Immobilienkauf: Was Kreditnehmer bei steigenden Bauzinsen tun können

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Seit Anfang dieses Jahres sind die Bauzinsen kräftig gestiegen. Wenn der Trend anhält, wird es mit den Darlehenszinsen in diesem Jahr noch weiter nach oben gehen. Was Sie wissen sollten, damit Ihre Rechnung bei der Finanzierung Ihres Bauprojekts aufgeht: Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

 

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Liebäugeln Sie gerade damit, eine Eigentumswohnung oder ein Haus zu kaufen? Oder haben Sie bereits eine Immobilie finanziert und die Zinsbindung Ihres Kredits neigt sich dem Ende zu? Dann haben Sie es wahrscheinlich schon längst gemerkt: Sie müssen jetzt mit höheren Kreditzinsen rechnen.

Derzeit liegt der effektive Jahreszins für Hypothekendarlehen mit zehn Jahren Laufzeit bei 2,60 %. Ende des vergangenen Jahres waren es noch unter 1 % gewesen. In den vergangenen Monaten gab es damit den stärksten Anstieg seit der Jahrtausendwende. Noch sind die Bauzinsen von früher üblichen Niveaus, die bei 4 %, 5 % oder gar 6 % lagen, ein ganzes Stück entfernt, aber nun scheinen die Zeiten von historisch niedrigen Bauzinsen zumindest vorübergehend vorbei zu sein.

 

 

    

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Wie werden sich die Bauzinsen in Zukunft entwickeln?

Die Experten sind sich einig: Die Zinsen dürften weiter nach oben gehen. Allerdings war in den vergangenen Monaten jede Prognose sehr schnell überholt. Die Zinsaufschläge kamen also viel schneller und waren deutlich höher als prognostiziert. Anfang des Jahres hatten Banken z.B. noch von Zinsen in Höhe von maximal 2 % bis zum Jahresende gesprochen. Jetzt verlangen einige Geldinstitute für zehnjährige Baudarlehen bereits wieder knapp über 3 %.

Wie dramatisch sich das auswirkt, zeigt eine Rechnung des Immobilienportals Immowelt am Beispiel einer 80 m2 großen Bestandswohnung in München. Gerechnet wurde dabei mit einem Zinssatz von 1,38 % im Januar und 3,05 % im April.

Das Ergebnis: Bei einem mittleren Angebotspreis von derzeit 766.000,– € für das Domizil in der Isar-Metropole, einer jährlichen Tilgungsrate von 2 %, zehn Jahren Kreditlaufzeit und einer 95-Prozent-Finanzierung des Objekts lag die monatliche Rate zu Anfang des Jahres bei 2.050,– €. Nach dem Zinsanstieg zahlen Wohnungskäufer in München inzwischen 3.060,– € pro Monat, also fast 50 % mehr.

Warum sind die Zinsen so schnell gestiegen?

Wie hoch oder niedrig die Zinsen für Baukredite sind, hängt nicht zuletzt von der Inflationsrate ab. Diese ist laut Statistischem Bundesamt auf vorläufig 7,9 % geklettert. Ähnlich hoch war die Teuerungsrate in Deutschland zuletzt im Winter 1973/1974, als infolge der ersten Ölkrise die Mineralölpreise ebenfalls stark gestiegen waren.

Höhere Teuerungsraten tragen jedoch stets dazu bei, dass die Renditen von Bundesanleihen und Pfandbriefen anziehen. Die zehnjährige Bundesanleihe, mit der Käufer dem Bund Geld leihen, warf zuletzt eine Rendite von bereits 1,75 % ab. Im vergangenen Jahr war die Rendite noch negativ. Steigen aber die Zinsen am Kapitalmarkt, wird es für die Geldhäuser kostspieliger, die Ausgabe ihrer Hypothekendarlehen zu finanzieren. Das wiederum verteuert die Baukredite.

Wie reagieren Bauherren auf die steigenden Kreditzinsen?

Die Kreditnehmer tun das Richtige. Sie versuchen, sich die im langfristigen historischen Vergleich immer noch niedrigen Zinsen möglichst lange zu sichern. Eine Auswertung des Kreditvermittlers Interhyp zeigt: Baudarlehen von Eigennutzern haben inzwischen eine durchschnittliche Zinsbindung von 13,9 Jahren.

Viele schließen inzwischen Darlehen über 15 Jahre ab, damit sie nach Ablauf der Zinsbindung schon einen großen Teil des Kaufpreises abbezahlt haben.

Was sollten Kaufinteressenten nicht tun?

Schon bisher galt als Grundregel: Nicht das erstbeste Kreditangebot von der Hausbank annehmen, sondern Konditionen vergleichen und verhandeln. Das gilt jetzt erst recht, denn so groß waren die Zinsunterschiede selten.

Die Stiftung Warentest verglich kürzlich diverse Angebote. Der Fall: Kunden benötigen für den Kauf einer 400.000,– € teuren Eigentumswohnung ein Darlehen über 320.000,– €. Gewählt wird ein Volltilgerdarlehen über 30 Jahre, das heißt, der Kredit soll nach 30 Jahren komplett abgezahlt sein. Das Ergebnis: Das günstigste und das teuerste Kreditangebot klaffen in diesem Fall fast zwei Prozentpunkte auseinander.

Für das Volltilgerdarlehen mit 30 Jahren Laufzeit verlangte eine Bank satte 3,38 %, eine andere nur 1,43 %. Unterm Strich müssen die Kreditnehmer somit beim günstigsten Anbieter 1.090,– € pro Monat zahlen, beim teuersten sind es 1.403,– € im Monat. Über 30 Jahre summiert sich die Differenz auf sage und schreibe 112.540,– €, die mehr zu zahlen sind.

Nun kommt erschwerend der Zeitdruck durch den Zinsanstieg hinzu. Vielleicht neigen Sie jetzt auch dazu, ganz schnell zu handeln, um sich die noch einigermaßen günstigen Zinsen zu sichern. Bedenken Sie aber: Eine Finanzierung zu überstürzen, ist nie gut. Noch wichtiger, als ein oder zwei Zehntel weniger Zinsen zu zahlen, ist es, dass die Immobilie und die Finanzierung jetzt und in Zukunft zu Ihrem Leben passen und Sie finanziell nicht überfordern.

Anschlussfinanzierung: Warum ist sie jetzt so wichtig?

Haben Sie bereits eine Finanzierung abgeschlossen, sollten Sie zwei Details beachten, um nicht draufzuzahlen:

  • Wer ein Darlehen mit einer Laufzeit von z.B. 15 oder 20 Jahren abgeschlossen hat, kann es nach zehn Jahren kündigen, denn er hat ein Sonderkündigungsrecht. Man kann dann bei einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ohne Vorfälligkeitsentschädigung, also ohne dafür der Bank die entgangenen Zinseinnahmen erstatten zu müssen, zu einem anderen Kreditgeber wechseln. Geregelt ist das in § 489 des Bürgerlichen Gesetzesbuchs (BGB).

  • Sie können mit einem Vorab-Darlehen, also mit einem Forward-Darlehen, den Folgekredit bereits Jahre vorher unter Dach und Fach bringen und sich dadurch rechtzeitig die günstigen Zinsen für Kredite sichern, die erst in ein, zwei oder drei Jahren fällig werden.

Umfragen zeigen jedoch: Viele Kunden wissen zu wenig über Forward-Darlehen. Und fast die Hälfte der Befragten kennt nicht einmal das Sonderkündigungsrecht.

Was ist bei einem Forward-Darlehen zu beachten?

Sie lassen sich maximal fünf Jahre im Voraus abschließen. Forward-Darlehen sind gestaltet wie herkömmliche Hypothekendarlehen, bei denen die Kunden mit ihren monatlichen Raten Zinsen bezahlen und ihren Kredit schrittweise tilgen.

Für die Vorab-Darlehen ist aber ein Zinsaufschlag fällig. Dieser kann je nach Anbieter pro Monat 0,01 % bis 0,05 % betragen.

Warum können Forward-Darlehen gerade jetzt für Sie attraktiv sein?

Zwei Gründe sprechen derzeit für den Abschluss eines Forward-Darlehens. Der aktuelle Zinssatz ist erstens immer noch weit unter dem historischen Durchschnitt, und zweitens sieht es danach aus, dass die Darlehenszinsen weiter nach oben gehen.

In den vergangenen zehn Jahren war das anders: Den Aufschlag für das Vorab-Darlehen zu zahlen, hat sich kaum gelohnt, weil die Zinsen erst lange gefallen und dann ziemlich stabil auf diesem niedrigen Niveau geblieben sind.

Wie viel kann man mit einem Forward-Darlehen einsparen?

Erhöhen sich z.B. die Hypothekenzinsen um zwei Prozentpunkte verglichen mit dem ersten Kredit, wird ein Folgekredit in Höhe von 150.000,– € um rund 250,– € pro Monat teurer. Das summiert sich in zehn Jahren auf Zusatzkosten von 30.000,– €. Trotz des Zinsaufschlags können Sie also mit einem Forward-Darlehen ordentlich Geld sparen. Doch Vorsicht, auch hier gilt die Devise: penibel rechnen.

Verlangt der Anbieter einen Zinsaufschlag von 0,04 % pro Monat, und beginnt der Anschlusskredit erst in vier Jahren, summiert sich der Zinsaufschlag schon auf 1,92 %, wenn der Aufschlag sofort ab dem ersten Monat zu zahlen ist. Um auf diese Weise 150.000,– € zu leihen, würde dann schon 225,– € mehr pro Monat kosten. Da lohnt der Aufwand kaum.

Nach Recherchen des Verbraucherportals Biallo verzichten aber einzelne Anbieter auf die Zinszuschläge, beispielsweise die Debeka, die Allianz oder die Bank Santander bis zu einem Jahr, andere Anbieter sechs Monate.

Wie kritisch sehen Kaufwillige inzwischen den Immobilienmarkt?

Schon jetzt haben viele Menschen das Gefühl, sich keine eigene Immobilie mehr leisten zu können. Sie bezeichnen die Kaufpreise für Häuser und Eigentumswohnungen als überhitzt und abgekoppelt vom wahren Substanzwert. Das geht aus einer Online-Umfrage des Kreditvermittlers Interhyp hervor. 77 % glauben sogar, dass es in Deutschland eine Immobilienblase gibt.

Die Bundesbank hatte kürzlich in einem ihrer Monatsberichte erneut vor Überteuerung gewarnt und geschrieben: "Gemäß aktuellen Schätzergebnissen lagen die Immobilienpreise in den Städten im Jahr 2021 zwischen 15 % und 40 % über dem Preis, der durch soziodemografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt ist".

Welche langfristigen Konsequenzen haben steigende Bauzinsen?

Schon jetzt nehmen die Käufer immer höhere Schulden auf, weil die Baupreise und die Immobilienpreise immer weiter steigen. Interhyp zufolge ist die durchschnittliche monatliche Rate, die an die Banken gezahlt wird, von 1.070,– € im Jahr 2020 auf 1.150,– € im Jahr 2021 gestiegen.

Für immer mehr Bauwillige stellt sich deshalb die Frage: Kann ich mir die Finanzierung jetzt überhaupt noch leisten?

Laden Sie sich bei einer Finanzierung lediglich eine solche monatliche Zins- und Tilgungslast auf, die Sie dauerhaft stemmen können. Überlegen Sie auch, ob Sie sich und Ihre Familie mit einer Risikolebensversicherung absichern sollten.

(MS)

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