Garantiezins sinkt: rentable Lebensversicherungen gesucht

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Zum 1.1.2022 wird der Garantiezins von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent gesenkt. Die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt zwingen die Lebensversicherer dazu, über ihr Geschäftsmodell nachzudenken. Zum einen müssen Altverträge mit teilweise 4,0 Prozent noch bedient, zum anderen attraktive Lösungen für das alte Produkt gefunden werden.

Das Analysehaus Morgen & Morgen bewertete 63 Lebensversicherer im Jahre 2020. Acht gelten als potent und leistungsstark und sechs Gesellschaften als sehr schwach. Zu den starken Gesellschaften zählen beispielsweise die Allianz, R+V Versicherung und Hannoversche Lebensversicherung. Zu den sehr schwachen die Provinzial Nordwest, die Süddeutsche und die Landeslebenshilfe. Egal ob stark oder schwach, neue Varianten von Lebensversicherungen müssen her.

Garantiezins auf dem absteigenden Ast

Lag der jährliche Garantiezins in den 90zigern noch bei 4 %, sind es heute nur noch 0,9 % und ab kommendem Jahr gar bloß 0,25 %. Einige Gesellschaften zahlen jedoch inzwischen weniger. Was viele nicht wissen: Der Garantiezins gilt nur für den Sparanteil, das heißt, die Abschlussprovision und Verwaltungskosten werden zuerst abgezogen, der Rest dann verzinst. Die Rendite für die Besitzer einer Lebensversicherung fällt dadurch noch magerer aus.

Durch die regulatorischen Anforderungen wegen Solvency II werden die Lebensversicherer noch zusätzlich belastet. Diese Bestimmungen fordern eine höhere Eigenkapitalquote, die durch Unternehmensgewinne aufgebaut werden muss. Diese Gewinne stehen dann den Kunden nicht als Boni oder Überschüsse zur Verfügung. Zwar hat sich die Berechnungsformel ab 2018 für die Zinsrückstellungen etwas geändert. Aber dies führt nur zur Stabilisierung, nicht zu einer Verbesserung der Situation.

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Wandel der Lebensversicherung

Der Wandel ist schon längst im Gange. Die klassische Lebensversicherung wandelt sich immer mehr zur Rentenversicherung mit weniger Garantien und zu Produkten der Neuen Klassik.

Die klassische Variante enthält geringere Garantieleistungen. Die dadurch eingesparten Gelder fließen direkt in die Kapitalanlagen der Versicherer. Die Renditen sollen sich dadurch verbessern. Wie sich dies auswirkt, zeigt eine Studie des Analyseunternehmens Assekurata. Bei Altverträgen (Rentenversicherung) mit Garantiezins lag die durchschnittliche Rendite bei 2,07 % für 2020, für die »Neue Klassik« bei 2,41 %. Hierin zeigt sich, dass Lebensversicherte mit den neuen Produkten eine etwas höhere Rendite bekommen. Beibehalten wurde nach wie vor die fondsgebundene Lebens- oder Rentenversicherung.

Neue Formen der Lebensversicherung

Drei Bereiche haben sich bei der Produktentwicklung etabliert:

  • Neue Klassik,

  • Indexpolicen und

  • Multiselektansatz.

Hinweis: Eine Indexpolice ist nicht mit einem Indexfonds zu verwechseln. Dieser wird auch als Exchange Traded Funds (ETFs) bezeichnet. Das trifft bei der Indexpolice nicht zu. Hier investieren die Lebensversicherer nicht in einen ETF, sondern erwerben Optionen auf einen Index. Bei richtiger Einschätzung durch das Versicherungsunternehmen lassen sich dann höhere Renditen erzielen als durch einen ETF, im schlimmsten Fall jedoch niedrigere Renditen.

Die Neue Klassik

Ein Kennzeichen der »Neuen Klassik« ist, dass ein Garantiezins in bisheriger Form abgeschafft wurde. Stattdessen gibt es eine endfällige Bruttobeitragsgarantie. Bei Rentenversicherungsverträgen alternativ hierzu eine Mindestrente. Bei der Lebensversicherung kann bei Ablauf statt einer Kapitalauszahlung eine Verrentung vereinbart werden. Ziel des Produktes ist es, eine höhere Rendite für die Kunden zu erzielen. Bei der »Neuen Klassik« gehen 100 % des Sparbeitrages in die Geldanlage, eine jährliche Überschusszuweisung erhöht dann das Kapital des Kunden.

Die »Neue Klassik« gibt es sowohl als Lebensversicherung wie auch als Rentenversicherung. Häufig wird die »Neue Klassik« im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge verwendet, besonders als Rentenversicherung.

Die »Neue Klassik« lohnt sich eigentlich nur für Personen mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis. Ansonsten sind Sie mit dem Abschluss eines langfristigen Ansparplans mit Exchange Traded Funds und dem gleichzeitigen Abschluss einer kostengünstigen Risikolebensversicherung besser aufgehoben.

Die Indexpolice

Die Indexpolice ist die andere neue Variante bei den Lebens- und Rentenversicherungen. Sie verspricht aufgrund der Anlagestruktur eine bessere Performance als die »Neue Klassik«. Eines ist beiden Produktformen gleich: Der Sparbeitrag wird im Sicherungsvermögen des Lebensversicherers angelegt.

Dabei kann der Kunde wählen, ob er mit seinem Guthaben von der Wertentwicklung eines Aktienindexes (z.B. DAX oder EURO STOXX 50) profitieren möchte (Indexbeteiligung) oder ob sein Guthaben mit der deklarierten Verzinsung des Versicherers verzinst werden soll (sichere Verzinsung). Bei Wahl der sicheren Verzinsung ähnelt eine Indexpolice einer klassischen Police, allerdings ohne garantierte Mindestverzinsung. Diese Produkte enthalten eine endfällige Garantieleistung (z.B. anteiliger Erhalt der Bruttobeiträge). Gewinne werden jedes Jahr gesichert (Lock-in).

Das Prinzip der Indexpolice heißt, einmal erzielte Gewinne bleiben erhalten. Dieses wird gewährleistet über einen Cap. Ein Cap ist eine Schwelle, die weder überschritten noch unterschritten werden kann. Dies bedeutet, in sehr guten Börsenjahren gibt es einen Cap, der die Gewinne begrenzt, in schlechten Börsenjahren werden die erzielten Gewinne des Versicherungsunternehmens dafür eingesetzt, dass keine Verluste entstehen. Diesen Cap legt jede Versicherungsgesellschaft jedes Jahr für sich fest.

Eine Alternative zum Cap ist die Partizipationsquote, das heißt, je nach Quotierung läuft der Gewinn nach oben. Die kann beispielsweise 60 % sein. Dann werden alle Gewinne bis zu 60 % gutgeschrieben. In sehr guten Börsenjahren kann ein Sparer damit mehr profitieren als von einem Cap. Allerdings hat der Cap dann die Nase vorne, wenn die Zuwächse etwa in der Höhe der Cap-Grenze verbleiben.

Bei den gewählten Indizes gibt es zwei Favoriten: entweder den DAX oder den EURO STOXX 50. Bei einigen Gesellschaften können Sie auch zwischen den beiden Varianten wählen.

Denkbar sind jedoch auch eigenständige Indizes der Versicherungsgesellschaften. Eigenständige Indizes haben den Nachteil, dass sie auf den ersten Blick nicht so transparent sind und ein Vergleich ist praktisch nicht möglich. Beim DAX oder EURO STOXX 50 lässt sich die Performance über Jahre nachverfolgen und ein Sparer bekommt eine Ahnung davon, mit welchen Wertzuwächsen er beispielsweise über einen Zeitraum von zehn Jahren rechnen konnte. Bei eigenständig entwickelten Indizes ist dies fast unmöglich.

Bei der Auswahl des richtigen Tarifs sollten Sie zwei Dinge im Blick behalten. Zum einen ist es das Cap oder die Partizipationsquote, zum anderen welchen Index Sie auswählen. Beim Index sollte zumindest die Performance der letzten fünf Jahre für einen Vertragsabschluss berücksichtigt werden.

Das schwierige Börsenjahr 2020 hinterließ seine Spuren bei den neuen Versicherungen, wie das Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) ermittelte. So schaffte es kaum ein Versicherer, positive Renditen zu erwirtschaften. Tarife nach dem Cap-Prinzip machten keine Gewinne. Hier wirkte sich der Crash im ersten Quartal auf die Gesamtrendite des Jahres aus. Bei der Partizipationsquote konnten einige Versicherer zum Jahresende noch ein kleines Plus gutschreiben. Insgesamt bieten zurzeit 16 Versicherungsgesellschaften eine Indexpolice an.

Neben der Lebensversicherung gibt es die Indexpolice auch als Rentenversicherung. Diese ist nach den gleichen Prinzipien aufgebaut wie die Lebensversicherung. Ein besonders beliebtes Produkt aus dem Bereich Indexfonds sind die Rentenpolicen. Statt einer Kapitalauszahlung steht hier die Rentenleistung im Mittelpunkt.

Wer etwas weniger Sicherheit bei der Geldanlage braucht, ist mit der Indexpolice besser aufgehoben. Gerade bei längerer Laufzeit spielt die Rendite aus dem Aktienindex eine immer größere Rolle und verbessert die Kapitalaussichten.

Mischformen zwischen »Neuer Klassik« und Indexpolice

Beide Policenformen lassen sich über die Indexpolice generieren. Der Versicherungsnehmer hat jährlich das Recht zu wählen, ob er sich für die Indexvariante oder die Zinsvariante entscheidet. Somit entsteht dann ein Hybrid zwischen beiden Varianten.

Allerdings kann niemand vorhersehen, wie das künftige Börsenjahr laufen wird. Insoweit dürften sich auch nur eine geringe Anzahl von Versicherten für den Zins entscheiden, da dieser in der Regel eine geringe Rendite verspricht.

Der Multiselektansatz

Ein Versicherungsunternehmen (HDI) bietet einen eigenen Ansatz bei den neuen Lebens- und Rentenversicherungen an. Dabei gilt vergleichbar zur Konkurrenz: Gewinne werden gutgeschrieben, Verluste entfallen, sie werden auf null gesetzt.

Die Besonderheit: Es wird statt auf einen auf sechs verschiedene Börsenindizes gesetzt. Die Gewichtung der Indizes erfolgt nach dem Trendfolgesystem. Die Partizipationsquote wird wöchentlich angepasst. Damit entfällt die feste Partizipationsquote für ein Jahr. Es gibt zwölf Stichtage pro Jahr, die für die Gewinne entscheidend sind. Damit können auch Kunden, die später durch einen neuen Vertrag einsteigen, gleich von der Wertentwicklung profitieren.

Allerdings, so gut dieses Modell auf den ersten Blick erscheint, tatsächlich ist die Performance zumindest im Jahr 2020 nicht besser als Versicherer, die nur auf einen Index gesetzt haben. Berücksichtigen muss man dabei aber auch, dass es sich um einen weltweiten Börsencrash handelte, der durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde. Besser dürfte sich die Situation für den Multiselektansatz darstellen, wenn beispielsweise nur der Dax betroffen ist und über den Multiassetansatz, dann eben beispielsweise über die Nasdaq, stärker von den Entwicklungen in den USA profitiert werden kann.

Fondspolicen

Nach wie vor gibt es am Markt herkömmliche fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen, die allerdings durch die Indexpolicen mehr Konkurrenz erhalten haben. Bei diesem Versicherungstyp wird ein Mantel aus einer Risikolebensversicherung mit einem Fondsanteil verknüpft, der für die Rendite sorgt. Dabei gibt es auch hier inzwischen Änderungen. So stieg die Auswahl an Fonds an, die viele Lebensversicherer ihren Kunden anbieten.

Einige wenige Anbieter ermöglichen es, in kostengünstige ETFs zu investieren. Und: Zwischenzeitliche Auszahlungen aus den gewählten Fonds/ETFs sind bei den meisten Gesellschaften denkbar. Dennoch stellt sich die Frage, warum Sie in eine fondsgebundene Lebens- oder Rentenversicherung investieren sollten.

Der Nachteil: Durch die Verknüpfung kann der Vertrag nicht einfach gekündigt werden, ohne den Schutz durch die Risikolebensversicherung zu verlieren. Die bessere Lösung ist, separat eine Risikolebensversicherung abzuschließen und gleichzeitig in einen Fonds oder Exchange Traded Fund für die Altersversorgung zu investieren. Zwar können die Fonds bei der Versicherungspolice während der Laufzeit normalerweise gewechselt werden. Jedoch bedeutet dies, sich mindestens einmal im Jahr intensiv mit den alternativen Fonds zu beschäftigen.

Bei der Auswahl einer fondsgebundenen Lebens- oder Rentenversicherung sind Policen empfehlenswert, die in Exchange Traded Funds investieren, da es sich hierbei um passiv gemanagte Fonds handelt, die kostengünstiger sind als klassische Investmentfonds.

(MS)

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