Mit der Grundrente gibt es nun vier Arten von Rentenzuschlägen

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Aufgepasst beim Rentenbescheid, denn künftig kann es auf die Entgeltpunkte für Beitragszeiten bis zu vier Zuschläge geben: für beitragsgeminderte Zeiten (z. B. für berufliche Ausbildung), für beitragsfreie Zeiten (z. B. Arbeitslosigkeit ohne Zahlung von Beiträgen), für Zeiten bis 31.12.1991 mit geringem Arbeitsgeld (Mindestentgeltpunkte) und für Grundrentenbewertungszeiten (bei Mindestversicherungszeit von 33 Jahren, niedrigen Entgeltpunkten von 0,3 bis unter 0,8 pro Jahr und Einhaltung der Einkommensgrenzen). 

Eigentlich ist die Berechnung der gesetzlichen Rente ganz einfach. Man multipliziert die persönlichen Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert und erhält dann die gesetzliche Rente brutto. Zumindest für alle Altersrenten gilt daher die Rentenformel: gesetzliche Rente = persönliche Entgeltpunkte x aktueller Rentenwert.

Bei einem aktuellen Rentenwert West von aktuell 34,19 € und 60 persönlichen Entgeltpunkten errechnet sich eine monatliche Bruttorente von 2.051,40 €. Kommen nur 40 persönliche Entgeltpunkte zusammen, verringert sich die gesetzliche Rente um ein Drittel auf monatlich 1.367,60 € brutto.

Wie persönliche Entgeltpunkte errechnet werden

Bei der Regelaltersrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze und der Altersrente für besonders langjährig Versicherte gibt es keinen Rentenabschlag. Die von der Deutschen Rentenversicherung errechneten Entgeltpunkte sind somit mit den persönlichen Entgeltpunkten identisch.

Anders sieht es bei Frührenten mit Rentenabschlägen aus. Wer beispielsweise als langjährig Versicherter im Jahr 2020 mit 63 Jahren vorzeitig in Rente geht, muss einen Rentenabschlag von 10,5 % in Kauf nehmen. Der sogenannte Zugangsfaktor beträgt dann 0,895 (= 1 – 0,105). Entgeltpunkte (zum Beispiel 60) x Zugangsfaktor (zum Beispiel 0,895) ergeben dann die persönlichen Entgeltpunkte von 53,7. Statt einer Bruttorente von 2 051,40 € für 60 Entgeltpunkte sind es nur noch 1 836,-- € im Monat. Der Rentenabschlag macht somit 215,40 € aus. 

Tatsächlich gibt es Entgeltpunkte nicht nur für Beitragszeiten, sondern eventuell auch für beitragsgeminderte Zeiten (z. B. Berufausbildung), beitragsfreie Zeiten (im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung) und Zeiten mit geringem Arbeitsentgelt bis zum 31.12.1991 (sogenannte Mindestentgeltpunkte). 

Bei Beitragszeiten sind schließlich die Zeiten für Pflichtbeiträge von den Zeiten für Extrabeiträge (freiwillige Beiträge, Sonderzahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen und Nachzahlungsbeträge bis zum 45. Lebensjahr für Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung) zu unterscheiden.

Entgeltpunkte für Pflichtbeitragszeiten errechnen sich, indem die in den Pflichtbeitragsjahren erzielten Jahresbruttoentgelte durch die Jahresdurchschnittsentgelte für alle gesetzlich Rentenversicherten dividiert werden. Wer in einem Jahr so viel verdient hat wie der Durchschnitt, erhält 1 Entgeltpunkt. Und wer beispielsweise 50 % mehr verdient hat, kommt auf 1,5 Entgeltpunkte.

Extrabeiträge setzen keine Jahresverdienste voraus. Wer beispielsweise in einem Jahr nicht pflichtversichert ist, kann freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rente von mindestens 1.004,40 € und höchstens 15.400,80 € zum Beispiel in 2020 zahlen. Diese freiwilligen Beiträge werden dann über den Beitragssatz auf ein fiktives Jahresbruttoentgelt hochgerechnet. Beispiel: Freiwilliger Beitrag 10 000,- € in 2020. Nach Division durch 0,186 (Beitragssatz 18,6 %) errechnet sich ein fiktives Jahresentgelt von 53.763,44 €. Bei einem vorläufigen Durchschnittsentgelt von 40,551,- € in 2020 werden dann 1,3258 (= 53.763,44 € : 40551,- €) für diesen freiwilligen Beitrag gutgeschrieben, also auf vier Nachkommastellen genau. Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man den freiwilligen Beitrag von 10 000,- € durch den Durchschnittsbeitrag von 7.542,49 € (= 18,6 % des Jahresdurchschnittsentgelts von 40.551,- €) teilt.

Schon diese Beispiele zur Berechnung der Entgeltpunkte für Pflichtbeitragszeiten und Zeiten mit freiwilligen Beiträgen zeigen, dass es bei der Höhe der jeweiligen Rente vor allem auf die Entgeltpunkte ankommt. Oft werden sie zum besseren Verständnis auch Rentenpunkte genannt. Die Berechnung ist aber die gleiche.

Das Punktesammeln ist ja auch bei Bäckereien, Tankstellen und Bahnfahrten bekannt. Anders als bei diesen Punkten, die quasi zu einem kleinen Rabatt bei einem späteren Einkauf führen, beeinflussen aber Entgelt- bzw. Rentenpunkte ganz entscheidend die Höhe der gesetzlichen Rente und das bis zum Lebensende.

Nach Erhalt des Rentenbescheids Berechnung der Entgeltpunkte anfordern

Seit Frühjahr 2018 erhalten Neurentner von der Deutschen Rentenversicherung einen verkürzten Rentenbescheid, der von ehemals 18 auf nunmehr 12 Seiten geschrumpft ist. Da auf Zahlenkolonnen zur Berechnung der Entgeltpunkte aus Beitragszeiten, beitragsgeminderten Zeiten, beitragsfreien Zeiten und Zeiten mit geringem Arbeitsentgelt bis zum 31.12.1991 verzichtet wird, sollen die Rentenbescheide übersichtlicher und verständlicher sein.

Nachteil: Die Zusammensetzung der Entgeltpunkte erfährt man nicht mehr. Der Verzicht auf eine detaillierte Entgeltpunkte-Berechnung macht eine Überprüfung des verkürzten Rentenbescheids praktisch unmöglich. Dem Versicherungsverlauf lassen sich nur die Beitragszeiten und die persönlichen Jahresentgelte entnehmen, aber nicht die daraus errechneten Entgeltpunkte. Die alleinige Prüfung des Versicherungsverlaufs reicht also nicht aus.

Wer aber den Rentenbescheid auf sachliche und rechnerische Richtigkeit selbst überprüfen will oder einen Rentenberater mit dieser Überprüfung beauftragen will, sollte unbedingt per Schreiben die detaillierte Berechnung der Entgeltpunkte anfordern. Nur so erfährt er, wie sich die Entgeltpunkte zusammensetzen.

Sofern eine Antwort der Deutschen Rentenversicherung auf das Anforderungsschreiben wider Erwarten ausbleibt, sollten Neurentner innerhalb eines Monats Widerspruch gegen den Rentenbescheid einlegen.  

Kritik des Bundesverbands der Rentenberater

Bereits Anfang März 2018 hat der Bundesverband der Rentenberater die neuen verkürzten Rentenbescheide zu Recht kritisiert. Ausgerechnet nach Informationen, wie die Rentenhöhe zustande kommt, müssten Neurentner nun lange suchen. Dass ausgerechnet die Berechnungsanlagen über die Ermittlung der Rentenhöhe entfallen, erscheint dem Rentenberater-Verband besonders problematisch.

Und wörtlich heißt es: »Die Ermittlung der Entgeltpunkte, aus dem die individuelle Rentenhöhe berechnet wird, ist damit selbst für interessierte Laien nicht mehr nachvollziehbar«. Daher wird den Rentnern empfohlen, die Berechnungsanlagen zur Ermittlung der Entgeltpunkte nachzufordern.

Zusätzliche Probleme bei fehlender Entgeltpunkte-Berechnung

Die genaue Zusammensetzung und detaillierte Berechnung der Entgeltpunkte ist zwecks Überprüfung des Rentenbescheids unverzichtbar. Sie ist darüber hinaus besonders wichtig, wenn die gesetzliche Rente sowohl aus Pflichtbeiträgen als auch aus Extrabeiträgen wie freiwilligen Beiträgen, Sonderzahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen oder bis zum 45. Lebensjahr erfolgten Nachzahlungsbeträgen für Schul- und Studienzeiten besteht. 

Nach Erhalt des Rentenbescheids Berechnung der Entgeltpunkte anfordern

1. Bei ehemaligen Beamten, die neben ihrer Pension noch eine gesetzliche Rente aus Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beiträgen erhalten, ist eine Aufteilung nach dem Entgeltpunkte-Verfahren unbedingt notwendig. Der Rentenanteil, der aus freiwilligen Beiträgen stammt, wird grundsätzlich nicht auf die Beamtenpension angerechnet.

Nur der auf Pflichtbeiträgen beruhende Anteil der gesetzlichen Rente ist auf die Pension anrechenbar, sofern die Summe aus Beamtenpension und gesetzlicher Rente die Höchstpension (71,75 % des Bruttoendgehalts abzüglich eventueller Versorgungsabschläge) übersteigt. 

Der Streit mit den Landesämtern für Besoldung und Versorgung ist vorprogrammiert, wenn bei Beamten mit gemischter Erwerbskarriere (sogenannte Mischlaufbahn-Beamte) die gesetzliche Rente aus Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beiträgen stammt und eine Aufteilung nach Entgeltpunkten nicht vorliegt.

Leider findet sich in den beiden Merkblättern V0061 und V0062 der Deutschen Rentenversicherung zur freiwilligen Versicherung folgende für Beamte wenig hilfreiche und daher missverständliche Formulierung: »Wenn Sie aufgrund der Gewährleistung von Versorgungsanwartschaften versicherungsfrei sind (z. B. als Beamter, Richter oder Soldat), möchten wir Sie darauf aufmerksam machen, dass sich in vielen Fällen ein Rentenbezug mindernd auf Versorgungsbezüge auswirken kann. Für weitergehende Informationen empfehlen wir Ihnen, sich mit Ihrem Dienstherrn oder Ihrer Versorgungsdienststelle in Verbindung zu setzen«. 

Tatsache ist: Die gesetzliche Rente aus freiwilligen Beiträgen kann niemals zur Kürzung der Pension führen, falls der freiwillig versicherte Beamte den Beitrag ganz allein finanziert. § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes stellt in Absatz 4 Satz 1 Ziffer 2 klar, dass der Teil der gesetzlichen Rente, der »dem Verhältnis der Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge zu der Summe der Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten, Zurechnungszeiten und Anrechnungszeiten entspricht«, nicht auf die Beamtenpension angerechnet werden darf. Es wird also zur Berechnung der mit freiwilligen Beiträgen aufgebauten gesetzlichen Rente ausdrücklich auf das Entgeltpunkte-Verfahren hingewiesen.

Zwar steht im genannten Paragrafen der Zusatz »Das gilt nicht, soweit der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat«. Es dürfte jedoch in ganz Deutschland keinen einzigen öffentlichen Arbeitgeber oder Dienstherrn geben, der den ehemaligen Arbeitnehmern und heutigen Beamten die Hälfte seiner freiwilligen Beiträge mitfinanziert. 

2. Beziehern von Grundsicherung im Alter steht seit 2018 ein Freibetrag für die gesetzliche Rente aus freiwilligen Beiträgen zu, der also nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird. Der Freibetrag macht monatlich 100,- € plus 30 % des über 100,- € liegenden Rentenbetrags aus, maximal aber insgesamt 216,- €. Der Streit mit den örtlichen Grundsicherungsämtern ist zu befürchten, wenn die gesetzliche Rente aus Pflichtbeiträgen und freiwilligen Beiträgen stammt und ebenfalls keine Entgeltpunkte-Berechnung vorliegt. 

Die bis zu maximal 216,- € nicht auf die Grundsicherung anzurechnende gesetzliche Rente aus freiwilligen Beiträgen kann ebenfalls nur nach dem Entgeltpunkte-Verfahren ermittelt werden, sofern außer freiwilligen Beiträgen auch Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rente geleistet wurden.

Wenn das Grundrentengesetz ab 1.1.2021 in Kraft tritt, wird es im Übrigen einen gleich hohen Freibetrag in der Grundsicherung im Alter auch für die gesetzliche Rente aus Pflichtbeiträgen geben.

3. Die Nachprüfung des Grundrentenzuschlags bei Inkrafttreten des Grundrentengesetzes ist ebenfalls nur möglich mit einer detaillierten Entgeltpunkte-Berechnung. Schließlich kann es diesen Grundrentenzuschlag für langjährig versicherte Niedrigverdiener nur geben, wenn die durchschnittlich pro Jahr erreichten Entgeltpunkte bei mindestens 0,3 und weniger als 0,8 liegen nach Erfüllung einer Mindestversicherungszeit von 33 Jahren und zusätzlich erfolgter Einkommensprüfung. Der gezahlte oder verweigerte Grundrentenzuschlag kann aber nur überprüft werden, wenn eine detaillierte Berechnung der Entgeltpunkte vorliegt.

4. Die Prüfung auf eventuelle Doppelbesteuerung der gesetzlichen Rente nach dem in der Steuerfachliteratur diskutierten Entgeltpunkte-Verfahren ist ebenfalls nur möglich mit vorhandener Entgeltpunkte-Berechnung. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, könnte der aus steuerfreien Entgeltpunkten bzw. Beiträgen stammende Rentenanteil voll versteuert und der aus bereits versteuerten Entgeltpunkten bzw. Beiträgen stammende Rentenanteil nur mit dem Ertragsanteil (z. B. 18 % bei einem 65-jährigen Neurentner) besteuert werden. Zurzeit wird die gesetzliche Rente jedoch abhängig vom Jahr des Rentenbeginns pauschal besteuert, zum Beispiel mit 80 % der Bruttorente bei Rentenbeginn im Jahr 2020.

(MS)

URL:
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