Schlichter statt Richter

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Verbraucherschlichtungsstellen können eine Alternative zum Gericht sein.

Sie wollen gutes Geld nicht Schlechtem hinterherwerfen und scheuen das Kostenrisiko eines gerichtlichen Verfahrens? Dennoch wurmt es Sie, dass die Unternehmer mit ihrem Verhalten durchkommen oder sich erst gar nicht erklären müssen? Gehen Sie zum Schlichter, nicht zum Richter! Foto: AdobeStock

Nicht selten kommt es in einem Vertragsverhältnis zu Unstimmigkeiten. Sei es die fehlerhafte Ware, die man online eingekauft hat, oder die Bank, die ein Entgelt kassiert, das unzulässig ist. Dennoch setzen viele Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Rechte nicht durch, denn häufig sind die Streitwerte im Einzelfall so gering, dass die Kunden die Angelegenheit schweren Herzens auf sich beruhen lassen.

Ein Ausweg ist die Einschaltung eines Ombudsmannes – oder anders gesagt: einer Schlichtungsstelle. Diese führen auf Grundlage einer eigenen Ordnung ein Schlichtungsverfahren durch, das bestenfalls dem Verbraucher seine Rechte verbindlich zuspricht. Es gibt viele Schlichtungsstellen mit verschiedensten Zuständigkeiten und Kompetenzen. Daneben gibt es seit Anfang 2016 das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, mit dem anerkannte Schlichtungsstellen eingeführt wurden.

Folgend erhalten Sie einen kleinen Überblick über das Schlichtungsverfahren an sich. Wegen der Vielzahl der infrage kommenden Schlichtungsstellen und den detaillierten Regelungen im Gesetz kann dieser Beitrag keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben und Ihnen nur einen ersten Überblick verschaffen.

Sollten Sie eine strittige Frage mit Ihrem Anbieter klären wollen, so sprechen Sie ihn zunächst an. Verweigert er eine einvernehmliche Lösung, so fragen Sie nach der für Ihr Vertragsverhältnis zuständigen Schlichtungsstelle.

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz gilt seit dem 1.2.2016 und setzt eine europäische Richtlinie um

Für die außergerichtliche Streitbeilegung zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmen werden private Verbraucherschlichtungsstellen anerkannt oder behördlich eingerichtet. Die gesetzlichen Regelungen gelten nicht für eine Schlichtungsstelle, die von nur einem Unternehmen eingerichtet wurde. Fehlt die Anerkennung, darf sich eine Schlichtungsstelle nicht Verbraucherschlichtungsstelle nennen.

Die Schlichtungsstellen müssen als Vereine organisiert und im Vereinsregister eingetragen sein. Sollten sie bereits bei einem Verband, der in Vereinsform organisiert ist, eingerichtet sein, so hängt die behördliche Anerkennung dieser Schlichtungsstelle davon ab, dass sie organisatorisch und finanziell von dem Verein getrennt wird.

Fühlt sich die Verbraucherschlichtungsstelle für alle Wirtschaftsbereiche, Vertragstypen oder Unternehmer zuständig, so trägt sie die Bezeichnung Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle. Beschränkt sie ihre Tätigkeit auf eines oder mehrere Bundesländer, so ist dies anzugeben.

Die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle ist nicht zuständig für

  • nichtwirtschaftliche Dienstleistungen im allgemeinen Interesse, Gesundheitsdienstleistungen,

  • Weiter- und Hochschulbildung durch staatliche Einrichtungen und

  • Streitigkeiten, für die andere Verbraucherschlichtungsstellen anerkannt, beauftragt oder eingerichtet wurden.

Die Schlichtungsstellen geben sich eine eigene Verfahrensordnung, die keine verbindliche Lösung für den Verbraucher enthalten darf oder diesem das Recht nimmt, die ordentlichen Gerichte anzurufen.

Die Schlichter – im Gesetz als Streitmittler bezeichnet – müssen sich im Verbraucherrecht auskennen und werden für mindestens drei Jahre bestellt. Sie müssen die Befähigung zum Richteramt besitzen oder zertifizierter Mediator sein. Die Unabhängigkeit des Streitmittlers soll gewährleistet sein. Das Gesetz enthält dementsprechend einige Vorgaben, unter welchen Umständen er nicht bestellt werden darf und wie er sein Amt auszuüben hat.

Besteht zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmen Streit und kann dieser nicht beigelegt werden, muss das Unternehmen den Verbraucher informieren, welche Schlichtungsstelle für ihn zuständig ist und ob er zur Schlichtung bereit oder sogar verpflichtet ist.

Wie auch schon bei den früheren Ombudsstellen gibt es Gründe, das Schlichtungsverfahren nicht durchzuführen. Diese sind u.a.

  • fehlende Zuständigkeit der Verbraucherschlichtungsstelle,

  • keine vorherige Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Unternehmen,

  • Verjährung und

  • ein wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnter Antrag auf Prozesskostenhilfe.

Das Verfahren endet durch

  • Rücknahme des Antrages oder Widerspruch gegen weitere Durchführung durch den Antragsteller,

  • Weigerung der Teilnahme durch das Unternehmen und

  • den Schlichtungsvorschlag.

Die Verbraucherschlichtungsstelle weist die Parteien des Verfahrens darauf hin, dass der Vorschlag nicht angenommen werden muss und dass die Gerichte eingeschaltet werden können. Hat sich der Unternehmer bereits vorab dem Schlichterspruch unterworfen, unterbleibt ihm gegenüber dieser Hinweis.

Das Gesetz sieht vor, dass die Schlichtungsstelle binnen einer Frist von 90 Tagen entscheidet. Die Frist beginnt mit dem Erhalt der vollständigen Beschwerdeakte. Ist die Angelegenheit kompliziert, kann die Frist verlängert werden.

Einigen sich die Parteien auf kein Ergebnis, stellt die Verbraucherschlichtungsstelle eine Bescheinigung über einen erfolglosen Einigungsversuch aus. Dieser ist bei niedrigen Streitwerten bis zu 600,– € Voraussetzung, die Gerichte überhaupt einschalten zu können.

Unter Umständen trifft den Verbraucher eine Kostenlast. War die Anrufung der Stelle missbräuchlich, so hat er maximal 30,– € zu zahlen. Setzt der Verbraucher trotz Hinweises, dass kein Unternehmen beteiligt ist, das Verfahren fort, so hat er ein angemessenes Entgelt zu zahlen.

Die Haken bei den Schlichtungsverfahren nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz sind:

  • Das Unternehmen muss nicht zwingend teilnehmen und

  • der Schlichtungsvorschlag ist nicht verbindlich.

Oft wissen die Verbraucher und Verbraucherinnen nicht, welche Schlichtungsstelle für ihre Angelegenheit zuständig ist. Zwar sollen die Unternehmen im Impressum angeben, welche Schlichtungsstelle im Konfliktfall anzurufen ist. Dennoch bleibt der Hilfesuchende oft genug uninformiert.

Unter dem Link www.bundesjustizamt.de finden Sie mit dem Suchbegriff "Verbraucherstreitbeilegung" mögliche Schlichtungsstellen für Ihren Fall. Viele der in der Liste genannten Schlichtungsstellen werden Ihnen bekannt vorkommen. Die vor Inkrafttreten des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes eingerichteten Ombudsstellen der Unternehmen – wie z.B. die des Bankenverbandes – ließen sich behördlich anerkennen und führen nun ihre Arbeit als Verbraucherschlichtungsstelle fort. Finden Sie keine passende Schlichtungsstelle, so können Sie die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle in Kehl telefonisch unter Telefon 07851/7957940 kontaktieren (www.verbraucher-schlichter.de).

Fazit: Bevor Sie aus Kostengründen von einem Rechtsstreit mit Ihrem Vertragspartner absehen wollen, sollten Sie den Weg des Schlichtungsverfahrens beschreiten. Es gibt genügend positive Beispiele, die für das Schlichtungsverfahren sprechen.

(MS)

URL:
https://www.steuertipps.de/altersvorsorge-rente/finanzen/schlichter-statt-richter