Neurentner erhalten nun Grundrentenbescheide

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Das Grundrentengesetz ist Anfang 2021 in Kraft getreten. Grundrentenbescheide verschickt die Rentenversicherung jedoch erst seit Juli 2021 – und auch das vorerst bloß an Neurentner.

Was bedeutet das, und wie geht es weiter?

Was dürfen die Betroffenen von der Grundrente erwarten?

Schätzungen gehen davon aus, dass rund 6 % der Rentner Anspruch auf die sogenannte Grundrente haben und dass der Rentenzuschlag durchschnittlich bei rund 75,– € liegt. Die Rentenversicherer befürchten, dass viele Rentner enttäuscht sind, weil sie mehr erwartet haben.

Muss ich einen Antrag auf Grundrente stellen?

Nein. Jeder, der Anspruch auf diese Leistung hat, erhält sie automatisch. Die Rentenversicherungsträger prüfen dies aufgrund der im Rentenkonto der Versicherten gespeicherten Daten. Da das Gesetz auch eine Prüfung des Einkommens der Betroffenen vorsieht, wurde zudem eine Datenautobahn zu den Finanzämtern aufgebaut.

Weil zur Berechnung der Grundrente 26 Millionen Rentenakten zu bearbeiten sind, zieht sich die Prüfung der Grundrentenansprüche bis Ende 2022 hin. Derzeit sind zunächst die Neurentner an der Reihe.

Gibt es über die Grundrente einen Extra-Bescheid?

Nein, Neurentner erhalten – wie bisher auch – einen einzigen Rentenbescheid. Dabei ist die Grundrente – soweit ein Anspruch hierauf besteht – in der Berechnung der Rentenhöhe berücksichtigt. Grundlage für die Berechnung der Rente sind die Rentenpunkte (Entgeltpunkte), die nach den für alle Versicherten geltenden Regeln erworben wurden, und ein Zuschlag an Entgeltpunkten, die sogenannte Grundrente.

Wie hoch dieser Zuschlag ist und wie er berechnet wird, können Sie Ihrem Rentenbescheid entnehmen.

Erfahren auch diejenigen, die keine Grundrente erhalten, warum das so ist?

In den Bescheiden für Neurentner findet sich eine entsprechende Information. Sie enthalten eine Aussage, warum kein Anspruch auf den Grundrentenzuschlag besteht. Es wird genau aufgeführt, ob die 33 Jahre Grundrentenzeiten nicht erfüllt sind oder die durchschnittlichen Entgeltpunkte den Wert von mindestens 0,8 erreichen. Die Einkommensanrechnung ist in einer eigenen Anlage Zusammentreffen von Rente und Einkommen dargestellt.

Wann habe ich Anspruch auf Grundrente?

Sie müssen im Schnitt zwischen 30 % und 80 % des Durchschnittsentgelts verdient haben und Ihr aktuelles Einkommen darf nicht zu hoch sein. Vor allem aber müssen Sie mindestens 33 Jahre mit sogenannten Grundrentenzeiten auf Ihrem Rentenkonto haben.

Für den vollen Grundrentenanspruch sind sogar 35 Grundrentenjahre notwendig. Dabei zählen vor allem Beitragsjahre aus Beschäftigung sowie Zeiten der Kindererziehung und Pflege.

Informiert die Rentenversicherung im Rentenbescheid auch über Grundrentenzeiten?

In den Bescheiden, die jetzt für Neurentner verschickt werden, gibt es auch eine Aufstellung über Grundrentenzeiten. Diese Anlage Grundrentenzeiten findet sich in allen aktuellen Rentenbescheiden. Hier können die Grundrentenmonate entnommen werden.

Diese Auflistung erhalten Sie als Neurentner also auch dann, wenn Sie auf keine 33 Jahre mit Grundrentenzeiten kommen, sondern beispielsweise nur 20 Jahre mit entsprechenden Zeiten nachweisen können.

Wofür kann ich die Aufstellung über die Grundrentenzeiten verwenden?

Zunächst einmal können Sie so kontrollieren, ob Sie die erforderlichen 33 bzw. 35 Jahre für einen Grundrentenanspruch erfüllen. Genauso wichtig ist jedoch: Wenn Sie 33 oder mehr Jahre mit Grundrentenzeiten nachweisen können, haben Sie einen Anspruch auf einen recht hohen Freibetrag bei der Grundsicherung im Alter und beim Wohngeld.

Bei der Grundsicherung im Alter beträgt der Freibetrag bis zu 223,– € monatlich. Praktisch bedeutet dies, dass sich Ihr monatlicher Anspruch an das Sozialamt um bis zu 223,– € erhöht. So hoch ist der Freibetrag immer dann, wenn Ihre monatliche Rente brutto 510,– € oder mehr beträgt. Brutto bedeutet: Vor dem Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Lege ich den Bescheid über Grundrentenzeiten beim Sozialamt vor?

Das sollten Sie in jedem Fall tun, wenn Sie erstmals Grundsicherung im Alter beantragen. Wenn Sie als Rentner bereits laufend Grundsicherung erhalten, fordert das örtliche Sozialamt von sich aus bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger einen Bescheid über Grundrentenzeiten an.

Das gilt auch, wenn Sie in diesem Jahr schon vorbeugend Grundsicherung im Alter beantragt haben, weil Sie davon ausgegangen sind, dass Sie durch den neuen Freibetrag einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben. In diesem Fall haben Sie möglicherweise ab dem Monat der Antragstellung Anspruch auf Grundsicherung. Also gegebenenfalls rückwirkend seit Januar diesen Jahres. Wenn Sie frühzeitig einen Antrag auf Grundsicherung im Alter gestellt haben, geht Ihnen also nichts verloren.

Das Gleiche gilt auch beim Wohngeld. Viele Rentenbezieher kommen mit ihren Altersbezügen auch bei Berücksichtigung des Rentenfreibetrags knapp über die Grundsicherungsschwelle. Für sie kann sich ein Antrag auf Wohngeld lohnen.

Grundsicherung im Alter erhalten Sie erst ab Antragstellung. Durch den seit 1.1.2021 geltenden Rentenfreibetrag haben viele Rentner zusätzlich zu ihrer Altersrente erstmals Anspruch auf Grundsicherung im Alter.

Wie wird dabei gerechnet?

Nehmen wir an, Sie erhalten als Alleinstehender im Monat netto 900,– € als Altersrente und können 33 oder mehr Jahre mit Grundrentenzeiten nachweisen. In diesem Fall zählen von Ihrer Nettorente nur (900,– € ./. Freibetrag von 223,– € =) 677,– € als anrechenbares Einkommen. Wenn Sie monatlich eine Warmmiete von 600,– € haben, läge Ihr Grundsicherungsanspruch bei insgesamt 1.046,– €.

Die Lücke zwischen Ihrem anrechenbaren Einkommen und dem Grundsicherungsanspruch füllt auf Antrag das Sozialamt auf: Ihnen stehen (1.046,– € ./. 677,– € =) 369,– € als Grundsicherung im Alter zu – soweit Sie ansonsten als »bedürftig« gelten.

Wie geht es bei den Rentenversicherungsträgern in Sachen Grundrente weiter?

Bei allen neuen Rentnern wird so verfahren wie oben geschildert. Sie erhalten zu Rentenbeginn einen Rentenbescheid, in dem gegebenenfalls die Grundrente berücksichtigt ist, und sie erhalten eine Übersicht über ihre Grundrentenzeiten.

Was gilt, wenn ich bereits längere Zeit Rente beziehe?

Auch dann wird überprüft, ob Sie Anspruch auf Grundrente haben. Da das aufwendig ist, beginnt die Prüfung bei den ältesten Jahrgängen. Zunächst sind diejenigen dran, die bereits vor 1992 in Rente gegangen sind. Die Bearbeitung dieser Rentenakten wird sich bis Ende 2022 hinziehen.

Wenn sich durch die neue Grundrente eine höhere Rente ergibt, erhalten diese Rentnerinnen und Rentner einen neuen Bescheid. Zugleich wird bei diesen Rentnern auch ausgewiesen, in welchem Ausmaß Grundrentenzeiten vorhanden sind.

Erhalte ich auch einen Bescheid, wenn ich keinen Grundrentenanspruch habe?

Nein, das ist für Bestandsrentner nicht vorgesehen. In diesem Fall erhalten Sie auch keine Übersicht über Grundrentenzeiten.

Kann ich bei meinem Rentenversicherungsträger eine Übersicht über Grundrentenzeiten einfordern?

Prinzipiell ja. Das bringt Ihnen aber derzeit nichts. Denn im Regelfall dürfte Ihre Rentenakte noch gar nicht bearbeitet sein. Den Bescheid fordert das örtliche Sozialamt oder die Wohngeldstelle ohnehin bei Ihrem Rentenversicherungsträger ein. Ohne diesen Bescheid kann Ihr Antrag auf Grundsicherung im Alter oder Wohngeld gar nicht abschließend bearbeitet werden.

(MS)

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