztenrente nach § 56 SGB VII. Das gilt unabhängig davon, ob sie an den ursprünglich Berechtigten oder an Hinterbliebene ausgezahlt werden. Steuerfrei sind laufende und einmalige Leistungen. Auch vergleichbare Leistungen aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversicherung können steuerbefreit sein (BFH-Urteil vom 15.4.1996, VI R 98/95, BStBl. 1996 II S. 478).

Anders als etwa Verletztengeld unterliegen Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht dem sog. Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG.

Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind die Berufsgenossenschaften und gesetzlichen Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, wie Gemeindeunfallversicherungsverbände und die Unfallkassen der Länder.

1.4.2 Kriegs- und Schwerbeschädigtenrenten

Steuerfrei sind Renten, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften aus öffentlichen Mitteln versorgungshalber an Wehr- oder Zivildienstbeschädigte, im freiwilligen Wehrdienst oder Bundesfreiwilligendienst Beschädigte, Kriegsbeschädigte und Ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden. Zu diesen gleichgestellten Personen gehören auch Personen, die Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (ab 2024: SGB XIV) oder auf Unfallfürsorgeleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (ab 2025: Soldatenentschädigungsgesetz), Beamtenversorgungsgesetz oder vergleichbarem Landesrecht haben (§ 3 Nr. 6 EStG). Die Steuerbefreiung gilt jedoch nicht, soweit es sich um Bezüge handelt, die aufgrund der Dienstzeit gezahlt werden.

Einzelheiten zu den nach dieser Vorschrift steuerfreien Bezügen regelt die Finanzverwaltung in R 3.6 LStR 2023. Keine Steuer fällt z.B. für Ausgleichszahlungen nach § 86 Bundesversorgungsgesetz an (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 197; neu gefasst mit BMF-Schreiben vom 28.9.2021, BStBl. 2021 I S. 1831).

Auch entsprechende Renten bzw. Leistungen an Hinterbliebene sind begünstigt.

Bei Erhalt von Hinterbliebenenbezügen sollten Sie prüfen, ob Anspruch auf den Hinterbliebenen-Pauschbetrag besteht.

1.4.3 Wiedergutmachungsrenten

Geldrenten, Kapitalentschädigungen und Leistungen im Heilverfahren, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts gewährt werden, sind nach § 3 Nr. 8 EStG steuerfrei. Dazu zählen zum Beispiel Renten nach dem Entschädigungsrentengesetz.

Auch Geldrenten zur Wiedergutmachung erlittenen DDR-Unrechts sind steuerfrei. So ist die sogenannte SED-Opferrente nach § 17a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes in voller Höhe steuerfrei (§ 3 Nr. 23 EStG). Nach dieser Vorschrift sind Leistungen nach dem Häftlingshilfegesetz sowie dem Strafrechtlichen, Verwaltungsrechtlichen oder Beruflichen Rehabilitierungsgesetz sowie dem StrRehaHomG und dem SoldRehaHomG steuerfrei.

Ebenfalls steuerfrei sind Leistungen aus dem Entschädigungsfonds für Opfer der Heimerziehung. Dies gilt gleichermaßen für Leistungen aus dem Unterfonds für Rentenersatzleistungen sowie aus dem Unterfonds für Folgeschäden (OFD Münster vom 15.8.2012, DStR 2012 S. 2233).

1.4.4 Schadensersatzrenten

Folgende Schadensersatzrenten sind steuerfrei (BMF-Schreiben vom 15.7.2009, BStBl. 2009 I S. 836):

  • Schmerzensgeldrenten nach § 253 Abs. 2 BGB (früher: § 847 BGB);

  • Schadensrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1 2. Alternative BGB (sogenannte Mehrbedarfsrenten);

  • Unterhaltsrenten nach § 844 Abs. 2 BGB und

  • Schadensersatzrenten nach § 845 BGB (Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste).

Schadensersatzrenten sind nur dann steuerpflichtig, wenn sie als Ersatz für andere, bereits steuerbare Einkünfte geleistet werden (BFH-Urteil vom 26.11.2008, X R 31/07, BStBl. 2009 II S. 651).

1.4.5 Leistungen aus einer Pflegeversicherung

Leistungen aus einer Pflegeversicherung an die pflegebedürftige Person sind steuerfrei nach § 3 Nr. 1 Bstb. a EStG. Das gilt für Geld- und Sachleistungen aus

  • der sozialen (gesetzlichen) Pflegeversicherung sowie entsprechend

  • einer privaten Pflege-Pflichtversicherung,

  • privaten Pflege-Zusatzversicherung,

  • staatlich geförderten privaten Pflege-Zusatzversicherung (»Pflege-Bahr«) und

  • privaten Pflegetagegeldversicherung.

Auch eine im Pflegefall dem Pflegebedürftigen zustehende Pflegerente aus einer privaten Pflegerentenversicherung wird von vielen Versicherern als steuerfrei angesehen. Vorsichtshalber sollten Sie beim Versicherer nachfragen, ob dies auch auf Ihre Versicherung zutrifft und deshalb hierfür keine Rentenbezugsmitteilung an die Finanzverwaltung gesendet wird. Allgemeingültige Ausführungen der Finanzverwaltung zur Besteuerung einer Pflegerente gibt es unserer Kenntnis nach nicht.

1.4.6 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Personen, die die Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht haben oder dauerhaft voll erwerbsgemindert sind und deren Einkommen für den notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreicht, können eine eigenständige Sozialleistung in Anspruch nehmen: die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Diese Leistungen sind nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei.

1.4.7 Gesetzliche Rente für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung

An Verfolgte im Sinne des § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) gezahlte Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind steuerfrei nach § 3 Nr. 8a EStG.

Voraussetzung für die Steuerfreiheit: Es müssen rentenrechtliche Zeiten aufgrund der Verfolgung in der Rente enthalten sein. Solche Zeiten können z.B. nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG), dem Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) oder nach dem Fremdrentengesetz (FRG) berücksichtigt worden sein.

Das gilt auch für Witwen-/Witwerrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die verstorbene Person als Verfolgte(r) im Sinne des § 1 BEG anerkannt war und die Rente entsprechende rentenrechtliche Zeiten enthält (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 197; neu gefasst mit BMF-Schreiben vom 28.9.2021, BStBl. 2021 I S. 1831).

Betroffene sollten das Finanzamt darüber informieren und z.B. anhand des Rentenbescheides nachweisen, dass ihre Rente entsprechende rentenrechtliche Zeiten enthält. Dann ist die Rente in vollem Umfang steuerfrei.

1.4.8 Grundrentenzuschlag

Mit Wirkung ab 1.1.2021 erhalten Bestands- und Neurentner, die viele Jahre gearbeitet, aber unterdurchschnittlich verdient haben, unter bestimmten Voraussetzungen einen einkommensabhängigen, individuell berechneten Zuschlag zu ihrer Rente (Grundrentengesetz vom 12.8.2020, BGBl. 2020 I S. 1879). Dieser Grundrentenzuschlag – also der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der aufgrund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem SGB VI geleistet wird – ist nach § 3 Nr. 14a EStG steuerfrei.

Diese mit dem Jahressteuergesetz 2022 vom 16.12.2022 (BGBl. 2022 I S. 2294) eingeführte Steuerbefreiung tritt rückwirkend zum 1.1.2021 in Kraft. Soweit die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bereits Rentenbezugsmitteilungen für das Jahr 2021 und ggf. auch noch für das Jahr 2022 an die Finanzverwaltung elektronisch übermittelt haben, in denen diese anteilige Steuerbefreiung der Rente nicht berücksichtigt wurde, müssen die Träger von sich aus bis Ende Februar 2024 für das betreffende Jahr eine insoweit korrigierte Rentenbezugsmitteilung an die Finanzverwaltung übermitteln. Das Finanzamt ändert dann automatisch zu Ihren Gunsten den Steuerbescheid. Das gilt auch, wenn der Steuerbescheid bereits bestandskräftig ist (§ 52 Abs. 4 Sätze 5 bis 8 EStG).

1.4.9 Rentenabfindung bei Wiederheirat

Bezieher einer gesetzlichen Witwen- oder Geschiedenenrente, die wieder heiraten, haben als Ersatz für den Wegfall der Hinterbliebenenrente nach § 107 SGB VI Anspruch auf eine Rentenabfindung. Diese Abfindungszahlung ist in voller Höhe steuerfrei nach § 3 Nr. 3 Bstb. a EStG. Das gilt ebenfalls i.V.m. § 3 Nr. 3 Bstb. c EStG für von einem berufsständischen Versorgungswerk ausgezahlte Witwen- und Witwerrentenabfindungen bei der ersten Wiederheirat (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 205; neu gefasst mit BMF-Schreiben vom 28.9.2021, BStBl. 2021 I S. 1831).

1.4.10 Leistungen für Kindererziehung nur im Ausnahmefall steuerfrei

Die Leistungen für Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung und deren steuerliche Behandlung richten sich nach dem Geburtsjahr der Mutter.

  • Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 (sog. Trümmerfrauen) erhalten nach § 294 SGB VIff. unter bestimmten Voraussetzungen für jedes Kind ggf. zusätzlich zur Rente einen Betrag für die Kindererziehungsleistung, der seit 2019 das 2,5-Fache des für die Berechnung von Renten jeweils maßgebenden aktuellen Rentenwerts beträgt.

    Diese »Leistung für die Kindererziehung« ist nach § 3 Nr. 67c EStG in voller Höhe steuerfrei. Entsprechend steuerfrei bleiben auch die Leistungen für die Kindererziehung nach den Sonderregeln des § 294a SGB VI an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1927, die am 18.5.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet und am 31.12.1991 keinen Anspruch auf Rente aus eigener Versicherung hatten (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 197; neu gefasst mit BMF-Schreiben vom 28.9.2021, BStBl. 2021 I S. 1831).

  • Bei Müttern der Geburtsjahrgänge ab 1921 dagegen erhöhen anzurechnende Kindererziehungszeiten die Bemessungsgrundlage und wirken somit rentensteigernd. Diese Rentenerhöhung ist nicht steuerfrei, sondern zusammen mit der gesetzlichen Rente mit dem entsprechenden Besteuerungsanteil steuerpflichtig. Darin liegt keine verfassungsrechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung vor. Mit der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 67c EStG wollte der Gesetzgeber die außerordentlichen Belastungen der Mütter der Jahrgänge vor 1921 durch die Kindererziehung in besonders schwierigen Zeiten anerkennen (BFH-Beschluss vom 5.12.2012, X B 169/11, BFH/NV 2013 S. 536).

    Auch bei der seit 1.7.2014 verbesserten rentenrechtlichen Anerkennung von Erziehungszeiten für Mütter oder Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden (sog. Mütterrente), handelt es sich um einen Teil der Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der wie die Rente selbst mit dem nach dem Jahr des Rentenbeginns maßgebenden Besteuerungsanteil steuerpflichtig ist.

Kinderzuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind ein auslaufender Bestandteil der Rente, der jetzt weitgehend durch das Kindergeld ersetzt wird. Der Betrag, der zusätzlich zur gesetzlichen Rente gezahlt wird, ist nach § 3 Nr. 1 Bstb. b EStG steuerfrei. Für Versicherungsfälle ab 1984 wird ein Kinderzuschuss nicht mehr gewährt.

1.5 Ruhegehälter von internationalen Organisationen

1.5.1 Besteuerung wie die gesetzliche Rente

Ruhegehälter, die ehemaligen Bediensteten in internationalen Organisationen gezahlt werden, sind wie die gesetzliche Rente mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig, wenn das Alterssicherungssystem der jeweiligen Organisation mit der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 199; neu gefasst mit BMF-Schreiben vom 10.1.2022, BStBl. 2022 I S. 36). Hierzu gehören zum Beispiel

  • Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ);

  • Europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre (ESO);

  • Europäische Organisation für Kernforschung (CERN);

  • Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL);

  • Vereinte Nationen (VN) (so auch BFH-Urteil vom 5.4.2017, X R 50/14, BStBl. 2017 II S. 1187).

1.5.2 Besteuerung wie eine Pension

Dagegen werden von folgenden internationalen Organisationen gezahlte Pensionen einschließlich der Zulagen (Steuerausgleichszahlung, Familienzulagen etc.) steuerlich als Versorgungsbezüge behandelt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 168; neu gefasst mit BMF-Schreiben vom 10.1.2022, BStBl. 2022 I S. 36):

  • Koordinierte Organisationen – dazu gehören Europarat,

  • Europäische Weltraumorganisation (ESA) (so auch Hessisches FG vom 30.6.2014, 12 K 682/14, EFG 2014 S. 2025; bestätigt mit BFH-Beschluss vom 22.7.2015, X B 172/14, BFH/NV 2015 S. 1390),

  • Nordatlantikvertragsorganisation (NATO) (so auch BFH-Urteil vom 22.11.2006, X R 29/05, BStBl. 2007 II S. 402; die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 14.10.2010, 2 BvR 367/07, HFR 2011 S. 88)),

  • Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD),

  • Westeuropäische Union (WEU) und

  • Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMV).

  • Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (EUROCONTROL);

  • Europäische Patentorganisation (EPO) (so auch BFH-Urteil vom 23.2.2017, X R 24/15, BStBl. 2017 II S. 636) einschließlich der Dienststellen des Europäischen Patentamts (EPA). Die Steuerpflicht erstreckt sich auf alle Bestandteile der Altersbezüge (Grundpension, Haushalts- und Kinderzulage sowie Steueranpassung). Deshalb handelt es sich auch bei sog. Teilausgleichszahlungen an ehemalige Bedienstete des Europäischen Patentamtes um »Renten und Ruhegehälter«, die der Besteuerung in Deutschland unterliegen (BFH-Urteil vom 7.7.2015, I R 38/14, BFH/NV 2016 S. 180; Az. der Verfassungsbeschwerde 2 BvR 49/16). Dagegen handelt es sich bei der sog. Invaliditätszulage nach Art. 62a EPABeamtStat nicht um »Renten und Ruhegehälter«, sondern um »Gehälter und Bezüge«, die in Deutschland von der Besteuerung freizustellen sind (BFH-Urteil vom 11.11.2015, I R 28/14, BFH/NV 2016 S. 919);

  • Europäisches Hochschulinstitut (EHI);

  • Europäische Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT).

Die Zulässigkeit der Besteuerung von an ehemalige Bedienstete internationaler Organisationen gezahlten Pensionen und Ruhegehältern in Deutschland ist davon abhängig, welche Bestimmungen das für die jeweilige internationale Organisation geltende Abkommen oder Privilegienprotokoll enthält. In der Regel lässt dieses Abkommen bzw. Privilegienprotokoll das deutsche Besteuerungsrecht für die Pensionen oder Ruhegehälter unberührt. Eine Ausnahme hiervon stellt das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union (ABl. C 202 vom 7. Juni 2016, S. 266 bis 272) dar. Gemäß Artikel 12 dieses Protokolls unterliegen die »Gehälter, Löhne und anderen Bezüge« der Steuer der Europäischen Union gemäß Verordnung Nummer 260/68 des Rates vom 29. Februar 1968 und sind von »innerstaatlichen Steuern« insoweit befreit. Das heißt: Pensionen und Ruhegehälter ehemaliger Bediensteter von Organisationen, auf die dieses Protokoll anzuwenden ist, sind von innerstaatlichen Steuern ab dem Zeitpunkt befreit, ab dem eine EU-interne Steuer erhoben wird.

Wichtig für ehemalige Bedienstete der koordinierten Organisationen und der Europäischen Patentorganisation (EPO): Waren Sie bereits am 1.7.1974 dort tätig und hatten vorher Beiträge in den Versorgungsfonds eingezahlt, konnten Sie im Rahmen einer Übergangsregelung für die neu eingeführte Pensionsregelung optieren. Die Ausübung der Option setzte voraus, dass der Betreffende sein Guthaben bei dem Versorgungsfonds an die koordinierte Organisation abtrat. Haben Sie diese Übergangsregelung genutzt, ist der Teil der Ruhestandsbezüge, der auf das verrentete Guthaben entfällt, als Leibrente nur in Höhe des Ertragsanteils steuerpflichtig (BMF-Schreiben vom 3.8.1998, BStBl. 1998 I S. 1042; geändert mit BMF-Schreiben vom 3.2.2000, BStBl. 2000 I S. 331).

Bei einem ehemaligen Bediensteten des Europäischen Patentamts (EPA), der vor seiner Tätigkeit als Beamter des EPA rentenversicherungspflichtig beschäftigt war und vor 2011 seine in die deutsche gesetzliche Rentenversicherung eingezahlten Beiträge auf das Versorgungssystem des EPA übertragen hat, ist die von der EPA erhaltene Grundversorgung des Ruhegehalts aufzuteilen in Versorgungsbezüge und mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtige Rentenbezüge, sofern § 3 Nr. 55e EStG nicht anzuwenden ist. Möglich ist z.B. eine Aufteilung anhand des Verhältnisses der durch die Übertragung der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung hinzuerworbenen zu den gesamten ruhegehaltsfähigen Dienstjahren (BFH-Urteil vom 15.12.2021, X R 2/20, HFR 2022 S. 635).

2. Renten in der Steuererklärung

2.1 Renten werden in den Anlagen R berücksichtigt

2.1.1 Die drei Anlagen

Für die Berücksichtigung von Renten in der Steuererklärung gibt es seit 2020 drei Anlagen:

  • Die Anlage R berücksichtigt die nachgelagert besteuerten Renten aus

    • gesetzlichen Rentenversicherungen,

    • der landwirtschaftlichen Alterskasse,

    • berufsständischen Versorgungseinrichtungen,

    • eigenen zertifizierten Basisrentenverträgen (privaten Rürup-Renten).

    Zudem gibt es in diesem Formular Eingabefelder für nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtige Leibrenten aus privaten Rentenversicherungen und aus sonstigen Verpflichtungsgründen (z.B. aus Veräußerungsgeschäften).

  • Die Anlage R-AV/bAV: Hier werden berücksichtigt

  • Die Anlage R-AUS: Dieses Formular müssen Sie ausfüllen, wenn Sie entsprechend vergleichbare Leibrenten und andere Leistungen aus ausländischen (Renten-)Versicherungen/ausländischen Rentenverträgen/ausländischen betrieblichen Versorgungseinrichtungen beziehen. Diese ausländischen Renten und Leistungen werden vom ausländischen Rentenzahler nicht elektronisch an die Finanzverwaltung gemeldet. Liegt das Besteuerungsrecht für eine aus dem Ausland bezogene Rente ausschließlich im ausländischen (Quellen-)Staat, brauchen Sie nur Angaben in den Zeilen 66 bis 70 der Anlage AUS zu machen.

Die für die Ermittlung des steuerpflichtigen Anteils Ihrer inländischen Rente erforderlichen Daten liegen im Regelfall dem Finanzamt bereits vor: Denn die inländischen Rentenzahler (z.B. die gesetzliche Rentenversicherung) melden bis Ende Februar des Folgejahrs diese Daten (sog. eDaten) elektronisch an die Finanzverwaltung – die Rentenbezugsmitteilung.

Für die Anlage R und Anlage R-AV/bAV auf Papiervordrucken gilt: Zeilen mit Abfragen, in denen eDaten berücksichtigt werden, die im Regelfall bereits dem Finanzamt elektronisch gemeldet wurden, brauchen Sie grundsätzlich nicht mehr auszufüllen. Diese Zeilen sind optisch hervorgehoben und am Zeilenende mit einem ⓔ-Logo versehen. Machen Sie in diesen Zeilen keine Angaben, gelten die elektronisch übermittelten eDaten als von Ihnen erklärte Daten (§ 150 Abs. 7 Satz 2 AO).

In die mit ⓔ gekennzeichneten Zeilen/Bereiche müssen Sie nur dann die zutreffenden Daten vollständig eintragen, wenn Sie von den gemeldeten eDaten abweichen möchten oder Ihnen bekannt ist, dass die eDaten nicht übermittelt wurden. Zudem können Sie einen Eintrag vornehmen, wenn Ihnen bekannt ist, dass die übermittelten eDaten nicht zutreffend sind.

Prüfen Sie deshalb die gemeldeten eDaten am besten vor Abgabe der Steuererklärung! Welche eDaten gemeldet wurden, können Sie meist der (Leistungs-)Mitteilung entnehmen, die Ihnen der Rentenauszahler zugesandt hat. So z.B. der Leistungsmitteilung, die ehemalige Beschäftigte im öffentlichen Dienst z.B. von der VBL erhalten.

Als Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sollten Sie von Ihrem Rentenversicherungsträger eine »Information über die Meldung an die Finanzverwaltung« anfordern. Darin sind die – an die Finanzverwaltung übermittelten – für die Steuer maßgebenden Daten und Beträge Ihrer gesetzlichen Rente (Rentenbeginn und Rentenbetrag sowie ggf. Rentenanpassungsbetrag und Daten zu vorhergehenden Renten) ausgewiesen. Aufgeführt ist auch die Höhe der an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung abgeführten Beiträge. In den Folgejahren wird Ihnen dann die Information automatisch zugesandt.

Keine Rentenleistung und deshalb nicht in der Information für das Jahr 2022 enthalten ist die an Bezieher einer gesetzlichen Rente i.d.R im Dezember 2022 ausgezahlte Energiepreispauschale für Rentner in Höhe von 300,– Euro. Diese ist in voller Höhe als sonstige Einkünfte steuerpflichtig, wird separat an die Finanzverwaltung gemeldet, automatisch vom Finanzamt berücksichtigt und deshalb nicht in der Steuererklärung angegeben.

In den Anlagen R ist oft von »Leibrenten« die Rede. Das sind ganz normale, auf Lebenszeit oder zeitlich befristet ausgezahlte Renten, die an das Leben einer Person gebunden sind. Dazu zählen Altersrenten, Erwerbsminderungs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrenten, Witwen- bzw. Witwerrenten, Waisen- und Erziehungsrenten.

Viele Renten sind beitragspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung, so gesetzliche Renten, Betriebsrenten und Zusatzversorgungsrenten nach dem öffentlichen Dienst. Diese Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind als sonstige Vorsorgeaufwendungen abzugsfähig und werden bei der Steuererklärung in der Anlage Vorsorgeaufwand berücksichtigt.

Als Bezieher einer Rente interessiert Sie natürlich besonders, wie viel von Ihrer Rente Sie tatsächlich als »sonstige Einkünfte« versteuern müssen: Ihre steuerpflichtigen Renteneinkünfte sind der steuerpflichtige Anteil Ihrer Rente(n) abzüglich der Werbungskosten. Wie Sie den steuerpflichtigen Anteil Ihrer Rente ermitteln können, erfahren Sie im jeweiligen Kapitel dieses Beitrags. Mit diesem Wissen können Sie die an das Finanzamt gemeldeten eDaten zu Ihrer Rente und den Steuerbescheid kontrollieren.

2.1.2 Der Standardfall: Die Anlage R

In der Anlage R wird jede Rente gesondert berücksichtigt. Beziehen Sie mehr als zwei Renten, geben Sie bitte eine weitere Anlage R ab. Bei Zusammenveranlagung macht jeder Ehepartner Angaben zu seiner/-n Rente(n) in einer eigenen Anlage R.

Die Anlage R brauchen Sie nicht auszufüllen, wenn

  • die eDaten zu Ihrer/Ihren Rente(n) elektronisch übermittelt wurden und

  • Sie von diesen Daten nicht abweichen möchten und

  • die Öffnungsklausel (Zeilen 10 bis 12) für Sie nicht infrage kommt und

  • in den Zeilen 15, 16, 31 bis 36 und 39 keine Angaben machen müssen und

  • keine Werbungskosten geltend machen möchten, da die Werbungskosten zu allen Renten und Leistungen der Anlagen R, R-AV/bAV und R-AUS insgesamt nicht höher sind als der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102,– € jährlich.

Zeilen 4 bis 12 auf der Vorderseite der Anlage R

Hier werden berücksichtigt: Leibrenten und andere Leistungen

  • aus gesetzlichen Rentenversicherungen,

  • der landwirtschaftlichen Alterskasse,

  • aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie

  • eigenen zertifizierten Basisrentenverträgen (privaten Rürup-Renten).

Der »Rentenanpassungsbetrag« in Zeile 5 ist für 2022 der Betrag, um den sich der Jahres-Rentenbetrag 2022 im Vergleich zum Jahres-Rentenbetrag, der für den Rentenfreibetrag maßgebend war, erhöht hat. Vergleichsmaßstab ist grundsätzlich das Jahr nach dem Rentenbeginn, bei Rentenbeginn vor 2005 ist es der Jahres-Rentenbetrag 2005. 2022 wird also nur bei Rentenbeginn vor 2021 hier ein Betrag berücksichtigt. Beim Rentenanpassungsbetrag werden nur regelmäßige Rentenerhöhungen berücksichtigt. Nicht einbezogen werden außerplanmäßige Rentenanpassungen, wie Rentenänderungen wegen Anrechnung oder Wegfall anderer Einkünfte oder die Rentenerhöhung durch die sog. Mütterrente. In diesen Fällen wird der Rentenfreibetrag entsprechend angepasst.

Zeilen 13 bis 18 auf der Vorderseite der Anlage R

Hier werden Leibrenten aus privaten Versicherungen berücksichtigt. Dazu zählen vor allem Renten aus privaten Renten- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen, nicht aber aus Riester- oder Rürup-Verträgen.

Diese Renten sind nur in Höhe des Ertragsanteils steuerpflichtig. Maßgebend für dessen Berechnung ist das Lebensalter bei Rentenbeginn bzw. bei abgekürzten Leibrenten die voraussichtliche Laufzeit der Rente.

Sind Nachzahlungen für mehrere vorangegangene Jahre im Rentenbetrag enthalten, müssen diese zusätzlich in Zeile 18 berücksichtigt werden (ohne Nachzahlungen für das Jahr der Steuererklärung). Denn der steuerpflichtige Ertragsanteil des Nachzahlungsbetrages ist nach der Fünftelregelung steuerbegünstigt.

Zeilen 31 bis 36 auf der Rückseite der Anlage R

Leibrenten aus sonstigen Verpflichtungsgründen (z.B. Renten aus Veräußerungsgeschäften) werden dem Finanzamt nicht elektronisch gemeldet. Beziehen Sie eine solche Rente, müssen Sie in den Zeilen 31 bis  36 entsprechende Angaben machen.

Zeilen 37 und 38 auf der Rückseite der Anlage R

Das Finanzamt berücksichtigt bei der Ermittlung Ihrer gesamten steuerpflichtigen Renteneinkünfte automatisch insgesamt einen Werbungskosten-Pauschbetrag von 102,– € jährlich. Sind Ihre Werbungskosten zu allen Renten und Leistungen der Anlagen R, R-AV/bAV und R-AUS insgesamt höher oder möchten Sie vorweggenommene Werbungskosten geltend machen, tragen Sie Werbungskosten zu den in der Anlage R aufgeführten Renten in die Zeile 37 bzw. 38 ein.

2.2 Werbungskosten

Als Rentenbezieher können Sie Werbungskosten geltend machen, erhalten aber auf jeden Fall einen Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nr. 3 EStG):

Der Werbungskosten-Pauschbetrag beträgt jährlich 102,– €.

Machen Sie keine Eintragungen unter »Werbungskosten« auf den Rückseiten der Anlagen R, R-AV/bAV und R-AUS, berücksichtigt das Finanzamt zur Ermittlung Ihrer steuerpflichtigen Renteneinkünfte zumindest den Werbungskosten-Pauschbetrag von 102,– €. Dazu sollten Sie Folgendes wissen:

  • Der Werbungskosten-Pauschbetrag ist ein Jahresbetrag. Er wird nicht gekürzt, wenn die Rente erst im Laufe des Jahres beginnt.

  • Beziehen Sie mehrere Renten, erhalten Sie den Pauschbetrag nicht für jede Rente, sondern insgesamt nur einmal. Er erhöht sich auch dann nicht, wenn Sie eine Rentennachzahlung für mehrere Jahre erhalten.

  • Ehepartner bzw. eingetragene Lebenspartner erhalten den Pauschbetrag jeweils gesondert, wenn beide eine Rente beziehen.

  • Der Pauschbetrag kann Ihre Renteneinkünfte allenfalls auf 0,– € reduzieren, er kann aber niemals zu negativen Einkünften führen.

Welche Werbungskosten können Rentner geltend machen?

Kosten im Zusammenhang mit Renten sind eher die Ausnahme. Gleichwohl kann es lohnenswert sein, die Werbungskosten einzeln nachzuweisen. Denn der Werbungskosten-Pauschbetrag von nur 102,– € ist schnell überschritten. Was aber sind das für Kosten, die Sie in den Anlagen R steuermindernd geltend machen können?

Unter Werbungskosten versteht man alle Aufwendungen zum Erwerb, zur Sicherung und Erhaltung Ihrer Renteneinnahmen. Dazu zählen im Wesentlichen:

  • Gewerkschaftsbeiträge, die Sie als Rentner entrichten (Verfügung der OFD Frankfurt vom 18.9.2002, DB 2002 S. 2409);

  • Steuerberatungskosten, wie zum Beispiel die Kosten für Ihre »Steuertipps« begrenzt im Rahmen einer Vereinfachungsregelung für gemischte Steuerberatungskosten;

  • Schuldzinsen für einen Kredit, den Sie aufgenommen haben, um freiwillige Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung nachzuentrichten (BFH-Urteil vom 21.7.1981, VIII R 32/80, BStBl. 1982 II S. 41);

  • Kosten im Zusammenhang mit der Beantragung einer Rente sowie in diesem Zusammenhang evtl. entstandene Rechtsberatungs- und Prozesskosten; etwa wenn vor Gericht mit der Versicherungsgesellschaft um die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente gestritten wird. Das gilt auch, wenn der Rechtsstreit erfolglos blieb und es somit letztlich nicht zur Auszahlung der Berufsunfähigkeitsrente kommt (Niedersächsisches FG vom 24.7.2013, 9 K 134/12, EFG 2013 S. 1834);

  • Kosten für einen Renten- bzw. Versicherungsberater, die im Zusammenhang mit Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder aus privaten Rentenversicherungen stehen (BMF-Schreiben vom 20.11.1997, BStBl. 1998 I S. 126);

  • unseres Erachtens können Rentner – wie aktive Arbeitnehmer auch – eine pauschale Kontoführungsgebühr von 16,– € im Jahr ansetzen.

Übrigens: Auch wenn Sie Ihre Rente nur mit dem Besteuerungs- bzw. Ertragsanteil versteuern, können Sie Ihre Werbungskosten in voller Höhe absetzen (BMF-Schreiben vom 20.11.1997, BStBl. 1998 I S. 126; Niedersächsisches FG vom 24.7.2013, 9 K 134/12, EFG 2013 S. 1834).

Nicht nur Rentner können Werbungskosten geltend machen

Vor allem Beratungs- und Prozesskosten im Zusammenhang mit Rentenansprüchen entstehen häufig bereits, Jahre bevor Sie Ihre erste Rentenzahlung erhalten. In diesen Fällen sollten Sie unbedingt Folgendes beachten: Die Kosten können Sie nur im Jahr der Zahlung absetzen. Dass Sie in diesem Jahr noch keine Rente erhalten, spielt dabei keine Rolle.

Bei den Kosten handelt es sich um sog. vorweggenommene Werbungskosten, die Sie in Ihrer Steuererklärung als negative Einkünfte mit anderen positiven Einkünften steuermindernd verrechnen können.

Rentenversicherungsbeiträge sind nicht als vorweggenommene Werbungskosten, sondern als Vorsorgeaufwendungen absetzbar.

3. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung

In diesem Kapitel erfahren Sie, wie Ihre Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteuert wird. Haben Sie außersteuerliche Fragen zu Ihrer gesetzlichen Rente? Dann wenden Sie sich bitte an die örtlichen Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherungsträger. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bietet ein kostenloses Service-Telefon unter 0800/10004800. Informationen im Internet finden Sie unter www.deutsche-rentenversicherung.de.

Die Ausführungen in diesem Kapitel gelten für alle Renten, die seit 2005 nachgelagert besteuert werden. Das sind Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus berufsständischen Versorgungswerken sowie aus landwirtschaftlicher Alterskasse und die private Rürup-Rente. Besonderheiten der einzelnen Renten finden Sie in den nachfolgenden Kapiteln.

3.1 Besteuerungsanteil und Rentenfreibetrag

Seit 2005 hat sich die Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundlegend geändert. Betroffen sind alle Rentenzahlungen – auch Renten, die bereits vor dem 1.1.2005 begonnen haben (sog. Bestandsrenten).

Der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung

  • Alle Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden seit 2005 steuerlich gleich behandelt. Es wird nicht mehr danach unterschieden, ob es sich um eine lebenslange Leibrente (z.B. die Altersrente) oder um eine abgekürzte Leibrente (z.B. die Erwerbsminderungsrente) handelt.

  • Maßgebend ist nicht mehr der Ertragsanteil, sondern der Besteuerungsanteil bei Rentenbeginn. Der andere steuerfreie Teil der Jahresrente wird als Rentenfreibetrag vom Finanzamt festgeschrieben und gilt in dieser Höhe grundsätzlich für die gesamte Laufzeit der Rente.

  • Für in 2005 bereits bestehende Renten (Bestandsrenten) beträgt der Besteuerungsanteil 50 %. Erhöhungsbeträge aus regelmäßigen Rentenanpassungen nach 2005 sind aber in voller Höhe steuerpflichtig.

  • Für Renten, die ab 2006 beginnen, steigt der Besteuerungsanteil – je nach Jahr des Rentenbeginns (Rentnerjahrgang) – bis zum Jahr 2020 schrittweise um zwei Prozentpunkte jährlich auf 80 % und danach um einen Prozentpunkt jährlich auf 100 % ab dem Jahr 2040. Im Jahr nach dem Rentenbeginn (erstmals volle Jahresrente) wird der Rentenfreibetrag ermittelt. Erhöhungsbeträge aus regelmäßigen Rentenanpassungen in den Folgejahren sind in voller Höhe steuerpflichtig.

3.1.1 Das Jahr des Rentenbeginns bestimmt den Besteuerungsanteil

Besteuerungsanteil für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung

Jahr des Rentenbeginns

Besteuerungsanteil

Jahr des Rentenbeginns

Besteuerungsanteil

Jahr des Rentenbeginns

Besteuerungsanteil

bis 2005

50 %

2017

74 %

2029

89 %

ab 2006

52 %

2018

76 %

2030

90 %

2007

54 %

2019

78 %

2031

91 %

2008

56 %

2020

80 %

2032

92 %

2009

58 %

2021

81 %

2033

93 %

2010

60 %

2022

82 %

2034

94 %

2011

62 %

2023

83 %

2035

95 %

2012

64 %

2024

84 %

2036

96 %

2013

66 %

2025

85 %

2037

97 %

2014

68 %

2026

86 %

2038

98 %

2015

70 %

2027

87 %

2039

99 %

2016

72 %

2028

88 %

2040

100 %

gilt auch für

  • Renten aus »eigenen zertifizierten Basisrentenverträgen« (private Rürup-Renten bzw. Basisrenten),

  • Renten aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und

  • Renten aus der landwirtschaftlichen Alterskasse

Beispiel:

Herr Schmidt bezieht seit 1995 die gesetzliche Altersrente, sein Sohn seit dem Jahr 2016. Der Enkel geht im Jahr 2036 in Rente.

Der Besteuerungsanteil der Rente von Herrn Schmidt beträgt 50 % bei »Rentenbeginn« 2005. Für den Sohn gilt für die Ermittlung des Rentenfreibetrages ein Besteuerungsanteil von 72 %, für den Enkel von 96 %.

Was ist unter dem »Rentenbeginn« zu verstehen?

Der Besteuerungsanteil bestimmt sich grundsätzlich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Rentenbeginn ist der Zeitpunkt, ab dem die Rente, ggf. auch nach rückwirkender Zubilligung, tatsächlich bewilligt wird (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 220). Auch bei Rentennachzahlungen ist unter Rentenbeginn der Zeitpunkt zu verstehen, in dem der Rentenanspruch entstanden ist.

Den Beginn der Rente können Sie Ihrem Rentenbescheid entnehmen. In der Steuererklärung wird der Rentenbeginn in Zeile 6 der Anlage R berücksichtigt.

Wann der Rentenantrag gestellt wird oder erstmals die Rente gezahlt wird, spielt für den Rentenbeginn keine Rolle. Auch das Datum des Rentenbescheids ist ohne Bedeutung. Selbst wenn eine bewilligte Rente bis auf null Euro gekürzt wird, weil zum Beispiel eigene Einkünfte angerechnet werden, beginnt sie steuerlich gesehen trotzdem zu laufen.

Erfüllen Sie die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rente, sollten Sie auch dann einen Antrag stellen, wenn klar ist, dass Sie wegen Ihrer anzurechnenden Einkünfte derzeit keinen Euro erhalten. Denn mit der Bewilligung der Rente sichern Sie sich den früheren Rentenbeginn und damit auch den günstigeren Besteuerungsanteil, falls Sie später aus dieser Rente doch Zahlungen erhalten.

Verzichten Sie dagegen auf einen Rentenantrag, beginnt die Rente steuerlich nicht zu laufen, solange sie mangels Antrag nicht dem Grunde nach bewilligt wird (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 221).

Derzeit klärt der BFH, wie das Jahr des Rentenbeginns zu bestimmen ist, wenn der reguläre Beginn der Rentenzahlung auf Antrag des Rentenberechtigten über das Jahr des Erreichens der Altersgrenze hinaus aufgeschoben wurde (sog. hinausgeschobene Altersrente). Finanzamt und Finanzgericht sehen in diesem Fall das (spätere) Jahr der tatsächlichen Bewilligung bzw. der erstmaligen Zahlung als für den Besteuerungsanteil maßgebendes Jahr des Rentenbeginns an, nicht dagegen das (frühere und damit für den Steuerzahler günstigere) Jahr, in dem die Altersgrenze erreicht wird und damit ein Rechtsanspruch entsteht, auf den zunächst verzichtet wird (Schleswig-Holsteinisches FG vom 2.9.2020, 2 K 159/19, EFG 2021 S. 41; Az. der Revision X R 29/20). In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene gegen Ihren Steuerbescheid Einspruch einlegen und unter Hinweis auf die anhängige Revision das Ruhen des Einspruchsverfahrens beantragen.

Ist das Jahr des Rentenbeginns ermittelt, können Sie der vorhergehenden Tabelle den maßgebenden Besteuerungsanteil entnehmen. Als zweiten Schritt müssen Sie den Jahres-Rentenbetrag ermitteln.

3.1.2 Für das Finanzamt ist der Rentenbetrag maßgebend

Berechnungsgrundlage für das Finanzamt ist der Jahresbetrag der Rente. Das ist die Summe der im Kalenderjahr zugeflossenen Rentenbeträge einschließlich der bei Auszahlung einbehaltenen eigenen Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung. Steuerfreie Zuschüsse zu den Krankenversicherungsbeiträgen werden dagegen nicht mitgerechnet (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 218). Das bedeutet:

Als »Rente« im steuerlichen Sinne gilt nicht der auszuzahlende Betrag Ihrer Rente, sondern der im Rentenbescheid bzw. in der Renten(anpassungs)mitteilung ausgewiesene (Brutto-)Rentenbetrag (»Ihre monatliche Rente beträgt ...«). Auch Steigerungsbeträge der Höherversicherung werden mitgerechnet (BFH-Urteil vom 19.5.2021, X R 20/19, DB 2021 S. 1244).

Multipliziert mit der Zahl der entsprechenden Monate errechnen Sie daraus den Jahres-Rentenbetrag. Berücksichtigt wird dieser Rentenbetrag in Zeile 4 »Rentenbetrag (einschließlich Einmalzahlung und Leistungen)« der Anlage R.

Maßgebend ist

  • bei in der gesetzlichen Krankenversicherung Pflichtversicherten der Rentenbetrag vor Abzug des Eigenanteils zur Kranken- und Pflegeversicherung und

  • bei freiwillig oder privat Krankenversicherten der Rentenbetrag ohne Zuschuss zur Krankenversicherung. Denn Zuschüsse der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine Krankenversicherung sind nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfrei und wirken sich deshalb auf den maßgebenden Rentenbetrag nicht aus.

In Zeile 4 der Anlage R werden auch Einmalzahlungen und Rentennachzahlungen berücksichtigt. Nachzahlungen für mehrere vorangegangene Jahre werden zusätzlich in Zeile 9 berücksichtigt.

3.1.3 Krankenkassenbeiträge gehören in die Anlage Vorsorgeaufwand

Sie sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert

Pflichtversicherte Rentner müssen aus ihrer Rente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach dem einheitlichen allgemeinen Beitragssatz entrichten. Dieser beträgt bei allen Krankenkassen in der gesetzlichen Krankenversicherung 14,6 %. Hinzu kommt noch der individuelle Zusatzbeitragssatz, den Ihre gesetzliche Krankenkasse festlegt. Der Rentenversicherungträger zahlt davon jeweils die Hälfte. Ihren Beitragsanteil von 7,3 % und Ihren hälftigen Anteil am Zusatzbeitrag Ihrer gesetzlichen Krankenkasse müssen Sie tragen.

Da die Rentenversicherungsträger für die technische Umsetzung eine entsprechende Vorlaufzeit benötigen, wirken sich bei versicherungspflichtigen Rentnern Änderungen beim Zusatzbeitrag zeitversetzt immer erst zwei Monate später aus (§ 247 Satz 3 SGB V). Ändert Ihre Krankenkasse zu einem bestimmten Zeitpunkt den Zusatzbeitragssatz, wirkt sich dies also erst nach zwei Monaten auf die Höhe des aus Ihrer Rente zu zahlenen Zusatzbeitrags aus.

Die aus der Rente allein von Ihnen zu zahlenden Beiträge zur sozialen (gesetzlichen) Pflegeversicherung berechnen sich in 2020 und 2021 aus einem Beitragssatz von 3,05 %, für nach dem 31.12.1939 Geborene ohne Kinder beträgt der Beitragssatz 3,3 %.

So sieht die Renten(anpassungs)mitteilung aus:

Ihre monatliche Rente beträgt (Dieser Betrag ist maßgebend für die Anlage R!)

./.

Ihr Anteil am Beitrag zur Krankenversicherung

./.

Ihr Anteil am Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung

./.

Ihr Beitrag zur Pflegeversicherung

=

Die laufende Zahlung beträgt

Ihr Beitragsanteil sowie Ihr Anteil am Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung und der Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung werden bereits bei Zahlung der Rente einbehalten und vom Rentenversicherungsträger an die Krankenkasse weitergeleitet. Diese Beträge können Sie der Rentenmitteilung des Rentenversicherungsträgers entnehmen. Der jährliche Gesamtbeitrag ist auch in der »(Rentenbezugs-)Mitteilung zur Vorlage beim Finanzamt« ausgewiesen, die Sie vom Rentenversicherungsträger kostenlos anfordern können.

Ihr jährlicher Beitragsanteil sowie Ihr Anteil am Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung werden in der Zeile 16 »Beiträge zu Krankenversicherungen ... (z.B. bei Rentnern ...)«, der jährliche Gesamtbeitrag zur sozialen Pflegeversicherung in der Zeile 18 »Beiträge zu sozialen Pflegeversicherungen ... (z.B. bei Rentnern ...)« der Anlage Vorsorgeaufwand berücksichtigt.

Beiträge an die gesetzliche Krankenversicherung für Wahlleistungen oder Zusatzversicherungen, die über die Basisabsicherung hinausgehen, tragen Pflichtversicherte und freiwillig gesetzlich Versicherte – abzüglich erstatteter Beiträge – in Zeile 22 ein.

Der steuerfreie Beitragsanteil des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung geht direkt an die Krankenkasse. Er taucht im Rentenbescheid selbst gar nicht auf und spielt auch in Ihrer Steuererklärung keine Rolle.

Beispiel:

Frau Schön ist in der gesetzlichen Krankenversicherung (KV) pflichtversichert. Der individuelle Zusatzbeitragssatz ihrer Krankenkasse beträgt 1,1 % im gesamten Jahr 2020. So sieht ihre Rentenmitteilung zum 1.7.2020 aus:

Bisherige
Monatsbeträge

Neue
Monatsbeträge

Rentenbetrag

1.155,33 €

1.195,18 €

Anteil am Beitrag zur KV

./.

84,34 €

./.

87,25 €

Anteil am Zusatzbeitrag zur KV

./.

6,35 €

./.

6,57 €

Beitrag zur Pflegeversicherung


./.


35,24 €


./.


36,45 €

Laufende Zahlung

1.029,40 €

1.064,91 €

Bei Frau Schön werden in Zeile 4 der Anlage R 2020 als Rentenbetrag abgerundet 14.103,– € (= (1.155,33 € + 1.195,18 €) × 6) berücksichtigt.

Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung werden in Zeile 16 der Anlage Vorsorgeaufwand berücksichtigt. Das sind 1.107,06 € (= (84,34 € + 87,25 € + 6,35 € + 6,57 €) × 6).

In Zeile 18 der Anlage Vorsorgeaufwand werden die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung berücksichtigt. Das sind 430,14 € (= (35,24 € + 36,45 €) × 6).

Sie sind freiwillig gesetzlich oder privat krankenversichert

Rentner, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder privat versichert sind, zahlen den Gesamtbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung selbst an ihre Krankenkasse. Für die Beiträge zur Krankenversicherung erhalten Sie von Ihrem Rentenversicherungsträger mit der Rentenzahlung einen steuerfreien Zuschuss (§ 106 SGB VI).

Beachten Sie bitte in Ihrem eigenen Interesse: Auch in diesem Fall ist für die Anlage R der Steuererklärung der Rentenbetrag und nicht der höhere auszuzahlende Betrag laut Rentenbescheid maßgebend.

So sieht die Renten(anpassungs)mitteilung aus:

Ihre monatliche Rente beträgt (Dieser Betrag ist maßgebend für die Anlage R!)

+

Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag

=

Die laufende Zahlung beträgt

Bei freiwillig gesetzlich krankenversicherten Rentnern werden die von ihnen im Jahr gezahlten Gesamtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (einschließlich Zusatzbeiträgen) in Zeile 16 und zur sozialen Pflegeversicherung in Zeile 18 der Anlage Vorsorgeaufwand berücksichtigt. Die – die abzugsfähigen Beiträge mindernden – Zuschüsse des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung werden in Zeile 21 berücksichtigt.

Bei privat krankenversicherten Rentnern werden die von ihnen im Jahr gezahlten Beiträge zur privaten Krankenversicherung für die Basisabsicherung in Zeile 23, die Beiträge zur privaten Pflege-Pflichtversicherung in Zeile 24 der Anlage Vorsorgeaufwand berücksichtigt. Die – die abzugsfähigen Beiträge mindernden – Zuschüsse des Rentenversicherungsträgers zu den Krankenversicherungsbeiträgen werden in Zeile 26 berücksichtigt.

Steuerlich abzugsfähig als sonstige Vorsorgeaufwendungen ist letztlich immer nur der Eigenanteil, durch den Sie tatsächlich belastet sind. Beitragsrückerstattungen mindern im Jahr der Erstattung die abzugsfähigen Krankenversicherungsbeiträge und werden deshalb in Zeile 25 der Anlage Vorsorgeaufwand berücksichtigt.

Beiträge oder Beitragsanteile an private Versicherer, die über die Basisabsicherung hinausgehen, z.B. für Wahlleistungen oder Zusatzversicherungen und/oder für freiwillige zusätzliche Pflegeversicherungen tragen Sie – abzüglich erstatteter Beiträge – in Zeile 27 ein.

3.1.4 Aufgepasst bei Rentennachzahlungen

Renten werden grundsätzlich nach dem »Zuflussprinzip« besteuert, das heißt im Jahr der Zahlung. Erhalten Sie Rentennachzahlungen für mehrere Jahre, ist der gesamte Nachzahlungsbetrag im Jahr der Zahlung mit dem nach dem Jahr des Beginns der Rente maßgebenden Besteuerungsanteil steuerpflichtig. Ggf. kann die Nachzahlung zu einer Neuberechnung des Rentenfreibetrags führen.

Das gilt unabhängig davon, für welche Jahre und aus welchen Gründen die Nachzahlung erfolgt. Nicht mit dem günstigen Ertragsanteil nach altem Recht 2004, sondern mit dem höheren Besteuerungsanteil versteuert das Finanzamt auch Nachzahlungen für Zeiträume vor 2005 (Verfügung der OFD Frankfurt vom 21.9.2011, Az. S 2255 A -23 - St 218). Dies wurde vom Bundesfinanzhof abgesegnet (BFH-Urteil vom 13.4.2011, X R 1/10, BStBl. 2011 II S. 915).

Der Nachzahlungsbetrag wird zusammen mit den »normalen« Rentenbeträgen in Zeile 4 »Rentenbetrag (einschließlich Einmalzahlung ...)« der Anlage R berücksichtigt.

Wichtig zu wissen: Eine Rentennachzahlung kann nach der sog. Fünftelregelung steuerlich begünstigt sein, soweit sie nicht für das laufende Kalenderjahr gezahlt wird (R 34.4 Abs. 1 Satz 2 EStR). Fünftelregelung bedeutet: Um die Mehrbelastung durch den progressiven Einkommensteuertarif im Jahr der Zahlung zu mildern, wird der steuerpflichtige Besteuerungsanteil des begünstigten Nachzahlungsbetrages durch fünf geteilt, die Steuer für dieses Fünftel berechnet und der so ermittelte Steuerbetrag dann verfünffacht (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. Abs. 1 EStG). Ob die Voraussetzungen für die Fünftelregelung erfüllt sind, prüft letztlich die Finanzverwaltung.

Damit das Finanzamt diese Prüfung vornimmt, muss der Nachzahlungsbetrag für vorangegangene Jahre (ohne die Nachzahlung für das Jahr der Steuererklärung) zusätzlich noch in Zeile 9 »Nachzahlungen für mehrere vorangegangene Jahre ...« angegeben sein.

Dieser Nachzahlungsbetrag für mehrere vorangegangene Jahre muss für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten gezahlt werden. Weitere Voraussetzung für die Fünftelregelung ist, dass die Nachzahlung zusammengeballt in einem Jahr gezahlt wird. Bei rückwirkend bewilligten Erwerbsminderungsrenten wird die Rentennachzahlung häufig mit Lohnersatzleistungen verrrechnet. In diesem Fall ist zu beachten, dass rückwirkend die bereits gezahlten Lohnersatzleistungen im Jahr deren Auszahlung steuerlich als Rentenzahlung behandelt werden (FG Münster vom 19.9.2019, 5 K 371/19 E, DStRE 2020 S. 139) .

Nachzahlungen, die nur ein Kalenderjahr betreffen, sind nicht begünstigt und werden deshalb nur in Zeile 4 der Anlage R berücksichtigt.

Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind im Jahr der Nachzahlung als sonstige Vorsorgeaufwendungen absetzbar.

Wird eine Rente für frühere Jahre nachgezahlt, erhalten Sie von der Deutschen Rentenversicherung Bund in der Regel auch Zinsen auf den Nachzahlungsbetrag (§ 44 Abs. 1 SGB I). Zinsen auf Rentennachzahlungen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Sie unterliegen nicht als »andere Leistungen« der Besteuerung als Rente. Das hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil klargestellt (BFH-Urteil vom 9.6.2015, VIII R 18/12, BStBl. 2016 II S. 523).

Bis zu diesem Urteil versteuerten die Finanzämter Zinsen wie die gesetzliche Rente selbst als sonstige Einkünfte mit dem maßgeblichen Besteuerungsanteil. Die Finanzverwaltung hat beschlossen, das Urteil wie folgt anzuwenden:

  • Ab der Steuererklärung 2016 sind Zinsen auf Rentennachzahlungen immer als Kapitalerträge zu behandeln.

  • Für Steuererklärungen bis 2015 können Sie in noch offenen Steuerfällen beantragen, dass die Zinsen nicht als Rentenzahlung, sondern als Kapitalerträge behandelt werden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 196, geändert mit BMF-Schreiben vom 4.7.2016, BStBl. 2016 I S. 645).

3.1.5 Rentenfreibetrag gilt grundsätzlich für gesamte Rentenlaufzeit

Der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung von Renten erfolgt nach dem sogenannten Kohortenprinzip. Danach wird für den einzelnen Rentenbezieher die Besteuerungssituation im Jahr nach dem Beginn der Rente »eingefroren« – bezogen auf den steuerfreien Teil des Jahresbetrages der Rente. Das bedeutet:

  • Der prozentuale Besteuerungsanteil teilt Ihre Rente in zwei Teile auf: den Teil, den Sie versteuern müssen, und den Teil der Jahresrente, der steuerfrei bleibt. Dieser steuerfreie Betrag wird vom Finanzamt als Rentenfreibetrag festgeschrieben und gilt in dieser Höhe grundsätzlich für die gesamte Laufzeit der Rente.

  • Anders als beim Ertragsanteil gilt der Prozentsatz des Besteuerungsanteils nur zu Rentenbeginn, um den Rentenfreibetrag für die kommenden Jahre festzulegen. Später spielt der Besteuerungsanteil keine Rolle mehr. Das führt dazu, dass die Erhöhungsbeträge aus den regelmäßigen Rentenanpassungen (der sog. Rentenanpassungsbetrag) in voller Höhe steuerpflichtig sind und nicht nur mit dem Besteuerungsanteil (FG Baden-Württemberg vom 7.7.2011, 3 K 5640/08, EFG 2012 S. 123; bestätigt mit BFH-Beschluss vom 6.3.2013, X B 113/11, BFH/NV 2013 S. 929).

Regelmäßige Rentenerhöhungen, die nicht zu einer Erhöhung des Rentenfreibetrags führen, sind nicht nur die »normalen« jährlichen Rentenerhöhungen, sondern auch die regulären Anpassungen nach § 255a SGB VI der in den neuen Bundesländern gezahlten Renten an das Westniveau (Ost-West-Rentenangleichung). In beiden Fällen kommt den Rentenerhöhungen die soziale Funktion zu, die Stellung des Rentners im jeweiligen Lohngefüge zu erhalten und fortzuschreiben. Sie dynamisieren ähnlich einer Wertsicherungsklausel lediglich die Werthaltigkeit dieser Renten, im Fall der Anpassung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bezogen auf das Lohngefüge des Beitrittsgebietes. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der sog. Ostrenten liegt hier nicht vor (BFH-Urteil vom 3.12.2019, X R 12/18, BStBl. 2020 II S. 386).

Hinweis: Dieses Urteil erging zu § 255a SGB VI a.F., wonach sich bis 2017 die Erhöhung des aktuellen Rentenwertes (Ost) wesentlich an der Annäherung der Löhne in Ost und West orientierte. Dieser Paragraf wurde mit dem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz geändert. Ab den Rentenanpassungen 2018 gelten für die Ost-West-Rentenangleichung nach § 225a SGB VI n.F. feste Mindest-Bezugswerte, bis schrittweise der aktuelle Rentenwert (Ost) zum 1.7.2024 schließlich 100 % des West-Werts erreicht haben wird. Zu dieser neuen Fassung des § 255a SGB VI brauchte der BFH in diesem Urteil nicht zu entscheiden. 

Bei einer außerordentlichen Rentenanpassung dagegen wird der Rentenfreibetrag angepasst.

Beziehen Sie mehrere Renten, zum Beispiel die gesetzliche Altersrente und eine Rürup-Rente oder Witwenrente, ermittelt das Finanzamt für jede Rente einen gesonderten Rentenfreibetrag. Deshalb muss jede Rente getrennt in einer eigens dafür vorgesehenen Spalte der Anlage R berücksichtigt werden.

Auch für Bestandsrenten steigt der steuerpflichtige Anteil an

Es bleibt also nicht der steuerfreie Anteil Ihrer Rente immer gleich hoch, sondern nur ein bestimmter gleichbleibender Betrag – der Rentenfreibetrag (= undynamischer Rentenfreibetrag). Steigen die Renten, müssen deshalb auch Bestandsrentner in den Jahren nach 2005 mehr als 50 % ihrer Rente versteuern.

Beispiel:

Herr Frenz erhält seit 2004 eine Jahresrente von 18.000,– € (1.500,– € monatlich). Sein Rentenfreibetrag beträgt 9.000,– € (50 % von 18.000,– €). Im Jahr 2005 musste er also 9.000,– € versteuern. Aufgrund der jährlichen Rentenanpassungen beträgt 2018 seine Jahresrente 21.719,– €. Herr Frenz muss im Jahr 2018 versteuern: 21.719,– € ./. 9.000,– € = 12.719,– €. Das entspricht in 2018 einem steuerpflichtigen Anteil von 58,56 %.

Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber vermeiden, dass sich im Lauf der Jahre die Besteuerungsunterschiede zwischen Renten und Beamtenpensionen erneut zulasten der Pensionäre vergrößern, denn auch Pensionserhöhungen sind in voller Höhe steuerpflichtig.

3.2 So ermitteln Sie Ihren persönlichen Rentenfreibetrag

3.2.1 Rentenbeginn vor 2005

Für vor dem 1.1.2005 bereits bestehende Renten beträgt der Besteuerungsanteil 50 %. In diesen Fällen ist für die Berechnung des Rentenfreibetrages der Jahresbetrag der Rente des Jahres 2005 maßgebend (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 231):

Jahresbetrag der Rente im Jahr 2005 × 50 % = Rentenfreibetrag

Beispiel:

Frau Henkel bezieht seit 2003 eine Altersrente. Im Jahr 2005 betrug die Rente monatlich 1.000,– € × zwölf Monate = 12.000,– € Jahresrente. Der Rentenfreibetrag von Frau Henkel beträgt 50 % von 12.000,– € = 6.000,– € und gilt in dieser Höhe grundsätzlich für die gesamte Laufzeit der Rente. Im Jahr 2018 beträgt ihre Jahresrente aufgrund der regelmäßigen Rentenanpassungen 14.479,– € (kein Mütterrentenzuschlag). 2018 beträgt der steuerpflichtige Teil der Rente 8.479,– € (14.479,– € ./. 6.000,– €).

3.2.2 Rentenbeginn ab 2005

Bei Rentenbeginn nach dem 31.12.2004 ist die Berechnung etwas komplizierter:

Maßgebend für den Besteuerungsanteil ist das Jahr, in dem Ihre Rente beginnt. Mit diesem Anteil wird Ihre Rente im Jahr des Rentenbeginns versteuert.

Ihr endgültiger Rentenfreibetrag wird aber erst im Jahr nach dem Rentenbeginn ermittelt. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Rentenfreibetrags ist der Jahresbetrag der Rente in dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 231). Das gilt auch, wenn die Rente schon im Jahr ihres Beginns für volle zwölf Monate bezogen wurde (BFH-Urteil vom 17.11.2015, X R 53/13, HFR 2016 S. 523). Dadurch ist sichergestellt, dass die Höhe des Rentenfreibetrages nicht vom Monat des Rentenbeginns abhängt. Der Jahres-Rentenbetrag deckt dann immer ein komplettes Jahr ab. Der Rentenfreibetrag (steuerfreier Teil der Rente) wird so berechnet:

Jahresbetrag der Rente im Jahr nach dem Rentenbeginn × (100 ./. Besteuerungsanteil) % = Rentenfreibetrag

Beispiel:

Herr Lenz bezieht seit 1.9.2016 eine gesetzliche Rente von monatlich 1.500,– €. Zum 1.7.2017 steigt die Rente um angenommen 50,– € monatlich.

Der Besteuerungsanteil beträgt 72 %, weil die Rente in 2016 beginnt.

Der steuerpflichtige Teil der Rente beträgt im Jahr 2016:

Besteuerungsanteil der Rente: 72 % von 6.000,– € (4 × 1.500,– €)

4.320,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

4.218,– €

Im Jahr 2017 wird der Rentenfreibetrag ermittelt und festgeschrieben:

Jahresrente (6 × 1.500,– € + 6 × 1.550,– € =)

18.300,– €

./. Rentenfreibetrag ((100 ./. 72 =) 28 % von 18.300,– € =)

./.

5.124,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

13.074,– €

Der Rentenfreibetrag (steuerfreier Teil der Rente) von 5.124,– € wird vom Finanzamt für die Folgejahre festgeschrieben und gilt grundsätzlich auch für die Jahre ab 2018.

3.2.3 Der Rentenanpassungsbetrag

Mit »regelmäßiger Rentenanpassung« sind in der Regel die Rentenerhöhungsbeträge der gesetzlichen Rente zum 1.7. des Jahres gemeint. Eine regelmäßige Rentenanpassung/Rentenerhöhung Ihrer Rente hat keinen Einfluss auf die Höhe des Rentenfreibetrags (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. aa Satz 7 EStG). Rentenerhöhungsbeträge zählen damit voll zum steuerpflichtigen Teil der Rente.

Das Finanzamt führt über die regelmäßigen Rentenanpassungen Buch mit dem sogenannten »Rentenanpassungsbetrag«: Das ist die Summe aller regelmäßigen Rentenerhöhungsbeträge ab dem zweiten auf das Jahr des Rentenbeginns folgenden Kalenderjahres. Vergleichsmaßstab ist also der Jahres-Rentenbetrag, der für den Rentenfreibetrag maßgebend war. Bei Rentenbeginn vor 2005 ist der Jahres-Rentenbetrag 2005 der Vergleichsmaßstab.

Jahres-Rentenbetrag des betreffenden Jahres

./.

Jahres-Rentenbetrag, der für den Rentenfreibetrag maßgebend war

=

Rentenanpassungsbetrag für das betreffende Jahr

Den Rentenanpassungsbetrag tragen Sie in die Zeile 6 »Rentenanpassungsbetrag« auf der Vorderseite der Anlage R ein. Sie können sich diesen Betrag von ihrem Rentenversicherungsträger bescheinigen lassen.

Beispiel:

Die Rente von Herrn Lenz aus dem vorherigen Beispiel erhöht sich zum 1.7.2018 und zum 1.7.2019 um angenommen jeweils 50,– € monatlich. Der steuerpflichtige Teil der Rente beträgt

im Jahr 2018:

Jahresrente (6 × 1.550,– € + 6 × 1.600,– € =)

18.900,– €

./. Rentenfreibetrag

./.

5.124,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

13.674,– €

im Jahr 2019:

Jahresrente (6 × 1.600,– € + 6 × 1.650,– € =)

19.500,– €

./. Rentenfreibetrag

./.

5.124,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

14.274,– €

In das Eingabefeld »Rentenanpassungsbetrag« trägt Herr Lenz

  • in den Steuererklärungen 2016 und 2017 nichts ein.

  • in der Steuererklärung 2018 600,– € ein (18.900,– € ./. 18.300,– €).

  • in der Steuererklärung 2019 1.200,– € ein (19.500,– € ./. 18.300,– €).

Mithilfe des Rentenanpassungsbetrages kann das Finanzamt anhand der Eingaben in der Anlage R den steuerpflichtigen Teil der Rente ermitteln, z.B. bei Herrn Lenz für das Jahr 2019:

Jahres-Rentenbetrag 2019

19.500,– €

Rentenanpassungsbetrag (100 % steuerpflichtig)

./.

1.200,– €

1.200,– €

= für Rentenfreibetrag maßgebliche Jahresrente
davon aus dem Rentenbeginn 2016
ermittelter Besteuerungsanteil 72 % =

18.300,– €



13.176,– €

steuerpflichtiger Teil der Rente

14.376,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

14.274,– €

3.2.4 Wann der Rentenfreibetrag neu berechnet wird

Ändert sich der Jahresbetrag der Rente und handelt es sich dabei nicht um eine regelmäßige Rentenanpassung, wird der Rentenfreibetrag auf Basis des bisher maßgebenden Besteuerungsanteils mit der veränderten Bemessungsgrundlage neu berechnet (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 232).

Das ist z.B. der Fall, wenn sich die Höhe Ihrer Rente ändert, weil

  • Einkommen angerechnet wird,

  • Sie von einer Teil- zu einer Vollrente wechseln,

  • der Versorgungsausgleich durchgeführt wird oder die Rente wegfällt.

  • Auch die Rentenerhöhung durch die sog. »Mütterrente« (Mütterrentenzuschlag) ist keine regelmäßige, sondern eine außerordentliche Rentenanpassung.

Bei diesen außerordentlichen Rentenanpassungen wird der Rentenfreibetrag (steuerfreier Teil der Rente) vom Finanzamt geändert: Er wird in dem Verhältnis angepasst, in dem der veränderte Jahresbetrag der Rente zum Jahresbetrag der Rente steht, welcher der Ermittlung des bisherigen Rentenfreibetrages zugrunde gelegen hat. Zwischenzeitlich erfolgte regelmäßige Rentenanpassungen werden dabei nicht berücksichtigt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 233). Beispielsweise wird bei einem Wechsel von einer vollen zu einer halben Rente auch der Rentenfreibetrag und ggf. der Rentenanpassungsbetrag halbiert. Der neu berechnete Rentenfreibetrag wird somit auf den Wert korrigiert, den er hätte, wenn bereits bei Rentenbeginn eine Rente in dieser Höhe vorgelegen hätte.

Beispiel:

Herr Mais erhält seit 2003 eine Erwerbsminderungsrente. Die Jahresrente in 2005 betrug 12.000,– €. Der Besteuerungsanteil beträgt 50 % und somit der Rentenfreibetrag 6.000,– €. Wegen der regelmäßigen Rentenanpassungen würde in 2018 die Jahresrente 14.479,– € und der Rentenanpassungsbetrag 2.479,– € betragen.

Da Herr Mais ab 1.1.2018 einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht, wurde seine Erwerbsminderungsrente um die Hälfte gekürzt (Jahresrente 7.239,– €). Daher halbiert sich in 2018 der Rentenfreibetrag auf 3.000,– € und auch der Rentenanpassungsbetrag auf 1.239,– €. Denn auch die gekürzte Rente enthält voll steuerpflichtige Teile, die auf regelmäßigen Rentenanpassungen beruhen.

Auch Rentennachzahlungen oder -rückzahlungen können dazu führen, dass der Rentenfreibetrag neu berechnet wird.

3.2.5 Wenn die Rentenart wechselt

Erhalten Sie nach Wegfall der Rente eine andere Rente, zum Beispiel eine Altersrente im Anschluss an eine Erwerbsminderungsrente, wird für die neue Rente ein neuer Rentenfreibetrag ermittelt. Dabei sind Renten aus derselben Versicherung oder demselben Vertrag als Folgerenten begünstigt (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. aa Satz 8 EStG).

Was sind Renten aus derselben Versicherung?

Renten aus derselben Versicherung oder demselben Vertrag liegen vor, wenn Renten auf ein und demselben Rentenstammrecht beruhen. Das trifft zum Beispiel zu,

  • wenn eine Rente wegen voller Erwerbsminderung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung folgt oder umgekehrt;

  • bei einer Altersrente, der eine (volle oder teilweise) Erwerbsminderungsrente vorherging;

  • wenn eine kleine Witwen-/Witwerrente einer großen Witwen-/Witwerrente folgt und umgekehrt oder eine Altersrente einer Erziehungsrente folgt.

Das gilt auch, wenn die Rentenempfänger nicht identisch sind, wie bei einer Altersrente mit nachfolgender Witwen-/Witwerrente oder Waisenrente (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 224).

Folgt eine Rente einer Rente aus derselben Versicherung oder demselben Vertrag, sind zwei Fälle zu unterscheiden:

  • Folgen die Renten einander unmittelbar nach, ist für den Besteuerungsanteil der neuen Rente der Rentenbeginn der vorhergehenden Rente maßgeblich.

    Beispiel:

    Frau Sölch bezieht seit 2011 eine Erwerbsminderungsrente. Ab 2018 wird die Rente in die Altersrente umgewandelt. Für beide Renten beträgt der maßgebliche Besteuerungsanteil 62 %, weil als Jahr des Rentenbeginns auch für die Altersrente 2011 (Beginn der Erwerbsminderungsrente) gilt.

  • Folgen die Renten nicht unmittelbar einander nach, gilt Folgendes: Für den Besteuerungsanteil ist nicht der tatsächliche Beginn der Folgerente maßgebend, sondern das Finanzamt ermittelt hierzu ein fiktives Jahr des Rentenbeginns. Und das geht so: Vom tatsächlichen Beginn der Folgerente wird die Laufzeit der vorhergehenden Rente abgezogen. Dieser Zeitpunkt ist dann maßgebend für den Besteuerungsanteil, der aber immer mindestens 50 % betragen muss.

    Beispiel:

    Die Erwerbsminderungsrente von Frau Sölch endet in 2009 (Laufzeit sechs Jahre), danach arbeitet sie wieder. Ab 2018 erhält sie die gesetzliche Altersrente. Der maßgebliche fiktive Rentenbeginn für die Altersrente liegt im Jahr 2012 (Rentenbeginn im Jahr 2018 abzgl. sechs Jahre Laufzeit der vorangegangenen Erwerbsminderungsrente). Der maßgebliche Besteuerungsanteil für die Altersrente beträgt also 64 %.

    Es wird also für die Steuer der tatsächliche Beginn der neuen Rente um die Laufzeit der vorhergehenden Rente in die Vergangenheit verlagert. Aber: Renten, die vor dem 1.1.2005 geendet haben, berücksichtigt das Finanzamt nicht (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 224 bis 227).

In der Steuererklärung tragen Sie Beginn und Ende einer vorhergehenden Rente in den Zeilen 8 und 9 der Anlage R ein.

Renten nicht aus derselben Versicherung werden getrennt betrachtet

Renten, die nicht auf ein und demselben Rentenstammrecht beruhen, werden steuerlich nicht als Folgerenten behandelt. Der maßgebende Besteuerungsanteil wird dann unabhängig voneinander vom Finanzamt festgesetzt.

Beispiel:

Herr Müller bezog als Kind eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, weil sein Vater früh verstorben ist. Diese Waisenrente spielt für die Besteuerung der gesetzlichen Altersrente keine Rolle, weil sie auf einem anderen Rentenstammrecht, nämlich dem des Vaters, beruhte.

3.3 Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung

Anspruch auf Rente wegen Alters hat nur der Versicherte selbst. Voraussetzung ist das Erreichen eines bestimmten Lebensalters (Altersgrenze). Daneben müssen Sie – je nach Art der Altersrente – weitere Voraussetzungen erfüllen. Auskünfte hierzu und zu Besonderheiten aufgrund von Vertrauensschutzregelungen erteilt die Deutsche Rentenversicherung.

Alle Altersrenten werden steuerlich gleich behandelt

Voraussetzung für die »normale« Regelaltersrente ist das Erreichen der Regelaltersgrenze und die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren (§§ 35, 235 SGB VI).

Sind Sie nach dem 31.12.1946 geboren, wird die Regelaltersgrenze seit 2012 stufenweise vom 65. auf das 67. Lebensjahr angehoben. Zunächst um einen Monat pro Jahrgang und dann ab dem Geburtsjahrgang 1959 um jeweils zwei Monate. Wer z.B. 1955 geboren ist, kann seine Regelaltersrente mit 65 Jahren und 9 Monaten bekommen. Ab Jahrgang 1964 gibt es dann die Regelaltersrente erst ab 67 Jahren.

Sie können aber bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine andere gesetzliche Altersrente bekommen, wenn Sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Zu diesen vorgezogenen Altersrenten gehören die

  • Altersrente für langjährig Versicherte (§§ 36, 236 SGB VI),

  • Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§§ 38, 236b SGB VI),

  • Altersrente für schwerbehinderte Menschen (§§ 37, 236a SGB VI) und die

  • Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute (§§ 40, 238 SGB VI).

  • Die Altersrente für Frauen und die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit konnte nur erhalten, wer vor 1952 geboren ist.

Alle Altersrenten werden nach den zuvor beschriebenen Grundsätzen für gesetzliche Renten besteuert. Gehen Sie vorzeitig in Altersrente, ist der frühere Rentenbeginn für den Besteuerungsanteil maßgebend. Auch wenn die vorzeitige Altersrente als Regelaltersrente weiterbezahlt wird, ändert sich in der Regel der Rentenfreibetrag nicht.

Beispiel:

Frau Kunze, geboren am 15.2.1954, erhält mit 63 Jahren ab 1.3.2017 die vorgezogene Altersrente für langjährig Versicherte. Es gilt somit ein Besteuerungsanteil von 74 % (Rentenbeginn 2017).

In 2018 beträgt der Jahres-Rentenbetrag von Frau Kunze 18.000,– €. In diesem Jahr wird der Rentenfreibetrag festgestellt: (100 ./. 74 =) 26 % von 18.000,– € = 4.680,– €.

Ab 1.11.2019 wird die Rente ohne betragsmäßige Änderung als Regelaltersrente ausbezahlt. Dies hat keinen Einfluss auf die Höhe des Rentenfreibetrages. Der Rentenfreibetrag beträgt auch in den Folgejahren 4.680,– €, sofern es zu keiner außerordentlichen Anpassung der Rentenhöhe kommt.

Üben Bezieher einer vorgezogenen Altersrente eine Beschäftigung aus, ist dieser (Mini-)Job rentenversicherungspflichtig. Die von Ihnen und vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge erhöhen dann Ihre Altersrente mit Ablauf des Monats, in dem Sie die Regelaltersgrenze erreicht haben. Wer nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen (Mini-)Job ausübt, kann die Rentenversicherungspflicht beantragen. Die eingezahlten Beiträge erhöhen dann Ihre Altersrente zum 1.7. des Folgejahres zusätzlich zur normalen Rentenanpassung. Das kann vor allem bei einem 450-Euro-Job durchaus attraktiv sein. In beiden Fällen handelt es sich u.E. um eine außerordentliche Rentenerhöhung, die dazu führt, dass der Rentenfreibetrag entsprechend angepasst wird.

Bei vorzeitiger Rente wird die Rente meist gekürzt

Anders als bei Privatrenten ist für die Höhe des steuerpflichtigen Anteils einer gesetzlichen Altersrente nicht das Lebensalter bei Rentenbeginn entscheidend, sondern das Jahr, ab dem Ihre Rente bewilligt wird. Und hier gilt: Je später die Rente beginnt, desto höher ist der Besteuerungsanteil.

Rein steuerlich gesehen ist es somit vorteihaft, – soweit möglich – frühzeitig eine vorgezogene Altersrente zu beanspruchen und sich so für seine Altersrente einen etwas niedrigeren Besteuerungsanteil zu sichern. Bedenken Sie aber: Wer die Voraussetzungen erfüllt und frühzeitig eine Altersrente beansprucht, bekommt häufig auch weniger Rente – und das lebenslang: Für jeden Monat, den Sie Ihre Rente vor der Altersgrenze in Anspruch nehmen, die für Ihr Geburtsdatum vorgesehen ist, gibt es einen Abschlag von 0,3 %. Ein volles Jahr ergibt also bereits eine Rentenkürzung von 3,6 % (§ 77 Abs. 2 Nr. 2 Bstb. a SGB VI). Dieser Rentenabschlag gilt für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs, also nicht nur für die Zeit bis zum Erreichen des jeweils maßgebenden Rentenalters. Informieren Sie sich deshalb unbedingt vorher bei Ihrem Rentenversicherungsträger, was eine vorzeitige Altersrente für Sie finanziell bedeutet.

Diesen Rentenabschlag können Sie aber durch zusätzliche Zahlungen von Rentenversicherungsbeiträgen ganz oder teilweise ausgleichen (§ 187a SGB VI). Die Beiträge dafür können Sie schon vor Rentenbeginn zahlen – grundsätzlich ab einem Alter von 50 Jahren. Es geht aber auch noch nach Rentenbeginn, solange Sie noch nicht die Regelaltersgrenze erreicht haben.

Diese Beiträge sind als Altersvorsorgeaufwendungen abzugsfähig. Da es hier einen Höchstbetrag gibt, kann es bei höheren Beiträgen steuerlich von Vorteil sein, die Zahlung auf zwei oder mehr Jahre zu verteilen .

Der Arbeitgeber kann Ihre zusätzlichen Beiträge ganz oder teilweise übernehmen z.B. im Rahmen einer Abfindungszahlung. Diese Zahlungen sind steuerfrei, soweit sie 50 % der insgesamt zusätzlich geleisteten Rentenversicherungsbeiträge nicht übersteigen (§ 3 Nr. 28 EStG). Das gilt für alle vorzeitig in Anspruch genommenen gesetzlichen Altersrenten. Übernimmt der Arbeitgeber die gesamten Beiträge, bleiben diese also zur Hälfte steuerfrei Die nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfreien Beiträge werden nicht als Altersvorsorgeaufwendungen berücksichtigt und auch nicht in der Lohnsteuerbescheinigung angegeben.

Bei späterer Rente gibt es einen Zuschlag

Wenn Sie trotz erfüllter Wartezeit Ihre Regelaltersrente nicht mit Erreichen der Regelaltersgrenze beantragen, gibt es als Ausgleich für die kürzere Laufzeit der Rente einen Zuschlag zur späteren Rente. Für jeden Kalendermonat, den Sie nach Erreichen der Regelaltersgrenze keine Rente beziehen, gibt es einen Rentenzuschlag um 0,5 %, für jedes volle Jahr Verschiebung somit eine Rentenerhöhung von 6 % (§ 77 Abs. 2 Nr. 2 Bstb. b SGB VI). Arbeiten Sie in dieser Zeit, steigern die gezahlten Rentenbeiträge Ihren Rentenanspruch zusätzlich.

Maßgebend für den – dann ggf. höheren – Besteuerungsanteil der Rente ist das Kalenderjahr des (späteren) tatsächlichen Rentenbeginns. Das sieht der BFH auch so: Wird der Beginn des Renteneintritts auf Antrag des Rentenberechtigten über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben, ist der Zeitpunkt maßgeblich, den der Rentenberechtigte in Übereinstimmung mit den entsprechenden Rechtsgrundlagen des für ihn geltenden Versorgungssystems als Beginn seiner aufgeschobenen Altersrente bestimmt. Erst zu diesem Zeitpunkt entsteht der rechtliche Anspruch auf die (aufgeschobene) Altersrente und nicht bereits zu dem – früheren und damit für den Rentenberechtigten steuerlich günstigeren – Zeitpunkt, in dem er die Altersgrenze erreicht hat (BFH-Urteil vom 31.8.2022, X R 29/20, HFR 2023 S. 37). Der Steuerzahler hat gegen diese Entscheidung Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 2212/22).

Wie viel dürfen Sie neben der Altersrente hinzuverdienen?

Beziehen Sie die Regelaltersrente, dürfen Sie unbegrenzt hinzuverdienen.

Seit 1.1.2023 dürfen nunmehr auch Bezieher einer vorgezogenen Altersrente (vor Erreichen der Regelaltersgrenze) unbegrenzt dazuverdienen, ohne dass dies Auswirkungen auf die Höhe der Rente hat.

Die Altersrente können Sie auch als Teilrente beziehen

Alle Formen der Altersrente (also die vorgezogene Altersrente oder die Regelaltersrente) können nicht nur als normale Vollrente bezogen werden, sondern auch als Teilrente (§ 42 SGB VI). Diese soll eine selbstbestimmte Kombination von Erwerbstätigkeit und Rentenbezug ermöglichen. Eine Teilrente muss mindestens 10 % und kann höchstens 99,99 % der Vollrente betragen. Sie ist keine eigene Rentenart.

Durch Rentenversicherungsbeiträge auf eine parallel zum Rentenbezug ausgeübte Beschäftigung (z.B. beim bisherigen Arbeitgeber) erhöht sich noch die spätere Vollrente.

Die Teil-Altersrente wird wie eine Voll-Altersrente besteuert. Maßgebend für den Besteuerungsanteil ist das Jahr des Rentenbeginns. Daraus errechnet sich dann der Rentenfreibetrag.

Wird die Teil-Altersrente in eine volle Altersrente oder eine volle Altersrente in eine Teil-Altersrente umgewandelt, liegt steuerlich keine neue Rente vor. Für den erhöhten bzw. verminderten Rentenbetrag gilt der ursprünglich ermittelte Besteuerungsanteil. Da es sich hierbei nicht um eine regelmäßige Rentenanpassung handelt, wird aber der Rentenfreibetrag neu ermittelt. Durch den Bezug einer Teilrente wird somit bereits ein niedrigerer Besteuerungsanteil für die spätere Vollrente festgelegt, selbst wenn diese erst Jahre später erstmalig ausgezahlt wird. Wird nur deshalb eine sehr niedrige Teilrente beansprucht, besteht jedoch die Gefahr, dass das Finanzamt einen Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten annimmt und für die spätere Vollrente den dann geltenden höheren Besteuerungsanteil zugrunde legt (so Myßen, Emser in NWB Nr. 32 2015, S. 2385).

3.4 Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Kommt es vor Erreichen der für die Altersrente erforderlichen Altersgrenze infolge einer Krankheit oder eines Unfalls zu einer Minderung oder gar zum Verlust der Erwerbsfähigkeit, mildern die Renten wegen Erwerbsminderung den gesundheitsbedingten Einkommensverlust (§ 33 Abs. 3 SGB VI, § 43 SGB VI). Um in den Genuss einer Erwerbsminderungsrente zu kommen, müssen bestimmte versicherungsrechtliche und medizinische Voraussetzungen erfüllt sein. Auskünfte hierzu erhalten Sie beim Rentenversicherungsträger.

3.4.1 Besteuerungsanteil und Rentenfreibetrag

Erwerbsminderungsrenten werden seit 2005 viel höher besteuert

Erwerbsminderungsrenten wurden bis 2004 als abgekürzte Leibrenten mit zum Teil sehr niedrigen Ertragsanteilen versteuert. So betrug beispielsweise der steuerpflichtige Ertragsanteil einer auf drei Jahre befristeten Rente nur 4 %.

Seit 2005 werden alle Erwerbsminderungsrenten und Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich gleich behandelt. Erwerbsminderungsrenten werden deshalb wie Altersrenten in der Steuererklärung auf der Vorderseite der Anlage R in die Zeilen 4 bis 10 eingetragen.

Das gilt für alle – bereits bestehenden und neu hinzukommenden – Erwerbsminderungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung, also für die

  • Rente wegen voller Erwerbsminderung (Rentenbeginn nach dem 31.12.2000);

  • Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Rentenbeginn nach dem 31.12.2000);

  • Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (Rentenbeginn nach dem 31.12.2000);

  • Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente (Rentenbeginn vor dem 1.1.2001).

Ebenfalls mit dem höheren Besteuerungsanteil steuerpflichtig sind die Rente für Bergleute und die Knappschaftsausgleichsleistung.

Das Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus ist dagegen nach § 3 Nr. 60 EStG steuerfrei.

Für die Höhe des steuerpflichtigen Anteils der Rente spielt es seit 2005 keine Rolle mehr, ob die Rente zeitlich befristet ist oder nicht. Maßgebend für die Höhe des Besteuerungsanteils ist das Kalenderjahr bei Rentenbeginn bzw. das Jahr 2005 für bereits vor 2005 bestehende Erwerbsminderungsrenten. Beginnt die Erwerbsminderungsrente zum Beispiel in 2014, beträgt der Besteuerungsanteil 68 %. Der steuerfreie Teil der Rente wird als Rentenfreibetrag festgeschrieben.

Beispiel:

Frau Möller bezieht seit 1.1.2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 600,– €, die zunächst befristet auf drei Jahre gezahlt wird. Der Besteuerungsanteil im Jahr 2005 beträgt 50 %.

Jahresrente 2005: (12 × 600,– € =) 7.200,– €

Der Rentenfreibetrag von Frau Möller für die gesamte Rentendauer ab 2005 beträgt: 50 % von 7.200,– € = 3.600,– €

So hoch ist der steuerpflichtige Teil der Rente von Frau Möller

im Jahr 2004:

steuerpflichtiger Ertragsanteil der Rente (4 % von 7200,– €)

288,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

186,– €

im Jahr 2005 und 2006:

Jahresrente

7.200,– €

./. Rentenfreibetrag

./.

3.600,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

3.498,– €

Seit 2005 hat sich bei Erwerbsminderungsrenten der steuerpflichtige Anteil um ein Vielfaches erhöht gegenüber dem alten Recht 2004. Der Bundesfinanzhof hat gegen die dadurch eingetretene Steuermehrbelastung keine Bedenken: Die Besteuerung von Erwerbsminderungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem höheren Besteuerungsanteil verstößt nicht gegen die Verfassung. Es besteht kein entscheidender Unterschied zu den Altersrenten (BFH-Urteil vom 13.4.2011, X R 54/09, BFH/NV 2011 S. 1576 und BFH-Urteil vom 13.4.2011, X R 33/09, BFH/NV 2011 S. 1496). Die gegen letztgenanntes BFH-Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde mit dem Aktenzeichen 2 BvR 1808/11 wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 5.6.2013 nicht zur Entscheidung angenommen.

Erwerbsminderungsrenten sind oft zeitlich befristet

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden häufig befristet gezahlt, und zwar längstens für drei Jahre (§ 102 Abs. 2 SGB VI). Steuerlich ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:

  • Wird die Rente verlängert, gilt der bisherige Rentenfreibetrag weiter.

  • Wird eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in eine Rente wegen voller Erwerbsminderung umgewandelt, handelt es sich um eine Folgerente aus derselben Versicherung: Der ursprüngliche Besteuerungsanteil bleibt maßgebend, der Rentenfreibetrag wird aber neu berechnet. Das gilt übrigens auch, wenn eine volle Erwerbsminderungsrente in eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung umgewandelt wird.

  • Endet die Erwerbsminderungsrente, wird der Rentenfreibetrag in diesem Jahr entsprechend angepasst.

Rentenbeginn bei Erwerbsminderungsrenten

Auch bei Erwerbsminderungsrenten ist das Jahr des Rentenbeginns für die Höhe des Besteuerungsanteils maßgebend. Diesen Zeitpunkt können Sie wie bei Altersrenten dem Rentenbescheid entnehmen. Grundsätzlich beginnt die Rente mit dem auf den Eintritt der Erwerbsminderung folgenden Monat (§ 99 SGB VI). Wird der Rentenantrag später als drei Monate nach Eintritt der Erwerbsminderung gestellt, beginnt die Rente erst mit dem Antragsmonat.

Handelt es sich um eine zeitlich befristete Rente, wird sie frühestens im siebten Monat nach Eintritt der Erwerbsminderung geleistet (§ 101 Abs. 1 SGB VI). Diesen späteren Zeitpunkt bescheinigt die Deutsche Rentenversicherung Bund im Rentenbescheid und in der Rentenbezugsmitteilung als Rentenbeginn.

Unseres Erachtens ist in diesen Fällen noch nicht abschließend geklärt, ob ggf. der frühere (und damit für die Besteuerung oft günstigere) Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung als steuerlicher Rentenbeginn für die Höhe des Besteuerungsanteils maßgebend ist (so auch BFH-Urteil vom 13.4.2011, X R 19/09, BFH/NV 2011 S. 1489). Ein in dieser Frage anhängiges Gerichtsverfahren ist uns derzeit leider nicht bekannt.

3.4.2 Umwandlung in eine Altersrente

Haben Sie die Altersgrenze erreicht, wird die Erwerbsminderungsrente in die Regelaltersrente umgewandelt. In diesem Fall handelt es sich bei der Altersrente um eine Folgerente aus derselben Versicherung . Das bedeutet:

  • Für die Altersrente wird ein Rentenfreibetrag neu festgesetzt. Maßgebend ist der Besteuerungsanteil, der bereits für die Erwerbsminderungsrente herangezogen wurde.

  • Der Rentenfreibetrag für die Erwerbsminderungsrente wird im Jahr der Umwandlung in dem Verhältnis angepasst, in dem der veränderte Jahresbetrag der Erwerbsminderungsrente zum Jahresbetrag der Erwerbsminderungsrente steht, der der Ermittlung des Rentenfreibetrags zugrunde gelegen hat. Zwischenzeitlich erfolgte Rentenanpassungen werden dabei nicht berücksichtigt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 233).

Beispiel:

Die Erwerbsminderungsrente von Frau Möller aus dem vorhergehenden Beispiel wurde immer wieder verlängert und beträgt wegen regelmäßiger Rentenanpassungen im Jahr 2013 angenommen 650,– € monatlich. Ab 1.9.2013 erhält Frau Möller die gesetzliche Altersrente von 1.000,– € monatlich. Ab 1.7.2014 beträgt die Rente angenommen 1.020,– €.

Der Jahresbetrag 2013 der Erwerbsminderungsrente ohne regelmäßige Rentenanpassungen beträgt: 4.800,– € (8 × 600,– €).

So hoch sind die sonstigen Einkünfte von Frau Möller im Jahr 2013:

Erwerbsminderungsrente: Rentenfreibetrag wird »angepasst«:

(4.800,– €/7.200,– € ) × 3.600,– € = 2.400,– €

Jahresbetrag Erwerbsminderungsrente (8 × 650,– € =)

5.200,– €

Rentenfreibetrag Erwerbsminderungsrente

./.

2.400,– €

Jahresbetrag Altersrente (4 × 1.000,– € =) 4.000,– €

Besteuerungsanteil der Altersrente im Jahr 2013 (50 % von 4.000,– €)

2.000,– €

Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

4.698,– €

So hoch sind die sonstigen Einkünfte von Frau Möller im Jahr 2014:

Jahresbetrag Altersrente (6 × 1.000,– € + 6 × 1.020,– €)

12.120,– €

Rentenfreibetrag für 2014 und die Folgejahre:

(50 % von 12.120,– € =) 6.060,– €

./.

6.060,– €

Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

5.958,– €

3.4.3 Altersrente für ehemalige Erwerbsminderungsrentner

Beziehen Sie nicht direkt im Anschluss an eine Erwerbsminderungsrente eine Altersrente, sollten Sie folgende steuerliche Besonderheit kennen: Folgen nach dem 31.12.2004 Renten aus derselben Versicherung einander nach, ist nicht der tatsächliche Beginn der Folgerente maßgebend. Sondern das Finanzamt ermittelt einen fiktiven Rentenbeginn, indem es vom tatsächlichen Rentenbeginn der Folgerente die Laufzeiten vorhergehender Renten abzieht (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 225). Dieser fiktive Rentenbeginn ist dann für die Ermittlung des Besteuerungsanteils der Altersrente maßgebend. Der Besteuerungsanteil beträgt aber immer mindestens 50 %. In der Steuererklärung tragen Sie Beginn und Ende der vorhergehenden Erwerbsminderungsrente in den Zeilen 8 und 9 der Anlage R ein.

Beispiel:

Herr Müller bezieht von Oktober 2003 bis Dezember 2006 eine Erwerbsminderungsrente (= drei Jahre und drei Monate). Anschließend ist er wieder erwerbstätig. Ab Februar 2018 erhält er seine Altersrente. Rentenbeginn der Altersrente ist Februar 2018. Abzüglich der Laufzeit der Ewerbsminderungsrente von drei Jahren und drei Monaten ergibt sich als fiktiver Rentenbeginn November 2014. Für die Altersrente von Herrn Müller ist ein Besteuerungsanteil von 68 % maßgebend.

Bitte beachten Sie aber: Renten, die vor dem 1.1.2005 geendet haben, werden vom Finanzamt nicht als vorhergehende Renten berücksichtigt und wirken sich deshalb auf den Besteuerungsanteil der Altersrente nicht zu Ihren Gunsten aus (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 227).

Beispiel:

Hätte Herr Müller aus dem vorhergehenden Beispiel die Rente von Oktober 2001 bis Dezember 2004 bezogen, würde das Finanzamt keinen fiktiven Rentenbeginn ermitteln. Ergebnis: Für die Altersrente wäre in diesem Fall ein Besteuerungsanteil von 76 % maßgebend.

3.4.4 Rückwirkende Umwandlung von Lohnersatzleistungen in Rente

Wird eine gesetzliche (Erwerbsminderungs-)Rente rückwirkend zugebilligt, entfällt oft auch rückwirkend ganz oder teilweise der Anspruch auf Lohnersatzleistungen wie Krankengeld oder Arbeitslosengeld. Die Verrechnung erfolgt dann direkt zwischen dem Träger der Sozialleistung (z.B. die Krankenkasse) und dem Rentenversicherungsträger (§ 103 i.V.m. § 107 Abs. 1 SGB X). Steuerlich gilt dann Folgendes:

Soweit die gesetzliche Rentenversicherung gegenüber dem Träger der Sozialleistung erstattungspflichtig ist, wird – rückwirkend – die bisher gezahlte Lohnersatzleistung steuerlich als Rentenzahlung behandelt und ist deshalb im Zeitpunkt der Zahlung der Lohnersatzleistungen mit dem Besteuerungsanteil als sonstige Einkünfte steuerpflichtig (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 192; R 32b Abs. 4 Nr. 1 EStR 2012). Im Falle der rückwirkenden Umwandlung von Krankengeld in Rente hat der BFH diese Vorgehensweise bestätigt (BFH-Urteil vom 9.12.2015, X R 30/14, BStBl. 2016 II S. 624). Diese Grundsätze gelten nach einem Finanzgerichtsurteil auch für steuerfreie Leistungen nach dem SGB II (z.B. Arbeitslosengeld II), die nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Selbst dann, wenn die steuerfreien Leistungen ggf. zu Unrecht bezogen wurden (FG Berlin-Brandenburg vom 7.4.2016, 9 K 9257/13, EFG 2016 S. 1245; Az. der Revision X R 18/16).

Maßgebender Rentenbeginn ist zu Ihren Gunsten das Jahr, ab dem die Rente rückwirkend zugebilligt wird. Sind Vorjahre betroffen, ändert das Finanzamt entsprechend sogar bereits bestandskräftige Steuerbescheide (R 32b Abs. 4 Nr. 3 EStR 2012).

Durch die steuerliche Umqualifizierung als Rente erhöht sich zu Ihrem Nachteil das zu versteuernde Einkommen um den Besteuerungsanteil des Rentenbetrages. Achten Sie aber darauf, dass das Finanzamt bei einer Änderung des Steuerbescheides folgende Punkte zu Ihrem Vorteil berücksichtigt:

  • Sofern die Lohnersatzleistungen dem Progressionsvorbehalt unterlegen haben, muss das Finanzamt diesen rückgängig machen, soweit die Beträge zu einer Rente umgewidmet werden.

  • Bei Behandlung als Rentenzahlung sind Ihr Beitragsanteil zur gesetzlichen Krankenversicherung und die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung als sonstige Vorsorgeaufwendungen absetzbar.

Angestellte des öffentlichen Dienstes erhalten bei Krankheit Krankenbezüge, die ganz normal als Arbeitslohn versteuert werden. Wird nachträglich eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligt, gelten die Krankenbezüge ab Rentenbeginn als Vorschuss auf die zustehenden Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung und sind rückwirkend nur in Höhe des Besteuerungsanteils steuerpflichtig. Sind bereits bestandskräftige Steuerbescheide der Vorjahre betroffen, erhalten Sie die zu viel bezahlte Steuer wieder zurück, indem Sie eine Änderung der Bescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO beantragen (Verfügung der OFD Frankfurt vom 25.7.2000, FR 2000 S. 1168).

3.5 Witwen- und Waisenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung

Die gesetzliche Rentenversicherung zahlt bei Tod eines Versicherten an die Familienangehörigen unter bestimmten Voraussetzungen Hinterbliebenenrenten (§ 33 Abs. 4 SGB VI, §§ 46ff. SGB VI). Zu diesen Renten wegen Todes gehören:

  • Witwen-/Witwerrenten;

  • Witwen-/Witwerrenten »nach dem vorletzten Ehegatten«;

  • Erziehungsrenten;

  • Witwen-/Witwerrenten für vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten (Geschiedenenrenten);

  • Waisenrenten.

Für Todesfälle nach dem 31.12.2001 ist die Hinterbliebenenrente, vor allem die Witwen- und Witwerrente, sowie die Anrechnung von eigenem Einkommen der Hinterbliebenen wesentlich geändert worden. Dieses neue Hinterbliebenenrecht gilt für Sie, wenn Sie

  • nach dem 31.12.2001 geheiratet haben oder

  • zwar vor dem 1.1.2002 geheiratet haben, aber sowohl Sie wie auch Ihr Ehepartner nach dem 1.1.1962 geboren sind.

In allen anderen Fällen gilt – auch bei Tod des Ehepartners nach dem 31.12.2001 – das alte Hinterbliebenenrecht aus Vertrauensschutzgründen weiter.

Informationen zu den Voraussetzungen, Hinzuverdienstgrenzen und zum Antrag auf Hinterbliebenenrente erhalten Sie von Ihrem Rentenversicherungsträger.

3.5.1 Besteuerungsanteil und Rentenfreibetrag bei Hinterbliebenenrenten

Für alle Renten wegen Todes gelten seit dem Jahr 2005 die Steuerregeln für gesetzliche Renten: Steuerpflichtig ist der Teil der Rente, der über dem Rentenfreibetrag liegt. Dabei macht es steuerlich keinen Unterschied, ob Sie die Rente nach altem oder neuem Hinterbliebenenrecht erhalten.

Sie brauchen seit 2005 nicht mehr unterscheiden, ob es sich um eine abgekürzte oder um eine lebenslange Leibrente handelt. Alle Hinterbliebenenrenten werden steuerlich gleich behandelt: Für die Ermittlung des Besteuerungsanteils und des Rentenfreibetrags gelten die Steuerregeln für gesetzliche Renten.

Das gilt auch für die Erziehungsrente nach § 47 SGB VI. Diese ist keine steuerfreie Schadensersatz- oder Unterhaltsrente gemäß § 844 Abs. 2 BGB, da sie auf steuerlich abziehbaren Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung beruht (BFH-Urteil vom 19.8.2013, X R 35/11, BStBl. 2014 II S. 557). Gegen das Urteil wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az. 2 BvR 2315/13). Der BFH weist in dem Urteil auch darauf hin, dass es sich trotz ihrer Einordnung unter die Renten wegen Todes bei der Erziehungsrente nicht um eine Rente aus abgeleitetem Recht (der Versicherung des geschiedenen Ehepartners), sondern um eine Rente aus eigener Versicherung handelt. Das kann wichtig sein bei der Bestimmung des maßgebenden Besteuerungsanteils einer gesetzlichen Rente, wenn es um die Frage geht, ob eine Folgerente vorliegt.

Hat der Verstorbene keine gesetzliche Rente bezogen, ist für die Höhe des Besteuerungsanteils der tatsächliche Rentenbeginn maßgebend. Das ist bei einer Witwen-/Witwerrente der Todestag des Verstorbenen.

3.5.2 Der Verstorbene war bereits Rentner

Hat der Verstorbene bereits eine Altersrente oder eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen, handelt es sich bei der Hinterbliebenenrente um eine Folgerente aus derselben Versicherung, denn sie beruht auf ein und demselben Rentenstammrecht. Das gilt auch, wenn die Rentenempfänger nicht identisch sind (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 224).

Das bedeutet: Für die Folgerente, also die Hinterbliebenenrente, wird vom Finanzamt ein günstigeres, fiktives Jahr des Rentenbeginns ermittelt, sofern die vorherige Rente des Verstorbenen nicht vor dem 1.1.2005 endete. Tragen Sie deshalb in diesen Fällen in der Steuererklärung bitte unbedingt Beginn und Ende der vorhergehenden Rente in den Zeilen 8 und 9 der Anlage R ein.

Beispiel:

Herr Schmidt war seit 1.10.2009 Altersrentner und verstarb im Juli 2015. Seine Frau erhält seit 1.8.2015 eine monatliche Witwenrente von 500,– €. Ab dem 1.7.2016 erhöht sich die Rente auf 530,– €.

Steuerlicher Rentenbeginn der Witwenrente von Frau Schmidt: Tatsächlicher Rentenbeginn August 2015 abzüglich der Laufzeit der vorhergehenden Altersrente Ihres Mannes von fünf Jahren und zehn Monaten ergibt den steuerlich maßgebenden Rentenbeginn: September 2009. Der maßgebliche Besteuerungsanteil für die Witwenrente von Frau Schmidt beträgt demnach nicht 70 %, sondern 58 %.

Der steuerpflichtige Teil der Witwenrente von Frau Schmidt beträgt:

im Jahr 2015:

Jahresrente (5 × 500,– €=) 2.500,– €

Besteuerungsanteil der Rente: 58 % von 2.500,– €

1.450,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

1.348,– €

im Jahr 2016:

Jahresrente (6 × 500,– € + 6 x 530,– €) =

6.180,– €

./. Rentenfreibetrag (100 % ./. 58 % =) 42 % von 6.180,– €

./.

2595,60 €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

3482,40 €

Der Rentenfreibetrag beträgt 2595,60 € und gilt grundsätzlich für die gesamte restliche Laufzeit der Witwenrente von Frau Schmidt.

Auf eine eventuell daneben ausgezahlte gesetzliche Rente hat dies keine steuerlichen Auswirkungen. Würde z.B. Frau Schmidt ab dem Jahr 2018 auch eine Altersrente beziehen, wäre für diese Rente ein Besteuerungsanteil von 76 % maßgebend, weil diese Rente auf einem anderen Rentenstammrecht beruht und es sich deshalb nicht um eine Folgerente aus derselben Versicherung handelt.

3.5.3 Wenn sich die Hinterbliebenenrente ändert

Wird eine große Witwen-/Witwerrente in eine kleine Witwen-/Witwerrente umgewandelt oder umgekehrt, handelt es sich bei der neuen Rente um eine Folgerente aus derselben Versicherung (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 224). Der Rentenfreibetrag wird neu ermittelt. Der günstigere Besteuerungsanteil der alten Rente bleibt Ihnen aber erhalten.

Das gilt auch, wenn Ihre Hinterbliebenenrente erhöht oder vermindert wird, weil sich das anzurechnende Einkommen verändert hat. Regelmäßige Rentenanpassungen dagegen ändern den Rentenfreibetrag nicht. Ändert sich die Höhe einer Witwenrente, weil sich das anzurechnende Einkommen geändert hat, berechnet das Finanzamt den Rentenfreibetrag neu (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 232ff.

Dies bewirkt bei einer Minderung der Witwenrente, dass sich auf der Rentenfreibetrag vermindert. Ein Rentenbezieher aus Nordrhein-Westfalen hat deshalb dagegen geklagt. Begründung: Auch in diesem Fall handele es sich um eine regelmäßige Rentenanpassung. Und deshalb gelte weiterhin der bisherige (in diesem Fall zu seinen Gunsten höhere) Rentenfreibetrag weiter.

Beim zuständigen Finanzgericht hatte er jedoch keinen Erfolg: Die Finanzrichter bestätigten die Neuberechnung des Rentenfreibetrags durch das Finanzamt FG Köln vom 23.10.2013, 4 K 2322/10, EFG 2014 S. 192; Az. der Revision X R 53/13). Nun muss abschließend der Bundesfinanzhof darüber entscheiden.

Beispiel:

Frau Köhn erhält ab Mai 2015 eine monatliche Witwenrente von 1.100,– € (keine Folgerente). Die Rente wird aufgrund regelmäßiger Anpassungen zum 1.7.2015, zum 1.7.2016, zum 1.7.2017 und zum 1.7.2018 jeweils um angenommen 10,– € erhöht. Wegen anderer Einkünfte wird die Rente ab August 2018 auf 830,– € gekürzt.

Der steuerpflichtige Teil der Rente von Frau Köhn beträgt:

im Jahr 2015:

Rentenbetrag: (2 × 1.100,– €) + (6 × 1.110,– €) = 8.860,– €

Besteuerungsanteil der Rente: 70 % von 8.860,– €

6.202,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

6.100,– €

im Jahr 2016:

Rentenbetrag: (6 × 1.110,– €) + (6 × 1.120,– €) =

13.380,– €

./. Rentenfreibetrag (100 %–70 % =) 30 % von 13.380,– €

./.

4.014,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

9.264,– €

im Jahr 2017:

Rentenbetrag: (6 × 1.120,– €) + (6 × 1.130,– €) =

13.500,– €

./. Rentenfreibetrag

./.

4.014,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

9.384,– €

Die regelmäßige Rentenerhöhung von 120,– € ist also in voller Höhe steuerpflichtig.

Im Jahr 2018 wird der Rentenfreibetrag neu berechnet. Dabei werden die regelmäßigen Rentenanpassungen nicht berücksichtigt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 233 und 234): Da auch in der gekürzten Rente Teile enthalten sind, die auf einer regelmäßigen Anpassung des Jahresbetrags der Rente beruhen, rechnet die Finanzverwaltung so: In der ab August 2018 gekürzten Rente ist derselbe prozentuale Erhöhungsbetrag enthalten, der auf regelmäßigen Anpassungen der Jahresrente beruht, wie in der ungekürzten Rente für Juli 2018.

Jan.–Juni 2018:

1.130,– € ./. (13.380,– €/12) =

15,– € × 6 Monate =

90,– €

Juli 2018:

1.140,– € ./. (13.380,– €/12) =

25,– € × 1 Monat =

25,– €

Aug.–Dez. 2018:

(830,– €/1.140,– €) × 25,– € =

18,20 € × 5 Monate =

91,– €

Rentenanpassungsbetrag im Jahr 2018

206,– €

Rentenbetrag: (6 × 1.130,– €) + 1.140,– € + (5 × 830,– €) =

12.070,– €

./. Rentenanpassungsbetrag

./.

206,– €

= Jahresrente 2018 ohne regelmäßige Anpassungen

=

11.864,– €

Der Rentenfreibetrag für das Jahr 2018 beträgt:

(11.864,– €/13.380,– €) × 4.014,– €

=

3559,20 €

Jahresrente in 2018

12.070,– €

./. Rentenfreibetrag

./.

3559,20 €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

8408,80 €

Keine Angst, diese umfangreichen Berechnungen müssen Sie nicht selbst durchführen. Denn das Finanzamt erhält die entsprechenden Beträge bereits durch die jährliche Rentenbezugsmitteilung vom Rentenversicherungsträger.

Die Rentenbezugsmitteilungen von Frau Köhn enthalten folgende Werte:

im Jahr

Leistungsbetrag

Rentenanpassungsbetrag

2015

8.860,– €

0,– €

2016

13.380,– €

0,– €

2017

13.500,– €

120,– €

2018

12.070,– €

206,– €

Mithilfe dieser Werte kann das Finanzamt den steuerpflichtigen Teil der Rente ermitteln, z.B. bei Frau Köhn für das Jahr 2018:

Jahres-Rentenbetrag 2018

12.070,– €

Rentenanpassungsbetrag (100 % steuerpflichtig)

./.

206,– €

206,– €

= für Rentenfreibetrag maßgebliche Jahresrente
davon aus dem Rentenbeginn 2015
ermittelter Besteuerungsanteil 70 % =

11.864,– €



8304,80 €

steuerpflichtiger Teil der Rente

8510,80 €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

8408,80 €

3.5.4 Abfindung und Witwenrente »nach dem vorletzten Ehegatten«

Beziehen Sie eine Witwen- oder Geschiedenenrente und heiraten wieder, fällt die Hinterbliebenenrente weg. Sie haben dann aber Anspruch auf eine Rentenabfindung (§ 107 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Diese Abfindungszahlung ist in voller Höhe steuerfrei nach § 3 Nr. 3 Bstb. a EStG (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 197).

Wird die neue Ehe geschieden oder stirbt der neue Ehepartner, so entsteht erneut ein Anspruch auf die Witwenrente: die »Rente nach dem vorletzten Ehegatten« (§ 46 Abs. 3 SGB VI). Eventuelle Ansprüche aus der zweiten Ehe werden jedoch angerechnet.

Für diese wieder auflebende Rente ist für den Besteuerungsanteil zu Ihren Gunsten der Rentenbeginn der bereits früher gewährten Witwen- oder Witwerrente maßgebend (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 229). In diesem Fall berechnet sich der Rentenfreibetrag ausnahmsweise nach der ursprünglichen, später weggefallenen Rente (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 235).

3.5.5 Waisenrenten

Nach dem Tod eines Elternteils erhalten die Kinder unter bestimmten Voraussetzungen eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine Waisenrente können bekommen:

  • leibliche oder adoptierte Kinder,

  • Stief- und Pflegekinder, die im Haushalt des Verstorbenen lebten,

  • Enkel und Geschwister, die im Haushalt des Verstorbenen lebten oder von ihm überwiegend unterhalten wurden.

Die Waisenrente beträgt bei Halbwaisen 10 %, bei Vollwaisen 20 % der Vollrente, auf die der Verstorbene Anspruch gehabt hätte oder die er bereits bezogen hat. Außerdem wird ein bestimmter Zuschlag gezahlt. Die Einkommensanrechnung bei Waisenrenten an volljährige Waisen entfällt zum 1.7.2015.

Die Waisenrente ist grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr des Kindes befristet. In dieser Zeit gibt es die Rente unabhängig davon, ob sich das Kind noch in Ausbildung befindet. Über das 18. Lebensjahr hinaus wird Waisenrente gezahlt, wenn das Kind

  • sich in Schul- oder Berufsausbildung befindet,

  • ein freiwilliges soziales beziehungsweise ökologisches Jahr leistet,

  • einen nationalen oder internationalen Freiwilligendienst im Sinne des Kindergeldrechts leistet,

  • den Bundesfreiwilligendienst leistet oder

  • behindert ist und sich deshalb nicht selbst unterhalten kann.

Darüber hinaus kann die Waisenrente gezahlt werden für bestimmte Übergangszeiten von höchstens vier Kalendermonaten, z.B. zwischen zwei Ausbildungen.

Die Waisenrente wird längstens bis zum 27. Lebensjahr gezahlt. Bei Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Wehr- bzw. Zivildienst oder den sechsmonatigen freiwilligen Wehrdienst als Probezeit verlängert sich der Anspruchszeitraum entsprechend.

Anspruchsberechtigt ist das Kind. Deshalb wird die Waisenrente auch steuerlich dem Kind zugerechnet und nicht etwa in der Steuererklärung der Witwe bzw. des Witwers angegeben. Auch für Waisenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gelten die Steuerregeln für gesetzliche Renten: Steuerpflichtig ist nicht der günstige Ertragsanteil, sondern der wesentlich höhere Besteuerungsanteil .

Wie bei der Witwenrente gilt auch bei der Waisenrente folgende Besonderheit: Hat der Verstorbene bereits eine Altersrente oder eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen, ermittelt das Finanzamt einen fiktiven Rentenbeginn. Dazu wird vom tatsächlichen Beginn der Waisenrente die Laufzeit der vorhergehenden Rente abgezogen, sofern sie nicht vor dem 1.1.2005 endete. Angesetzt wird aber immer mindestens ein Besteuerungsanteil von 50 %.

Da Kinder meist keine weiteren Einkünfte haben und Waisenrenten nicht allzu hoch sind, fällt letztlich keine Steuer an. Das kann sich aber ändern, wenn Kinder noch zusätzlich weitere steuerpflichtige Einkünfte erzielen, zum Beispiel aus mehreren Nebenjobs mit Lohnsteuerbescheinigung.

3.6 Besteuerung der sog. Mütterrente

Seit 1.7.2014 kann in der gesetzlichen Rentenversicherung für Mütter oder Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, ein zusätzliches Jahr mit Kindererziehungszeiten angerechnet werden. Durch diese sog. »Mütterrente« kann sich eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente erhöhen. Bei der »Mütterrente« handelt es sich also nicht um eine eigene Rentenart, sondern um einen Teil der Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Entsteht durch die verbesserte rentenrechtliche Anerkennung von Kindererziehungszeiten erstmals ein Rentenanspruch, kann Rentenbeginn für diese Rente frühestens der 1.7.2014 sein. In diesem Fall wird der steuerpflichtige Anteil der Rente ganz normal berechnet: Bei Rentenbeginn in 2014 beträgt der maßgebende Besteuerungsanteil 68 %. Bemessungsgrundlage für den Rentenfreibetrag ist dann der Jahres-Rentenbetrag 2015.

Für am 1.7.2014 bereits bestehende Renten muss aufgrund der »Mütterrente« die Bestandsrente nicht vollständig neu festgestellt werden, es ergibt sich also kein neuer Rentenbeginn. Die Rente erhöht sich mit Wirkung ab 1.7.2014 für jedes vor 1992 geborene Kind pauschal um einen zusätzlichen Entgeltpunkt. In 2014 entspricht das monatlich 28,61 € bzw. 26,39 € in Deutschland-Ost.

Steuerlich handelt es sich bei der Rentenerhöhung durch die »Mütterrente« (Mütterrentenzuschlag) nicht um eine regelmäßige Rentenanpassung. Anders als Rentenerhöhungsbeträge durch regelmäßige Rentenanpassung sind die Rentenerhöhungsbeträge durch die »Mütterrente« also nicht in voller Höhe steuerpflichtig.

Vielmehr handelt es sich bei der durch den Mütterrentenzuschlag ergebenden Änderung des Jahresbetrags der Rente um eine außerordentliche Rentenanpassung. Das hat folgende Auswirkungen:

  • Der Rentenfreibetrag (steuerfreie Teil der Rente) wird neu berechnet – und zwar sowohl im Jahr 2014 (Auszahlung des Mütterrentenzuschlags für sechs Monate) und nochmals im Jahr 2015 (Auszahlung des Mütterrentenzuschlags für ein volles Jahr). Denn in beiden Jahren ändert sich die Höhe des Jahresbetrags der Rente und diese Anpassungen beruhen zumindest teilweise nicht auf regelmäßigen Rentenanpassungen. Der dabei anzuwendende Besteuerungsanteil bestimmt sich zu Ihren Gunsten weiterhin nach dem Jahr des Beginns der Rente und nicht nach dem Jahr des Beginns der Mütterrente.

  • Wie bei anderen außerordentlichen Rentenanpassungen erfolgt aber auch hier eine Rückbeziehung auf das Jahr, in dem der Rentenfreibetrag erstmalig festgestellt wurde. Deshalb rechnet das Finanzamt die im Mütterrentenzuschlag insoweit enthaltenen regelmäßigen Rentenanpassungen aus der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Rentenfreibetrags heraus. Die enthaltenen regelmäßigen Rentenanpassungsbeträge sind in voller Höhe steuerpflichtig. Dies führt zu komplizierten Berechnungen, um den neuen Rentenfreibetrag zu ermitteln (FinMin Schleswig-Holstein, ESt-Kurzinfo Nr. 2014/18 vollständig aktualisiert am 9.6.2015, DStR 2015 S. 1450).

Ein einfacherer Weg, der zum selben Ergebnis führt, geht so: Sie errechnen für das Jahr, in dem der Rentenfreibetrag erstmalig festgesetzt wurde, den Wert der Mütterrente anhand des in diesem Jahr gültigen Rentenwerts. Aus diesem Wert ermitteln Sie anhand des ursprünglichen Besteuerungsanteils den steuerfreien Teil der Mütterrente. Dieser »Rentenfreibetrag für den Mütterrentenzuschlag« ergibt zusammen mit dem bisherigen Rentenfreibetrag den neuen Rentenfreibetrag (Information des BMF vom 23.7.2015 zum Thema »Alterseinkünfte ...«).

Beispiel:

Frau Precht bezieht seit 2004 eine gesetzliche Altersrente. Es gilt somit für diese Rente ein Besteuerungsanteil von 50 %. In 2005 betrug die monatliche Rente 914,55 € (35 persönliche Entgeltpunkte × damaliger Rentenwert 26,13 €).

Im Jahr 2005 betrug der Jahresbetrag der Rente somit 10974,60 € (€ 914,55 × 12 Monate). Der seinerzeit festgestellte Rentenfreibetrag beträgt 5487,30 € (50 % von 10974,60 €).

Im Jahr 2014 beträgt die monatliche Rente von Frau Precht in den ersten sechs Monaten Januar bis Juni 2014 jeweils 984,90 €. Ab 1.7.2014 erhöht sich die Rente aufgrund der regelmäßigen Rentenanpassung auf 1001,35 €. Zusätzlich erhält Frau Precht ab 1.7.2014 einen Mütterrentenzuschlag für drei »West-Kinder« von 85,83 € (3 × 28,61 €).

Insgesamt erhält Frau Precht ab 1.7.2014 somit eine Monatsrente von 1087,18 € (1001,35 € zzgl. 85,83 €). Der Jahres-Rentenbetrag 2014 beträgt

Monatsrente Januar–Juni 2014:

984,90 € × 6 Monate =

5909,40 €

Monatsrente Juli–Dezember 2014:

1001,35 € × 6 Monate =

6008,10 €

Mütterrentenzuschlag Juli–Dezember 2014:

85,83 € × 6 Monate =

514,98 €

Jahres-Rentenbetrag im Jahr 2014

12432,48 €

Bezogen auf das Jahr, in dem der Rentenfreibetrag festgesetzt wurde (= 2005), beträgt der Wert der Mütterrente: 3 Entgeltpunkte × damaliger Rentenwert 26,13 € × 6 Monate = 470,34 €. Der »Rentenfreibetrag für die Mütterrente« beträgt somit: 50 % von 470,34 € = 235,17 €. Insgesamt ergibt sich ein neuer Rentenfreibetrag 2014 von 5722,47 € (5487,30 € + 235,17 €). Der steuerpflichtige Teil der Rente errechnet sich für 2014 wie folgt:

Jahres-Rentenbetrag 2014

12432,48 €

./. Rentenfreibetrag 2014

./.

5722,47 €

steuerpflichtiger Teil der Rente

6710,01 €

Der aktuelle Rentenwert drückt den Betrag aus, der der monatlichen Rente für einen Entgeltpunkt entspricht. Er wird regelmäßig angepasst. Als Hilfestellung für die Berechnung Ihres neuen Rentenfreibetrags finden Sie nachfolgend den jeweils aktuellen Rentenwert:

Zeitraum

Rentenwert (West)

Rentenwert (Ost)

1.1.2005 bis 30.6.2007

26,13 €

22,97 €

1.7.2007 bis 30.6.2008

26,27 €

23,09 €

1.7.2008 bis 30.6.2009

26,56 €

23,34 €

1.7.2009 bis 30.6.2011

27,20 €

24,13 €

1.7.2011 bis 30.6.2012

27,47 €

24,37 €

1.7.2012 bis 30.6.2013

28,07 €

24,92 €

1.7.2013 bis 30.6.2014

28,14 €

25,74 €

1.7.2014 bis 30.6.2015

28,61 €

26,39 €

1.7.2015 bis 30.6.2016

29,21 €

27,05 €

1.7.2016 bis 30.6.2017

30,45 €

28,66 €

1.7.2017 bis 30.6.2018

31,03 €

29,69 €

ab 1.7.2018

32,03 €

30,69 €

Beispiel:

Frau Neumann, die seit 2007 eine Altersrente bezieht, erhält ab 1.7.2014 einen Mütterrentenzuschlag für ein Kind von (1 Entgeltpunkt × 28,61 € Rentenwert (West) =) 28,61 € monatlich. Ihre Rente erhöht sich somit in 2014 um einen Mütterrentenzuschlag von insgesamt 171,66 € (28,61 € × 6 Monate). Bezogen auf den Besteuerungsanteil ist das Jahr 2007 maßgebend, sodass ein Besteuerungsanteil von 54 % gilt und die verbleibenden 46 % steuerfrei bleiben. Bezogen auf den Rentenfreibetrag sind die Wertverhältnisse des Jahres 2008 maßgebend: In diesem Jahr lag der Rentenwert (West) bis zum 30.6. bei 26,27 € und ab 1.7. bei 26,56 €, im Durchschnitt sind das aufgerundet 26,42 € monatlich. Der Rentenfreibetrag von Frau Neumann erhöht sich im Jahr 2014 um 72,92 € ((6 Monate × 26,42 € durchschnittlicher Rentenwert) × 46 % steuerfreier Anteil).

Die Berechnung des neuen Rentenfreibetrags durch die Finanzverwaltung ist deutlich komplizierter. Nachfolgend dargestellt am Beispiel von Frau Precht (FinMin Schleswig-Holstein, ESt-Kurzinfo Nr. 2014/18 vollständig aktualisiert am 9.6.2015, DStR 2015 S. 1450).

Beispiel:

Frau Precht bezieht seit 2004 eine gesetzliche Altersrente. Es gilt somit für diese Rente ein Besteuerungsanteil von 50 %. In 2005 betrug die monatliche Rente 914,55 € (35 persönliche Entgeltpunkte × damaliger Rentenwert 26,13 €).

Im Jahr 2005 betrug der Jahresbetrag der Rente somit 10.974,60 € (914,55 € × 12 Monate). Der seinerzeit festgestellte Rentenfreibetrag beträgt 5.487,30 € (50 % von 10.974,60 €).

Im Jahr 2014 beträgt die monatliche Rente von Frau Precht in den ersten sechs Monaten Januar bis Juni 2014 jeweils 984,90 €. Ab 1.7.2014 erhöht sich die Rente aufgrund der regelmäßigen Rentenanpassung auf 1.001,35 €. Zusätzlich erhält Frau Precht ab 1.7.2014 einen Mütterrentenzuschlag für drei »West-Kinder« von 85,83 € (3 × 28,61 €). Insgesamt erhält Frau Precht ab 1.7.2014 somit eine Monatsrente von 1.087,18 € (1.001,35 € zzgl. 85,83 €).

Der Jahres-Rentenbetrag 2014 beträgt somit:

Monatsrente Januar–Juni 2014:

984,90 € × 6 Monate =

5.909,40 €

Monatsrente Juli–Dezember 2014:

1.001,35 € × 6 Monate =

6.008,10 €

Mütterrentenzuschlag Juli–Dezember 2014:

85,83 € × 6 Monate =

514,98 €

Jahres-Rentenbetrag im Jahr 2014

12432,48 €

1. Ermittlung des Rentenanpassungsbetrages für 2014:

Im Jahr der erstmaligen Festschreibung des Rentenfreibetrages (2005) betrug die durchschnittliche monatliche Rente 914,55 € (10.974,60 € : 12). Somit sind in der Monatsrente des ersten Halbjahres 2014 regelmäßige Rentenanpassungen in Höhe von 70,35 € (984,90 € ./. 914,55 €) enthalten. In der Monatsrente des zweiten Halbjahres 2014 (ohne Mütterrentenzuschlag) sind regelmäßige Rentenanpassungen in Höhe von 86,80 € (1.001,35 € ./. 914,55 €) enthalten. Daraus ergibt sich: Von der ohne Mütterrentenzuschlag ab 1.7.2014 gezahlten Monatsrente entfallen 8,6683 % (86,80 € : 1.001,35 € × 100) auf regelmäßige Rentenanpassungen. Dies bedeutet, dass auch in dem ab 1.7.2014 gezahlten Mütterrentenzuschlag insgesamt 8,6683 % der Auszahlung auf regelmäßige Rentenanpassungen entfallen. Das sind 7,44 € (85,83 € × 8,6683 %).

Im Jahres-Rentenbetrag 2014 sind somit folgende regelmäßige Rentenanpassungen enthalten:

Monatsrente Januar–Juni 2014:

70,35 € × 6 Monate =

422,10 €

Monatsrente Juli–Dezember 2014:

86,80 € × 6 Monate =

520,80 €

Mütterrentenzuschlag Juli–Dezember 2014:

7,44 € × 6 Monate =

44,64 €

Rentenanpassungsbetrag 2014

987,54 €

In der ab dem 1.7.2014 gezahlten monatlichen Rente (einschl. Mütterrentenzuschlag) sind regelmäßige Rentenanpassungen in Höhe von 94,24 € (86,80 € + 7,44 €) enthalten. Die für die Ermittlung der zukünftigen regelmäßigen Rentenanpassungen anzuwendende Bezugsrente 2005 beträgt somit zukünftig 992,94 € (1.087,18 € ./. 94,24 €). (Kontrollrechnung: 992,94 € = 38 Entgeltpunkte × damaliger Rentenwert 26,13 €).

2. Neuberechnung des Rentenfreibetrages für 2014:

Jahres-Rentenbetrag 2014

12.432,48 €

Rentenanpassungsbetrag (100 % steuerpflichtig)

./.

987,54 €

für Rentenfreibetrag maßgeblicher Jahresrenten-Betrag

11.444,94 €

aus dem Rentenbeginn 2004 ermittelter Besteuerungsanteil: 50 %

neuer Rentenfreibetrag 2014 (11.444,94 € × 50 % =)

5.722,47 €

Der Rentenfreibetrag hat sich somit erhöht um 235,17 € (5.722,47 € ./. 5.487,30 €).

3. Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte für 2014:

Jahres-Rentenbetrag 2014

12.432,48 €

./. Rentenfreibetrag 2014

./.

5.722,47 €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

steuerpflichtige sonstige Einkünfte

6.608,01 €

4. Weitere nachgelagert besteuerte Renten

4.1 Renten aus berufsständischen Versorgungswerken

4.1.1 Was sind berufsständische Versorgungseinrichtungen?

Bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen im steuerlichen Sinne handelt es sich um öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen für Beschäftigte und selbstständig tätige Angehörige der kammerfähigen freien Berufe, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen.

Renten aus berufsständischen Versorgungswerken erhalten somit vor allem ehemalige Freiberufler und Angestellte kammerfähiger Berufe, die versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung waren. Bei Angestellten ersetzen die Versorgungswerke die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Berufsständische Versorgungswerke gibt es beispielsweise für Ärzte, Apotheker, Architekten, Ingenieure, Notare, Rechtsanwälte und Steuerberater.

Nicht hierunter fallen

  • die Zusatzversorgungseinrichtungen im öffentlichen Dienst wie etwa die VBL (Niedersächsisches FG vom 29.5.2013, 3 K 12050/12, EFG 2013 S. 1494) oder die Zusatzkassen des kommunalen und kirchlichen Dienstes;

  • die Versorgungsanstalten der deutschen Bühnen (VddB) und der deutschen Kulturorchester (VddK);

  • die Gemeinsamen Ausgleichskassen im Seelotswesen (Niedersächsisches FG vom 31.3.2010, 4 K 168/08, EFG 2010 S. 1600) und

  • die Versorgungsanstalt der Bezirksschornsteinfegermeister (VdBS), da die Leistungen der VdBS als Zusatzversorgung nur der Ergänzung der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung dienen (BFH-Urteil vom 15.5.2013, X R 18/10, BStBl. 2014 II S. 25).

Renten aus diesen Zusatzversorgungskassen sind, soweit sie nicht auf steuerfreien und Riester-geförderten Beiträgen beruhen, nur in Höhe des Ertragsanteils steuerpflichtig.

4.1.2 Besteuerungsanteil und Rentenfreibetrag

Leistungen aus berufsständischen Versorgungswerken werden seit dem Jahr 2005 wie Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nachgelagert besteuert. Es gelten für diese Renten die zu gesetzlichen Renten beschriebenen Steuerregeln. Diese Besteuerung erfolgt unabhängig davon, ob die Beiträge als Altersvorsorgeaufwendungen berücksichtigt wurden und auch dann, wenn die Versorgungseinrichtung keine den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 202).

Maßgebend ist der für das Jahr des Rentenbeginns geltende Besteuerungsanteil. Der andere steuerfreie Teil der Jahresrente des Folgejahres wird als Rentenfreibetrag festgeschrieben und gilt in dieser Höhe für die gesamte Laufzeit der Rente. Erhöhungsbeträge aus regelmäßigen Rentenanpassungen in den Folgejahren sind dann in voller Höhe steuerpflichtig. Ändert sich die Jahresrente und handelt es sich dabei nicht um eine regelmäßige Anpassung, wird dagegen der Rentenfreibetrag neu berechnet. Das ist zum Beispiel der Fall bei Wegfall des Kinderzuschusses sowie bei Rentennachzahlungen oder -rückzahlungen (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 232).

Mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig sind Renten und andere Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen. Dazu zählt das Finanzamt auch

  • Kinderzuschüsse, die zusammen mit der Rente gezahlt werden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 203). Diese Vorgehensweise wurde vom Bundesfinanzhof abgesegnet: Kinderzuschüsse aus einem berufsständischen Versorgungswerk sind als »andere Leistungen« i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. aa EStG mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 31.8.2011, X R 11/10, BStBl. 2012 II S. 312).

  • einmalige Leistungen, wie zum Beispiel Kapitalauszahlungen, Sterbegeld und Abfindungen von Kleinbetragsrenten – selbst wenn Beiträge hierfür vor 2005 erbracht wurden. Die Besteuerung von Kapitalabfindungen berufsständischer Versorgungswerke mit dem Besteuerungsanteil wurde vom Bundesfinanzhof bestätigt (BFH-Urteil vom 23.10.2013, X R 3/12, BStBl. 2014 II S. 58).

    In der Regel sind einmalige Kapitalzahlungen als Vergütung für mehrjährige Tätigkeit gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 EStG nach der Fünftelregelung begünstigt!

    Denn: Mehrjährige Tätigkeit ist jedes sich über mindestens zwei Kalenderjahre erstreckende Verhalten, das der Erzielung von Einkünften dient. Und im Fall der Kapitalzahlung aus einem berufsständischen Versorgungswerk stellt der Bundesfinanzhof für die Frage der Mehrjährigkeit erfreulicherweise auf die Zeiträume der Beitragszahlungen an die Versorgungseinrichtung ab. Weitere Bedingung für die Fünftelregelung: Die Kapitalabfindung muss zusammengeballt in einem Kalenderjahr ausgezahlt werden (BFH-Urteil vom 23.10.2013, X R 3/12, BStBl. 2014 II S. 58). Liegen diese Voraussetzungen vor, gewährt das Finanzamt für den steuerpflichtigen Teil der Kapitalabfindung die Steuerermäßigung nach der Fünftelregelung (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 204, geändert mit BMF-Schreiben vom 10.1.2014, BStBl. 2014 I S. 70).

    Für ein Sterbegeld aus einem berufsständischen Versorgungswerk allerdings gewährt der BFH die Fünftelregelung nicht. Begründung: Hierbei handelt es sich nicht um eine für die Basisversorgung atypische Kapitalisierung von an sich laufend auszuzahlenden Rentenbezügen, sondern nur um eine untergeordnete Zusatzleistung zu den laufenden Rentenbezügen, die typischerweise nicht so hoch ausfällt, dass sie zu Progressionsnachteilen führt (BFH-Urteil vom 23.11.2016, X R 13/14, BFH/NV 2017 S. 445). Zudem hat der BFH mit diesem Urteil die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt: Das Sterbegeld aus einem berufsständischen Versorgungswerk ist mit dem Besteuerungsanteil als sonstige Einkünfte steuerpflichtig.

In voller Höhe steuerfrei dagegen sind

  • Witwen- und Witwerrentenabfindungen bei der ersten Wiederheirat (§ 3 Nr. 3 Bstb. c i.V.m. Bstb. a EStG), sowie

  • gemäß § 3 Nr. 3 Bstb. c i.V.m. Bstb. b EStG Beitragserstattungen unter bestimmten Voraussetzungen (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 205; geändert mit BMF-Schreiben vom 28.9.2021, BStBl. 2021 I S. 1831).

4.1.3 Nachgelagerte Besteuerung gilt nur für Leistungen aus der Basisversorgung

Die Besteuerung von Leistungen aus einem berufsständischen Versorgungswerk mit dem Besteuerungsanteil als sonstige Einkünfte gilt nur für Leistungen, die zur Basisversorgung gehören. Das hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil klargestellt. Interessant ist dieser Richterspruch vor allem für Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen, deren Satzungen in der Zeit vor 2005 neben der Basisversorgung noch eine davon getrennte Kapitalversorgung angeboten haben.

Der Fall: Ein Zahnarzt ist seit 1994 Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Zahnärztekammer Nordrhein (VZN). Neben der Beitragspflicht für eine Rentenversorgung bestand satzungsgemäß auch eine Beitragspflicht für eine Kapitalversorgung, die als kapitalbildende Lebensversicherung und als eigene Versorgungsart mit eigenem Abrechnungsverband im VZN ausgestaltet war. Im Gegensatz zu den Anwartschaften aus der Rentenversorgung sind die Anwartschaften aus der Kapitalversorgung grundsätzlich beleihbar, übertragbar, vererbbar und jederzeit mit einer Frist von drei Jahren auszahlbar. Aufgrund des spätestmöglichen Zugangsalters von 45 Jahren und des frühestmöglichen Leistungsbezugs mit 57 Jahren hatte diese Lebensversicherung stets eine Mindestlaufzeit von zwölf Jahren. Durch Satzungsänderung zum 1.1.2005 wurde die Kapitalversorgung abgeschafft. Die Mitgliedschaft in der Kapitalversorgung ist seitdem nur noch beitragsfrei möglich.

Nach der Kündigung seiner Kapitalversorgung erhielt der Zahnarzt im Jahr 2011 einen Betrag von 25.853,– € ausgezahlt. Finanzamt und Finanzgericht versteuerten diese Zahlung größtenteils mit einem Besteuerungsanteil von 62 % als sonstige Einkünfte (19,67 % des Betrags blieb im Rahmen der sog. Öffnungsklausel steuerfrei).

Dagegen hat der Steuerzahler erfolgreich beim Bundesfinanzhof geklagt. Die obersten Steuerrichter kamen zu dem Ergebnis, dass die Auszahlung aus der Kapitalversorgung keine Leistung aus der Basisversorgung eines berufsständischen Versorgungswerks ist. Denn anders als im Fall der Basisversorgung sind die Ansprüche aus der Kapitalversorgung beleihbar, übertragbar, vererbbar und jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündbar. Wesentliche Merkmale der Basisversorgung sind dagegen, dass die Renten erst bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze bzw. Erwerbsunfähigkeit gezahlt werden und als Entgeltersatzleistung in der Grundkonzeption der Lebensunterhaltssicherung dienen.

Deshalb wird die Kapitalauszahlung aus der von der Basisversorgung (Rentenversorgung) getrennten Kapitalversorgung, die als Kapitallebensversicherung ausgestaltet ist, nicht nach den Regeln für Leistungen aus der Basis-Altersversorgung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a EStG), sondern nach den Regeln für Erträge aus Kapitallebensversicherungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) besteuert.

Und da dieser Altvertrag (Vertragsabschluss vor dem 1.1.2005) die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 erfüllt (u.a. Mindestlaufzeit von zwölf Jahren), ist die Kapitalauszahlung nach § 52 Abs. 28 Satz 5 EStG in voller Höhe steuerfrei (BFH-Urteil vom 12.12.2017, X R 39/15, BStBl. 2018 II S. 579).

4.1.4 Öffnungsklausel sorgt ggf. für niedrigere Steuerlast

Auch bei Leistungen aus berufsständischen Versorgungswerken besteht die Möglichkeit, im Rahmen der sog. Öffnungsklausel zumindest einen Teil der Rente geringer zu besteuern (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. bb Satz 2 EStG; BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 238 bis 269).

Voraussetzung: Sie haben bis zum 31.12.2004 für mindestens zehn Jahre Beiträge über dem Betrag des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung (West) gezahlt. Maßgebend ist der Höchstbeitrag des Jahres, dem die Beiträge zuzurechnen sind.

Einbezogen werden sämtliche Beiträge an gesetzliche Rentenversicherungen, an die landwirtschaftliche Alterskasse und an berufsständische Versorgungseinrichtungen, die dem einzelnen Jahr zuzurechnen sind. Dabei werden auch Beiträge zu einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung sowie an Alterssicherungssysteme von internationalen Organisationen, die mit der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, berücksichtigt. Das gilt unabhängig davon, ob die sich daraus später ergebenden Renteneinkünfte in Deutschland steuerpflichtig sind (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 238 bis 269). Einbezogen werden Beiträge auch dann, wenn die daraus resultierende Auszahlungsphase noch nicht begonnen hat (BFH-Urteil vom 3.5.2017, X R 12/14, DB 2017 S. 2458).

Erfüllen Sie diese Voraussetzung, ist der Teil der Rente nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig, der auf den Beiträgen oberhalb des Höchstbeitrages beruht. Der andere Teil der Rente ist mit dem höheren Besteuerungsanteil steuerpflichtig. Soweit eine einmalige Leistung eines berufsständischen Versorgungswerks (z.B. Rentenabfindung, Sterbegeld) auf Beiträgen oberhalb des Höchstbeitrages beruht, ist sie steuerfrei (BFH-Urteil vom 23.10.2013, X R 11/12, BFH/NV 2014 S. 328; BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 256).

Als Nachweis über die gezahlten Beiträge müssen Sie Ihrer Steuererklärung einmalig eine Beitragsbescheinigung des Versorgungsträgers beifügen. Aus dieser muss sich ergeben, dass die Beiträge vor 2005 gezahlt wurden und welchem Jahr sie zugerechnet wurden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 247). Nicht fehlen darf zudem die Angabe, welcher Prozentanteil der Rente mit dem günstigeren Ertragsanteil steuerpflichtig ist.

Den bescheinigten Prozentanteil tragen Sie in die Zeile 10 (bis 2019: Zeile 11) auf der Vorderseite der Anlage R ein. Dadurch haben Sie in der Regel den für die Anwendung der Öffnungsklausel erforderlichen Antrag gestellt. Die endgültige Entscheidung über den Ansatz der Öffnungsklausel trifft zwar das Finanzamt. In der Regel geht die Finanzverwaltung aber davon aus, dass der Versorgungsträger dies zutreffend ermittelt hat. Der bescheinigte Prozentsatz gilt dann ohne weitere Nachweise auch in den Folgejahren. Sie haben aber die Möglichkeit, einen geänderten Prozentsatz nachzuweisen (Verfügung der OFD Frankfurt vom 27.1.2016, Az. S 2255 A - 37 - St 220).

Haben Sie Beiträge an mehr als eine berufsständische Versorgungseinrichtung gezahlt, können Sie bestimmen, welcher Einrichtung die Beiträge bis zum jeweiligen Höchstbeitrag vorrangig zuzuordnen sind. Die Versorgungswerke müssen dann entsprechend dieser Zuordnung den Teil der Leistung ermitteln, der auf Beiträgen beruht, die jährlich isoliert betrachtet oberhalb des Höchstbeitrags gezahlt wurden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 252).

Haben Sie Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung und an berufsständische Versorgungseinrichtungen entrichtet, werden die Beiträge bis zum jeweiligen Höchstbeitrag vorrangig der gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet. Diese Zuordnung bewirkt, dass die Öffnungsklausel vorrangig auf die Rente aus der berufsständischen Versorgungseinrichtung angewandt wird. Diese muss dann den Teil der Leistung ermitteln, der auf Beiträgen beruht, die jährlich isoliert betrachtet oberhalb des Höchstbeitrags gezahlt wurden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 253; BFH-Urteil vom 17.11.2015, X R 40/13, BFH/NV 2016 S. 388).

Der BFH hält die Öffnungsklausel für verfassungsgemäß (BFH-Urteil vom 4.2.2010, X R 58/08, BStBl. 2011 II S. 579, nochmals bestätigt mit BFH-Beschluss vom 8.10.2013, X B 217/12, BFH/NV 2014 S. 41). Aber: »Unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen der sog. Öffnungsklausel, die der Vermeidung einer gesetzlich vermuteten Doppelbesteuerung dient, muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, ob generell das Verbot der Doppelbesteuerung beachtet worden ist« (BFH-Urteil vom 18.5.2010, X R 1/09, BFH/NV 2010 S. 1803).

4.2 Renten aus der landwirtschaftlichen Alterskasse

Die Renten wegen Alters, wegen Erwerbsminderung und wegen Todes nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) werden wie Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung seit 2005 mit dem höheren Besteuerungsanteil nachgelagert besteuert.

Die Ausführungen zu den Steuerregeln für gesetzliche Renten gelten für diese Renten entsprechend.

In voller Höhe steuerfrei dagegen sind (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 201):

  • Sachleistungen nach dem ALG (§ 3 Nr. 1 Bstb. b EStG),

  • Geldleistungen nach den §§ 10, 36–39 ALG (§ 3 Nr. 1 Bstb. c EStG),

  • Beitragserstattungen nach den §§ 75, 117 ALG (§ 3 Nr. 3 Bstb. b EStG).

4.3 Renten aus einer privaten Rürup-Rente (Basisrente)

Die ebenfalls in den Zeilen 4 bis 9 (bis 2019: Zeilen 5 bis 10) der Anlage R berücksichtigten, als »Leibrenten/Leistungen ... aus eigenen zertifizierten Basisrentenverträgen« bezeichneten Rürup-Renten sind die vierte und letzte Rentenart im Bunde der nachgelagert besteuerten Renten.

Die Rürup-Rente, auch Basisrente genannt, ist eine private Rentenversicherung, die bestimmte Bedingungen erfüllen muss, damit die Beiträge als Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich abziehbar sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Bstb. b EStG). Erfüllt ein Vertrag diese Voraussetzungen, wird er vom Bundeszentralamt für Steuern als Basisrentenvertrag zertifiziert.

Anders als die »normale« private Rentenversicherung wird diese Rente steuerlich wie die gesetzliche Rente behandelt, da die Beiträge hierfür als Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich begünstigt absetzbar sind.

Die Ausführungen zur Besteuerung von gesetzlichen Renten gelten für Renten und andere Leistungen aus einer privaten Rürup-Rente (Basisrente) entsprechend. Dabei spielt es keine Rolle, inwieweit Ihre Beiträge in der Ansparphase tatsächlich als Altersvorsorgeaufwendungen steuerlich abzugsfähig waren.

Mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig sind alle Leistungen aus einem Rürup-Vertrag und somit auch

  • Zusatzleistungen aus einem Rürup-Vertrag (Basisrente-Alter), wie eine Berufsunfähigkeitsrente und/oder eine Hinterbliebenenrente;

  • Leistungen aus einem eigenständigen Vertrag zur Absicherung gegen den Eintritt einer verminderten Erwerbsfähigkeit, ggf. verbunden mit einer Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit (Basisrente-Erwerbsminderung).

Je später die Rente beginnt, umso höher ist der für die Rente maßgebende Besteuerungsanteil. Wird die Rürup-Rente bereits seit dem Jahr 2012 ausgezahlt, beträgt der Besteuerungsanteil 64 %, bei Rentenbeginn in 2018 76 %. Je nach Jahr des Rentenbeginns steigt der Besteuerungsanteil bis zum Jahr 2020 um zwei Prozentpunkte jährlich auf 80 % und danach jährlich um einen Prozentpunkt. Bei Rentenbeginn nach 2039 müssen Sie die Rentenzahlungen voll versteuern.

Die Regeln zur Ermittlung des Rentenfreibetrags gelten entsprechend wie bei der gesetzlichen Rente. Da der Rentenfreibetrag im Jahr nach dem Rentenbeginn als absoluter Betrag festgeschrieben wird, sind also spätere aus regelmäßigen Rentenanpassungen resultierende Erhöhungsbeträge der Rürup-Rente in den Folgejahren in voller Höhe steuerpflichtig.

Was passiert, wenn Sie einen Rürup-Vertrag ändern?

  • Wandeln Sie – entgegen der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarungen – Ihren Rürup-Vertrag in eine »normale« Lebensversicherung um, die die Voraussetzungen für eine Rürup-Rente nicht erfüllt, liegt steuerlich ein neuer Vertrag vor. Der Wert der Ansprüche aus dem alten Vertrag, der auf den neuen Vertrag angerechnet wird, ist im Zeitpunkt der Umwandlung mit dem für dieses Jahr maßgeblichen Besteuerungsanteil steuerpflichtig.

    In bestimmten Fällen kann es allerdings vorkommen, dass das Finanzamt einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten unterstellt, etwa bei Umwandlung kurz nach Vertragsabschluss ohne erkennbaren sachlichen Grund. Dann wird nicht die angerechnete Versicherungsleistung besteuert, sondern der Sonderausgabenabzug der Vorjahre rückgängig gemacht (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 210).

  • Übertragen Sie dagegen Ihre Ansprüche aus einem Rürup-Vertrag unmittelbar auf einen anderen eigenen zertifizierten Rürup-Vertrag, hat dies für Sie steuerlich keine Auswirkungen: Die Übertragung ist steuerfrei nach § 3 Nr. 55d EStG (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 211).

5. Private Renten

5.1 Renten aus privaten Versicherungen

5.1.1 Meist gilt der günstige Ertragsanteil

Grundsätzliches

Anders als Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden Leibrenten aus privaten Versicherungen meist mit dem günstigen Ertragsanteil besteuert (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. bb EStG). Dazu gehören zum Beispiel

  • Renten aus einer privaten Rentenversicherung,

  • Renten aus einer privaten Unfallversicherung,

  • Renten aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung.

In der Regel sind Rentenzahlungen aus einer privaten Versicherung an das Leben einer Person gebunden. Es handelt sich deshalb um sogenannte Leibrenten. Je nach Zeitdauer der Rente gibt es zwei verschiedene Rentenarten:

  • Die (lebenslange) Leibrente wird so lange gezahlt, wie der Rentenbezieher oder eine andere Person lebt.

  • Die abgekürzte Leibrente ist zwar auch an das Leben des Rentenbeziehers oder einer anderen Person gebunden, wird aber nur für eine bestimmte Dauer gezahlt. Dazu gehören zum Beispiel eine private Erwerbsminderungsrente oder eine Waisenrente aus einer privaten Versicherung.

Nicht mit dem Ertragsanteil besteuert werden Rentenzahlungen aus einer privaten Versicherung, (bei einer Riester-Rente soweit) deren eingezahlte Beiträge steuerlich begünstigt sind (Abzug als Altersvorsorgeaufwendungen oder Riester-Förderung). Das sind Rentenzahlungen aus einer

  • privaten Riester-Rente und aus einer

  • privaten Rürup-Rente/Basisrente.

Anlage R richtig ausfüllen

Auch Renten aus privaten Versicherungen, die nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig sind, werden vom Versicherer dem Finanzamt elektronisch gemeldet und in den Zeilen 13 bis 18 der Anlage R berücksichtigt. Dort wird jede Rente einzeln berücksichtigt mit dem jeweiligen Jahres(brutto)rentenbetrag. Zum Rentenbetrag in Zeile 13 gehören auch im betreffenden Kalenderjahr erhaltene Rentennachzahlungen.

Erhalten Sie eine Rentennachzahlung für mehrere vorangegangene Jahre (also nicht nur für ein Kalenderjahr), muss der Nachzahlungsbetrag (ohne die Nachzahlung für das Jahr der Steuererklärung) zusätzlich in Zeile 18 angegeben sein. Denn dann prüft das Finanzamt, ob die Nachzahlung nach der sog.  Fünftelregelung steuerbegünstigt ist (R 34.4 Abs. 1 Satz 2 EStR): Der steuerpflichtige Ertragsanteil des begünstigten Nachzahlungsbetrages wird durch fünf geteilt, die Steuer für dieses Fünftel berechnet und der so ermittelte Steuerbetrag dann verfünffacht. Dadurch wird die Mehrbelastung durch den progressiven Steuertarif gemildert.

Der Beginn der Rente wird in Zeile 14 berücksichtigt. Diese Angabe ist wichtig. Denn danach errechnet das Finanzamt den steuerpflichtigen Ertragsanteil. Rentenbeginn ist der Zeitpunkt, ab dem die Rente (ggf. nach rückwirkender Zubilligung) tatsächlich bewilligt wird, also versicherungsrechtlich zu laufen beginnt. Auch bei Rentennachzahlungen ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Rentenanspruch entstanden ist. Wann der Rentenantrag gestellt wurde oder die erste Zahlung erfolgte, spielt keine Rolle. Auch die Verjährung von Rentenansprüchen hat auf den »Rentenbeginn« keinen Einfluss (H 22.4 (Beginn der Rente) EStH 2022).

Erhalten Sie eine abgekürzte Leibrente, wird in Zeile 17 der Zeitpunkt angegeben, an dem die Rente voraussichtlich endet. Achten Sie darauf, dass dieses Datum stimmt. Denn davon hängt die voraussichtliche Laufzeit und damit die Höhe des steuerpflichtigen Ertragsanteils ab.

So ermittelt das Finanzamt den steuerpflichtigen Ertragsanteil

Die Beiträge für diese nicht zur Basisaltersversorgung gehörenden privaten Rentenversicherungen sind nicht als Altersvorsorgeaufwendungen absetzbar und wurden somit aus größtenteils versteuertem Einkommen eingezahlt. Demzufolge müssen Sie bei Auszahlung der Rente nur den Ertrag des Rentenrechts, also den ab Beginn der Auszahlungsphase im Rentenbetrag enthaltenen Zinsanteil versteuern.

Dieser steuerpflichtige Teil der Rente wird als Ertragsanteil bezeichnet und vom Gesetzgeber pauschal festgelegt in zwei Tabellen:

Diese Tabellen gelten für alle Rentenzahlungen ab 1.1.2005, auch wenn die Rente schon früher begonnen hat. Zum Beispiel beträgt der Ertragsanteil einer lebenslangen Leibrente bei Rentenbeginn mit 65 Jahren immer 18 %.

5.1.2 Lebenslange Leibrenten – Tabelle 1

Bei lebenslangen Leibrenten hängt die Höhe des steuerpflichtigen Ertragsanteils vom Lebensalter bei Rentenbeginn ab. Dabei gilt: Je früher die Rente beginnt, desto länger ist (statistisch gesehen) Ihre Lebenserwartung und damit die Laufzeit Ihrer Rente. Und umso höher ist folglich der Ertragsanteil.

Tabelle 1 (§ 22 EStG): Ertragsanteile von lebenslangen Leibrenten

Vollendetes Lebensjahr bei Rentenbeginn

Ertragsanteil

Vollendetes Lebensjahr bei Rentenbeginn

Ertragsanteil

Vollendetes Lebensjahr bei Rentenbeginn

Ertragsanteil

0 bis 1

59 %

38

39 %

64

19 %

2 bis 3

58 %

39 bis 40

38 %

65 bis 66

18 %

4 bis 5

57 %

41

37 %

67

17 %

6 bis 8

56 %

42

36 %

68

16 %

9 bis 10

55 %

43 bis 44

35 %

69 bis 70

15 %

11 bis 12

54 %

45

34 %

71

14 %

13 bis 14

53 %

46 bis 47

33 %

72 bis 73

13 %

15 bis 16

52 %

48

32 %

74

12 %

17 bis 18

51 %

49

31 %

75

11 %

19 bis 20

50 %

50

30 %

76 bis 77

10 %

21 bis 22

49 %

51 bis 52

29 %

78 bis 79

9 %

23 bis 24

48 %

53

28 %

80

8 %

25 bis 26

47 %

54

27 %

81 bis 82

7 %

27

46 %

55 bis 56

26 %

83 bis 84

6 %

28 bis 29

45 %

57

25 %

85 bis 87

5 %

30 bis 31

44 %

58

24 %

88 bis 91

4 %

32

43 %

59

23 %

92 bis 93

3 %

33 bis 34

42 %

60 bis 61

22 %

94 bis 96

2 %

35

41 %

62

21 %

ab 97

1 %

36 bis 37

40 %

63

20 %

Zu den lebenslangen Leibrenten gehören zum Beispiel die Rente aus einer privaten Lebensversicherung oder die umlagefinanzierte Zusatzversorgungsrente nach dem öffentlichen Dienst, die neben der gesetzlichen Altersrente gezahlt wird.

Solange es sich um die gleiche Rente handelt, bleibt der einmal festgelegte Ertragsanteil auch in den Folgejahren immer gleich. Er ändert sich allenfalls dann, wenn aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung neue Tabellen gelten.

Setzt der Rentenbeginn die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres voraus und wird die Rente schon von Beginn des Monats an gezahlt, in dem dieses Lebensjahr vollendet wird, können Sie dieses günstigere Lebensjahr ansetzen (R 22.4 Abs. 3 EStR 2012).

Hängt die Laufzeit der Rente von der Lebenszeit einer anderen Person ab, ist das bei Rentenbeginn vollendete Lebensjahr dieser Person maßgebend (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 EStDV).

Ist die Rente an das Leben mehrerer Personen gebunden, gilt Folgendes: Maßgebend ist das bei Rentenbeginn vollendete Lebensjahr der ältesten Person, wenn das Rentenrecht mit dem Tod des zuerst Sterbenden erlischt, und das Lebensjahr der jüngsten Person, wenn das Rentenrecht mit dem Tod des zuletzt Sterbenden erlischt (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 EStDV).

5.1.3 Abgekürzte Leibrenten – Tabelle 2

Eine abgekürzte Leibrente ist eine Rente, die an das Leben des Rentenbeziehers (oder einer anderen Person) gebunden ist, aber nur für eine bestimmte Dauer gezahlt wird. Dazu gehört zum Beispiel die private Berufsunfähigkeitsrente.

Auch abgekürzte Leibrenten sind nur in Höhe des Ertragsanteils steuerpflichtig. Der Ertragsanteil wird in einer eigenen Tabelle abgelesen – Tabelle 2 (§ 55 Abs. 2 EStDV). Auch diese Tabelle gilt für alle Rentenzahlungen ab 2005.

Der steuerpflichtige Ertragsanteil hängt von der voraussichtlichen Laufzeit der Rente ab. Je länger die Laufzeit Ihrer Rente ist, desto höher ist der Ertragsanteil.

In Tabelle 2 ist die Laufzeit in vollen Jahren angegeben. Meist aber beträgt die Laufzeit von abgekürzten Leibrenten nicht volle Jahre. In diesen Fällen wird zu Ihren Gunsten die Laufzeit auf volle Jahre abgerundet (R 22.4 Abs. 4 EStR 2012).

Tabelle 2 (§ 55 EStDV): Ertragsanteile von abgekürzten Leibrenten

Beschränkung der Laufzeit der Rente auf ... Jahre ab Beginn des Rentenbezugs

Der Ertragsanteil beträgt (vorbehaltlich der Spalte 3)

Der Ertragsanteil wird nach Tabelle 1 ermittelt, wenn Sie zu Rentenbeginn das ...(s)te Lebensjahr vollendet haben

Beschränkung der Laufzeit der Rente auf ... Jahre ab Beginn des Rentenbezugs

Der Ertragsanteil beträgt (vorbehaltlich der Spalte 3)

Der Ertragsanteil wird nach Tabelle 1 ermittelt, wenn Sie zu Rentenbeginn das ...(s)te Lebensjahr vollendet haben

1

2

3

1

2

3

1

0 %

entfällt

32

32 %

49

2

1 %

entfällt

33

33 %

48

3

2 %

97

34

34 %

46

4

4 %

92

35–36

35 %

45

5

5 %

88

37

36 %

43

6

7 %

83

38

37 %

42

7

8 %

81

39

38 %

41

8

9 %

80

40–41

39 %

39

9

10 %

78

42

40 %

38

10

12 %

75

43–44

41 %

36

11

13 %

74

45

42 %

35

12

14 %

72

46–47

43 %

33

13

15 %

71

48

44 %

32

14–15

16 %

69

49–50

45 %

30

16–17

18 %

67

51–52

46 %

28

18

19 %

65

53

47 %

27

19

20 %

64

54–55

48 %

25

20

21 %

63

56–57

49 %

23

21

22 %

62

58–59

50 %

21

22

23 %

60

60–61

51 %

19

23

24 %

59

62–63

52 %

17

24

25 %

58

64–65

53 %

15

25

26 %

57

66–67

54 %

13

26

27 %

55

68–69

55 %

11

27

28 %

54

70–71

56 %

9

28

29 %

53

72–74

57 %

6

29–30

30 %

51

75–76

58 %

4

31

31 %

50

77–79

59 %

2

mehr als 80

der Ertragsanteil ist immer Tabelle 1 zu entnehmen

Manchmal wird der Ertragsanteil nicht Tabelle 2, sondern Tabelle 1 entnommen. Das ist der Fall, wenn der Rentenbezieher nach seiner voraussichtlichen Lebenserwartung schon vor dem Ende der Renten-Laufzeit stirbt. Dann wird abhängig vom Alter bei Rentenbeginn zu seinen Gunsten der niedrigere Ertragsanteil aus Tabelle 1 herangezogen. Halten Sie sich an die Anweisung von Spalte 3, kommen Sie immer zum richtigen Ergebnis.

Beispiel:

Herr Sell erhält eine private Rente auf Lebenszeit, höchstens jedoch 20 Jahre lang. Es handelt sich also um eine abgekürzte Leibrente.

Bei Beginn der Rente im Jahr 2019 ist er 65 Jahre alt. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren weist Tabelle 2 in Spalte 2 einen Ertragsanteil von 21 % aus. Laut Anweisung in Spalte 3 ist jedoch bei einem Alter von mindestens 63 Jahren der Ertragsanteil Tabelle 1 zu entnehmen. Der steuerpflichtige Ertragsanteil beträgt deshalb nur 18 %.

5.1.4 Renten aus einer privaten Rentenversicherung

Renten aus einer privaten Rentenversicherung zählen in der Regel zu den lebenslangen Leibrenten, da sie ab einem bestimmten Alter regelmäßig und lebenslänglich an eine Person gezahlt werden. Die Zahlungen sind deshalb nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. bb EStG nur in Höhe des Ertragsanteils steuerpflichtig (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 212).

Der Ertragsanteil berechnet sich nach dem Lebensalter bei Rentenbeginn. Ablesen können Sie den Ertragsanteil in Tabelle 1.

Die wichtigsten Ertragsanteile von Tabelle 1 auf einen Blick

Lebensalter bei Rentenbeginn

steuerpflichtiger Ertragsanteil

55

26 %

60 bis 61

22 %

62

21 %

63

20 %

64

19 %

65 bis 66

18 %

67

17 %

Der steuerpflichtige Ertragsanteil gilt für den gesamten ausgezahlten Rentenbetrag, also Garantie- und Überschussanteil (BMF-Schreiben vom 26.11.1998, BStBl. 1998 I S. 1508). Mit der Überschussbeteiligung in Form einer Bonusrente wird kein neues Rentenrecht begründet (H 22.4 (Überschussbeteiligung) EStH 2022; BFH-Urteil vom 22.8.2012, X R 47/09, BStBl. 2013 II S. 158). Erhalten Sie neben der Grundrente Überschussbeteiligungen in Form einer Bonusrente, ist also der gesamte Auszahlungsbetrag mit einem einheitlichen Ertragsanteil steuerpflichtig (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 213).

Beispiel:

Pensionär Böhm erhält seit seinem 63. Geburtstag eine Rente aus einer privaten Rentenversicherung i.H.v. 500,– € monatlich. Das ergibt in 2022 eine Jahresrente von 6.000,– €. Durch Überschussbeteiligungen erhält er zusätzlich eine Bonusrente. Dadurch steigt die Jahresrente in 2023 auf 6.400,– €. Er muss versteuern:

im Jahr 2022:

6.000,– €, davon 20 % =

1.200,– €

Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

1.098,– €

im Jahr 2023:

6.400,– €, davon 20 % =

1.280,– €

Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

1.178,– €

Hängt die Laufzeit der Rente (auch) von der Lebenszeit einer anderen Person ab, tragen Sie in Zeile 15 das Geburtsdatum und in Zeile 16 der Anlage R den Namen dieser Person ein.

Wird die Leibrente nach dem Tod der versicherten Person (meist der Erblasser) während einer Rentengarantiezeit weitergezahlt, ist die Rente beim Bezugsberechtigten mit dem bisherigen Ertragsanteil steuerpflichtig (BMF-Schreiben vom 1.10.2009, BStBl. 2009 I S. 1172 Rz. 20). Deshalb trägt bei diesen Garantiezeitrenten der Rentenbezieher das Geburtsdatum der verstorbenen versicherten Person in Zeile 15 der Anlage R ein. Wählt der Bezugsberechtigte unmittelbar nach dem Tod der versicherten Person statt der Rente eine Abfindung, ist diese steuerfrei.

Für Renten aus einer privaten Rentenversicherung, die nicht lebenslang, sondern als abgekürzte Leibrente mit fest vereinbarter Rentenzahlungsdauer ausgezahlt werden, gilt die Besteuerung mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte nur noch, wenn es sich um einen Altvertrag (Vertragsabschluss vor 2005) handelt (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 214).

BFH-Urteil zur Besteuerung von Renten aus einem Altvertrag mit Kapitalwahlrecht

Der Bundesfinanzhof hat in einem entschiedenen Fall der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 1.10.2009, BStBl. 2009 I S. 1172 Rz. 19) widersprochen: Rentenzahlungen, die auf einem vor 2005 abgeschlossenen und begünstigten Versicherungsvertrag i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Bstb. b EStG 2004 beruhen (sog. Altvertrag), sind insgesamt den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 zuzuordnen. Sie sind somit unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerfrei, soweit die Summe der ausgezahlten Rentenbeträge das in der Ansparzeit angesammelte Kapitalguthaben einschließlich der Überschussanteile nicht übersteigt (BFH-Urteil vom 1.7.2021, VIII R 4/18, DStR 2021 S. 2341).

Der Fall: Der Steuerzahler schloss am 1.8.1998 einen privaten Rentenversicherungsvertrag mit Kapitalwahlrecht ab. Als Rentenbeginn war der 1.8.2010 vereinbart. Statt laufender Rentenzahlungen konnte er eine einmalige Ablaufleistung verlangen (Kapitalwahlrecht). Die während der Ansparphase von der Versicherung erzielten Überschüsse wurden jeweils am Ende des Versicherungsjahres zugeteilt und verzinslich gutgeschrieben. Sie sollten bei Ausübung des Kapitalwahlrechts zur Erhöhung der Ablaufleistung bzw. bei Bezug von Rentenleistungen zur Finanzierung der Mindestüberschussrente und einer garantierten Bonusrente verwendet werden. Ab 1.8.2010 erhielt der Steuerzahler aus dieser Versicherung lebenslang eine monatliche Rente, die das Finanzamt mit einem Ertragsanteil von 27 % als sonstige Einkünfte versteuern wollte. Zu Unrecht, wie der BFH nun entschieden hat.

Begründung: Bei dem abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag handelt es sich um eine Versicherung »auf den Erlebensfall« i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004, deren Beitragszahlungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Bstb. b Doppelbstb. cc EStG 2004 als Sonderausgaben (Vorsorgeaufwendungen) abzugsfähig waren. Da eine laufende Beitragsleistung von mindestens fünf Jahren vereinbart war und das Kapitalwahlrecht nicht vor Ablauf von zwölf Jahren ab Vertragsbeginn ausgeübt werden konnte, handelt es sich um einen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 begünstigten Versicherungsvertrag. Diese Steuerbefreiung ist – anders als das Finanzamt meint – nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Versicherungsleistung nicht durch eine Einmalzahlung, sondern als Rentenzahlung erbracht wird.

Der BFH rechnet die gesamte Rentenzahlung (Garantierente, Überschussbeteiligung und Zinsanteile) einheitlich den Einkünften aus Kapitalvermögen zu. Dies führt dazu, dass nicht nur die in der Ansparphase erwirtschafteten, sondern auch die in der Auszahlungsphase in den Rentenzahlungen enthaltenen Zinsanteile nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerfrei sind, soweit die Summe der ausgezahlten Rentenbeträge das in der Ansparzeit angesammelte Kapitalguthaben einschließlich der Überschussanteile nicht übersteigt. Dieser Paragraf findet auf Kapitalerträge aus Versicherungsverträgen, die vor dem 1.1.2005 abgeschlossen worden sind, weiterhin Anwendung (§ 52 Abs. 28 Satz 5 EStG).

Die Finanzverwaltung hat sich bislang noch nicht zu dem Urteil geäußert.

Abgrenzung zu Einnahmen aus Kapitalvermögen bei Neuverträgen

Der Ertragsanteil erfasst pauschal nur die Zinsen, die in der Auszahlungsphase aufgrund der zeitlichen Streckung entstehen. Dagegen bleiben die in der Ansparphase bzw. Aufschubphase entstandenen Erträge steuerfrei.

Die Anforderungen an die günstige Besteuerung als sonstige Einkünfte mit dem Ertragsanteil wurden deshalb verschärft: Bei nach dem 31.12.2004 abgeschlossenen Rentenversicherungen (Neuverträge) muss eine lebenslange Rentenzahlung vereinbart und erbracht werden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 212). Es muss sich um gleichbleibende oder steigende wiederkehrende Bezüge handeln, die zeitlich unbeschränkt für die Lebenszeit der versicherten Person (lebenslange Leibrente) vereinbart werden.

Nicht mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte steuerpflichtig sind deshalb

  • Leibrenten mit einer vertraglich vereinbarten Höchstlaufzeit (abgekürzte Leibrenten);

  • wiederkehrende Bezüge, die nicht auf die Lebenszeit, sondern auf eine festgelegte Dauer gezahlt werden (Zeitrenten).

  • Leibrenten mit einer vertraglich vereinbarten Mindestlaufzeit (verlängerte Leibrenten), bei denen die Rentengarantiezeit über die auf volle Jahre aufgerundete verbleibende mittlere Lebenserwartung der versicherten Person bei Rentenbeginn hinausgeht (BMF-Schreiben vom 1.10.2009, BStBl. 2009 I S. 1172 Rz. 20).

Leistungen aus solchen Versicherungsverträgen gehören wie die Erträge aus einer Kapital-Lebensversicherung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu den  Einkünften aus Kapitalvermögen . Als steuerpflichtige Einnahme gilt grundsätzlich die ausgezahlte Versicherungsleistung abzüglich der anteilig darauf eingezahlten Beiträge. Die steuerpflichtigen Erträge unterliegen der Abgeltungsteuer.

Endet die Rentenzahlung vorzeitig

  • wegen Tod der versicherten Person, ist eine Zahlung zur Abfindung einer Rentengarantiezeit steuerfrei;

  • wegen Kündigung des Vertrags, ist eine Zahlung zur Abfindung des Rentenanspruchs steuerpflichtig als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG.

Diese Besteuerungsgrundsätze gelten für

  • Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, die nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden bzw. werden (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG).

  • Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht, die nach dem 31.12.2006 abgeschlossen wurden bzw. werden (§ 52 Abs. 28 Satz 6 EStG).

Sofort beginnende Rentenversicherungen gegen Einmalbeitrag (sogenannte »Sofort-Renten«) zählen zu den Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht:

  • Sieht der Vertrag eine lebenslange Leibrente vor, ist die Rentenzahlung mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig.

  • Sieht der Vertrag andere Leistungsversprechen vor, wie zum Beispiel eine abgekürzte Leibrente, ist die Versicherungsleistung als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu besteuern.

Auszahlungen aus einer Sofort-Rente mit fondsgebundener Kapitalanlage sind mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig. Voraussetzung: Die Gewährung einer lebenslangen Rente in Höhe eines bestimmten Geldbetrages ist vereinbart und ein Sinken des Rentenzahlbetrages ist ausgeschlossen. Das gilt auch, wenn die Rentenzahlung erst nach einer vereinbarten Aufschubzeit einsetzt (BMF-Schreiben vom 17.4.2008, Az. IV C 8 - S 2255/08/10005).

Für nach dem 30.6.2010 abgeschlossene Rentenversicherungsverträge hat die Finanzverwaltung die Bedingungen für eine Besteuerung mit dem Ertragsanteil nochmals erweitert:

  • Es muss bei Vertragsabschluss ein konkreter Rentenbetrag festgelegt oder Rentenfaktor garantiert werden, der auf das am Ende der Anspar- bzw. Aufschubphase angesparte Kapital angewandt wird. Der garantierte Rentenbetrag/Rentenfaktor oder die Beiträge dürfen gemäß § 163 VVG angepasst werden (BMF-Schreiben vom 1.10.2009, BStBl. 2009 I S. 1172 Rz. 3a).

  • Der Zeitraum zwischen dem vereinbarten spätesten Rentenbeginn und der mittleren Lebenserwartung der versicherten Person muss mehr als 10 % der bei Vertragsabschluss verbliebenen Lebenserwartung betragen (BMF-Schreiben vom 1.10.2009, BStBl. 2009 I S. 1172 Rz. 3c).

    Beispiel:

    Herr Weidinger ist als versicherte Person bei Vertragsabschluss 30 Jahre alt und hat eine mittlere Lebenserwartung von 82 Jahren. Die verbleibende Lebenserwartung beträgt 52 Jahre, davon 10 % sind 5,2 Jahre. Ein vereinbarter Rentenbeginn mit (aufgerundet) 77 Jahren wird vom Finanzamt noch akzeptiert.

Risikoversicherungen

Grundsätzlich keine steuerpflichtigen Kapitaleinnahmen fallen an bei Leistungen aus reinen Risikoversicherungen, also Versicherungen ohne Sparanteil.

Die ausgezahlte Versicherungssumme einer Risikolebensversicherung ist deshalb einkommensteuerfrei.

Renten aus privaten Unfallversicherungen ohne garantierte Beitragsrückzahlung sowie – sofern es sich nicht um eine Rürup-Rente bzw. Basisrente handelt – Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen sind in der Regel nur mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte steuerpflichtig, auch wenn es sich um eine abgekürzte Leibrente handelt. Das gilt für Neu- und Altverträge gleichermaßen.

Private Hinterbliebenenversorgung

Möglich ist auch eine private Hinterbliebenenversorgung, indem eine Witwen- oder Waisenrente für den Fall des Todes der versicherten Person vereinbart wird.

Die Witwenrente auf Lebenszeit ist eine lebenslange Leibrente und deshalb mit dem Ertragsanteil nach Tabelle 1 zu versteuern. Entscheidend für die Höhe des Ertragsanteils ist hier das Alter der Witwe zu Beginn der Witwenrente. Das gilt entsprechend für eine Witwerrente.

Ist die Rente an das Leben des Rentenbeziehers gebunden, wird aber nur für eine bestimmte Dauer ausgezahlt, handelt es sich um eine abgekürzte Leibrente. Dazu zählt beispielsweise die Waisenrente, die bis zu einem bestimmten Höchstalter des Kindes ausgezahlt wird. Der steuerpflichtige Ertragsanteil errechnet sich bei abgekürzten Leibrenten nach der voraussichtlichen Laufzeit der Rente und wird laut Tabelle 2 ermittelt. Das gilt für Alt- wie Neuverträge.

5.1.5 Berufsunfähigkeitsrente

Renten aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung oder Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung sind i.d.R. abgekürzte Leibrenten: Die Rentenzahlung beginnt bei Eintritt der Berufsunfähigkeit und wird so lange gezahlt, wie die versicherte Person lebt und berufsunfähig ist, längstens bis zum Ablauf des Versicherungsvertrages.

Der steuerpflichtige Ertragsanteil richtet sich nach der voraussichtlichen Laufzeit bei Rentenbeginn und wird in Tabelle 2 abgelesen. Die voraussichtliche Laufzeit ist grundsätzlich der Zeitraum vom Eintritt des Versicherungsfalls – die Berufsunfähigkeit – bis zum vertraglich vereinbarten Ablauf der Versicherungslaufzeit, zum Beispiel das 55. Lebensjahr.

Beispiel:

Herr Schumann (geboren am 25.1.1985) hatte in 2023 einen Unfall und bezieht seit 1.8.2023 bis zu seinem 55. Lebensjahr eine private Berufsunfähigkeitsrente von 850,– € monatlich. Laut Tabelle 2 beträgt in diesem Fall der Ertragsanteil 18 %, da die voraussichtliche Laufzeit der Rente abgerundet 16 Jahre beträgt. Herr Schumann muss also 18 % seiner Rente als sonstige Einkünfte versteuern.

Häufig findet etwa alle zwei bis vier Jahre eine medizinische Untersuchung statt, nach deren Ergebnis der Versicherer neu darüber entscheidet, ob die Rente weiterhin gezahlt wird. Berechnet sich in diesen Fällen die Höhe des Ertragsanteils nach der gesamten Versicherungslaufzeit ab Rentenbeginn oder aber nach der – steuerlich wesentlich günstigeren – kürzeren Laufzeit bis zum nächsten Überprüfungstermin?

Der Bundesfinanzhof hat diese Frage leider zuungunsten der Steuerzahler beantwortet: Auch in diesen Fällen bemisst sich die maßgebende »voraussichtliche Laufzeit« grundsätzlich nach dem Zeitraum zwischen dem Eintritt der Berufsunfähigkeit und dem voraussichtlichen Ablauf der Versicherung (BFH-Urteil vom 9.2.2005, X R 11/02, BFH/NV 2005 S. 1053).

Wird eine Berufsunfähigkeitsrente versehentlich über das Ende der vertraglichen Laufzeit hinaus gezahlt, sind nach Auffassung eines Finanzgerichts diese nach Ende der Laufzeit ohne Rechtsgrund geleisteten Rentenzahlungen nicht mit dem günstigen Ertragsanteil, sondern als wiederkehrende Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG in voller Höhe steuerpflichtig (FG Baden-Württemberg vom 15.1.2016, 13 K 1813/14, EFG 2016 S. 554).

Neuerdings gehen im Rahmen bestehender Verträge die Versicherungsunternehmen im Versicherungsfall vermehrt dazu über, den betroffenen Versicherten eine Abfindung der Versicherungsansprüche anzubieten: Durch die Zahlung eines Einmalbetrages werden sämtliche Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag abgegolten. Diese Vergleichs- bzw. Abstandszahlung aus dem bestehenden Vertrag einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung führt nicht zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften. Das hat die Finanzverwaltung erfreulicherweise klargestellt (Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein, ESt-Kurzinfo Nr. 2019/23 vom 26.11.2019, VI 303-S 2255–212).

Bitte beachten Sie: Diese Ausführungen gelten nicht für Berufsunfähigkeitsversicherungen, deren Beiträge im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge steuerfrei einbezahlt bzw. deren Beiträge im Rahmen einer privaten Rürup-Rente (Basisrente) als Altersvorsorgeaufwendungen abgesetzt wurden.

5.1.6 Rente aus einer privaten Unfallversicherung

Im Gegensatz zu den Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, die steuerfrei sind, werden Rentenzahlungen aus einer von Ihnen abgeschlossenen privaten Unfallversicherung mit dem Ertragsanteil versteuert. Im Wesentlichen handelt es sich bei einer privaten Unfallrente um eine Rente auf Lebenszeit, also um eine lebenslange Leibrente. Den entsprechenden Ertragsanteil finden Sie in Tabelle 1.

Auch eine Invaliditätsrente aus einer privaten Unfallversicherung ist mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig. Sie ist nicht mit einer steuerfreien Schadensersatz-Mehrbedarfsrente nach § 843 Abs. 1 2. Alternative BGB vergleichbar. Denn die Gewährung der Invaliditätsrente setzt nur voraus, dass eine Krankheit zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit des Versicherten führt. Hingegen ist die Feststellung eines konkreten krankheitsbedingten Mehrbedarfs nicht Voraussetzung für die Rentenzahlung (BFH-Beschluss vom 12.4.2011, X B 132/10, BFH/NV 2011 S. 1136).

Sind die Versicherungsleistungen ausnahmsweise Entschädigungen für entgangene oder entgehende Einnahmen nach § 24 Nr. 1a EStG, zum Beispiel Leistungen wegen Körperverletzung, soweit sie den Verdienstausfall ersetzen, können diese bei einem Unfall im beruflichen Bereich steuerpflichtiger Arbeitslohn sein, soweit die Beiträge Werbungskosten bzw. steuerfreier Reisekostenersatz waren (BMF-Schreiben vom 28.10.2009, BStBl. 2009 I S. 1275).

Diese Grundsätze gelten auch für Leistungen aus betrieblichen Unfallversicherungen, bei denen die Beiträge steuerpflichtig sind, weil Sie die Rechte daraus unmittelbar selbst ausüben können.

Erhalten Sie dagegen ohne eigenen Rechtsanspruch Leistungen aus einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Unfallversicherung, werden erst im Schadensfall die bis dahin entrichteten steuerfreien Beiträge zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, maximal bis in Höhe der an Sie ausgezahlten Versicherungsleistung (BFH-Urteil vom 11.12.2008, VI R 9/05, BStBl. 2009 II S. 385). Das gilt unabhängig davon, ob sich der Unfall im beruflichen oder privaten Bereich ereignet hat und ob es sich um eine Einzel- oder Gruppenversicherung handelt. Bei einer Gruppenversicherung muss der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallende Teil der Beiträge ggf. geschätzt werden (BFH-Urteil vom 11.12.2008, VI R 19/06, BFH/NV 2009 S. 905; BMF-Schreiben vom 28.10.2009, BStBl. 2009 I S. 1275).

5.1.7 Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung

Die Leistungen aus einer privaten Pflege-Pflichtversicherung oder einer freiwilligen Pflege-Zusatzversicherung sind – wie Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung – steuerfrei gemäß § 3 Nr. 1a EStG. Das gilt für Dienst-, Sach- und Geldleistungen gleichermaßen.

Auch eine im Pflegefall dem Pflegebedürftigen zustehende Pflegerente aus einer privaten Pflegerentenversicherung wird von vielen Versicherern nach dieser Vorschrift als steuerfrei angesehen. Vorsichtshalber sollten Sie beim Versicherer nachfragen, ob dies auch auf Ihre Versicherung zutrifft und deshalb hierfür keine Rentenbezugsmitteilung an die Finanzverwaltung gesendet wird. Allgemeingültige Ausführungen der Finanzverwaltung zur Besteuerung einer Pflegerente gibt es unserer Kenntnis nach nicht.

5.1.8 Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag (Riester-Rente)

Seit 2002 besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die steuerliche Förderung der Riester-Rente in Anspruch zu nehmen (z. B. in Form einer privaten Rentenversicherung, eines Investmentfonds- oder Banksparplans). Gefördert werden die eingezahlten Beiträge durch Zulagen und ggf. zusätzlichen Sonderausgabenabzug. Während der Ansparphase erfolgt bei diesen zertifizierten Altersvorsorgeverträgen keine Besteuerung von Erträgen und Wertsteigerungen.

Diese Begünstigung hat aber ihren Preis. Denn anders als eine Rente aus einer »normalen« privaten Rentenversicherung sind die späteren Leistungen aus einer Riester-Rente nicht mit dem günstigen Ertragsanteil, sondern nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in voller Höhe steuerpflichtigsoweit die Auszahlungen auf geförderten Beiträgen beruhen. Dies gilt auch, soweit sie auf gutgeschriebenen Zulagen sowie den erzielten Erträgen und Wertsteigerungen beruhen. Somit sind alle Leistungen aus einem begünstigten Riester-Vertrag in voller Höhe als sonstige Einkünfte steuerpflichtig, sofern die Auszahlungen auf Kapital beruhen, das über Zulagen und ggf. zusätzlichen Sonderausgabenabzug gefördert wurde (sog. nachgelagerte Besteuerung).

Haben Sie in der Ansparphase auch nicht geförderte Beiträge eingezahlt – z.B. weil Sie höhere Beiträge in einen Riester-Vertrag eingezahlt haben als im einzelnen Beitragsjahr begünstigt waren –, ist die Auszahlung aus dem Riester-Vertrag nur insoweit in voller Höhe als sonstige Einkünfte steuerpflichtig, als sie auf geförderten Beiträgen beruht. Dagegen ist der Teil der ausgezahlten Leistung, der auf nicht geförderten Beiträgen beruht,

  • bei einer lebenslangen Rentenzahlung in der Regel nur in Höhe des Ertragsanteils, bei Berufsunfähigkeits-, Erwerbungsminderungs- und Hinterbliebenenrenten nur in Höhe des Ertragsanteils für abgekürzte Leibrenten steuerpflichtig (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. a EStG);

  • bei einer Kapitalauszahlung aus einem Versicherungsvertrag nach den Regeln für Kapitallebensversicherungen  steuerpflichtig (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. b EStG);

  • bei monatlichen (Teil-)Raten, variablen Teilraten oder einer Kapitalauszahlung aus anderen Altersvorsorgeverträgen (z.B. Bank- oder Investmentsparplan) der Ertrag (Unterschiedsbetrag zwischen der ausgezahlten Leistung und den auf sie entfallenden nicht geförderten Beitragseinzahlungen) steuerpflichtig. Dieser Differenzbetrag ist aber nur zur Hälfte steuerpflichtig, wenn die Auszahlung erst nach Ihrem 60. Geburtstag bzw. bei Vertragsabschluss nach dem 31.12.2011 nach Ihrem 62. Geburtstag erfolgt und der Vertrag im Zeitpunkt der Auszahlung mindestens zwölf Jahre bestanden hat (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. c EStG).

Auch in diesen Fällen handelt es sich steuerlich aber stets um sonstige Einkünfte (§ 22 EStG). Das bedeutet: Es kommt weder die 25 %ige Abgeltungsteuer noch der Sparer-Pauschbetrag zur Anwendung!

In der Steuererklärung werden Auszahlungen aus einer Riester-Rente als Leistungen aus zertifizierten Altersvorsorgeverträgen in der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt. Vom Anbieter/Versorgungsträger Ihrer Riester-Rente erhalten Sie hierzu eine »Mitteilung über steuerpflichtige Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag oder aus einer betrieblichen Altersversorgung (§ 22 Nr. 5 Satz 7 EStG)«, kurz Leistungsmitteilung genannt. Darin ist u.a. aufgeführt

  • unter Nr. 1, welcher Jahres-Betrag der Rente in voller Höhe als sonstige Einkünfte steuerpflichtig ist. Dieser Betrag wird in Zeile 4 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt. Dazu gehören übrigens auch Ihnen erstattete Abschluss- und Vertriebskosten eines Riester-Vertrags.

  • ggf. unter Nr. 5 bei lebenslangen Renten oder Nr. 6 bei abgekürzten Leibrenten, welcher Jahres-Betrag der Rente nur in Höhe des Ertragsanteils als sonstige Einkünfte steuerpflichtig ist. Dieser Betrag wird entsprechend in Zeile 15 bzw. 18 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt. Angaben für die Ermittlung des Ertragsanteils durch das Finanzamt werden entsprechend in Zeile 16 bzw. in den Zeilen 19 und 20 berücksichtigt.

  • ggf. unter Nr. 7 bei Kapitalauszahlungen aus einem Versicherungsvertrag bzw. unter Nr. 8 bei Auszahlungen aus anderen Altersvorsorgeverträgen der nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. b bzw. Bstb. c EStG zu versteuernde Betrag. In der Anlage R-AV/bAV wird dieser Betrag in Zeile 21 berücksichtigt.

Beispiel:

Frau Lindner zahlt 20 Jahre lang einschließlich der Zulagen immer genau die förderbaren Höchstbeiträge in einen Riester-Rentenversicherungsvertrag ein. Sie erhält mit 65 Jahren ab Oktober 2022 eine monatliche Rente von 300,– €, die somit ausschließlich auf geförderten Beiträgen beruht.

Für das Jahr 2023 bescheinigt ihr der Versicherer in der Leistungsmitteilung unter Nr. 1 einen Betrag von 3.600,– € (12 Monate × 300,– €), der entsprechend vom Finanzamt in Zeile 4 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt wird. Diesen Betrag muss Frau Lindner in der Steuererklärung 2023 in voller Höhe als sonstige Einkünfte versteuern.

Entsprechendes gilt für Leistungen aus einer  Direktversicherung , Pensionskasse oder einem Pensionsfonds , soweit Leistungen daraus auf Beiträgen beruhen, für die Sie im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge die Riester-Rente in Anspruch genommen haben.

Einmalzahlungen vom Versorgungsträger zur Abfindung einer sog. Kleinbetragsrente zu Beginn der Auszahlungsphase oder (für ab 1.1.2018 zertifizierte Verträge) im darauffolgenden Jahr sind nicht schädlich für die erhaltene Riester-Förderung (§ 93 Abs. 3 EStG). Kleinbetragsrente ist eine monatliche Rente von bis zu 1 % der monatlichen Bezugsgröße (West) in der Sozialversicherung. Im Jahr 2023 sind das bis zu 33,95 € monatlich. Die gesamte Abfindungszahlung ist – soweit sie auf geförderten Beiträgen beruht – im Jahr der Auszahlung zwar in voller Höhe steuerpflichtig, aber begünstigt nach der sog. Fünftelregelung (§ 22 Nr. 5 Satz 1 i.V.m. § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG). Der Versorgungsträger bescheinigt diese Abfindungszahlung in der Leistungsmitteilung unter Nr. 3. Dieser Betrag wird entsprechend in Zeile 9 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt.

Der Anbieter/Versorgungsträger meldet die für die Besteuerung Ihrer Riester-Rente erforderlichen Daten (sog. eDaten) bis Ende Februar des Folgejahrs elektronisch an die Finanzverwaltung. Deshalb brauchen Sie die mit einem ⓔ-Logo versehenen Zeilen der Anlage R-AV/bAV grundsätzlich nur auszufüllen, wenn Sie von den in der Leistungsmitteilung bescheinigten Daten abweichen möchten.

Haben Sie die Riester-Förderung im Rahmen des sog. Wohn-Riester beansprucht (Eigenheimrente), gibt es ein Wohnförderkonto, um die nachgelagerte Besteuerung zu ermöglichen.

Die Einzelheiten zur Besteuerung von Leistungen aus Riester-Verträgen (zertifizierten Altersvorsorgeverträgen) hat die Finanzverwaltung geregelt im BMF-Schreiben vom 21.12.2017, BStBl. 2018 I S. 93 Rz. 126 bis 194.

5.2 Schadenersatzrenten

Kommt ein Mensch z.B. durch einen Unfall zu Schaden oder wird getötet, werden häufig Schadenersatzrenten gewährt. Die steuerliche Behandlung ist davon abhängig, wofür eine solche Rente gezahlt wird. Bei Schadensersatzrenten wird unterschieden zwischen

  • Beträgen, die als Ersatz für Arzt- und Heilungskosten und Mehraufwendungen während der Krankheit sowie als Ausgleich für immaterielle Einbußen in Form eines Schmerzensgeldes gewährt werden. Diese Zahlungen sind steuerfrei (BFH-Urteil vom 21.1.2004, XI R 40/02, BStBl. 2004 II S. 716).

  • Beträgen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende steuerpflichtige Einnahmen geleistet werden (sog. Verdienstausfall). Diese sind nach § 24 Nr. 1 Bstb. a EStG steuerpflichtig, wenn die Einnahmen, die ersetzt werden sollen, – hypothetisch, aber auch eindeutig – einer bestimmten Einkunftsart unterfallen.

    Leistungen, die nicht steuerbare oder steuerfreie Einnahmen ersetzen sollen, sind dagegen (auch) nicht nach dieser Vorschrift steuerbar. Das gilt z.B. für Zahlungen, die den Wegfall des Anspruchs auf steuerfreie Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld ersetzen sollen (BFH-Urteil vom 20.7.2018, IX R 25/17, BStBl. 2020 II S. 186).

5.2.1 Schadenrenten als Ersatz für steuerpflichtige Einnahmen

Wird infolge einer Verletzung die Erwerbsfähigkeit eines Menschen aufgehoben oder gemindert, muss der Schadenverursacher bzw. dessen Versicherung für die dadurch entgangenen Einnahmen Schadenersatz in Form einer Geldrente leisten (§ 843 Abs. 1, 1. Alternative BGB).

Eine laufende Rente, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen aus einer Berufstätigkeit geleistet wird, zählt steuerlich als Entschädigung (§ 24 Nr. 1a EStG). Die Rente wird behandelt wie die Einkünfte, an deren Stelle sie tritt, wobei auch alle Frei- und Pauschbeträge anzuwenden sind, die für die jeweilige Einkunftsart gelten. Es kann sich dabei um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus freiberuflicher Tätigkeit oder um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit handeln – je nachdem, welche Einkünfte der Verletzte bisher erzielt hat. Das gilt auch, wenn der Ersatz für entgehende Einnahmen von einem Dritten, etwa der Versicherung des Unfallverursachers, gezahlt wird.

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer erhält wegen Erwerbsunfähigkeit infolge eines Verkehrsunfalles auf privater Fahrt eine monatliche Geldrente von der Versicherung des Schädigers. Die Rente zählt zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, sie ist also nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages in voller Höhe steuerpflichtig.

Wegen langwieriger rechtlicher Auseinandersetzungen kommt es bei solchen Renten häufig zu hohen Nachzahlungen für mehrere Jahre; zum Teil werden auch Abfindungen festgesetzt. Steuerlich handelt es sich dabei meist um »außerordentliche Einkünfte«, die nach der sog. Fünftelregelung steuerlich begünstigt sind, wenn die Zahlung zusammengeballt in einem Kalenderjahr erfolgt.

Eine an ein Unfallopfer im Kindesalter von der Versicherung des Schädigers geleistete, als Verdienstausfall bezeichnete Versicherungsleistung ist nicht nach § 24 Nr. 1a EStG steuerbar, da es an einer bestimmten (d.h. möglichen) Einkunfts- bzw. Erwerbsquelle des Kindes und mithin auch an der erforderlichen kausalen Verknüpfung zwischen Entschädigung und entgangenen steuerbaren Einnahmen fehlt (BFH-Urteil vom 26.5.2020, IX R 15/19, BStBl. 2021 II S. 901).

5.2.2 Schadenrenten, die kein Ersatz für entgangene Einnahmen sind

Folgende Schadensersatzrenten sind in voller Höhe steuerfrei (BMF-Schreiben vom 15.7.2009, BStBl. 2009 I S. 836):

  • Schmerzensgeldrenten nach § 253 Abs. 2 BGB (früher: § 847 BGB);

  • Schadenrenten zum Ausgleich vermehrter Bedürfnisse nach § 843 Abs. 1, 2. Alternative BGB – sog. Mehrbedarfsrenten (BFH-Urteil vom 25.10.1994, VIII R 79/91, BStBl. 1995 II S. 121);

  • Schadenersatzrenten gemäß § 844 Abs. 2 BGB für den Verlust von Unterhaltsansprüchen (BFH-Urteil vom 26.11.2008, X R 31/07, BStBl. 2009 II S. 651) und

  • Schadenersatzrenten nach § 845 BGB (Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste).

5.2.3 Abfindung und Verrentung von Schadensrenten

Der Anspruch kann durch eine Abfindung abgelöst werden. Diese Abfindung ist steuerfrei, wenn es sich nicht um den Ersatz entgangener steuerpflichtiger Einnahmen handelt. Es ist jedoch auch möglich, im Wege der Schuldumwandlung (Novation) die Kapitalabfindung zu verrenten. Dadurch kann ein Rentenstammrecht entstehen. Die Zahlungen sind dann unter bestimmten Voraussetzungen (Unabänderbarkeit und Regelmäßigkeit der Leistungen) nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern.

Da in einem Vergleich oft verschiedene Ansprüche insgesamt abgegolten werden, kann es erforderlich sein, für steuerliche Zwecke eine Aufteilung vorzunehmen z.B. in den steuerpflichtigen Betrag, der zu einer Einkunftsart gehört, in steuerfreies Schmerzensgeld und in steuerfreien Ersatz von Krankheitskosten. Es empfiehlt sich, solche Vereinbarungen unter steuerlichen Aspekten gründlich abzuklären und eindeutig festzulegen, welcher Anspruch mit welchem Betrag abgegolten sein soll.

5.3 Private Veräußerungs-, Versorgungs- und Unterhaltsrenten

Größere Bedeutung kommt auch solchen privaten Renten zu, die im Zusammenhang mit der Übertragung von Privatvermögen – meist einer Immobilie – an Angehörige oder fremde Dritte gegen wiederkehrende Leistungen gezahlt werden. Je nach Ausgestaltung des Vertrags kann es sich dabei um Veräußerungs-, Versorgungs- oder Unterhaltsleistungen handeln.

Veräußerungsrenten

Vor allem unter fremden Dritten entspricht der Wert der Zahlungen in der Regel dem Wert der Immobilie. In diesem Fall liegt eine Veräußerungsrente (Gegenleistungsrente) vor. Der »Kaufpreis« wird zerlegt in einen Tilgungs- (Vermögensumschichtungs-) und einen Ertragsanteil (Zinsanteil). Das gilt auch, wenn die Beteiligten z.B. Angehörige sind und der Barwert der wiederkehrenden Leistungen im Übertragungszeitpunkt unterhalb des Verkehrswerts des übertragenen Vermögensgegenstands liegt (teilentgeltliche Veräußerung).

Sind wiederkehrende gleichmäßige Zahlungen auf die Lebenszeit des Verkäufers vereinbart, handelt es sich um eine Veräußerungsleibrente: Für den Verkäufer (Rentenempfänger) sind die Rentenzahlungen mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. Das gilt auch für Erhöhungs- und Mehrbeträge aufgrund einer Wertsicherungsklausel (BMF-Schreiben vom 11.3.2010, BStBl. 2010 I S. 227 Rz. 69–79).

Den steuerpflichtigen Ertragsanteil für eine lebenslange Leibrente finden Sie in Tabelle 1. Das gilt auch, wenn eine Mindestlaufzeit vereinbart wird, die kürzer ist als die durchschnittliche Lebensdauer des Bezugsberechtigten (BFH-Urteil vom 19.8.2008, IX R 56/07, BStBl. 2010 II S. 24).

Ist die Mindestlaufzeit höher als die durchschnittliche Lebensdauer des Bezugsberechtigten sowie bei Zahlungen auf bestimmte Zeit wie abgekürzte Leibrenten oder Zeitrenten, ist zu prüfen, ob es sich nicht eher um Kaufpreisraten handelt. Trifft dies zu, ist der zu ermittelnde Zinsanteil für den Verkäufer nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Einnahmen aus Kapitalvermögen steuerpflichtig. Dieser kann nach der Barwertdifferenzmethode ermittelt oder vereinfachend auch mit dem Ertragsanteil für abgekürzte Leibrenten angesetzt werden (BMF-Schreiben vom 11.3.2010, BStBl. 2010 I S. 227 Rz. 75–79). Der BFH hat entschieden, dass im Fall einer (teilentgeltlichen) Veräußerungszeitrente – vereinbart war eine Rentenzahlung über einen festen Zeitraum von 31 Jahren – mangels einer Wagniskomponente (der fehlenden Anknüpfung des Rentenbezugs an die Lebenszeit der Bezugsperson) der steuerpflichtige Zinsanteil als Kapitaleinkünfte und nicht als sonstige Einkünfte steuerpflichtig ist (BFH-Urteil vom 14.7.2020, VIII R 3/17, BStBl. 2020 II S. 813).

Wird der Ertragsanteil einer Veräußerungsleibrente steuerlich den sonstigen Einkünften zugeordnet, macht der Rentenempfänger in der Steuererklärung Angaben hierzu auf der Rückseite der Anlage R in den Zeilen unter »Leibrenten aus sonstigen Verpflichtungsgründen ...«. Es gelten hierzu entsprechend die Ausführungen zu Renten aus privaten Versicherungen. mit folgendem Unterschied: Diese Renten werden nicht elektronisch ans Finanzamt übermittelt und müssen deshalb eingetragen werden. Übrigens: Handelt es sich um sonstige Einkünfte, können Sie hierfür den Sparer-Pauschbetrag nicht in Anspruch nehmen (BFH-Urteil vom 18.5.2010, X R 32-33/01, BStBl. 2011 II S. 675).

Versorgungsrenten

Bei Übertragungen unter Familienangehörigen steht meist der Versorgungsgedanke im Vordergrund. Je nach Ausgestaltung des Vertrags sind hier verschiedene Rentenformen mit ganz unterschiedlichen steuerlichen Folgen möglich. Grundsätzlich kann es sich dabei auch um mit dem Ertragsanteil steuerpflichtige Veräußerungsrenten oder steuerfreie Unterhaltsrenten handeln.

Eine Besonderheit gilt für bis 2007 vereinbarte Übertragungen von Privatvermögen gegen Versorgungsleistungen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Vermögensübernehmer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. dauernde Lasten in voller Höhe bzw. Renten mit dem Ertragsanteil als Sonderausgaben geltend machen. Der Vermögensübergeber muss korrespondierend dazu dauernde Lasten in voller Höhe bzw. Renten mit dem Ertragsanteil als sonstige Einkünfte versteuern und in Zeile 4 der Anlage SO angeben.

Unterhaltsrenten

Es gibt auch Unterhaltsrenten, die nicht in Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung stehen, wo also keine Gegenleistung des Rentenempfängers vorliegt. Diese »Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht« und »Zuwendungen an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person« – auch wenn diese Zuwendungen auf einer bestimmten Vereinbarung beruhen – sind beim Empfänger nicht steuerpflichtig (§ 22 Nr. 1 Satz 2 erster Halbsatz EStG i.V.m. § 12 Nr. 2 EStG).

6. Zusatzversorgungsrenten nach dem öffentlichen Dienst

6.1 Grundsätzliches

Ehemalige Beschäftigte im öffentlichen Dienst erhalten neben ihrer gesetzlichen Rente eine Zusatzversorgungsrente. Große Bedeutung hat die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Daneben gibt es noch weitere Versorgungsanstalten, kirchliche und kommunale Zusatzversorgungskassen. Steuerlich werden diese wie Pensionskassen behandelt. Finanziert wird die Zusatzversorgung durch Beiträge bzw. Umlagen während der Beschäftigungszeit. Dabei werden die Weichen für die Besteuerung der Rente gestellt, die in § 22 Nr. 5 EStG geregelt ist (BMF-Schreiben vom 6.12.2017, BStBl. 2018 I S. 147 Rz. 148ff.):

Die Zusatzversorgungsrente ist grundsätzlich

  • nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig, soweit sie auf Beiträgen bzw. Umlagen beruht, die von Ihnen normal (individuell) versteuert oder vom Arbeitgeber pauschal versteuert wurden (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. a EStG i.V.m. § 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. a Doppelbstb. bb EStG);

  • in voller Höhe steuerpflichtig, soweit sie auf steuerfreien oder Riester-geförderten Beiträgen beruht (§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG; H 22.4 (Versorgungs- und Versicherungsrenten aus einer Zusatzversorgung) EStH 2019).

Die Zusatzversorgungsrente ist somit nicht mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig. Es gelten für die Besteuerung der Zusatzversorgungsrente andere Regeln als für die gesetzliche Rente.

In der Steuererklärung werden Renten aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst in der Anlage R-AV/bAV (bis 2019 Anlage R) berücksichtigt. Vom Versorgungsträger erhalten Sie eine nach amtlichem Vordruck erstellte »Mitteilung über steuerpflichtige Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag oder aus einer betrieblichen Altersversorgung (§ 22 Nr. 5 Satz 7 EStG)«, kurz Leistungsmitteilung genannt. Darin ist unter der jeweiligen Nummer im Einzelnen aufgeführt, welcher Betrag Ihrer Rente wie zu besteuern ist, elektronisch an die Finanzverwaltung gemeldet wurde und demzufolge vom Finanzamt automatisch in der entsprechenden Zeile der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt wird. Deshalb brauchen Sie die mit einem ⓔ-Logo versehenen Zeilen der Anlage R-AV/bAV grundsätzlich nur auszufüllen, wenn Sie von den in der Leistungsmitteilung bescheinigten Daten abweichen möchten.

Haben Sie eine Rentennachzahlung für mehrere vorangegangene Jahre (Nachzahlungszeitraum mehr als zwölf Monate) erhalten, trägt der Versorgungsträger den Nachzahlungsbetrag in der Leistungsmitteilung zusätzlich unter Nr. 11 ein. Dieser Betrag wird in Zeile 26 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt. Das Finanzamt prüft dann, ob Sie für den steuerpflichtigen Teil des Nachzahlungsbetrages von der sog. Fünftelregelung profitieren können.

Zusatzversorgungsrenten sind grundsätzlich beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Diese Beiträge, deren Höhe bei Pflichtversicherten oft in der Leistungsmitteilung ausgewiesen ist, sind als sonstige Vorsorgeaufwendungen in der Steuererklärung abzugsfähig und werden entsprechend in Zeile 16 (gesetzliche Krankenversicherung) und in Zeile 18 (soziale Pflegeversicherung) der Anlage Vorsorgeaufwand berücksichtigt.

Ausgleichsleistungen zur gesetzlichen Rente aus der Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZLA) werden nicht wie Zusatzversorgungsrenten besteuert, sondern sind nach Auffassung der Finanzverwaltung als wiederkehrende Bezüge i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Bstb. b EStG in voller Höhe steuerpflichtig (Eintrag in Zeile 4 der Anlage SO). Begründung: Die Leistungen beruhen nicht auf einem Rentenstammrecht, sondern sind gesetzliche Sozialleistungen, die dazu dienen, ein Mindereinkommen ehemaliger Arbeitnehmer der Land- und Forstwirtschaft, die wegen ihres Alters keine oder nur geringe Ansprüche aus dem Tarifvertrag erwerben können, auszugleichen (OFD Münster vom 14.2.2008, Kurzinfo ESt 5/2008, DB 2008 S. 378).

6.2 Wann gilt der günstige Ertragsanteil?

Renten aus einer Pflichtversicherung im öffentlichen Dienst zum Beispiel aus der VBLklassik sind also wie Renten aus privaten Versicherungen nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig. Wie Sie für Ihre Zusatzversorgungsrente den steuerpflichtigen Ertragsanteil im Einzelnen ermitteln, lesen Sie in den nachfolgenden Kapiteln. Die günstige Besteuerung der Zusatzversorgungsrente nur in Höhe des Ertragsanteils gilt aber nur, soweit die Rente nicht auf steuerfreien oder Riester-geförderten Beiträgen beruht.

Zusatzversorgungsrenten, die vor 2002 begonnen haben, sind grundsätzlich immer insgesamt nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig. Denn diese wurden ausschließlich nach dem sogenannten Umlageverfahren finanziert und die gesamten Umlagen bzw. Beiträge hierfür während der Berufstätigkeit wurden ausschließlich als Arbeitslohn (pauschal oder normal) versteuert. Deshalb sind die späteren Leistungen vom Versorgungsträger nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig.

Immer mehr Neurentner seit 2002 dagegen müssen einen Teil der Zusatzversorgungsrente in voller Höhe versteuern. Wie hoch dieser Anteil ist, hängt ab vom Finanzierungsverfahren des Versorgungsträgers und wie demzufolge die Beiträge in der Ansparphase steuerlich behandelt wurden: Waren Beiträge oder Umlagen in der Ansparphase steuerfrei, ist der Teil der Rente, der auf diesen steuerfreien Beiträgen und Umlagen beruht, in voller Höhe steuerpflichtig (sog. nachgelagerte Besteuerung). Seit 2008 sind zudem auch im Umlageverfahren erhobene Beiträge des Arbeitgebers steuerfrei bis zu einem bestimmten Höchstbetrag, der stufenweise angehoben wird. Aufgrund dieses teilweisen Übergangs zur nachgelagerten Besteuerung ist der voll steuerpflichtige Rentenanteil bei Neurentnern höher. Mehr dazu lesen Sie unter »Voll steuerpflichtiger Rentenanteil« und unter »Leistungen aus einer freiwilligen Zusatzversicherung«.

Soweit die Zusatzversorgungsrente auf steuerfreien oder Riester-geförderten Beiträgen oder Umlagen beruht, spielt es keine Rolle, um welche Art von Rente es sich handelt: Dieser Teilbetrag der Zusatzversorgungsrente ist immer in voller Höhe steuerpflichtig und wird vom Versorgungsträger in der Leistungsmitteilung unter Nr. 1 ausgewiesen. Das gilt für Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrenten gleichermaßen. In der Anlage R-AV/bAV wird dieser Betrag in Zeile 4 berücksichtigt.

Dagegen ist für die Höhe des steuerpflichtigen Ertragsanteils von entscheidender Bedeutung, ob es sich um eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente handelt.

6.3 Die Altersrente

Erhalten Sie neben Ihrer gesetzlichen Altersrente eine Zusatzversorgungsrente (Betriebsrente wegen Alters), handelt es sich dabei um eine lebenslange Leibrente.

Die Höhe des steuerpflichtigen Ertragsanteils hängt vom Lebensalter des Rentenbeziehers bei Rentenbeginn ab. Dabei gilt: Je jünger Sie bei Rentenbeginn sind, desto höher ist der steuerpflichtige Ertragsanteil. Den für Ihre Rente maßgebenden Ertragsanteil finden Sie in Tabelle 1 .

Beispiel:

Frau Loos wurde im Jahr 2020 65 Jahre alt und erhält seit 1.3.2020 eine gesetzliche Altersrente von 1.000,– € und eine VBL-Zusatzrente von 300,– € monatlich, von der 30,– € auf steuerfreien Beiträgen/Umlagen beruhen. Der steuerpflichtige Teil der Renten von Frau Loos beträgt im Jahr 2020:

Gesetzliche Rente: (1.000,– € × 10 =) 10.000,– € × 80 % Besteuerungsanteil =

8.000,– €

Zusatzrente: (270,– € × 10 =) 2.700,– € × 18 % Ertragsanteil =

+

486,– €

Zusatzrente: (30,– € × 10 =) 300,– € voll steuerpflichtig

+

300,– €

Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

sonstige Einkünfte

8.684,– €

Auch in den Jahren ab 2021 beträgt der steuerpflichtige Ertragsanteil für die Zusatzrente 18 %.

In der Leistungsmitteilung vom Versorgungsträger ist unter Nr. 5 aufgeführt, welcher Jahres-Betrag der lebenslangen Altersrente nur in Höhe des Ertragsanteils als sonstige Einkünfte steuerpflichtig ist und entsprechend in Zeile 15 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt wird.

Der (oft ebenfalls in der Leistungsmitteilung ausgewiesene) Beginn der Rente wird in Zeile 16 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt. Danach ermittelt das Finanzamt den Ertragsanteil, der in der Regel nicht in der Leistungsmitteilung ausgewiesen ist und auch nicht in der Steuererklärung angegeben wird.

Die Umwandlung einer Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente wird steuerlich als Rentenbeginn für eine neue, lebenslange Altersrente behandelt. Maßgebend für die Altersrente ist also der Rentenbeginn der Betriebsrente wegen Alters.

Für Abfindungszahlungen von Kleinbetragsrenten nach § 43 VBL-Satzung gelten die Regeln für die Besteuerung einer Kapitallebensversicherung, soweit sie nicht auf steuerfreien Beiträgen/Umlagen beruhen. Ein ggf. zu besteuernder Ertrag wird von der VBL in der Leistungsmitteilung unter Nr. 7 ausgewiesen. In der Anlage R-AV/bAV wird dieser Betrag in Zeile 21 berücksichtigt.

Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung

Erhalten Sie von der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wird die daneben ausgezahlte Zusatzversorgungsrente steuerlich als abgekürzte Leibrente behandelt (H 22.4 (Versorgungs- und Versicherungsrenten aus einer Zusatzversorgung) EStH 2019). Der steuerpflichtige Ertragsanteil richtet sich nach der voraussichtlichen Laufzeit der Rente und ist Tabelle 2 zu entnehmen .

Dort ist die Laufzeit in vollen Jahren angegeben. Beträgt die Laufzeit keine vollen Jahre, wird sie zu Ihren Gunsten auf volle Jahre abgerundet (R 22.4 Abs. 4 EStR). Da die Laufzeit bei diesen Renten meist recht kurz ist, ergeben sich im Vergleich zur Altersrente angenehm niedrige Ertragsanteile. So beträgt der steuerpflichtige Ertragsanteil bei einer Laufzeit von drei Jahren nur 2 %.

In der Leistungsmitteilung ist unter Nr. 6 aufgeführt, welcher Jahres-Betrag der Erwerbsminderungsrente nur in Höhe des Ertragsanteils steuerpflichtig ist. In der Anlage R-AV/bAV wird dieser Betrag in Zeile 18 berücksichtigt.

Der Beginn der Rente wird in Zeile 19 berücksichtigt und in Zeile 20 »Die Rente erlischt/wird umgewandelt spätestens am«, wann die Rente voraussichtlich endet. Diese Daten sind wichtig! Denn daraus errechnet das Finanzamt den steuerpflichtigen Ertragsanteil für diese abgekürzte Leibrente.

Die Rente ist zeitlich befristet

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden grundsätzlich befristet gezahlt, und zwar längstens für drei Jahre. Die Laufzeit bis zum Ablauf der Befristung ist maßgebend für die Ermittlung des Ertragsanteils Ihrer Zusatzversorgungsrente.

Wird eine solche Rente wegen derselben Krankheit nach Ablauf der zeitlichen Befristung verlängert oder wiederholt bewilligt und schließen sich die Bezugszeiten unmittelbar aneinander an, geht man steuerlich nicht von einer neuen abgekürzten Leibrente aus. Vielmehr liegt nach Ansicht des BFH in diesem Fall eine einzige abgekürzte Leibrente vor, deren voraussichtliche Laufzeit aber unter Berücksichtigung der jeweiligen Rentenverlängerung für jeden Veranlagungszeitraum neu zu bestimmen ist (BFH-Urteil vom 22.1.1991, X R 97/89, BStBl. 1991 II S. 686). Ab dem Zeitpunkt der Verlängerung erhöht sich also der Ertragsanteil.

Beispiel:

Herr Schmidt hatte am 12.1.2018 einen Unfall erlitten. Er erhält deshalb neben der gesetzlichen Rente wegen voller Erwerbsminderung eine Zusatzversorgungsrente von der VBL befristet auf drei Jahre. Rentenbeginn ist der 1.8.2018. Ergebnis: Herr Schmidt muss die Zusatzversorgungsrente mit einem Ertragsanteil von 2 % versteuern.

Ab 1.8.2021 wird die Rente wegen voller Erwerbsminderung – wiederum befristet auf drei Jahre – verlängert. Die voraussichtliche Gesamtlaufzeit beträgt nun also sechs Jahre. Herr Schmidt muss die Rentenzahlungen aus der Zusatzversorgung ab dem 1.8.2021 mit einem höheren Ertragsanteil von 7 % versteuern.

Die Rente ist zeitlich unbefristet

Eine Rente wegen Erwerbsminderung, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ohne zeitliche Befristung endet spätestens mit dem Erreichen der Altersgrenze für die Regelaltersrente. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt nämlich spätestens die Umwandlung in die Regelaltersrente. Für nach dem 31.12.1946 Geborene wird die Regelaltersgrenze seit 2012 stufenweise vom 65. auf das 67. Lebensjahr angehoben (§ 235 Abs. 2 SGB VI). Die Finanzverwaltung geht grundsätzlich von einer Laufzeit bis zum 65. Lebensjahr aus (R 22.4 Abs. 5 Satz 3 EStR).

Viele Bezieher einer Erwerbsminderungsrente steigen aber schon vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze auf die Altersrente um. Würde man in diesen Fällen von einer Laufzeit der Erwerbsminderungsrente bis zur Regelaltersgrenze ausgehen, würde jahrelang ein zu hoher Ertragsanteil für die Zusatzversorgungsrente versteuert. Das können Sie verhindern, indem Sie dem Finanzamt den voraussichtlichen Umwandlungszeitpunkt – möglichst belegt mit Angaben der Rentenversicherung – mitteilen. Die kürzere Laufzeit kann dann im Steuerbescheid zu Ihren Gunsten in Form eines niedrigeren Ertragsanteils für die Zusatzversorgungsrente berücksichtigt werden (R 22.4 Abs. 5 Satz 4 EStR).

6.5 Renten für Witwen, Witwer und Waisen

Häufig erhalten die Hinterbliebenen nach dem Tod des Versicherten neben Ihrer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Zusatzversorgungsrente, deren Art, Höhe und Dauer sich an den Bestimmungen der gesetzlichen Rente orientiert. Auch diese Renten sind – anders als die gesetzliche Rente – mit dem günstigen Ertragsanteil steuerpflichtig, soweit sie nicht auf steuerfreien Umlagen bzw. Beiträgen beruhen.

Sie erhalten die große Witwen-/Witwerrente, wenn Sie

  • (bei Todesfällen vor 2012) das 45. Lebensjahr vollendet haben oder

  • ein waisenberechtigtes Kind unter 18 Jahren erziehen oder

  • für ein behindertes Kind sorgen oder

  • vermindert erwerbsfähig sind.

Bei Todesfällen nach dem 31.12.2011 wird die für die große Witwen-/Witwerrente maßgebende Altersgrenze stufenweise vom 45. auf das 47. Lebensjahr angehoben. Für Todesfälle ab 2029 gilt die Altersgrenze von 47 Jahren.

Ertragsanteil einer großen Witwen-/Witwerrente

Sie haben beim Tod des Ehepartners die Altersgrenze erreicht

In diesem Fall handelt es sich bei der Zusatzversorgungsrente um eine lebenslange Leibrente, deren Ertragsanteil sich nach dem Alter bei Beginn der Rente richtet. Er wird in Tabelle 1 abgelesen. Dabei gilt: Je jünger die Witwe/der Witwer ist, umso höher ist der Ertragsanteil. So beträgt der steuerpflichtige Anteil der Rente beispielsweise bei einem Alter von 50 Jahren 30 %. Das Unangenehme daran: Der oft recht hohe Ertragsanteil wird auf Dauer beibehalten.

Sie haben beim Tod des Ehepartners die Altersgrenze noch nicht erreicht

Beziehen Sie in diesem Fall eine große Witwen-/Witwerrente voraussichtlich auf Lebenszeit, geht man steuerlich bei der Zusatzversorgungsrente von einer einzigen lebenslangen Leibrente aus, deren Ertragsanteil sich nach dem Lebensalter bei Rentenbeginn richtet. Es gilt also Tabelle 1 . Das hat leider sehr hohe Ertragsanteile zur Folge. Um eine lebenslange Rente handelt es sich auch, wenn Sie eine unbefristete Erwerbsminderungsrente erhalten oder ein behindertes Kind erziehen, das unabhängig vom Alter zur großen Witwenrente berechtigt.

Beispiel:

Herr M. stirbt 2018 kurz nach dem 40. Geburtstag seiner Frau. Ihr Kind ist zu diesem Zeitpunkt erst 8 Jahre alt, erreicht die Volljährigkeit also erst, wenn die Mutter 50 Jahre alt ist. Da somit voraussichtlich ununterbrochen die große Witwenrente gezahlt wird, wird der Ertragsanteil für die Zusatzversorgungsrente nach Tabelle 1 ermittelt und beträgt durchgängig 38 %.

Endet aber die große Witwen-/Witwerrente voraussichtlich noch vor dem Erreichen der Altersgrenze, weil z.B. das (jüngste) Kind vor diesem Zeitpunkt volljährig wird oder die Erwerbsminderungsrente der Witwe/des Witwers nur befristet auf Zeit gewährt wird, handelt es sich steuerlich um drei verschiedene Renten:

  • zunächst die große Witwen-/Witwerrente, bei der die Zusatzversorgungsrente als abgekürzte Leibrente versteuert wird;

  • anschließend die kleine Witwen-/Witwerrente, bei der die Zusatzversorgungsrente ebenfalls als abgekürzte Leibrente versteuert wird, und

  • schließlich mit Erreichen der Altersgrenze die große Witwen-/Witwerrente, bei der die Zusatzversorgungsrente als lebenslange Leibrente zu versteuern ist.

Ertragsanteil einer kleinen Witwen-/Witwerrente

Erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die große Witwenrente, wird nur die kleine Witwenrente gezahlt. Bei der Zusatzversorgungsrente handelt es sich dann um eine abgekürzte Leibrente mit niedrigem Ertragsanteil, da die kleine Witwenrente mit Erreichen der Altersgrenze in die große Witwenrente umgewandelt wird. Sie müssen deshalb die Laufzeit bis zu diesem Zeitpunkt ermitteln und den Ertragsanteil in Tabelle 2 ablesen.

Beispiel:

Ist die Witwe beim Tod des Ehepartners im Januar 2019 gerade 40 Jahre alt geworden, so ergibt sich aufgrund der Laufzeit von fünf Jahren und acht Monaten (altes Hinterbliebenenrecht) ein steuerpflichtiger Ertragsanteil von nur 5 % für die Zusatzversorgungsrente (Laufzeit wird zugunsten der Witwe abgerundet). Der Umstieg auf die große Witwenrente im September 2024 (bei Todesfällen in 2019 wird die Altersgrenze um acht Monate angehoben) hat zur Folge, dass der steuerpflichtige Ertragsanteil für die dann gezahlte Zusatzversorgungsrente 34 % beträgt.

Die kleine Witwen-/Witwerrente nach neuem Recht wird nur noch bis längstens 24 Monate nach dem Tod des Ehepartners gezahlt. Da es sich um eine abgekürzte Leibrente mit einer Laufzeit von zwei Jahren handelt, beträgt der steuerpflichtige Ertragsanteil der Zusatzversorgungsrente in diesen Fällen erfreulicherweise nur 1 %. Das neue Hinterbliebenenrecht gilt, wenn

  • die Ehe nach dem 31.12.2001 geschlossen wurde oder

  • beide Ehepartner nach dem 1.1.1962 geboren sind.

Ertragsanteil einer Waisenrente

Nach dem Tod des Versicherten erhalten seine Kinder neben der gesetzlichen Rente eine Waisenrente von der Zusatzversorgung. Diese Waisenrente zählt steuerlich als eigene Rente zu den sonstigen Einkünften des Kindes.

Die Waisenrente ist grundsätzlich bis zum 18. Lebensjahr des Kindes befristet. Steuerlich handelt es sich deshalb bei der Zusatzversorgungsrente um eine abgekürzte Leibrente. Ermitteln Sie die Laufzeit der Rente bis zum 18. Geburtstag und lesen Sie den Ertragsanteil für die Zusatzversorgungsrente in Tabelle 2 ab.

Über das 18. Lebensjahr hinaus wird Waisenrente gezahlt, wenn das Kind bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Beim Antrag auf Weitergewährung der Waisenrente über das 18. Lebensjahr hinaus ist eine Angabe erforderlich, wie lange z.B. die Ausbildung voraussichtlich dauern wird. Nach diesem Zeitpunkt bestimmt sich dann der neue, höhere Ertragsanteil der Zusatzversorgungsrente: Entscheidend ist die voraussichtliche Gesamtlaufzeit vom Beginn der Waisenrente an.

6.6 Voll steuerpflichtiger Rentenanteil

Immer mehr Neurentner seit 2002 müssen einen Teil ihrer Zusatzrente in voller Höhe als sonstige Einkünfte versteuern. Das kann mehrere Gründe haben:

  • Mit dem sogenannten Altersvorsorgeplan 2001 haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes das bisherige Gesamtversorgungssystem durch ein als Punktemodell konzipiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Seitdem sind einige Versorgungskassen von der Umlagefinanzierung auf das sogenannte Kapitaldeckungsverfahren (teilweise) übergegangen. Das hat für betroffene Arbeitnehmer steuerliche Konsequenzen: Denn die Beiträge des Arbeitgebers zur kapitalgedeckten Zusatzversorgung sind – anders als umlagefinanzierte Beiträge – bis zu einem bestimmten Höchstbetrag steuerfrei nach § 3 Nr. 63 EStG (sog. Eichel-Förderung).

  • Auch im Abrechnungsverband Ost der VBL werden seit 2004 neben den Umlagen Beiträge zum Kapitaldeckungsverfahren erhoben: Der Beitrag des Arbeitgebers ist steuerfrei nach § 3 Nr. 63 EStG. Der Arbeitnehmer kann für seine normal versteuerten Beiträge die Riester-Förderung in Anspruch nehmen.

  • Seit 2008 sind auch Beiträge des Arbeitgebers an eine umlagefinanzierte Versorgungseinrichtung, wie die VBL, bis zu einem bestimmten Höchstbetrag steuerfrei nach § 3 Nr. 56 EStG (teilweiser Übergang zur nachgelagerten Besteuerung). Der Höchstbetrag wird stufenweise angehoben und beträgt derzeit (2023) 2.628,– € jährlich. Angerechnet auf diesen Höchstbetrag werden aber nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfreie Beiträge des Arbeitgebers.

Diese steuerliche Förderung hat aber ihren Preis. Denn in diesen Fällen wird die Zusatzversorgungsrente aufgeteilt:

  • Der Teil der Rente, der auf steuerfreien und Riester-geförderten Beiträgen beruht, ist nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in voller Höhe steuerpflichtig. Dieser Betrag ist in der Leistungsmitteilung unter Nr. 1 ausgewiesen und wird in Zeile 4 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt.

  • Der Teil der Rente, der auf nicht steuerlich geförderten Beiträgen beruht, ist nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. a EStG nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig. Dieser Betrag ist in der Leistungsmitteilung unter Nr. 5 bzw. bei abgekürzten Leibrenten unter Nr. 6 angegeben und wird in der Anlage R-AV/bAV in Zeile 15 bzw. 18 berücksichtigt.

6.7 Leistungen aus einer freiwilligen Zusatzversicherung

Viele Angestellte im öffentlichen Dienst können neben ihrer Pflichtversicherung bei ihrem Versorgungsträger eine zusätzliche freiwillige Versicherung abschließen und im Rahmen einer Gehaltsumwandlung/Entgeltumwandlung die Eichel-Förderung und/oder Riester-Förderung in Anspruch nehmen. Die VBL z.B. bietet hierzu eine freiwillige Versicherung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge an (VBLextra). Zudem gibt es noch bestehende Verträge einer fondsgebundenen Rentenversicherung mit garantierter Mindestleistung (VBLdynamik).

Auch für diese Renten gelten die gleichen steuerlichen Grundsätze: Soweit die Rentenzahlungen auf steuerlich geförderten Beiträgen beruhen, sind sie in vollem Umfang steuerpflichtig nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG. Der andere Teil der Rente ist nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig.

Für diese zusätzliche Rente bekommen Sie vom Versorgungsträger eine gesonderte Leistungsmitteilung.

Kapitalauszahlungen sind voll steuerpflichtig, soweit sie auf steuerfreien oder geförderten Beiträgen beruhen. Soweit sie auf nicht geförderten versteuerten Beiträgen beruhen, wird der steuerpflichtige Ertrag gemäß § 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. b EStG nach den Regeln für eine private Kapitallebensversicherung ermittelt und in der Leistungsmitteilung unter Nr. 7 ausgewiesen. In der Anlage R-AV/bAV wird dieser Betrag in Zeile 21 berücksichtigt.

7. Betriebsrenten

7.1 Die betriebliche Altersvorsorge

7.1.1 Versorgungszusage des Arbeitgebers

Betriebliche Altersvorsorge liegt vor, wenn der Arbeitgeber Ihnen Leistungen zur Alters-, Hinterbliebenen- oder Invaliditätsversorgung zusagt. Diese Versorgungszusage erfüllen Arbeitgeber im Rahmen von fünf möglichen Durchführungswegen: Direktzusage (Pensionszusage), Unterstützungskasse, Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds. Tritt der Versorgungsfall (Erreichen der Altersgrenze, Berufsunfähigkeit, Todesfall) ein, zahlt der Arbeitgeber oder ein externer Versorgungsträger die versprochenen Versorgungsleistungen – die Betriebsrente – aus. Das sind meist laufende (Renten-)Zahlungen, können aber auch Einmalzahlungen z.B. aus einer Direktversicherung sein.

Als Mindestaltersgrenze bei der Altersversorgung gilt i.d.R. das 60., bei seit 2012 erteilten Versorgungszusagen das 62. Lebensjahr. Ausnahmsweise kann bei bestimmten Berufsgruppen die Leistung früher ausgezahlt werden, wenn dies wie z.B. bei Piloten üblich ist (BMF-Schreiben vom 12.8.2021, BStBl. 2021 I S. 1050 Rdnr. 3, geändert mit BMF-Schreiben vom 18.3.2022, BStBl. 2022 I S. 333).

Leistungen aus der betrieblichen Altersvorsorge sind grundsätzlich beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Diese Krankenkassenbeiträge sind als sonstige Vorsorgeaufwendungen abziehbar.

7.1.2 Betriebsrenten werden unterschiedlich besteuert

Bei der Besteuerung von Leistungen aus der betrieblichen Altersvorsorge ist abhängig vom Durchführungsweg zu unterscheiden:

  • Die Zahlungen werden wie die Pension eines Beamten in voller Höhe nach § 19 Abs. 1 EStG als nachträgliche Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit versteuert (Werkspensionen). Dazu zählen Leistungen aus einer Direktzusage (Pensionszusage) oder Unterstützungskasse.

  • Die Zahlungen werden wie Renten als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG besteuert. Das gilt für Betriebsrenten aus einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds.

7.2 Besteuerung wie eine Pension

7.2.1 Werkspensionen werden in der Anlage N berücksichtigt

Leistungen aus einer Direktzusage (Pensionszusage) und aus einer betrieblichen Unterstützungskasse werden als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Arbeitslohn) in voller Höhe besteuert. Grund für die volle Besteuerung: Während der aktiven Beschäftigungszeit haben weder Sie noch Ihr Arbeitgeber Beiträge hierfür als Arbeitslohn versteuert. Es handelt sich also wie bei Beamten um die reine Form der nachgelagerten Besteuerung. Steuerlich korrekt bezeichnet man diese Betriebsrenten deshalb als Werkspensionen oder Betriebspensionen.

Diese Werkspensionen erkennen Sie u.a. daran, dass Sie vom früheren Arbeitgeber nach Ablauf des Jahres elektronisch oder per Post eine Lohnsteuerbescheinigung erhalten. Darin wird die Höhe Ihrer steuerpflichtigen Betriebsrente unter Nr. 3 ausgewiesen. Dieser Betrag und davon einbehaltene Steuerabzugsbeträge (Lohnsteuer sowie ggf. Soli und KiSt) werden in den Zeilen 6 bis 10 der Anlage N Ihrer Steuererklärung berücksichtigt. Soweit es sich bei Ihrer Betriebsrente steuerlich um Versorgungsbezüge handelt, wird dieser Betrag in der Lohnsteuerbescheinigung zudem unter Nr. 8 ausgewiesen.

Erhalten Sie Versorgungsleistungen aus einer Direktzusage oder Unterstützungskasse nicht fortlaufend als Rente, sondern in einer Summe ausbezahlt, handelt es sich um Vergütungen (Arbeitslohn) für mehrere Jahre nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Diese Kapitalzahlung ist nach der sogenannten Fünftelregelung begünstigt, wenn die Auszahlung zusammengeballt in einem Jahr erfolgt. Aus welchen Gründen die Kapitalisierung der Versorgungsleistungen erfolgt, spielt keine Rolle.

Teilkapitalauszahlungen in mehreren Kalenderjahren dagegen erfüllen nicht die Voraussetzung der Zusammenballung und sind deshalb nicht nach der Fünftelregelung begünstigt. Neuerdings aber lässt die Finanzverwaltung – entsprechend der Regelung zu Abfindungszahlungen – bei geringfügigen Teilleistungen eine ermäßigte Besteuerung nach der Fünftelregelung zu. Eine solche unschädliche geringfügige Teilleistung liegt vor, wenn sie

  • nicht mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt oder

  • im konkreten Fall niedriger ist als die durch die Fünftelregelung erzielte Steuerermäßigung der Hauptleistung (BMF-Schreiben vom 12.8.2021, BStBl. 2021 I S. 1050 Rdnr. 147; geändert mit BMF-Schreiben vom 18.3.2022, BStBl. 2022 I S. 333).

Dies gilt auch, wenn die Zahlung ursprünglich in einer Summe vereinbart war und die Verteilung der Auszahlung über mehrere Kalenderjahre auf Gründen beruht, die der Gestaltungsfreiheit des Steuerzahlers entzogen sind. Das hat aktuell der BFH klargestellt. Im Urteilsfall wurde der Kapitalbetrag aus einer Pensionszusage verteilt über drei Jahre ausgezahlt. Die in 2017 und 2018 ausgezahlten Teilbeträge betragen mehr als 10% der in 2016 ausgezahlten Hauptleistung und sind höher als die – bei Anwendung der Fünftelregelung mögliche – Steuerentlastung der Hauptleistung. Da es sich somit nicht um geringfügige Teilleistungen handelt, die auch nicht aus sozialer Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit geleistet wurden, lehnt der BFH die Steuerermäßigung nach der Fünftelregelung für die Hauptleistung ab (BFH-Urteil vom 15.12.2022, VI R 19/21).

Der (ehemalige) Arbeitgeber weist nach der Fünftelregelung ermäßigt besteuerte Zahlungen unter Nr. 10 (bei Versorgungsbezügen unter Nr. 9) der Lohnsteuerbescheinigung aus. In der Steuererklärung wird dieser Betrag in Zeile 17 (bei Versorgungsbezügen in Zeile 16) und die davon einbehaltenen Steuerabzugsbeträge in den Zeilen 19 und 20 der Anlage N berücksichtigt.

Hat der frühere Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug keine ermäßigte Besteuerung vorgenommen und deshalb in der Lohnsteuerbescheinigung unter Nr. 9 und Nr. 10 keinen Betrag ausgewiesen (ggf. Eintrag unter Nr. 19), ist der nach der Fünftelregelung ermäßigt zu besteuernde Betrag im unter Nr. 3 ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn enthalten. Sind die Voraussetzungen erfüllt, beantragen Sie in diesem Fall in der Steuererklärung die Anwendung der Fünftelregelung, indem Sie den entsprechenden steuerpflichtigen Teil des Bruttoarbeitslohns in die Zeile 18 der Anlage N eintragen.

7.2.2 Für Versorgungsbezüge gibt es den Versorgungsfreibetrag

Bei Werkspensionen kommt es für die Besteuerung darauf an, ob es sich steuerlich um Versorgungsbezüge gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG handelt.

Versorgungsbezüge liegen vor, wenn Sie Ihre Betriebsrente

  • wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder als Hinterbliebenenbezüge erhalten; oder

  • wegen Erreichens einer Altersgrenze erhalten und das 63. Lebensjahr oder als schwerbehinderter Mensch das 60. Lebensjahr vollendet haben.

Handelt es sich bei Ihrer Betriebsrente um Versorgungsbezüge, wird diese steuerlich wie die Pension eines Beamten behandelt. Das bedeutet: Sie erhalten

  • den Versorgungsfreibetrag einschließlich Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG) und

  • den Werbungskosten-Pauschbetrag für Pensionäre von 102,– € jährlich (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Bstb. b EStG) – sofern Sie keine höheren Werbungskosten haben.

Wann steuerlich Versorgungsbezüge vorliegen

Für eine Betriebsrente wegen Erreichen einer Altersgrenze gewährt das Finanzamt den Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag erst nach Erreichen eines Mindestalters von 63 Jahren bzw. bei schwerbehinderten Menschen von 60 Jahren (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG). Voraussetzung ist, dass Sie wegen des Erreichens der Altersgrenze von der Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen entbunden sind. Und somit die Zahlungen keine Gegenleistung für von Ihnen im gleichen Zeitraum geschuldete und erbrachte Dienste darstellen (BFH-Urteil vom 11.3.2020, VI R 26/18, BStBl. 2020 II S. 565).

Bei Versorgungsbezügen aus einem beamtenrechtlichen Dienstverhältnis oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts wird der Versorgungsfreibetrag dagegen unabhängig vom Lebensalter gewährt (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG). Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH-Urteil vom 7.2.2013, VI R 12/11, BStBl. 2013 II S. 576).

Eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen i.S. von § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Bstb. b EStG liegt vor, wenn Ihnen nach einer Ruhelohnordnung, Satzung, Dienstordnung oder einem (Tarif-)Vertrag von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eine lebenslange Alters- oder Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage Ihres Gehalts und der Dauer Ihrer Dienstzeit gewährt wird. Die zugesagte Versorgung muss nach Voraussetzung, Art und Umfang ungeachtet gewisser Abweichungen einer beamtenrechtlichen Versorgung in wesentlichen Grundzügen gleichstehen. Der Arbeitgeber muss die Versorgung selbst zugesagt haben, ohne sich hierbei einer gesonderten Versorgungseinrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit zu bedienen. Nicht erforderlich ist, dass auch das vorangegangene Dienstverhältnis beamtenrechtlichen Grundsätzen entsprach (BFH-Urteil vom 16.12.2020, VI R 29/18, BStBl. 2021 II S. 399).

Betriebsrenten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge sind ohne Altersgrenze als Versorgungsbezüge begünstigt. Der Begriff »verminderte Erwerbsfähigkeit« bestimmt sich nach den Grundsätzen des Sozialversicherungsrechts (Schönfeld/Plenker, Lexikon für das Lohnbüro 2023, S. 1000).

Beispiel:

Herr Schleicher hatte im Alter von 51 Jahren einen Unfall und ist seitdem erwerbsunfähig. Er erhält deshalb aus einer Unterstützungskasse eine monatliche Betriebsrente.

Die 45-jährige Witwe Frau Kling erhält als Hinterbliebenenbezüge vom früheren Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemannes monatlich ein Witwengeld.

In beiden Fällen handelt es sich steuerlich um Versorgungsbezüge.

Diese Grundsätze gelten auch für die Übergangsversorgung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT), diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen sowie für Übergangszahlungen nach § 47 Nr. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder.

Vom früheren Arbeitgeber zusätzlich zu den laufenden Versorgungsbezügen (Pensionen) gewährte Zuwendungen und geldwerte Vorteile (Sachbezüge) gehören ebenfalls zu den Versorgungsbezügen im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG und werden deshalb auch unter Nr. 8 der Lohnsteuerbescheinigung »In 3. enthaltene Versorgungsbezüge« angegeben (so zuletzt BMF-Schreiben vom 9.9.2019, BStBl. 2019 I S. 1397). Das kann z.B. gelten für die weitere Überlassung eines Firmenwagens zur privaten Nutzung, Rabatte oder Zuschüsse zu Kontoführungsgebühren.

Vorruhestandsleistungen können steuerlich Versorgungsbezüge sein, wenn Sie das Mindestalter von 63 Jahren bzw. bei einer Schwerbehinderung von 60 Jahren erreicht haben (R 19.8 Abs. 1 Nr. 21 LStR 2023).

Nach einem BFH-Urteil können auch vom ehemaligen Arbeitgeber an nichtbeamtete Versorgungsempfänger gezahlte Beihilfen im Krankheitsfall Versorgungsbezüge sein. Da in dem entschiedenen Fall der Werkspensionär als Versorgungsempfänger nach der Beihilferichtlinie des Arbeitgebers einen Rechtsanspruch auf Beihilfegewährung hat, handelt es sich letztlich bei dem Beihilfeanspruch um einen Anspruch, der an den Status als Versorgungsempfänger anknüpft (BFH-Urteil vom 6.2.2013, VI R 28/11, BStBl. 2013 II S. 572).

Das Gehalt bei Altersteilzeit dagegen wird ganz normal als Arbeitslohn besteuert. Es handelt sich hier nicht um Versorgungsbezüge. Das gilt auch während der Freistellungsphase bei Altersteilzeit im Blockmodell (BFH-Urteil vom 21.3.2013, VI R 5/12, BStBl. 2013 II S. 611).

Für Versorgungsbezüge können Sie nicht den Arbeitnehmer-Pauschbetrag, sondern nur den Werbungskosten-Pauschbetrag für Pensionäre von 102,– € jährlich beanspruchen. Höhere Werbungskosten, die mit Versorgungsbezügen in Zusammenhang stehen (z.B. Anwalts- oder Gerichtskosten), tragen Sie in der Steuererklärung in Zeile 73 auf Seite 3 der Anlage N ein. Werbungskosten zu Versorgungsbezügen, die nach der Fünftelregelung begünstigt sind, geben Sie in Zeile 74 an.

Nachfolgend erfahren Sie, wie der Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag berechnet wird. Ausführliche Informationen zur Besteuerung von Versorgungsbezügen finden Sie im Beitrag »So werden Pensionen besteuert«.

Versorgungsfreibetrag wird für Neupensionäre schrittweise abgebaut

Ermittelt wird der Versorgungsfreibetrag nach den Werten zu Beginn der Werkspension (Versorgungsbeginn): Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Versorgungsfreibetrags ist Ihre Werkspension für den ersten vollen Monat (bei Versorgungsbeginn vor 2005 für Januar 2005) mal zwölf. Sonderzahlungen (z.B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld), auf die Sie bei Versorgungsbeginn (bzw. im Januar 2005) einen Rechtsanspruch haben, werden noch hinzuaddiert.

Die Höhe des Versorgungsfreibetrags und des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag für Ihre Betriebsrente richtet sich nach dem Jahr des Versorgungsbeginns:

  • Nur bei Versorgungsbeginn bis 2005 erhalten Sie den ungekürzten Versorgungsfreibetrag: Steuerfrei sind 40 % der maßgebenden Versorgungsbezüge, höchstens aber 3.000,– €. Hinzu kommt ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag von bis zu 900,– € jährlich.

  • Bei Versorgungsbeginn ab 2006 wird der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag jahrgangsweise abgeschmolzen. Wer erstmals ab 2040 eine Werkspension bezieht, erhält gar keinen Versorgungsfreibetrag mehr (§ 19 Abs. 2 Satz 3 EStG).

Erhalten Sie nicht das ganze Jahr Versorgungsbezüge, z.B. zu Beginn der Werkspension, wird der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zeitanteilig gekürzt um ein Zwöftel für jeden vollen Monat, für den Sie keine Versorgungsbezüge erhalten haben (§ 19 Abs. 2 Satz 12 EStG). Das gilt nicht für (Teil-)Kapitalauszahlungen (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 184).

Beispiel:

Herr Vogel erhält von seinem ehemaligen Arbeitgeber mit 65 Jahren aus einer Direktzusage ab 1.10.2023 eine Betriebsrente von 400,– € monatlich. Zudem hat er Anspruch auf eine Sonderzahlung von 200,– € jährlich. Die Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag beträgt 5.000,– € (400,– € × 12 + 200,– €).

Jahr des Versorgungsbeginns ist 2023. Der Versorgungsfreibetrag beträgt deshalb 680,– € (13,6 % von 5.000,– €) zzgl. Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in Höhe von 306,– € und somit wird insgesamt ein Freibetrag von 986,– € jährlich vom Finanzamt berücksichtigt. Da Herr Vogel die Betriebsrente erst ab Okober 2023 erhält, wird für das Jahr 2023 allerdings der Freibetrag zeitanteilig gekürzt und beträgt deshalb aufgerundet 247,– € (3/12 von 986,– €).

So hoch ist der Versorgungsfreibetrag bei Versorgungsbeginn bis 2030

Jahr des Versorgungsbeginns

Der Versorgungsfreibetrag beträgt

Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag

Steuerfreier
Höchstbetrag
insgesamt

... % der Versorgungsbezüge

höchstens

bis 2005

40 %

3.000,– €

900,– €

3.900,– €

ab 2006

38,4 %

2.880,– €

864,– €

3.744,– €

2007

36,8 %

2.760,– €

828,– €

3.588,– €

2008

35,2 %

2.640,– €

792,– €

3.432,– €

2009

33,6 %

2.520,– €

756,– €

3.276,– €

2010

32 %

2.400,– €

720,– €

3.120,– €

2011

30,4 %

2.280,– €

684,– €

2.964,– €

2012

28,8 %

2.160,– €

648,– €

2.808,– €

2013

27,2 %

2.040,– €

612,– €

2.652,– €

2014

25,6 %

1.920,– €

576,– €

2.496,– €

2015

24 %

1.800,– €

540,– €

2.340,– €

2016

22,4 %

1.680,– €

504,– €

2.184,– €

2017

20,8 %

1.560,– €

468,– €

2.028,– €

2018

19,2 %

1.440,– €

432,– €

1.872,– €

2019

17,6 %

1.320,– €

396,– €

1.716,– €

2020

16,0 %

1.200,– €

360,– €

1.560,– €

2021

15,2 %

1.140,– €

342,– €

1.482,– €

2022

14,4 %

1.080,– €

324,– €

1.404,– €

2023

13,6 %

1.020,– €

306,– €

1.326,– €

2024

12,8 %

960,– €

288,– €

1.248,– €

2025

12,0 %

900,– €

270,– €

1.170,– €

2026

11,2 %

840,– €

252,– €

1.092,– €

2027

10,4 %

780,– €

234,– €

1.014,– €

2028

9,6 %

720,– €

216,– €

936,– €

2029

8,8 %

660,– €

198,– €

858,– €

2030

8,0 %

600,– €

180,– €

780,– €

Jahr des Versorgungsbeginns ist grundsätzlich das Jahr, in dem der Anspruch auf die Versorgungsbezüge entstanden ist. Wird eine Werkspension nachträglich festgesetzt, ist als Versorgungsbeginn der Monat maßgebend, für den die Versorgungsbezüge erstmals festgesetzt werden (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 171).

Bei Bezügen wegen Erreichens einer Altersgrenze ist das Jahr des Versorgungsbeginns das Jahr, in dem erstmals zum einen der Anspruch auf die Bezüge besteht und zum anderen das 63. Lebensjahr bzw. bei schwerbehinderten Menschen das 60. Lebensjahr vollendet ist (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 171a, eingefügt mit BMF-Schreiben vom 10.4.2015, BStBl. 2015 I S. 256). Betriebsrenten wegen Alters werden also erst ab dem Monat, in dem Sie 63 bzw. 60 Jahre alt werden, steuerlich als Versorgungsbezüge behandelt. Bei Teilkapitalauszahlungen in jährlichen Raten kommt es somit im Jahr des Versorgungsbeginns auf den Zeitpunkt der Auszahlung an.

Beispiel:

Herr Fuchs wird am 1.9.2023 63 Jahre alt. Er bezieht bereits seit August 2020 Versorgungsleistungen des Arbeitgebers aus einer Direktzusage, die als Teilkapitalauszahlungen in jährlichen Raten von 6.000,– € jeweils am 1. August eines Jahres gezahlt werden. Das Jahr des Versorgungsbeginns ist das Jahr 2023, da erstmals in diesem Jahr ein Anspruch auf die Versorgungsbezüge besteht und Herr Fuchs das 63. Lebensjahr vollendet hat.

Das Finanzamt gewährt für 2020 bis 2022 und auch für 2023 keinen Versorgungsfreibetrag. Grund: Die Ratenzahlung am 1.8.2023 wird vor Vollendung des 63. Lebensjahres gezahlt. Erst in 2024 hat Herr Fuchs im Zeitpunkt der Zahlung das 63. Lebensjahr vollendet. Berücksichtigt wird somit erstmals ab 2024 ein Versorgungsfreibetrag. Der nach dem Versorgungsbeginn in 2023 maßgebende und ab 2024 zu berücksichtigende Versorgungsfreibetrag beträgt 816,– € (13,6 % von 6.000,– €, höchstens 1.020,– €); der ab 2024 zu berücksichtigende Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag beträgt 306,– € (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 185 Beispiel 2, eingefügt mit BMF-Schreiben vom 10.4.2015, BStBl. 2015 I S. 256).

Der für den Versorgungsfreibetrag maßgebende Versorgungsbeginn tritt aber nicht ein, solange Sie von einer bloßen Option, Versorgungsleistungen für einen Zeitraum ab dem Erreichen der maßgeblichen Altersgrenze zu beanspruchen, tatsächlich keinen Gebrauch machen, z.B. weil Sie die Leistungen erst ab einem späteren Zeitpunkt in Anspruch nehmen wollen.

Beispiel:

Herr Sommer und Herr Winter wurden am 1.8.2022 63 Jahre alt. Beide könnten ab diesem Zeitpunkt monatliche Versorgungsleistungen aus einer Direktzusage beziehen.

Herr Winter entscheidet sich stattdessen für jährliche Teilkapitalauszahlungen von 6.000,– €. Die erste Rate wird am 1.2.2023 ausgezahlt. Das Jahr des Versorgungsbeginns ist 2022, da erstmals in diesem Jahr ein Anspruch auf die Versorgungsbezüge besteht und Herr Winter das 63. Lebensjahr vollendet hat. Der (mangels Zufluss in 2022) ab 2023 zu berücksichtigende Versorgungsfreibetrag beträgt 864,– € (14,4 % von 6.000,– €, höchstens 1.080,– €); der ab 2023 zu berücksichtigende Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag beträgt 324,– €.

Herr Sommer entscheidet sich dafür, die Versorgungsleistungen erst ab dem 1.8.2023 in Anspruch zu nehmen, um höhere Versorgungsleistungen zu erhalten. Auch er erhält jährliche Teilkapitalauszahlungen von 6.000,– €. Die erste Rate wird am 1.2.2024 ausgezahlt. Das Jahr des Versorgungsbeginns ist in diesem Fall 2023, da wegen der von ihm ausgeübten Option erstmals in diesem Jahr ein Anspruch auf die Versorgungsbezüge besteht und Herr Sommer das 63. Lebensjahr vollendet hat. Der (mangels Zufluss in 2023) ab 2024 zu berücksichtigende Versorgungsfreibetrag beträgt 816,– € (13,6 % von 6.000,– €, höchstens 1.020,– €); der ab 2024 zu berücksichtigende Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag beträgt 306,– € (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 185 Beispiele 3 und 4, eingefügt mit BMF-Schreiben vom 10.4.2015, BStBl. 2015 I S. 256).

Der bei Pensionsbeginn ermittelte Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag gilt grundsätzlich für die gesamte Laufzeit der Betriebsrente. Regelmäßige Anpassungen der Betriebsrente (laufender Bezug und Sonderzahlungen) führen nicht zu einer Neuberechnung des Versorgungsfreibetrags.

Betragen Ihre maßgebenden Versorgungsbezüge mindestens 7.500,– € jährlich, haben Sie den maximal möglichen Versorgungsfreibetrag erreicht. Der Versorgungszuschlag wird unabhängig von der Höhe Ihrer Werkspension gewährt. Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zusammen dürfen aber maximal so hoch sein wie die Werkspension. Negative Einkünfte sind also nicht möglich.

Werkspensionen unterliegen wie Arbeitslohn dem monatlichen Lohnsteuerabzug. Dabei muss der frühere Arbeitgeber den Versorgungsfreibetrag und – bei Steuerklasse I bis V – den Zuschlag berücksichtigen. Der Freibetrag und der Zuschlag sind nicht als Lohnsteuerabzugsmerkmal in der ELStAM-Datenbank eingetragen. Es prüft also der Arbeitgeber selbst, ob die Voraussetzungen vorliegen. Wird dabei ein zu hoher oder zu niedriger Freibetrag angesetzt, kann das Finanzamt ihn im Rahmen der Steuererklärung korrigieren (R 39b.3 Abs. 2 LStR 2023).

Damit das Finanzamt im Steuerbescheid den Versorgungsfreibetrag ermitteln kann, trägt Ihr früherer Arbeitgeber die hierzu nötigen Werte in der Lohnsteuerbescheinigung ein, die in der Steuererklärung entsprechend in der Anlage N berücksichtigt werden. So trägt er unter Nr. 29 die Bemessungsgrundlage für den Versorgungsfreibetrag und unter Nr. 30 das Jahr des Versorgungsbeginns ein.

Erhalten Sie zunächst eine Werkspension wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, ist maßgebend für die Höhe des Versorgungsfreibetrages und des Zuschlages das Jahr des Beginns dieser Versorgungsbezüge. Wird diese dann in Versorgungsbezüge wegen Erreichens der Altersgrenze umgewandelt, wird der Versorgungsfreibetrag neu berechnet. Dabei ist zu Ihren Gunsten weiterhin das Jahr des Beginns des Versorgungsbezugs wegen verminderter Erwerbsfähigkeit maßgebend (BMF-Schreiben vom 19.8.2013, BStBl. 2013 I S. 1087 Rz. 175).

Stirbt ein Werkspensionär, wird der Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag zeitanteilig bis einschließlich des Todesmonats berücksichtigt. Erhalten die Angehörigen Hinterbliebenenbezüge, werden für diese Versorgungsbezüge der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag ab dem Monat nach dem Tod des Pensionärs angesetzt und neu berechnet. Maßgebend für die Berechnung ist dabei das Jahr des Versorgungsbeginns beim Verstorbenen (§ 19 Abs. 2 Satz 7 EStG).

Übertragung der Versorgungsverpflichtung auf einen Pensionsfonds

Eine Besonderheit gilt für Werkspensionäre, deren früherer Arbeitgeber die Versorgungsverpflichtung nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei auf einen Pensionsfonds übertragen hat. In diesen Fällen ist die Betriebsrente nicht (mehr) als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in voller Höhe als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. Es werden aber weiterhin der Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag und der Werbungskosten-Pauschbetrag für Pensionäre berücksichtigt (§ 22 Nr. 5 Satz 11 EStG).

Ausnahme: Erfüllt die Betriebsrente (noch) nicht die Voraussetzungen für den Versorgungsfreibetrag, z.B. weil die erforderliche Altersgrenze nicht erreicht ist, können Sie (weiterhin) lediglich den Arbeitnehmer-Pauschbetrag beanspruchen. Wird später die Altersgrenze erreicht, berücksichtigt das Finanzamt ab diesem Zeitpunkt den für dieses Jahr maßgebenden Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag und den Werbungskosten-Pauschbetrag für Pensionäre.

Auch wenn Sie neben dieser Betriebsrente gleichzeitig noch andere Versorgungsbezüge (z.B. eine weitere Werkspension) erhalten, berechnet das Finanzamt den Versorgungsfreibetrag und den Zuschlag einkunftsartübergreifend für die gesamten Bezüge insgesamt nur einmal und teilt diese anteilig auf. Denn auch in diesem Fall ist der Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag nicht für jede Betriebsrente einzeln zu ermitteln, sodass der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags überschritten oder gar mehrfach angesetzt werden könnte (Hessisches FG vom 6.5.2021, 8 K 1565/19, EFG 2021 S. 1991; Az. der Revision X R 13/21).

Vom Versorgungsträger (Pensionsfonds) erhalten Sie – und auch das Finanzamt – eine Leistungsmitteilung (Rentenbezugsmitteilung). Darin ist unter Nr. 2 die Höhe der steuerpflichtigen Betriebsrente angegeben, die in der Steuererklärung entsprechend in Zeile 5 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt wird. In den folgenden Zeilen 6 bis 8 machen Sie die für die Berechnung des Versorgungsfreibetrags notwendigen Angaben zu Bemessungsgrundlage, Jahr des Versorgungsbeginns sowie bei unterjähriger Zahlung dem ersten und letzten Monat, für den die Betriebsrente gezahlt wird. Oft trägt der Versorgungsträger auf freiwilliger Basis diese Werte zusätzlich unter Nr. 2 der Leistungsmitteilung ein.

Diese Regelung gilt nur für Werkspensionäre, die im Zeitpunkt der Übertragung der Versorgungsverpflichtung auf den Pensionsfonds bereits die Betriebsrente beziehen. Neupensionäre, die erst nach der Übertragung ihre Betriebsrente bekommen, erhalten den Versorgungsfreibetrag dagegen nicht.

7.2.3 Ihre Werkspension zählt nicht zu den Versorgungsbezügen

Handelt es sich bei Ihrer Betriebsrente wegen Alters nicht um Versorgungsbezüge, weil Sie noch keine 63 (60) Jahre alt sind, wird sie steuerlich wie Arbeitslohn behandelt. Das bedeutet: Sie haben Anspruch auf den Arbeitnehmer-Pauschbetrag, erhalten aber nicht den Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag.

Für das Jahr, in dem Sie 63 (60) Jahre alt werden, gilt:

  • Ab dem Monat, in dem Sie Ihren 63. bzw. 60. Geburtstag haben, handelt es sich steuerlich um Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG, für die Sie den Versorgungsfreibetrag und den Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag erhalten. Beide Beträge aber kürzt das Finanzamt für jeden Monat davor um je ein Zwölftel. Den Werbungskosten-Pauschbetrag von 102,– € jährlich können Sie in voller Höhe in Anspruch nehmen.

  • Die Betriebsrente für die Monate davor wird steuerlich wie normaler Arbeitslohn behandelt: Sie haben Anspruch auf den Arbeitnehmer-Pauschbetrag ohne zeitanteilige Kürzung.

    Beispiel:

    Herr Lindner erhält seit seinem 60. Geburtstag im Jahr 2020 von seinem ehemaligen Arbeitgeber eine Betriebsrente von 500,– € monatlich. Am 8.9.2023 wird er 63 Jahre alt.

    Bis August 2023 wird die Betriebsrente steuerlich als Arbeitslohn behandelt. Ab September 2023 (= Versorgungsbeginn) handelt es sich steuerlich um Versorgungsbezüge.

Besteuerung wie eine Rente

7.3.1 Berücksichtigung in der Steuererklärung – die Anlage R-AV/bAV

Betriebsrenten aus einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds werden steuerlich wie Renten behandelt, weil die Beiträge während der aktiven Beschäftigungszeit steuerlich bereits als Arbeitslohn behandelt wurden.

Anders als Werkspensionen werden diese Betriebsrenten nach § 22 Nr. 5 EStG als sonstige Einkünfte besteuert und in der Steuererklärung in der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt. Das gilt auch, wenn ein Direktversicherungsvertrag ganz oder teilweise privat fortgeführt wird (BMF-Schreiben vom 12.8.2021, BStBl. 2021 I S. 1050 Rdnr. 148).

Von Ihrem Versorgungsträger erhalten Sie eine nach amtlichem Vordruck erstellte »Mitteilung über steuerpflichtige Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag oder aus einer betrieblichen Altersversorgung (§ 22 Nr. 5 Satz 7 EStG)«, kurz Leistungsmitteilung genannt. Für das erste Rentenjahr oder bei Änderung des Rentenbetrages ist er dazu verpflichtet. Der Versorgungsträger meldet die für die Besteuerung Ihrer Betriebsrente erforderlichen Daten (sog. eDaten) bis Ende Februar des Folgejahrs elektronisch an die Finanzverwaltung. Deshalb brauchen Sie die mit einem ⓔ-Logo versehenen Zeilen der Anlage R-AV/bAV grundsätzlich nur auszufüllen, wenn Sie von den in der Leistungsmitteilung bescheinigten Daten abweichen möchten.

In der Leistungsmitteilung weist der Versorgungsträger aus, welcher Betrag Ihrer Jahresrente wie zu versteuern ist und entsprechend in der Anlage R-AV/baV berücksichtigt wird. Dazu sind in der Mitteilung den Rentenbeträgen eine oder mehrere Nummern zugewiesen, die auch in der Anlage R-AV/bAV genannt sind. Einzelheiten zur Leistungsmitteilung hat die Finanzverwaltung per BMF-Schreiben geregelt (zuletzt mit BMF-Schreiben vom 9.11.2020, BStBl. 2020 II S. 1061). Zum Beispiel die VBL informiert in der Leistungsmitteilung auch über die abgeführten Beiträge an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung.

Die Anlage R-AV/bAV brauchen Sie nicht auszufüllen, wenn

  • die eDaten zu Ihrer(-n) Betriebsrente(n) elektronisch übermittelt wurden und

  • Sie davon nicht abweichen möchten und

  • in den Zeilen 6 bis 8, 17 und 24 keine Angaben machen müssen und

  • keine Werbungskosten in Zusammenhang mit Ihrer Betriebsrente haben oder geltend machen möchten, da die Werbungskosten zu allen Renten und Leistungen der Anlagen R, R-AV/bAV und R-AUS insgesamt nicht höher sind als der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102,– € jährlich.

»Besteuerung wie eine Rente« als sonstige Einkünfte bedeutet: Sie erhalten für diese Leistungen weder den Versorgungsfreibetrag noch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag. Sie erhalten lediglich den Werbungskosten-Pauschbetrag von 102,– € jährlich, sofern Sie keine höheren Werbungskosten haben. Dieser Pauschbetrag erhöht sich auch dann nicht, wenn Sie mehrere Renten beziehen, etwa zusätzlich eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Sind die Werbungskosten höher, tragen Sie auf der Rückseite der Anlage R-AV/bAV entsprechend der steuerlichen Behandlung der Leistung die damit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten in die jeweilige Zeile ein.

Ausnahmen von der Besteuerung wie eine Rente: Beschließt eine Pensionskasse Leistungskürzungen für Ihre Betriebsrente, tritt hierfür in der Regel der Arbeitgeber ein (sog. Subsidiärhaftung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG). Diese zum Ausgleich von Leistungskürzungen vom Arbeitgeber an Sie erbrachten Subsidiärleistungen werden steuerlich wie eine Werkspension behandelt und können deshalb Versorgungsbezüge sein (BMF-Schreiben vom 19.2.2020, IV C 5 - S 2333/19/10004 :014). Das gilt auch für Leistungen des Arbeitgebers aufgrund der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG, mit der die Leistungen einer Versorgungseinrichtung ergänzt werden. Als Versorgungsbeginn gilt der Beginn der Zahlung durch den Arbeitgeber (BMF-Schreiben vom 12.8.2021, BStBl. 2021 I S. 1050 Rdnr. 162 bis 165).

In welcher Höhe die Betriebsrente als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG steuerpflichtig ist, richtet sich danach, ob und inwieweit die hierauf eingezahlten Beiträge steuerlich gefördert wurden.

7.3.2 Wann gilt der günstige Ertragsanteil?

Oft sind diese Betriebsrenten nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. a EStG). Das gilt, soweit die Rente auf Beiträgen beruht, die vom Arbeitgeber pauschal oder von Ihnen normal als Arbeitslohn versteuert wurden (nicht geförderte Beiträge). Bei Beiträgen bis 2001 war dies immer der Fall. Seit 2002 trifft dies zu, soweit die Beiträge nicht steuerfrei waren und auch nicht nach der Riester-Rente gefördert wurden. Die Ausführungen zur Ermittlung des steuerpflichtigen Ertragsanteils bei Renten aus privaten Versicherungen gelten für diese Betriebsrenten entsprechend.

Bei Betriebsrenten wegen Alters handelt es sich in der Regel um lebenslange Leibrenten. Den maßgebenden Ertragsanteil können Sie in Tabelle 1 ablesen. In der Leistungsmitteilung ist unter Nr. 5 aufgeführt, welcher Jahres-Betrag der lebenslangen Altersrente nur in Höhe des Ertragsanteils als sonstige Einkünfte steuerpflichtig ist. Dieser Betrag wird in Zeile 15, der Beginn der Rente in Zeile 16 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt.

Für abgekürzte Leibrenten, wie zum Beispiel bei einer Betriebsrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, ist Tabelle 2 maßgebend. In der Leistungsmitteilung ist unter Nr. 6 aufgeführt, welcher Jahres-Betrag nur in Höhe des Ertragsanteils für abgekürzte Leibrenten steuerpflichtig ist. Dieser Betrag wird in Zeile 18, der Beginn und das voraussichtliche Ende der Rente in den Zeilen 19 und 20 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt.

Eine Besonderheit gilt für Verträge, die auf einer nach dem 31.12.2004 erteilten Versorgungszusage beruhen und die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach der Rürup- bzw. Basisrente erfüllen. Renten daraus sind mit dem höheren Besteuerungsanteil für gesetzliche Renten steuerpflichtig und werden in der Leistungsmitteilung unter Nr. 4 ausgewiesen. Dieser Rentenbetrag wird in Zeile 10, ein ggf. unter Nr. 4 ausgewiesener Rentenanpassungsbetrag in Zeile 11, der Beginn der Rente in Zeile 12 sowie ggf. Beginn und Ende einer vorhergehenden Rente (z.B. Berufsunfähigkeitsrente) in den Zeilen 13 und 14 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt.

7.3.3 Die Beiträge wurden (teilweise) steuerlich gefördert

Viele Betriebsrentner müssen mittlerweile einen mehr oder weniger großen Teil der Rente voll versteuern. Denn seit 2002 sind Beiträge an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder – seit 2005 – für eine Direktversicherung bis zu einem bestimmten Betrag nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei (sog. Eichel-Förderung). Daneben gibt es noch weitere Steuerbefreiungen für Beiträge/Leistungen in der Ansparphase und es besteht die Möglichkeit, für versteuerte Beiträge die Förderung nach der Riester-Rente in Anspruch zu nehmen.

Beruht Ihre Rente teilweise auf diesen steuerlich geförderten Beiträgen, wird aufgeteilt (BMF-Schreiben vom 12.8.2021, BStBl. 2021 I S. 1050 Rdnr. 155):

  • Der Teil der Rente, der auf steuerfreien oder Riester-geförderten Beiträgen beruht, ist nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in voller Höhe steuerpflichtig und wird in der Leistungsmitteilung unter Nr. 1 ausgewiesen.

  • Der Teil der Rente, der auf nicht steuerlich geförderten Beiträgen beruht, ist nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. a EStG nur mit dem Ertragsanteil steuerpflichtig. Dieser Teilbetrag steht in der Leistungsmitteilung unter Nr. 5 bzw. bei abgekürzten Leibrenten unter Nr. 6.

Beruht die ausgezahlte Leistung ausschließlich auf steuerlich geförderten Beiträgen, ist sie in voller Höhe steuerpflichtig nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG und wird in der Leistungsmitteilung unter Nr. 1 ausgewiesen.

7.3.4 Einmalauszahlung

Auch wenn Sie keine Rente, sondern eine Kapitalauszahlung aus einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds erhalten, ist entscheidend für die Besteuerung dieser Leistung, ob die Auszahlung auf geförderten oder auf nicht geförderten Beiträgen beruht (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Bstb. b EStG):

  • Wurden die Beiträge pauschal oder normal versteuert (nicht geförderte Beiträge), kommt es darauf an, ob es sich um einen Alt- oder einen Neuvertrag handelt:

    • Wurde Ihr Vertrag bis zum 31.12.2004 abgeschlossen (Altvertrag), ist die gesamte Kapitalauszahlung steuerfrei, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Beiträge erfüllt sind. Erfolgt die Auszahlung vor Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsschluss, sind die rechnungsmäßigen und die außerrechnungsmäßigen Zinsen (der Überschuss- bzw. Gewinnanteil) als sonstige Einkünfte steuerpflichtig.

    • Wurde Ihr Vertrag ab dem 1.1.2005 abgeschlossen (Neuvertrag), ist die Differenz zwischen der ausgezahlten Versicherungsleistung (Kapitalauszahlung) und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. Dieser Differenzbetrag ist aber nur zur Hälfte steuerpflichtig, wenn die Auszahlung erst nach Ihrem 60. Geburtstag (bei Vertragsabschluss nach dem 31.12.2011 nach Ihrem 62. Geburtstag) erfolgt und der Vertrag im Zeitpunkt der Auszahlung mindestens zwölf Jahre bestanden hat.

    Den steuerpflichtigen Betrag bescheinigt der Versorgungsträger in der Leistungsmitteilung unter Nr. 7. In der Anlage R-AV/bAV wird dieser Betrag in Zeile 21 berücksichtigt.

  • Beruht die Kapitalauszahlung ausschließlich auf steuerfreien oder Riester-geförderten Beiträgen (geförderte Beiträge), ist sie nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in voller Höhe als sonstige Einkünfte steuerpflichtig und wird in der Leistungsmitteilung unter Nr. 1 ausgewiesen. Das gilt für ein von einer Pensionskasse ausgezahltes einmaliges Sterbegeld auch dann, wenn es mangels lebender Bezugsberechtigter ersatzweise an die Erben ausgezahlt wird (BFH-Urteil vom 5.11.2019, X R 38/18, DStR 2020 S. 878).

  • Beruht die Kapitalauszahlung auf geförderten und nicht geförderten Beiträgen, teilt der Versorgungsträger den ausgezahlten Betrag entsprechend auf (§ 22 Nr. 5 Satz 2 EStG).

Wird der Anspruch aus einer Direktversicherung, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds als Einmalbetrag (Kapitalabfindung oder Auszahlung des Rückkaufswertes) ausgezahlt, gewährt das Finanzamt für den steuerpflichtigen Betrag nicht die Steuerermäßigung nach der Fünftelregelung (BMF-Schreiben vom 12.8.2021, BStBl. 2021 I S. 1050 Rdnr. 149).

Der BFH geht zwar bei solchen Einmalzahlungen von einer Vergütung für mehrjährige Tätigkeit aus, wenn – was in der Regel der Fall ist – die früheren Beitragszahlungen einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfassen. Aber: Erforderlich für die Anwendung der Fünftelregelung ist neben der »Zusammenballung von Einkünften« zusätzlich die »Außerordentlichkeit« dieser Einkünfte. Entscheidend hierfür ist, dass die Einmalzahlung atypisch ist. Ob bei Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds eine einmalige Kapitalabfindung bei Rentenbeginn oder vorzeitige Auszahlung des Rückkaufswertes atypisch ist, mussten im zweiten Rechtsgang die Vorinstanzen anhand verfügbaren statistischen Materials klären (BFH-Urteile vom 6.5.2020, X R 24/19, BStBl. 2021 II S. 141 sowie X R 7/19, HFR 2021 S. 378). Das FG Köln konnte die vom BFH geforderte Atypik nicht feststellen, da die eingeholten statistischen Daten letztlich allesamt unergiebig waren, und hat deshalb die Anwendung der Fünftelregelung abgelehnt (FG Köln vom 30.9.2021, 15 K 855/18, EFG 2022 S 166).

Das Finanzamt gewährt dagegen die Fünftelregelung, wenn Sie

  • vom Versorgungsträger eine Nachzahlung für mehrere Jahre erhalten, z.B. weil die Betriebsrente falsch berechnet wurde (R 34.4 Abs. 1 EStR). Das gilt nicht, soweit die Nachzahlung für das laufende Kalenderjahr gezahlt wird. Der begünstigte Betrag steht unter Nr. 11 der Leistungsmitteilung und wird in Zeile 26 der Anlage R-AV/bAV berücksichtigt.

  • aus einem Riester-Vertrag die Abfindung einer sog. Kleinbetragsrente zu Beginn der Auszahlungsphase oder im darauffolgenden Jahr erhalten (§ 22 Nr. 5 Satz 13 EStG). Kleinbetragsrente ist eine monatliche Rente von bis zu 1 % der monatlichen Bezugsgröße (West) in der Sozialversicherung. Im Jahr 2023 sind das bis zu 33,95 € (2022: 32,90 €) monatlich. Der Versorgungsträger bescheinigt diese Abfindungszahlung in der Leistungsmitteilung unter Nr. 3. In der Anlage R-AV/bAV wird dieser Betrag in Zeile 9 berücksichtigt.

8. Kontrolle durch die Rentenbezugsmitteilung

Für die Jahre ab 2005 gilt ein automatisiertes Meldeverfahren für gesetzliche, betriebliche und private Renten. Die Versicherungsträger sind gesetzlich dazu verpflichtet, jährliche Mitteilungen über geleistete steuerpflichtige Rentenzahlungen an eine zentrale Stelle der Finanzverwaltung elektronisch zu übermitteln (§ 22a Abs. 1 ESTG 2016). Erforderlich ist für jeden Vertrag und jede Rente eine gesonderte Rentenbezugsmitteilung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz. Die Einzelheiten zur Rentenbezugsmitteilung hat die Finanzverwaltung per BMF-Schreiben geregelt (BMF-Schreiben vom 7.12.2011, BStBl. 2011 I S. 1223).

Die Rentenbezugsmitteilungen werden jeweils bis zum 1. März des Folgejahres versendet. Die gemeldeten Daten sind für das Finanzamt nicht verbindlich. Für steuerfreie Renten (z.B. aus der gesetzlichen Unfallversicherung) wird keine Rentenbezugsmitteilung übermittelt.

8.1 Wer meldet?

Alle Stellen, die Renten auszahlen. Dazu gehören:

  • die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung;

  • der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung für die Träger der Alterssicherung der Landwirte;

  • berufsständische Versorgungseinrichtungen;

  • Pensionskassen, Pensionsfonds und Zusatzversorgungseinrichtungen im öffentlichen Dienst wie die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) oder Versorgungskassen des kommunalen und kirchlichen Dienstes;

  • Versicherungsunternehmen sowie Anbieter von Rürup- und Riester-Renten.

Für die Datenübermittlung wird die Steuer-Identifikationsnummer benötigt. Grundsätzlich sind Sie als Rentenempfänger verpflichtet, diese der auszahlenden Stelle mitzuteilen (§ 22a Abs. 2 Satz 1 ESTG 2016). Das gilt auch, wenn Sie im Ausland leben. Ausnahmsweise erhielten für die Jahre 2005 bis 2008 die Versicherungsträger auch ohne vorherige Anfrage beim Rentenempfänger die Identifikationsnummer vom Bundeszentralamt für Steuern.

Die Daten werden elektronisch gesendet an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (§ 81 EStG). Dort werden die Daten zusammengeführt und an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde übermittelt.

Auch wenn es praktisch wäre: Das Gesetz sieht nicht vor, dass Sie eine Kopie der Rentenbezugsmitteilung erhalten. Es reicht aus, wenn Sie darüber unterrichtet werden, dass die Rente der zentralen Stelle mitgeteilt wird (§ 22a Abs. 3 ESTG 2016).

8.2 Was wird gemeldet?

Die Mitteilung erfolgt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz und enthält insbesondere folgende Angaben:

  • Identifikationsnummer, Name und Geburtsdatum des Rentenempfängers;

  • nach Art (Rechtsgrund) der Besteuerung jeweils gesondert ausgewiesen die Höhe der erhaltenen Leistungen sowie ggf. der im Jahres-Rentenbetrag enthaltene Rentenanpassungsbetrag. Im Leistungsbetrag enthaltene Nachzahlungen für mehrere Jahre werden gesondert ausgewiesen;

  • Beginn und ggf. voraussichtliches Ende des Rentenbezugs, sowie bei Folgerenten Beginn und Ende der vorhergehenden Rente;

  • Höhe der vom Versicherer an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung geleisteten und erstatteten Beiträge bzw. der geleisteten und ggf. zurückgeforderten Beitragszuschüsse nach § 106 SGB VI, soweit diese nicht bereits mit einer elektronischen Lohnsteuerbescheinigung übermittelt wurden.

Der Fiskus kann damit nicht nur die Besteuerung von Renten ab 2005 kontrollieren, sondern auch Rückschlüsse für die Jahre vor 2005 ziehen. Dazu heißt es im Bericht des Finanzausschusses vom 29.4.2004 zum Alterseinkünftegesetz: »Rentenbezieher hielten ihre Renten in der Vergangenheit vielfach nicht für steuerpflichtig. In dieser Auffassung sind sie durch die öffentliche Diskussion über die Rentenbesteuerung zumindest bestärkt worden. In der Mehrzahl der in Betracht kommenden Fälle dürfte daher allenfalls eine leichtfertige und außerdem in der Regel auch nur geringfügige Steuerverkürzung für vergangene Veranlagungszeiträume anzunehmen sein ... Die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte soll auch nicht dazu dienen, unterbliebene Steuerfestsetzungen für die Vergangenheit zu ermöglichen, sondern die möglichst einfache Durchführung der Besteuerung von Renten in der Zukunft zu gewährleisten. Der Finanzausschuss geht davon aus, dass diese Zielsetzung des Gesetzes von den Finanzbehörden angemessen berücksichtigt werden wird.«

Die Finanzbeamten haben »bei Vorliegen einer Rentenbezugsmitteilung zu berücksichtigen, inwieweit der Ermittlungsaufwand bei der Finanzbehörde, aber auch bei den Steuerpflichtigen durch das voraussichtliche steuerliche Ergebnis gerechtfertigt wäre« (BMF-Schreiben vom 7.12.2011, BStBl. 2011 I S. 1223 Rz. 113).

9. Wann müssen Rentner Steuern zahlen?

9.1 Maßgebend ist die Höhe des zu versteuernden Einkommens

Die Rentenbezugsmitteilung ist nur ein Kontrollverfahren. Sie beinhaltet keine automatische Steuerpflicht für Rentner, entbindet aber auch nicht von der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung. Ob Sie Steuern zahlen bzw. eine Steuererklärung abgeben müssen, entscheidet die Höhe Ihrer steuerpflichtigen Einkünfte.

Ob Sie als Rentner Steuern zahlen müssen, hängt davon ab,

  • wie viel Rente Sie bekommen,

  • wie hoch der steuerpflichtige Anteil Ihrer Rente(n) ist,

  • ob Sie verheiratet sind,

  • wie hoch die weiteren steuerpflichtigen Einkünfte sind und

  • wie hoch die steuerlich abzugsfähigen Ausgaben (z.B. Versicherungsbeiträge) sind.

Einkommensteuer müssen Sie nur dann zahlen, wenn Sie mit Ihrem zu versteuernden Einkommen über dem Grundfreibetrag liegen. Dieser beträgt in

  • 2020: 9.408,– € (Verheiratete: 18.816,– €);

  • 2021: 9.744,– € (Verheiratete: 19.488,– €);

  • 2022: 10.347,– € (Verheiratete: 20.694,– €).

Das zu versteuernde Einkommen ist vereinfacht ausgedrückt die Summe Ihrer steuerpflichtigen Einkünfte (Einnahmen ./. Werbungskosten/Betriebsausgaben) vermindert um die steuerlich abzugsfähigen Ausgaben bzw. Pauschbeträge (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen etc.).

Vor allem – aber nicht nur – für Neurentner steigt der steuerpflichtige Anteil der Rente von Jahr zu Jahr. Dadurch erhöhen sich die sonstigen Einkünfte und somit auch das zu versteuernde Einkommen. Deshalb müssen immer mehr Rentner Steuern an das Finanzamt zahlen. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe:

  • Für jeden neuen Rentnerjahrgang wird der steuerpflichtige Anteil der Rente immer höher: Je nach Jahr des Rentenbeginns (Rentnerjahrgang) steigt der für die Ermittlung des Rentenfreibetrags maßgebliche Besteuerungsanteil pro Jahr um 2 %, ab 2021 um 1 %. Bei Rentenbeginn in 2022 beträgt der Besteuerungsanteil bereits 82 % .

  • Der festgeschriebene Rentenfreibetrag führt dazu, dass Erhöhungsbeträge aus regelmäßigen Rentenanpassungen in voller Höhe (nicht nur mit dem Besteuerungsanteil) das zu versteuernde Einkommen erhöhen. Das betrifft auch Bestandsrentner.

Um zu klären, ob Steuern anfallen, muss im Einzelfall das zu versteuernde Einkommen ermittelt werden. Pauschale Aussagen lassen sich treffen, wenn Sie außer der gesetzlichen Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte beziehen.

9.2 Sie beziehen nur die gesetzliche Rente

Nach Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) fällt für 2021 bei einem alleinstehenden Rentner keine Steuer an, wenn die gesetzliche Brutto-Rente – das ist nicht der ausgezahlte Betrag, sondern der Rentenbetrag vor Abzug des Eigenanteils zur Kranken- und Pflegeversicherung bzw. ohne Zuschuss zur Krankenversicherung – folgende Beträge nicht übersteigt:

Jahr des Rentenbeginns

Monatsrente (1. Halbjahr)

Monatsrente (2. Halbjahr)

Jahresrentenbetrag 2021

bei Vorsorgeaufwendungen von

bis 2005

1.486,– €

1.497,– €

17.900,– €

1.853,– €

2006

1.452,– €

1.463,– €

17.492,– €

1.811,– €

2007

1.424,– €

1.434,– €

17.152,– €

1.777,– €

2008

1.407,– €

1.417,– €

16.942,– €

1.754,– €

2009

1.385,– €

1.395,– €

16.678,– €

1.727,– €

2010

1.355,– €

1.365,– €

16.319,– €

1.690,– €

2011

1.333,– €

1.342,– €

16.052,– €

1.662,– €

2012

1.317,– €

1.327,– €

15.862,– €

1.642,– €

2013

1.301,– €

1.310,– €

15.668,– €

1.622,– €

2014

1.282,– €

1.291,– €

15.441,– €

1.599,– €

2015

1.270,– €

1.280,– €

15.300,– €

1.584,– €

2016

1.260,– €

1.269,– €

15.169,– €

1.571,– €

2017

1.241,– €

1.250,– €

14.949,– €

1.548,– €

2018

1.223,– €

1.231,– €

14.723,– €

1.525,– €

2019

1.204,– €

1.213,– €

14.499,– €

1.502,– €

2020

1.178,– €

1.187,– €

14.189,– €

1.469,– €

2021

1.162,– €

1.170,– €

13.990,– €

1.449,– €

Für 2022 fällt nach Berechnungen des BMF bei einem alleinstehenden Rentner keine Steuer an, wenn die gesetzliche Brutto-Rente folgende Beträge nicht übersteigt:

Jahr des Rentenbeginns

Monatsrente (1. Halbjahr)

Monatsrente (2. Halbjahr)

Jahresrentenbetrag 2022

bei Vorsorgeaufwendungen von

bis 2005

1.505,– €

1.597,– €

18.608,– €

1.927,– €

2006

1.472,– €

1.562,– €

18.206,– €

1.886,– €

2007

1.445,– €

1.533,– €

17.867,– €

1.850,– €

2008

1.428,– €

1.516,– €

17.662,– €

1.829,– €

2009

1.407,– €

1.493,– €

17.400,– €

1.802,– €

2010

1.378,– €

1.462,– €

17.043,– €

1.765,– €

2011

1.357,– €

1.440,– €

16.778,– €

1.737,– €

2012

1.341,– €

1.423,– €

16.588,– €

1.717,– €

2013

1.326,– €

1.407,– €

16.396,– €

1.698,– €

2014

1.307,– €

1.387,– €

16.168,– €

1.675,– €

2015

1.296,– €

1.375,– €

16.029,– €

1.660,– €

2016

1.285,– €

1.364,– €

15.896,– €

1.646,– €

2017

1.268,– €

1.345,– €

15.677,– €

1.624,– €

2018

1.249,– €

1.326,– €

15.449,– €

1.600,– €

2019

1.231,– €

1.306,– €

15.224,– €

1.577,– €

2020

1.206,– €

1.280,– €

14.913,– €

1.544,– €

2021

1.200,– €

1.274,– €

14.843,– €

1.537,– €

2022

1.183,– €

1.256,– €

14.636,– €

1.516,– €

Bei diesen Werten liegt das zu versteuernde Einkommen nicht über dem Grundfreibetrag von 9.744,– € (2021) bzw. 10.347,– € (2022) und die Rente bleibt somit letztlich steuerfrei.

Bitte beachten Sie: Diese näherungsweisen Berechnungen gelten nur dann, wenn Sie außer der gesetzlichen Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte haben (also z.B. keine Betriebsrente, keinen Arbeitslohn und keine Nebentätigkeit). Ausnahme: Ein vom Arbeitgeber pauschal versteuerter Arbeitslohn aus einem 450-Euro-Job (ab 1.10.2022: 520-Euro-Job) erhöht das zu versteuernde Einkommen nicht und kann deshalb außen vor bleiben.

Zugrunde liegen den Rentenberechnungen die Rentensteigerungen Ost. In den alten Bundesländern fielen in den Jahren 2009 und ab 2012 die Rentenanpassungen geringer aus und somit sind auch die in den Rentenbeträgen enthaltenen voll steuerpflichtigen Rentenerhöhungsbeträge niedriger. Deshalb dürften hier auch die Rentenbeträge, bis zu denen keine Steuer anfällt, noch etwas höher liegen – für 2021 in den Jahren bis 2019 bzw. für 2022 in den Jahren bis 2020.

Für verheiratete Rentner verdoppeln sich grundsätzlich die in den Tabellen genannten Rentenbeträge. Vorausgesetzt, der Ehepartner hat keine steuerpflichtigen Einkünfte. Bezieht auch der Ehepartner eine gesetzliche Rente, fällt keine Steuer an, wenn beide Ehepartner jeweils unter dem genannten Rentenbetrag ihres Rentnerjahrgangs liegen.

Berücksichtigt hat das BMF bei diesen Berechnungen nur steuermindernde Beträge, die in jedem Fall anfallen: der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102,– €, der Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36,– € sowie die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- (ohne kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz) und Pflegeversicherung (voller Beitragssatz ohne Zuschlag für Kinderlose). Diese beim jeweiligen Jahres-Rentenbetrag anfallenden und bei der Berechnung berücksichtigten abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen finden Sie in der jeweils letzten Spalte »bei Vorsorgeaufwendungen von«.

Meist haben Sie deutlich höhere steuerlich abzugsfähige Ausgaben. Dann bleibt eine noch höhere Rente letztlich steuerfrei. Ab wann tatsächlich Steuer anfällt, sollte immer im Einzelfall berechnet werden.

Fällt Steuer an, kommt bei Rentnern oft noch eine Steuerermäßigung der Einkommensteuer nach § 35a EStG für haushaltsnahe Hilfen und Handwerkerleistungen in Betracht. Bei selbst genutztem Wohneigentum gibt es seit 2020 für energetische Maßnahmen eine Steuerermäßigung der Einkommensteuer nach § 35c EStG.

9.3 Sie haben neben der gesetzlichen Rente weitere Einkünfte

Erzielen Sie und/oder Ihr Ehepartner zusätzlich zu Ihrer Rente weitere Einkünfte (zum Beispiel Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, einer Betriebsrente oder einer Nebenbeschäftigung), hängt sehr viel davon ab, wie hoch diese Einkünfte sind und wie hoch der steuerpflichtige Anteil Ihrer Rente(n) ist.

Beispiel:

Herr und Frau Schmidt aus Köln, beide Jahrgang 1940, beziehen jeweils eine gesetzliche Altersrente seit 2003 bzw. 2004. Für beide galt demzufolge in 2005 ein Besteuerungsanteil von 50 %. Daraus wurde der Rentenfreibetrag errechnet:

  • Bei Herrn Schmidt beträgt der Rentenfreibetrag 9.000,– € (50 % der Jahresrente 2005 von 18.000,– €). Die Jahresrente in 2020 beträgt 23.160,– €.

  • Bei Frau Schmidt beträgt der Rentenfreibetrag 6.000,– € (50 % der Jahresrente 2005 von 12.000,– €). Die Jahresrente in 2020 beträgt 15.440,– €.

Es gab nur regelmäßige Rentenanpassungen, keine außerordentlichen Rentenanpassungen (insb. kein Mütterrentenzuschlag). Zusätzlich haben sie Einkünfte aus der Vermietung zweier Eigentumswohnungen von 5.000,– €. Frau Schmidt hat eine Behinderung mit einem GdB von 70. Die Beiträge zur Basis-Krankenversicherung und Pflege-Pflichtversicherung belaufen sich auf 4.210,– €. Gespendet hat Familie Schmidt 500,– €.

So berechnet sich das zu versteuernde Einkommen im Jahr 2020:

Herr Schmidt

Frau Schmidt

Insgesamt

Einkünfte aus Vermietung

2.500,– €

2.500,– €

Sonstige Einkünfte

Jahres-Rente 2020

23.160,– €

15.440,– €

./. Rentenfreibetrag

./.

9.000,– €

./.

6.000,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

./.

102,– €

Einkünfte

16.558,– €

11.838,– €

Summe der Einkünfte

28.396,– €

./. Altersentlastungsbetrag
(40 % von je 2.500,– €)


./.


1.000,– €


./.


1.000,– €


./.


2.000,– €

Gesamtbetrag der Einkünfte

26.396,– €

./. Spenden

./.

500,– €

./. Vorsorgeaufwendungen

./.

4.210,– €

./. Pauschbetrag Behinderung

./.

890,– €

Zu versteuerndes Einkommen

20.796,– €

Die zu zahlende Einkommensteuer für das Jahr 2020 nach Splittingtarif beträgt 296,– € (ohne Kirchensteuer).

Beispiel:

Wie Beispiel vorher. Mit folgenden Abwandlungen: Herr Schmidt ist Jahrgang 1954 und bezieht seit 2019 die gesetzliche Altersrente und eine Werkspension aus einer Direktzusage seines Arbeitgebers in Höhe von 15.440,– €. Die Beiträge zur Basis-Krankenversicherung und Pflege-Pflichtversicherung belaufen sich auf 5.120,– € jährlich. Frau Schmidt ist Jahrgang 1954 und hat nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bei Herrn Schmidt betragen in 2020:

Versorgungsbezüge (Direktzusage)

15.440,– €

./.

Versorgungsfreibetrag (17,6 % v. 15.440,– €, max.)

./.

1.320,– €

./.

Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag

./.

396,– €

./.

Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit

13.622,– €

Der Rentenfreibetrag für die gesetzliche Altersrente von Herrn Schmidt wird in 2020 festgeschrieben und beträgt aufgerundet 5.096,– € (22 % von 23.160,– € (Jahresrente in 2020)).

So berechnet sich in diesem Fall das zu versteuernde Einkommen für das Jahr 2020:

Herr Schmidt

Frau Schmidt

Insgesamt

Einkünfte aus Vermietung

2.500,– €

2.500,– €

Einkünfte aus
nichtselbstständiger Arbeit


13.622,– €

Sonstige Einkünfte

Jahres-Rente 2020

23.160,– €

./. Rentenfreibetrag

./.

5.096,– €

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

./.

102,– €

Einkünfte

34.084,– €

2.500,– €

Summe der Einkünfte

36.584,– €

./. Altersentlastungsbetrag
(17,6 % von je 2.500,– €)


./.


440,– €


./.


440,– €


./.


880,– €

Gesamtbetrag der Einkünfte

35.704,– €

./. Spenden

./.

500,– €

./. Vorsorgeaufwendungen

./.

5.120,– €

./. Pauschbetrag Behinderung

./.

890,– €

Zu versteuerndes Einkommen

29.194,– €

Ergebnis: Obwohl Familie Schmidt über gleich hohe Einnahmen wie im vorhergehenden Beispiel verfügt, ist das zu versteuernde Einkommen trotz höherer Krankenversicherungsbeiträge wesentlich höher. Grund hierfür ist der höhere Besteuerungsanteil für die gesetzliche Rente, die höhere Besteuerung der Werkspension und der abgeschmolzene Altersentlastungsbetrag. Die zu zahlende Einkommensteuer für das Jahr 2020 nach Splittingtarif beträgt 1.976,– € zzgl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 6,40 € (ohne Kirchensteuer).