Girokonto: Höheres Bankentgelt nicht immer rechtens

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Wenn Banken ihre Geschäftsbedingungen ändern, sind diese nicht allein dadurch wirksam, dass der Kunde ihnen nicht widerspricht.
Für die Erhöhung eines Entgelts ist ein ausdrückliches Einverständnis des Kunden erforderlich. Das hat der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden. Kunden können nun Ansprüche auf Rückzahlung geltend machen.

Was sagt der Bundesgerichtshof?

Zum Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27.4.2021 über Entgelterhöhungen beim Girokonto liegt mittlerweile die Urteilsbegründung vor (Az. XI ZR 26/20). Die Karlsruher Richter fordern in ihrem Grundsatzurteil von allen Banken und Sparkassen, die Schweigen-ist-Zustimmung-Klausel nicht mehr zu nutzen.

Bei den Hauptleistungen von Banken halten die BGH-Richter sogar einen separaten Änderungsvertrag für notwendig. Eine Zustimmungsfiktion im Falle einer fehlenden fristgerechten Ablehnung reicht nicht aus. Preis und Leistung müssen auch nach der Entgelterhöhung in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Damit steigen die Chancen für Bankkunden, unter Verweis auf diese Entscheidung zu viel gezahltes Geld von ihrem Finanzdienstleister zurückzuverlangen, wenn die Forderung noch nicht verjährt ist. Das könnte für Verträge gelten, die vor dem Jahr 2018 abgeschlossen wurden.

Was sagen die Banken?

Der Bankendachverband Deutsche Kreditwirtschaft teilt zu diesem BGH-Urteil mit: "Ob, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum Verbraucher aufgrund des Urteils von ihrem Kreditinstitut Entgelte zurückfordern können, lässt sich nicht pauschal beantworten". Das sei "eine Frage des individuellen Vertragsverhältnisses zwischen Kunde und Bank".

Zudem macht der Bankendachverband deutlich, dass jeder Erstattungsantrag individuell geprüft werde. Kunden könnten nicht pauschal alle gezahlten Entgelte zurückverlangen, auch wenn eine Vertragsanpassung im Einzelfall unwirksam gewesen sein sollte.

Die deutsche Kreditwirtschaft scheint trotz dieses Urteils nicht bereit zu sein, ihren Kunden aus eigener Initiative überzahlte Kontoentgelte zu erstatten. Bankkunden müssen ihre Zahlungsansprüche also individuell geltend machen.

Bankkunden müssen nun aktiv werden

Fordert ein Kunde schriftlich unter Verweis auf das aktuelle BGH-Urteil zu viel gezahltes Geld zurück, muss die Bank dem stattgeben. Das gilt immer dann, wenn die Entgelterhöhung noch nicht verjährt ist und sich die Banken der allgemein üblichen, weit gefassten AGB-Klausel bedient haben. Die Verjährungsfrist läuft drei Jahre ab Zugang der Entgeltänderungen. Das betrifft aus heutiger Sicht alle seit 2018 erhobenen Entgelte.

Hierzu muss der Bankkunde die Korrespondenz mit der Bank auf angekündigte Entgelterhöhungen durchforsten. Die Kunden müssen genau ausrechnen und mit Kontoauszügen belegen, wie hoch die seit dem 1.1.2018 von der Bank erhobenen Entgelte waren, und in einem Brief eine Erstattung fordern.

Vor allem geht es um folgende Bankentgelte:

• Grundentgelt für die Kontoführung,

• Entgelt für Ein- und Auszahlungen,

• Entgelt für Kontoauszüge,

• Entgelt für SMS-TAN-Verfahren.

Höhe der Rückforderung genau beziffern

Die exakte Höhe der erhobenen Entgelt ergibt sich in der Regel aus den Kontoauszügen. In einem detaillierten Schreiben sollten die einzelnen Zahlungen aufgelistet und die zu viel gezahlten Entgelte unter Bezifferung des überzahlten Betrags angegeben und unter Hinweis auf das BGH-Urteil zurückgefordert werden.

Da die Durchsetzung einer Rückforderung schwierig werden könnte, empfiehlt es sich vor allem bei größeren Beträgen, die Hilfe einer Ombudsperson für Finanzdienstleistungen oder eines Fachanwalts für Bankenrecht in Anspruch zu nehmen.

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Eventuell erübrigt sich die individuelle Rückforderung

Die Bankenaufsicht Bafin erwägt, im Fall des oben dargestellten Bankentgelt-Urteils eine Allgemeinverfügung zu erlassen. Deshalb könnte es sein, dass sich die Geldhäuser von selbst dazu bewegen, ihre Kunden angemessen zu entschädigen.

Die Bafin hatte am 21.6.2021 alle Banken und Sparkassen angewiesen, rechtlich fragwürdige Klauseln in Prämiensparverträgen aufzugeben und das BGH-Urteil vom 13.4.2010 endlich umzusetzen (Az. XI ZR 197/09). Bei diesen Verträgen haben viele Finanzinstitute in den vergangenen Jahren die Zinsen immer wieder gesenkt und ihren Kunden jedes Mal weniger ausgezahlt. Nun müssten die Banken eigentlich alle betroffenen Kunden von sich aus anschreiben und den Schaden beheben, doch es ist unklar, ob sich die Finanzdienstleister an diese Bafin-Forderung halten, da sie gegen solche aufsichtsrechtlichen Allgemeinverfügungen gerichtlich klagen können.

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(MS)
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